Der Zeitgeist: (todes-)sträflich unmenschlich

Freitag, 16. März 2012

Publizierte ich doch letzte Woche einige Zeilen zur Todesstrafe. Diese wolle nicht Strafe, sondern Straffung sein - nämlich der herrschenden Zustände. Der (ab-)geneigte Leser erinnert sich sicherlich. Und weil ich es so immer mache, suchte ich bei Facebook einige Gruppen, die sich gegen die Todesstrafe engagieren. Dort wollte ich meinen Text teasen. Solche Gruppen fand ich - eine Handvoll. Gegenteilige Gruppen, die die Todesstrafe fordern und für eine gute Sache erachten, gemeinhin für Sexualstraftäter, die fand ich in rauheren Mengen. Es gibt einfach mehr Engagement dafür als dagegen in diesem Land - oder die Befürworter sind einfach nur penetranter. Und überhaupt wäre der reaktionäre Geist, der sich in Facebook stärker durchsetzt als die Aufklärung, auch mal eines Themas würdig...

Es gäbe so viel zur Todesstrafe zu sagen - und ich denke, Gründe dagegen sind so oft veröffentlicht und aufgezählt und publiziert und erläutert worden, dass sie nur noch langweilen können. Jedenfalls ist die "vernünftige Absicht", Sexualstraftäter - man nennt sie in diesen sich aufgeklärt gebenden reaktionären Kreisen auch Kinderschänder - staatlich organisiert zu ermorden, das Eintrittstor in einen Staat, in dem man auch aus anderen Gründen hingerichtet werden könnte. Wenn sie erstmal erlaubt wäre, diese mordende Justiz, die als Klassenkampf von oben herab betrieben wird, dann wäre sie auch eine juristische Option für andere unliebsame Gesellschaftsgruppen.

Dass man so unkritisch mit der Todesstrafe umgeht, kann eigentlich auch nicht verwundern. Helden unserer Zeit, Leute wie der Schauspieler Schweiger oder die Guttenbergin, unterstützen die gezielte Desinformation. Sie plädieren nicht offen für die Todesstrafe - vielleicht nicht mal insgeheim. PR-Manager, die etwas von ihrem Job verstehen, flüstern ihren Schützlingen schon ein, nicht so derb todesstrafend zu stammtischisieren, zu bierzeltisieren. Dennoch destillieren sie Monstrositäten aus Menschen, die sich sexuell an Kindern üben. Es ist ein Verbrechen, was den Opfern solcher Menschen widerfährt - aber es ist auch, was man gerne wegwischt, eine unerträgliche Situation für die Täter, die zwischen Selbsthass und Selbstauflösung lavieren. Experten sagen immer wieder, dass die Mehrzahl pädophil veranlagter Personen freiwillig in Behandlung gehen, dass die pogromartige Stimmung, die über die Medien geschürt wird, der Aufklärung abträglich ist, womit ein adäquater Umgang mit diesem Phänomen verunmöglicht wird. Solche Personen brauchen Hilfe, nicht den vom Mob verordneten Tod.

Ein Rechtsstaat braucht einen kühlen Kopf, kein heißes Herz. Er braucht Bürger, die gegen das Meinungsmonopol einiger emotionalisierter Dummköpfe aufstehen - die bei der Ansicht bleiben, dass den Opfern sexueller Übergriffe mehr damit geholfen wäre, die Täter zu therapieren, sie notfalls mit Sicherheitsverwahrung von der Gesellschaft zu scheiden, wenn es keine Aussicht darauf gibt, dass er nochmals sozialisiert werden kann. Lebenslang sicherheitsverwahrt wohlgemerkt - nicht lebenslang im feuchten Kerker! Der Tod gibt keine Befriedigung. Des Menschen Inneres ist viel zu komplex, als dass er mit dem Tod des Delinquenten endlich befreit würde. Man braucht den Täter, um seinen Frieden machen zu können - wenn er tot ist, hat er seinen Frieden mit der Welt gemacht, nicht aber der Hinterbliebene. Vielleicht hätte dieser noch ein Wort zur Klärung benötigt...

Gegner der Todesstrafe in den USA erklären immer wieder, das die Befriedigung durch Tötung nicht eintritt. Im Moment, da der Täter gerichtet wurde, bleiben die Opfer zurück - als er wehrlos vor ihnen lag oder saß (je nach Hinrichtungsmethode), als das Gift oder der Strom floss (je nach Hinrichtungsmethode), als der Todeskandidat ruhig eindöste oder um sich schlug (ja nach Hinrichtungsmethode), da fühlten sie dumpfe, kurzzeitig befriedigende Rachegelüste. Jetzt leidet er, jetzt sieht er dem Tod ins Auge. Doch dann ist er tot, dann schwindet das Überlegenheitsgefühl der Gegenpartei und sie verschwindet aus dem öffentlichen Blickfeld. Die Öffentlichkeit nimmt keine Notiz mehr von denen, die hinterblieben sind - nicht von denen, die es vom Opfer sind; nicht von denen, die es vom Täter sind. Euch ist doch jetzt Gerechtigkeit widerfahren, sagen dann die Menschen den Hinterbliebenen. Grämt euch nicht weiter. Aber der Schmerz bleibt - denn eine psychologische Behandlung ist nur für die Bürger vorgesehen, die sich eine Krankenversicherung leisten können; viele US-Staaten leisten sich die Todesstrafe als Therapie für Hinterbliebene. Sie können sich den Luxus, mit einem Psychologen über den gewaltsamen Verlust eines geliebten Menschen zu reden, nicht leisten - lieber finanzieren die Vereinigten Staaten elektrische Stühle zum Ausgleich. Rache als Verarbeitung - daran scheitert die menschliche Seele, denn Rache deckt nicht das Bedürfnis nach Verständnis, Einfühlungsvermögen und Gesprächsbereitschaft ab.

In einem Land, in dem es die Todesstrafe (schon oder noch immer) gibt, da kann man gegen sie sein - in einem Land, in dem es sie (noch) nicht gibt, es sie aber nach Meinung einiger Hohlköpfe (wieder) geben soll, da kann man nicht gegen die Todesstrafe selbst sein, sondern nur gegen diejenigen, die sie wollen.

Ich habe überhaupt den Fehler gemacht, das Thema Todesstrafe mit Sexualstraftaten zu verquicken. Das ist ein Beißreflex, den jene erzeugt haben, die sich für diese Form der Strafe aussprechen. Sie vermengen sexuellen Gebrauch von Kindern mit Todesstrafe - diese Form der Straftat soll herhalten, um die Forderung als eine Variante edlen Handelns zu deklarieren. Der sexuelle Übergriff auf Kinder ist so pervers und geschmacklos, dass man eigentlich nicht als Verteidiger von Lebensrechten solcher Täter auflaufen möchte - man will sich nicht disqualifizieren und als Freund solcher Gesellen gelten. Das ist eine ganz infame Taktik, die die Todesstrafen-Befürworter sich da ersonnen haben. Und ehe man sich versieht, spricht man von Sexualstraftaten, nicht aber von der Todesstrafe und ihren gesellschaftlichen Folgen. Und wer das Leben solcher Täter schützt, der schützt die Sexualstraftat. Das ist die Dialektik der Tyrannei - das ist stalinistische Hosentaschenhitlerei!

Der andere grobe Schnitzer, den man sich erlaubt, den sie einen abnötigen: Darüber zu sprechen, wie ökonomisch oder unergiebig die Todesstrafe sei. Dann rechtfertigt man seine Gegnerschaft damit, dass der Todestrakt kostenintensiv ist - geschickt umgehen die Befürworter dieses Argument, sie würden schneller morden, damit es billiger bleibt, antworten sie; nicht mal Revisionsanspruch gibt es in diesem Weltbild. Die Decke der Zivilisation ist nicht nur dünn, sie ist an manchen Stellen schon herabgezogen. Du sollst nicht töten!, ist kein Argument in Zeiten, da alles geprüft und vermessen wird, da man Kosten erfragt und Nutzen errät. Ein kategorischer Imperativ ist heute undenkbar - er muß ökonomisch begründbar sein. Und damit ist er nicht ewiglich während, sondern von Zeit zu Zeit zu prüfen; was heute ökonomisch wertvoll ist, kann morgen schon falsch sein. Zu behaupten, man solle nicht töten, weil Gott es so will, der eigene Verstand es diktiert, weil man feuerbachianisch auf Homo homini deus! als Leitlinie setzt, ist undenkbar. Man muß gegen die Todesstrafe mit pekuniären Argumenten aufmarschieren, dann hat man eine Chance - dann nicken die Befürworter und sagen: Aber trotzdem...

Ich verstehe doch auch die Rache. Meine Güte, ich bin doch ein Mensch. Der Marquis de Sade hat mal irgendwo geschrieben, dass er die Tötungsmaschinerie des Staates nicht dulden könne, auch das Rachegefühl der Leidenden nicht - aber geschieht Rachsucht im Affekt, dann könne man Zugeständnisse machen. Das tut der Rechtsstaat auch. Tadel und Bestrafung, so weiß auch Sade, müssten dennoch folgen - das ist sinnvoll, auch um die gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Gesellschaft hat natürlich alles zu tun, damit so eine Affekthandlung nicht geschehen kann. Geschieht sie doch, eine Strafe unter Berücksichtung der persönlichen Befindlichkeit und Lage, muß geschehen. "Einen Menschen im Rasen der Leidenschaft zu töten, das kann man begreifen. Ihn jedoch durch einen andern töten zu lassen in der Ruhe des ernsthaften Nachdenkens und unter dem Vorwand eines ehrenwerten Staatsdienstes, das kann man nicht begreifen." So hat es mal der französische Schriftsteller Charles Nodier formuliert - und dem pflichte ich bei.

Derzeit noch bin ich nicht moralisch verpflichtet gegen die Todesstrafe in diesem Lande sein zu müssen; aber ich bin es, gegen die zu sein, die die Todesstrafe wollen. Und ich habe den Eindruck, dass es nicht weniger werden...



15 Kommentare:

Anonym 16. März 2012 um 07:39  

Ich bin selbst davon betroffen gewesen, dass jemand mir "zu Nahe" getreten ist, als ich 10 Jahre alt war. Und ich kann nur sagen: man steht ganz schön blöd da. Die Masse geifert den Täter an, "das Kind vergisst ja!". Zur Info: nein, tut es nicht. Es überfällt einen dann wieder, später im Leben. Aber dann ist das alles ein alter Hut. Einige Täter sollen übrigens früher einmal Opfer gewesen sein. Also wäre auch von der Prävention her eine Opferfürsorge viel angenehmer als mit Forken und Fackeln auf die Täter los. Aber wer hat noch mal gesagt, Geschichte bliebe immer gleich, weil der Mensch sich nun einmal nicht ändere? Willkommen im digitalen Mittelalter, nur werden eben nicht Hexen gejagt, sondern Kinderschänder. Bloß macht das die Gesellschaft so wenig kinderfreundlicher wie die Hexenverbrennungen die Pest gebannt haben... Vielleicht ist es ein kollektiver Thanatos- Trieb, der uns immer wieder zuschreit, jemand müsse doch mal sterben? Vor allem, wenn die Zeiten schlecht sind?

Kehraus 16. März 2012 um 08:58  

Ein starker Text Roberto. Hoffentlich nehmen einige ihn sich zu Herzen. Vor allem die, die glauben, sie seien die Rechtschaffenden. Letztlich aber, bei allem hin und her, entwürdigt die Todesstrafe das Rechtssystem.

Hartmut 16. März 2012 um 10:13  

Ein super Beitrag zu einem endlosen Thema. Danke Roberto.

Alles deuteln oder kritisieren wäre hier fehl am Platz.

Doch einen Satz möchte ich hervorheben: " Des Menschen Inneres ist viel zu komplex, als dass er mit dem Tod des Delinquenten endlich befreit wäre." Genau das empfinde ich auch.

klaus baum 16. März 2012 um 10:43  

Ich plädiere für die Todesstrafe für die Todesstrafenbefürworter.

Anonym 16. März 2012 um 11:16  

Ein einfacher Aspekt zum Thema:
Ein Toter kann aus seinen Fehlern nicht mehr lernen.

ad sinistram 16. März 2012 um 11:36  

Ein Anonymus kommentierte eben:

"....bin zwar gegen die Todesstrafe, aber nichtdestotrotz sollte man das ganze Pack von A...wie Ackermann bis Z...wie Zumwinkel aufhängen..."

Ich halte das für geschmacklos. Und dann? Bist Du dann befriedigt? Geht es uns dann allen besser? Bestrafen: ja! Gefängnis vielleicht: ja! Aber dann ist gut - auch solche Megalomanen haben Anrecht auf Resozialisierung. Was unterscheidet die Dummköpfe, die Sexualstraftäter töten wollen von denen, die Manager töten würden?

Banana Joe 16. März 2012 um 11:59  

Zitat: "...dann nicken die Befürworter und sagen: Aber trotzdem..."

Das ist so richtig wie die gesamte Analyse in Roberto's anspruchsvollen Zeilen. Ein herzlicher Dank an Roberto für diesen Artikel!

Anonym 16. März 2012 um 13:26  

Zu sagen, Einführung der Todesstrafe ist der Anfang der Ausweitung, ist nur eine Variante zu sagen, Einführung von Strafe ist der Anfang der Ausweitung. Die Grenze kann man hier oder dort ziehen - sie ist in jedem Fall willkürlich.

Anonym 16. März 2012 um 14:52  

Außerordentlich guter Artikel, Herr De Lapuente. Das trifft rundum den Kern. Rache, die Strafmaßnahme an sich, das Strafen, das Bestrafen dürfen. Dabei ist die lebenslange Sicherheitsverwahrung - weil wir die meisten Triebe wohl nicht "heilen" können (es gelingt keine somatische Trennung in: gute/schlechte/normale/böse Triebe) - Strafe in Form von Isolation, einer lebenslangen Bestrafung (wenn man das so nennen möchte). Doch es bekommt weitaus mehr den Tenor von einer sorgenden Prävention, einer durchdachten, sich mit den potentiellen weiteren Opfer beschäftigenden Prävention.

Wir sollten es als weiter entwickelte, humane und soziale Spezies hinter uns gelassen haben, dass wir alles, was uns schadet, völlig unreativ ausrotten müssen. Wobei ich davon ausgehe, letzteres ist offensichtlich nicht einmal möglich (sonst würde es nicht derart häufig im Menschsein vorkommen ... immer noch ... obwohl seit ewigen Zeiten geahndet... ob wir das zu akzeptieren wünschen oder nicht).

Den Opfern der Täter hilft es wenig, weder das Wegsperren (weg gesperrt wird in der Regel dann, wenn es bereits zumindest ein Opfer gibt), noch die Todesstrafe. Letztere ist für mich sogar ein deutlicheres Signal, dass man sich mit dem Thema nicht weiter auseinander zu setzen wünscht und somit auch nicht mit den Opfern selbst.

Das wirkt sich m.E. tief in die Prävention hinein, auf die Aufmerksamkeit bspw., vorgreifende Maßnahmen. (Wir bestrafen ja hinterher ... dann ist alles wieder gut gemacht worden ... ein Pflaster darauf ... Gas drauf pusten ... als wäre es damit getan).

Halte es für weitaus angebrachter, ob nun USA oder weltweit, man würde sich mehr der Unterstützung der Opfer widmen, wie denn der Bestrafung der Täter als Abschluss des Verfahrens und somit dem Denkens. (Der Rache sei genügend getan).

Doch Rache (Todesstrafe oder den Ruf danach) zu üben, ist weitaus einfacher, als den Opfern empathisch und helfend (gerne auch mit kostenlosen Therapien) zur Seite zu stehen. Weniger spektakulär, doch weitaus nützlicher, insbesondere auch für eine mögliche, spätere Präventionswirkung.

Man müsste sich fragen, was die Opfer selbst in der Regel wünschen, wie Betroffene es als Opfer und in dieser zwangsweise oktroyierten Rolle selbst sehen. Eine Studie hierzu initieren (vll. gibt es sie, bin noch nicht darüber gestolpert) könnte vll. den ein oder anderen Rufer der Todesstrafe stuzen lassen.

Mein subjektiver Eindruck durch viele Gespräche mit Betroffenen ist (die sich mit den Zeilen des ersten Kommentars decken), die Opfer wünschen sich für sich selbst mehr Hilfe, mehr Beachtung, sie rangieren weit hinter dem Täter, der die volle Aufmerksamkeit der strafenden Gesellschaft erhält. Den Tod des Täters wünschen sie wohl eher selten. Woran das wohl liegen mag ...

Die Rolle der Gesellschaft (hier auf die geifernden Todesstrafenbefürworter begrenzt) mit ihrer Konzentration auf den Täter und mit dem Wunsch, an ihm selbst zu einer Art bestrafenden Täter zu werden, signalisiert für mich nur, man ist lieber Täter, als Opfer und identifiziert sich auf diese Art und Weise bevorzugt mit Taten (Aktion), statt mit der eigenen Hilflosigkeit und dem gesellschaftlichen Versagen der Prävention. Die Opfer erinnern zu sehr an unsere eigene Schwäche.

Und das der Ruf ausgerechnet zu unseren Zeiten wieder lauter wird ... doch das führt m.E. zu weit weg ...

Gruss
rosi

Spartaner 16. März 2012 um 16:31  

Hallo Roberto,

sehr guter Beitrag zum Thema. Sehe ich ganz genauso. Aber es ist ebenso, in dieser Welt in der alles im Umbruch ist, nichts mehr sicher scheint, in der sich alles zum Wohler weniger auflöst muss man die Menschen untereinander und aufeinander hetzen. Den Arbeiter auf den Hartz4empfänger, die Jungen auf die alten, die gesunden auf die kranken und eben auch die Mörder auf die Sexualstraftäter.
LG

Trojanerin 16. März 2012 um 20:08  

Ich habe kürzlich gelesen, dass die Witwe des Polizisten, den Der schwarze Journalist Mumia Abu Jamal erschossen haben soll, (der Strafprozess gegen Abu Jamal war meilenweit von einem fairen Verfahren entfernt)nach jahrzehntelangem Einsatz für die Hinrichtung nunmehr der Umwandlung in eine lebenslange Haftstrafe zugestimmt hat und nur deshalb sei dem auch entsprochen worden.

Angehörige eines Verbrechensopfers sind am schlechtesten geeignet über solche existentiellen Belange des jeweiligen Falles zu befinden. Ein Angehöriger eines Opfers hat doch das Recht , nicht zu verzeihen und nach Rache zu sinnen.

Es nervt mich sehr, dafür angegriffen zu werden, weil ich gegen die Todesstrafe argumentiere und mich folglich für pädophile einsetze.
Unter den Strafrechtsprofessoren an meiner Uni war keiner, der nicht Gegen die Todesstrafe gesprochen hat. Ich hoffe, dass die Rechtsgelehrten nicht umschwenken.
Andererseits hat es schon immer willfährige Juristen gegeben, die unmenschliche Regime stützten.

Anonym 17. März 2012 um 00:47  

Herzlichen Dank Roberto De Lapuente für diesen Artikel
Todesstrafe - ein Thema, das mir am Herzen liegt, schon immer.
Todesstrafe als Rache, so stellt es sich dar. Nicht mehr, nicht weniger.
Wird das den Opfern gerecht?
Niemals, das Leid der Opfer wird so weder verhindert, noch gesühnt.
Und durch die ausschließliche Beschäftigung mit dem Täer geraten die Opfer aus dem Fokus. Klein reden, schön reden, eine erfolgreiche Strategie im Land.
Fatal in den Fällen, wo aus Opfern Täter werden.
Prävention sollte erst Pflicht sein, immer.
Mal ganz abgesehen davon, dass man sich den Tätern gleich macht, wenn man die Todesstrafe überhaupt in Betracht zieht.

Beste Grüße
onlyme

Peinhart 17. März 2012 um 15:53  

"....bin zwar gegen die Todesstrafe, aber nichtdestotrotz sollte man das ganze Pack von A...wie Ackermann bis Z...wie Zumwinkel aufhängen..."

Abgesehen von dem, was Roberto schon dazu gesagt hat - wer glaubt, die 'Zustände' wären nur auf das individuelle Fehlverhalten ('Gier' etc) einiger weniger Figuren zurückzuführen und 'alles würde gut', wenn man die erstmal - wie auch immer - aus dem System 'entfernt' hätte, der wird auch auf dieser Ebene zur Wiederholung ohne Ende verdammt sein...

Anonym 18. März 2012 um 15:37  

Der Schrei nach der Todesstrafe ist Ausdruck einer moralisierenden Gesellschaft, die in dem Glauben an immer härtere Bestrafung der "Täter" ihr eigenes moralisches Gewissen beruhigt. Dabei geht es in erster Linie nicht um Rachegelüste (die beherrschen vielleicht die ersten Reaktionen der Angehörigen der Opfer), auch nicht um den Ruf nach einer Art Gerechtigkeit, sondern um eine schnelle und eindeutig zuzuweisende Schuldsprechung, die eigene Schuld weit von sich weist. (Irgendjemand muss ja Schuld sein am Bösen in der Welt, aber doch niemals ich!)Wer nun glaubt, das sei eine gerade auf unsere Zeit "zugeschnittene" Verhaltensweise, der mag angesichts der heutigen willkürlich wirkenden Verhältnisse Recht haben, aber in Wirklichkeit ist das Geschrei nach härteren Strafen für "Straftäter" so alt wie die Menschheitsgeschichte. Wer ist im Laufe der Zeit nicht alles schon unter dem Deckmäntelchen von Moral, Anstand, Ehre, "Normalität" verfolgt und bestraft worden? Wer sich auf der Seite der "Guten" wähnt, sieht sich immer im Recht. Es stimmt sicher, dass es auch eine Rolle spielt, dass "der Mensch" so auch verhindert, dass er sich mit den Opfern identifizieren muss (wie Rosi schreibt), wesentlicher scheint mir, dass mit dem Ruf nach harter Bestrafung eine scheinheilige Doppelmoral praktiziert wird, die sich darin erschöpft sich selbstgerecht selbst bestätigt und damit ein tieferes Eindringen in die Problematik der Ursachen und echtes Mitgefühl für die Opfer verhindert. Selbstgerechtigkeit und eine tiefe Sehnsucht nach "Ordnung" sind m.E. die "Sinnstifter" dieser Art mit "Tätern" umzugehen. Immer dann, wenn die eigene "heile" Welt in Unordnung gerät, wird der Ruf nach härteren Strafen für die Verursacher der "Unordnung" auch lauter. Dazu kommt die paktizierte Theorie, die davon ausgeht, Strafe sei das einzige Präventionsmittel, um Straftaten zu verhindern. Obwohl erwiesen ist, dass das nicht stimmt, wird daran festgehalten, weil "Volkes Maul" die Theorie zu bestätigen scheint. Das Problem pädophiler "Täter" appelliert dabei mehr als jede andere Straftat an emotionale Instinkte, weil Kinder die Opfer sind. Wenn es um Emotionen geht, bleibt der gesunde Menschenverstand auf der Strecke (Ich weiß auch nicht, wie ich reagieren würde, wäre mein Kind Opfer einer Straftat, keiner weiß das, denke ich, solange es ihn nicht selbst betrifft.). Wo ich persönlich unterscheiden möchte: Ein Straftäter, der unter dem Nichtbeherrschen seiner Triebe leidet (dem also bewusst ist, dass er krank ist), der nicht betreut, dem nicht geholfen wird, sollte anders eingeschätzt werden als Täter, die sich in sog. "Clubs" vereinigen und ein Geschäft mit Kindern als Sexualobjekte machen. Während der eine Täter gleichermaßen Opfer seiner Osessionen und seiner früheren Sozialisation wie Täter ist, gestehe ich der zweiten Kategorie den "Opferstatus" eher nicht zu. In beiden Fällen aber muss es darum gehen, die Umstände so zu analysieren und zu verändern, dass solche Straftaten nicht noch "begünstigt" werden, sondern es gar nicht erst dazu kommt. Todestrafen sind niemals dazu geeignet, etwas an den Bedingungen für solche und jegliche andere Straftaten zu ändern. Darum sollte es gehen. Und darum, dass den Opfern und Hinterbliebenen geholfen wird, dass es um Mitfühlen geht, nicht um Moralisieren.

Cora

Manfred 18. März 2012 um 16:34  

Lesetipp (nicht langweilend, wie Roberto meint):
Dialog über die Todesstrafe
ab Seite 158

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