Eskalierende Sicherheit
Montag, 26. März 2012
Uhl wieder! Jetzt schlachtet er die Ereignisse in Toulouse aus, um das eigene Verunsicherungskonzept, das er als ein Sicherheitskonzept feilbietet, voranzubringen. Denn die französischen Behörden seien dem Mörder "unter anderem wegen einer von ihm genutzten Computer-Adresse auf sie Spur gekommen", wie der Spiegel schreibt. Diese kurze Beschreibung reicht Hans-Peter Uhl, auf Handy- und PC-Technik spezialisierter Trachtenjanker, um die Vorratsdatenspeicherung wieder ins Gespräch zu bringen. Denn nun sei klar, dass diese Leben retten könne, glaubt Uhl.
Die Fiktion von der Lebensrettung
Das ist das Imponiergehabe der Sicherheitspolitik ganz generell. Durch in Vorrat befindliche Daten sollen die französischen Behörden den Mörder gestellt haben. Haben die Daten aber Leben gerettet? Erst nachdem er tötete, konnten solche Daten verwertet werden - es wird demzufolge immer erst jemand zu Schaden kommen, bis eine solche Maßnahme greift, wenn sie denn überhaupt greift. Es ist von Uhl überhaupt, gemessen an der Wirklichkeit, arrogant, von Lebensrettung zu sprechen, wo doch Menschen starben - dies auch beim Stellen des Täters.
Es ist nämlich die große Sicherheitslüge, die uns dieser Schlag von Expertenpolitikern auftischen will. Mit ihren Maßnahmen, so erklären sie stets, würde Gewalt und Terror vermieden werden können. Das gelingt freilich nicht, denn wer sich dergleichen in den Kopf setzt, der wird seinen Plan irgendwie auch umsetzen können. Maßnahmen wie Daten auf Vorrat anzulegen wiederum, greifen lediglich - wenn sie überhaupt einen Sinn haben -, nach dem Akt selbst. Sie vermeiden nicht, sie retten keine Leben, sie werden erst nach dem Auslöschen diverser Leben aktiv. Die postulierte Rettung von Leben ist nur ein fiktiver Ansatz, der meint, der Täter würde bald schon wieder tätig werden und erneut morden - das ist aber nur eine Annahme, ein gedankliches Konstrukt. Gleich gut könnte er sich Wochen Zeit lassen, bis Gras über die Sache zu wachsen scheint und dann nochmals planen. In dieser Zeitspanne könnte die Polizei aber durch traditionelle Ermittlungsmethoden des Täters habhaft werden.
Terrormaßnahmen deeskalieren nicht - sie lassen es eskalieren
Mit Pauken und Trompeten ratterte die Polizei und das Militär stattdessen heran, anstelle erstmal ruhig und besonnen zu ermitteln und den Täter erst dann zu stellen, wenn man ihn auf den falschen Fuß erwischt. Kurz nach seinem Verbrechen war er noch in Alarmbereitschaft - doch in dieser aufgeheizten Phase wollte man ihn schnappen. Da waren Tote durchaus kalkuliert. Wir sahen polizeilichen Aktionismus, die vorrätigen Daten drängen ja zum sofortigen Zugriff. Diese sicherheitspolitische Maßnahme, wenn sie schon mal wirkt und greift, will sich schließlich beweisen. Die Zeitungen sollten doch hernach davon schreiben können, dass die Vorratsdatenspeicherung einen durchschlagenden Erfolg zu verbuchen hatte - Verhaftung in Windeseile! Innenminister stolz! Letztlich dann ein Blutbad, weil in einer Jetzt-und-gleich-Mediengesellschaft keine Zeit dafür aufgebracht wird, Entscheidungen zeitlich zu verlagern. Man hätte den Täter ja observieren können in dieser Zeitspanne. Irgendwann wäre der Augenblick günstig gewesen: kurzer, weil ihn überraschender Zugriff - Festnahme.
Doch diese vermeintlichen Patentlösungen gegen (terroristische) Gewalt gewähren kein Zeitpolster. Wenn man schon Daten im Vorrat hat, wenn man schon mal was findet, was verdächtig sei, dann wird es eilig. Denn diese Patentlösungen sollen nicht nur Gewaltvermeider sein, sondern auch die Gewalt in Windeseile vereiteln. Die Lebensrettung durch solche Gesetzespakete ist Hirngespinst und womöglich sind sie sogar eher dazu geeignet, die Situation zur Eskalation statt zur Deeskalation zu bewegen - weitere Leben die gefährdet und geopfert werden, im Namen einer vermeintlich allumfassenden Sicherheit.
Wobei bei aller Diskussion natürlich noch zu fragen wäre, ob der "Ermittlungserfolg" wirklich auf der Vorratsdatenspeicherung fußt - Computer-Adressen ermitteln oder Handys orten beispielsweise haben mit der nämlich wenig zu tun. Das spielt aber für die Befürworter des gläsernen Bürgers, und Uhl ist so einer, überhaupt keine Rolle.
Die Fiktion von der Lebensrettung
Das ist das Imponiergehabe der Sicherheitspolitik ganz generell. Durch in Vorrat befindliche Daten sollen die französischen Behörden den Mörder gestellt haben. Haben die Daten aber Leben gerettet? Erst nachdem er tötete, konnten solche Daten verwertet werden - es wird demzufolge immer erst jemand zu Schaden kommen, bis eine solche Maßnahme greift, wenn sie denn überhaupt greift. Es ist von Uhl überhaupt, gemessen an der Wirklichkeit, arrogant, von Lebensrettung zu sprechen, wo doch Menschen starben - dies auch beim Stellen des Täters.
Es ist nämlich die große Sicherheitslüge, die uns dieser Schlag von Expertenpolitikern auftischen will. Mit ihren Maßnahmen, so erklären sie stets, würde Gewalt und Terror vermieden werden können. Das gelingt freilich nicht, denn wer sich dergleichen in den Kopf setzt, der wird seinen Plan irgendwie auch umsetzen können. Maßnahmen wie Daten auf Vorrat anzulegen wiederum, greifen lediglich - wenn sie überhaupt einen Sinn haben -, nach dem Akt selbst. Sie vermeiden nicht, sie retten keine Leben, sie werden erst nach dem Auslöschen diverser Leben aktiv. Die postulierte Rettung von Leben ist nur ein fiktiver Ansatz, der meint, der Täter würde bald schon wieder tätig werden und erneut morden - das ist aber nur eine Annahme, ein gedankliches Konstrukt. Gleich gut könnte er sich Wochen Zeit lassen, bis Gras über die Sache zu wachsen scheint und dann nochmals planen. In dieser Zeitspanne könnte die Polizei aber durch traditionelle Ermittlungsmethoden des Täters habhaft werden.
Terrormaßnahmen deeskalieren nicht - sie lassen es eskalieren
Mit Pauken und Trompeten ratterte die Polizei und das Militär stattdessen heran, anstelle erstmal ruhig und besonnen zu ermitteln und den Täter erst dann zu stellen, wenn man ihn auf den falschen Fuß erwischt. Kurz nach seinem Verbrechen war er noch in Alarmbereitschaft - doch in dieser aufgeheizten Phase wollte man ihn schnappen. Da waren Tote durchaus kalkuliert. Wir sahen polizeilichen Aktionismus, die vorrätigen Daten drängen ja zum sofortigen Zugriff. Diese sicherheitspolitische Maßnahme, wenn sie schon mal wirkt und greift, will sich schließlich beweisen. Die Zeitungen sollten doch hernach davon schreiben können, dass die Vorratsdatenspeicherung einen durchschlagenden Erfolg zu verbuchen hatte - Verhaftung in Windeseile! Innenminister stolz! Letztlich dann ein Blutbad, weil in einer Jetzt-und-gleich-Mediengesellschaft keine Zeit dafür aufgebracht wird, Entscheidungen zeitlich zu verlagern. Man hätte den Täter ja observieren können in dieser Zeitspanne. Irgendwann wäre der Augenblick günstig gewesen: kurzer, weil ihn überraschender Zugriff - Festnahme.
Doch diese vermeintlichen Patentlösungen gegen (terroristische) Gewalt gewähren kein Zeitpolster. Wenn man schon Daten im Vorrat hat, wenn man schon mal was findet, was verdächtig sei, dann wird es eilig. Denn diese Patentlösungen sollen nicht nur Gewaltvermeider sein, sondern auch die Gewalt in Windeseile vereiteln. Die Lebensrettung durch solche Gesetzespakete ist Hirngespinst und womöglich sind sie sogar eher dazu geeignet, die Situation zur Eskalation statt zur Deeskalation zu bewegen - weitere Leben die gefährdet und geopfert werden, im Namen einer vermeintlich allumfassenden Sicherheit.
Wobei bei aller Diskussion natürlich noch zu fragen wäre, ob der "Ermittlungserfolg" wirklich auf der Vorratsdatenspeicherung fußt - Computer-Adressen ermitteln oder Handys orten beispielsweise haben mit der nämlich wenig zu tun. Das spielt aber für die Befürworter des gläsernen Bürgers, und Uhl ist so einer, überhaupt keine Rolle.
6 Kommentare:
uhl hat von terrorismus und neue medien keine ahnung.
Ich hatte vor Jahren drei parallel laufende Betrugsvorgänge (Verkauf von teuren Leica-Kameras) bei ebay beobachtet. Ich hatte die Sreenshots ausgedruckt, hatte ebay informiert. Weder ebay hat reagiert noch die Polizei. Diese meinte, ich wäre ja nicht vom Betrug betroffen, außerdem wäre dieser nicht bewiesen, da es noch kein Opfer gab.
Meine Datensammlung war schlichtweg für die Katz.
Wenn ich Leute wie Uhl, Bosbach oder Kauder vom Internet reden höre, muss ich immer an Helmut Kohl 1998 denken. Es war, wenn ich mich recht erinnere, während seines letzten Wahlkampfs, als er auf die 'Datenautobahnen' angesprochen wurde und daraufhin anfing über den Ausbau der Autobahnen zu philosophieren.
Das Problem ist nur, dass bei den erstgenannten Herren die Mischung aus Un- bzw. Halbwissen und Sicherheitsparanoia keineswegs lustig ist, sondern für uns alle schwerwiegende Folgen haben kann. Die gleichen Gestalten, die sich bei jeder nur bietenden Möglichkeit medienwirksam über das Unrecht und die Bespitzelung in der einstigen DDR ereifern, haben keinerlei Probleme damit, ihren Geheimdiensten im Namen der "Freiheit" genau dafür den Weg zu ebnen. Wie objektiv und vertrauenswürdig diese Dienste sind, hat der Verfassungsschutz gerade erst bewiesen.
Roberto schrieb:
"Letztlich dann ein Blutbad, weil in einer Jetzt-und-gleich-Mediengesellschaft keine Zeit dafür aufgebracht wird, Entscheidungen zeitlich zu verlagern."
Man beachte auch die Aussage und den Befehl:"Wir wollen ihn in einem Zustand festnehmen, in dem er der Justiz übergeben werden kann. Ihn lebend zu ergreifen, lautet der Befehl", sagte Innenminister Claude Guéant in Toulouse."
Ja, genau so macht man das dann! Man fährt ein Aufgebot, als würde King Kong persönlich Turnübungen am Eiffelturm absolvieren.
Selten so gelacht, Herr Innenminister!
Da sich die Rubrik "De omnibus dubitandum" nicht kommentieren läßt, erfolgt mein Kommentar an falscher Stelle.
11 Parteien waren zur Wahl zugelassen. Die Ergebnisse von CDU, SPD, Linke, Grüne und FDP sind bekannt. Bleiben 6 Parteien übrig. Nichtwähler gab es 38,4%. Diese hätten also jede weitere Partei über die 5%-Hürde bringen können. Wer unzufrieden ist, der sollte wählen gehen und seine Stimme einer dieser Randparteien geben. (Es wird sich doch was finden, was akzeptabler als die üblichen Verdächtigen ist.) Dies senkt den Stimmanteil der etablierten Parteien und macht es schwieriger eine Mehrheit für eine Regierungskoalition zu bilden. Wer sich von den etablierten Parteien nicht vertreten fühlt, der sollte es ihnen nicht so einfach machen.
Grüße
Klotzkopf
hier ein link zum thema ( via fefe), hppt://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/562/1/lang,de/ der die these vom nutzen der vorratsdatenspeicherung in diesem fall ad absurdum führt...
Kommentar veröffentlichen