In eigener Sache

Sonntag, 18. März 2012

oder: ich nehme mir ein bisschen von der Freiheit, die er stets so gellend inhaltsleer postuliert.

Heute ist was geschehen! Etwas Wichtiges! Für dieses Land! Und für die Leute Wichtiges, die gerne Polit-Boulevard verfolgen. Auch für mich? Er ist auch meiner? Dieser Mann? Ja, wahrscheinlich irgendwie - man hat ja keine Wahl. So wichtig und ich schweige dazu? Sicher. Ich habe dazu schon genug gesagt, geschrieben, getönt. Heute wurde nur abgestempelt, was schon lange als Antrag vorlag. Ich will dazu nichts mehr erklären - Ärger genug, dass ich nachmittags ein Fitzelchen davon mitbekam. Schauspielerinnen und antiquierte Fußballtrainer, die einst Hellas und nun Herthas trainieren und die ihr Stimmchen in dieser Chose erheben durften, reichen mir.

Man kann ohnehin dazu nichts sagen, denn wenn man es tut, dann hat man ihn, dessen Namen ich heute nicht schreiben will, nicht heute, da er wie die Erlösung durch die Studios tingelt - wenn man also etwas über ihn erzählt, dann heißt es gleich wieder, man habe ihn falsch verstanden, verstümmelt, gekürzt und überhaupt komme es einer Sauerei gleich, dass man nicht sein Compañero sein will, nur ein Kampagnero gegen ihn. Da spare ich mir die Worte an diesem Tag, da diese Person die Würde des Amtes wiederherstellen darf - Würde, die ein konjunktiver Seufzer ist: ach, würde so ein Amt nur gleiche haben! Würde meint hier auch: Welche schöne Freiheit würde es doch sein, wenn ich ein Buch mit sechzig Seiten im DIN-A-6-Format auf den Markt werfe, es auf fünfzig Seiten groß mit Buchstaben bedrucken lasse und dafür zehn Euro verlange! Journalisten, die hin und wieder längere Artikel liefern, verdienen weniger üppig. Seine Würde des Amtes scheint zu sein, das Würde, Hätte, Könnte abstellen und sich wucherische Inhaltslosigkeiten als Freiheit nehmen...

Was soll man denn zu einem sagen, der immer gerade dann falsch verstanden wird, wenn man ihn ganz richtig verstanden hat? Der Mann ist gar nicht zitierbar. Und ich will nichts darüber schreiben müssen, weil das agenda setting meint, den heutigen Sonntag verunstalten zu müssen mit diesem geschmacklosen Apostel, der die kapitalistische Gefangenschaft in einer marktkonformen Demokratie mit Freiheit verwechselt. Heute war etwas Wichtiges? Was denn? Charaktermaske durch Charaktermaske ersetzt? Freiheit!, so ruft er, wie Mitte der Neunziger Mel Gibson als William Wallace, als Braveheart, auf dem Schafott - bis er seinen Kopf verlor und diese Freiheit, so laut er sie auch rief, über die Bretter kugelte. Freiheit! Und die nehme ich mir heute und ich meide freiheitlich seinen Namen und das Gewusel um ihn und die Arschkriecher, die seinen Darm füllen und die pathetische Rhetorik, die er kotzt und alles was mit ihm und seiner Inthronisierung zu tun hat. Ich nehme mir die Freiheit, das Theater eines sich einheitlich gebenden Ein-Parteien-Mehrparteiensystems, nicht weiter zu beachten. Nicht heute - morgen ist auch noch ein Tag...



11 Kommentare:

Manfred Peters 18. März 2012 um 22:15  

Diese DPA-Meldung zeigt uns doch, dass die Gauck-Kritiker in der Diaspora sind:
Infratest-Erhebung: Deutsche vertrauen Joachim Gauck sehr
Werden wir also nicht kleinmütig und folgen den „völkischen Beobachtern“ die mit einer in meiner Gegend (MV) seit mehr als 20 Jahre nicht mehr gewohnten Einmütigkeit den neuen SCHWARZEN Messias anbeten. Ich wage auch entgegen dem o. g. Umfrageergebnis zu behaupten, dass das Vertrauen in Gauck in den abgenutzten Bundesländern ungleich höher ist als bei uns in MV.
Ein paar Beweise: Ingo Appelt ist fast sprachlos, dass er Gauck wählen darf, Senta Berger hat hoffentlich nur feuchte Augen, wenn sie vom Glücksgefühl überwältig ist Gauck wählen zu dürfen, Alice Schwarzer schwört zur Feier der Gauck-Wahl dem Feminismus ab und es wird nicht lange dauern bis RTL die Teenies an den Zaun des Schloss Bellevue dirigiert. Die Weiblichen werden sich von Joachim ein Kind wünschen, die Männlichen lassen sich nach Afghanistan schicken um dort als christliche Missionare mit der Waffe in der Hand seine Freiheitswerte zu verteidigen!
Wer Zeit und Muße hat, kann sich ja einmal mit einem von Halbwahrheiten befreiten und um bewusste Weglassungen Gaucks ergänzten
„Politischer Lebenslauf“ beschäftigen.
Vielleicht finden sich darin auch ein paar Erklärungen, woraus die Sympathien der Rechten und Ultrarechten für Gauck erwachsen. Denn wenn man Eva Herman ( die mit den zweideutigen/verharmlosenden
Aussagen zur NS-Zeit usw.) glauben schenken darf, prägt die frühkindliche Entwicklung den Menschen bis ans Grab.
Spannend wird es nur, wann die Springerpresse Gauck in den Fahrstuhl nacht unten schubst. ;-)
Bis dahin werden wir noch viel Spaß oder Ärger mit „Uns Joochen“, je nach Sichtweise, haben.
Ich denke wir haben schon zu viel Zeit mit diesem uns aufgezwungenem Thema vergeudet.
Die Hoffnung, dass die gleichgeschalteten Massenmedien nun erst einmal Ruhe geben, ist wohl trügerisch.

Anonym 18. März 2012 um 22:18  

Die einzige Waffe eines Bundespräsidenten ist das Wort.

Unser Neuer wird nach eigenen Angaben ständig falsch verstanden.

Logische Konsequenz in Deutschland: Begeisterung über die vortreffliche Wahl. Hipp Hipp Hurra.

Hartmut 18. März 2012 um 22:30  

d`accord

Anonym 18. März 2012 um 23:35  

Es schmerzt mich, nicht die Freiheit gehabt zu haben spontan bei diesem 1 Million Euro Spektakel dabei gewesen zu sein. Diese deutsche Demokratie hätte mich sanktioniert, mir meine Grundsicherung gekürzt, mir meinen Grund unter meinen Füßen weg getreten. Ich hätte meine Freiheit, meine Ortsabwesenheit schon vorher beim Staat, beim Jobcenter, anmelden müssen, um am Rande dabei zu sein. Freiheit die er meint, ist nicht die Freiheit die ich meine. Genauso wie er würde Ludwig Erhard, wenn er noch heute lebte, traumatisiert ans Rednerpult gehen, wenn er über die soziale Marktwirtschaft eine Rede halten müsste.

Anonym 18. März 2012 um 23:56  

Danke Herr Lapuente,

sehr gut ausgedrückt, ich selber konnte, trotz des Versuches es zu ignorieren, nicht vermeiden das Staaatsfernsehen und die Werbeblättchen wie ZON zu lesen, was blieb war eine riesige Frustration.
Ich gehe davon aus, das Max Liebermann seit einiger Zeit der meist zitierte Künstler in Deutschland ist. Auch ich möchte ihn nutzen. Außerdem wünsche ich Ihnen bei einigen folgenden Kommentaren eine dicke Haut, die werden Sie noch brauchen, vermute ich.

Also nochmals Dank und viele Grüße

Snuggles

Wolfgang Buck 19. März 2012 um 00:00  

Ach mein lieber Roberto,

in einer Zeit in der unsere Freiheit durch das Blut Tausender in exotischen Ländern verteidigt wird.

In einer Zeit in der wir bombadieren, beschießen, Kinder zerfetzen im Kampf gegen den Terror.

In einer Zeit in der das kärgliche Hartz IV falsche Anreize schafft während Milliarden für Banken und Banker die richtigen Anreize sind.

In einer solchen Zeit ist eben ER der richtige Präsident für eine Republik die keine mehr ist.

klaus baum 19. März 2012 um 00:07  

Geben Sie Gedankenfreiheit, Sir! (Schiller, Don Carlos)

Hast mal wieder einige Sätze formuliert, die so treffend sind, dass ich dich darum beneide.

christophe 19. März 2012 um 07:59  

Jedes Amt dient nur noch dazu, sich Privilegien und Pfründe zu sichern. Das geschieht bisweilen plump wie bei Wulffs Hauskredit, manchmal auch etwas eleganter mit Gaucks 10-Euro-Zitatensammlung, und auch schamlos wie in Niebels Versorgungsministerium. Das alles erinnert an die Zeit von Louis Philippe, der die Parole ausgab: Bereichert euch! Danach kam bekanntlich die dritte Republik.

Anonym 19. März 2012 um 10:44  

Ach lieber Roberto, es muss dir doch nicht gleich so elendig aufstossen, den "Darm füllen und die pathetische Rhetorik, die er kotzt".
Hättest du lieber einen Wulff, einen Köhler, einen Rau, einen Herzog, einen ...?
Wen hättest du gewählt, gesetzt den Fall, dass das Amt Repräsentationskraft hat und bestehen bleiben sollte?

Anonym 19. März 2012 um 20:49  

Bitte schreiben Sie weiter so offen und ehrlich. Danke.

Maxtor

Born2Pwn 20. März 2012 um 17:39  

Muy bien Roberto!

Für mich bist du heute schon ein ganz Großer und ich bin Stolz dich bereits in "jungen" Jahren lesen zu dürfen.

Weiter so!

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