Die Linke scheitert an der Konkretion

Freitag, 8. April 2011

Die jüngsten Landtagswahlen haben bewiesen, dass die Linke keine Protestpartei ist. Wollen die Wähler protestieren, wenden sie sich dem Teil des parteipolitisch organisierten Kleinbürgertums zu, der bis dato nur wenig in Regierungsverantwortung war. Selten zuvor war die Gelegenheit für die Linke so günstig, Wählerschaft zu gewinnen, wie in diesen Tagen. Wie die Grünen gibt man sich als Opponent in Angelegenheiten wie Stuttgart 21 oder Atomenergie zu erkennen. Dennoch scheiterte man an der Fünf-Prozent-Klausel, konnte nur unzureichenden Stimmenzuwachs verzeichnen. Und dies, obwohl die Linke im Gegensatz zu den Grünen, auch eine soziale Leitlinie in ihrem Parteiprogramm vorzuweisen hat.

Dieses Alleinstellungsmerkmal scheint kein Vorteil gewesen zu sein; die aktivierten Wähler, die ins Grüne hinein ankreuzelten, scheinen ein ausgesprochen abstraktes Verständnis von Demokratie zu haben. Sie fordern Partizipation und Bürgerrechte, wollen dass ihre Proteste erhört und direkte Demokratie mittels öffentlicher Unmutsbekundung betrieben wird. Daran ist nichts auszusetzen. Werden die demokratischen Motive aber konkreter, das heißt, erkühnt sich eine Partei tatsächlich, soziale Aspekte zum Wesensgehalt der Demokratie zu addieren, weil demokratische Teilhabe auch immer eine Frage darüber ist, ob es sich ein Mensch leisten kann, frei und demokratisch zu leben, so verschreckt das diejenigen, die meinen, einen alternativen Weg gewählt zu haben. Die Abstraktion der Demokratie trieb sie an, die Konkretion verängstigt sie - klar, die Abstraktion von Bürgerrechten ist kostenlos zu haben; die Konkretion, angefacht durch finanzielle Unterstützung beispielsweise, sie geht ans Säckel.

Die Linke hatte keine Lobby, weil es nicht die so genannte Unterschicht an die Urnen trieb, sondern die besorgte Mittelschicht - Klein- und Spießbürger, die viel Freude an demokratischen Abstrakta haben, die mit Begriffen wie "Freiheit" ganze Weltbilder erklären wollen und mit solchen Losungen auch Auslandseinsätze der Bundeswehr begründen. Freiheit - die Krönung des abstrakten Verständnisses! Was ist sie? Wann geschieht sie? Ist eine vollkommene Freiheit vom Staat auch dann lobenswert, wenn dies bedeutet, dass man in Notsituationen völlig frei von staatlicher Unterstützung ist? Demonstrieren kann man dann ja immer noch! Gegen Atomenergie sein auch! Miete zahlen? Essen? Kulturell teilhaben? Sicher, man kann an dieser ganz besonderen Kultur, der Tröten- und Pappschildchen-Kultur, der Protestkultur nämlich, teilhaben - auch als Unterschichtler. Das Kleinbürgertum, das sich da versammelt hat, um an der Wahlurne nicht für die soziale Alternative zu stimmen, es ist manchmal offen für alle Schichten. Wer gegen Stuttgart 21 und Biblis ist, der darf ruhig auch arm sein - er soll nur nicht annehmen dürfen, dass seine Armut auf ihre Kosten beendet wird.

Wahlsieger ist nicht Rot-Grün, auch die Grünen alleine nicht; die große Schwammigkeit, die große Elastizität, die man auch große Freiheit nennt, sie hat gesiegt. Ein Begriff, mit der schon Zigaretten schmackhaft gemacht wurden, obgleich niemand wusste, was die unbegrenzte Freiheit mit dem Dunst einer Zigarette zu tun haben sollte. Konkrete Ideen, Besserstellung von Arbeitslosen und Niedriglöhnern, von Senioren und Alleinerziehenden, Stärkung von Arbeitnehmer- und Erwerbslosenrechten, die Loslösung des Individuums von rein ökonomischen Idealen letztlich, dafür konnte man sich nicht erwärmen. Politische und kulturelle Teilhabe: ja natürlich! Schaffung der Voraussetzungen, damit auch alle teilhaben können: nicht unbedingt! Eine Renaissance des Sozialstaatsgedankens gar: Demokratie und dazugehörige Partizipation sollte bittesehr kein Geld kosten!

Natürlich unken sie nun, dass der linke Esprit die Wahlen gewonnen hätte. Sozialdemokratie und Grüne als Linke! Aber es war das empörte Kleinbürgertum, die hasenherzige Mittelschicht, die votierte. Für Grundrechte! Für Grundrechte, die nichts kosten - die, die etwas kosten würden, sei es nur Mitgefühl, die im Parteiprogramm der Linken nachlesbar sind, soziale Aspekte, die die Grundlage jedes demokratischen Prozesses sind, die eigentlich den sozialen Frieden installieren sollten, die spielten keine Rolle. Sie werden erst eine Rolle spielen, wenn große Stücke dieser Gesellschaftsschicht in den Genuss geraten, selbst sozial ausgeschlossen zu werden...



21 Kommentare:

Fleur 8. April 2011 um 08:14  

Ich oute mich und gebe zu, dass ich mich bei den Grünen engagiere, muss aber tatsächlich zugeben, dass auch mich seit längerer Zeit stört, dass soziale Themen immer seltener eine Rolle spielen, auch in der Bezirksgruppe und den AGs. Nur wundert mich das, wenn ich mir die Mitglieder unserer Bezirksgruppe ansehe. Die Stühle sind überwiegend besetzt mit geringverdienern, ALG-II-Empfängern, Menschen mit Behinderung, Leuten also, die schon ein gesundes Eigeninteresse dazu treiben müsste, soziale Themen anzupacken.

Zum Glück wird hin und wieder (noch)zusammen mit der Linken diskutiert. Das sind mir die liebsten Sitzungen. Gibt mir zu denken. Es hat schon mehr Spaß gemacht, grün zu sein...

Am ehesten kann ich mich derzeit mit den in der Grünen Jugend verbreiteten Sichtweisen anfreunden. Wenn ich aber sehe, wer es von ihnen in die "große" Parteipolitik schafft, wird mir mit Verlaub übel. Gegelte Jungberufspolitiker ohne Rückgrat haben wir weißgott genug. Eloquenz ist nicht alles.

"Sozialromantiker" wie wir werden zunehmend an den Rand gedrängt. Abzuwandern erscheint mir immer häufiger als lohnende ALternative...

Anonym 8. April 2011 um 08:18  

"Sie werden erst eine Rolle spielen, wenn große Stücke dieser Gesellschaftsschicht in den Genuss geraten, selbst sozial ausgeschlossen zu werden... ".

Und selbst wenn sie aus ihrer vermeintlichen Mittelschicht ins Proletariat angekommen sind, werden sie noch viele Gründe anbringen, warum sie nicht aufbegehren, werden ein bisschen nostalgisch auf die Nachbarn aus Frankreich weisen "die da, ja die wissen sich zu wehren, aber hier in Deutschland....).

Arme und armselige deutsche Staatsbürger, die nicht Die Linke zu wählen trauen, "die werden uns enteignen", die noch gar nicht verinnerlicht haben, das sie von den mittigen Parteien (CDUCSUFDPSPDDIEGRÜNEN) nicht nur schon längst und gründlich enteignet, sondern auch noch politisch entmüdigt und intellektuell kastriert worden sind.

Anhänger des 04.08.1789

Anonym 8. April 2011 um 09:59  

Hallo Roberto, ja so ist sie, die grauenvolle Deutsche "Mitte", dieses charakterlose Spießbürgertum,
treffend beschrieben!

Beste Grüße von
Bakunin

Anonym 8. April 2011 um 10:53  

Die WASG hätte es schaffen können, wenn sie sich Zeit und Raum zu eigenständigen Wachsen gegeben hätte ... aber sie fusionierte ja, weil es nicht schnell genug gehen konnte, mit der PDS. Schade. Nun ist es zu spät.

@ Fleur:
Die Grünen sind Schwarze auf Fahrrädern. Als sie 1998 mit an die Macht kamen veränderten sie auf Bundesebene alle ihren Kleidungsstil. Sie waren da angekommen, wo sie immer hinwollten: Im Establishment. Ich weiß noch, dass ich damals baß erstaunt war: So schnell konnte ich gar nicht gucken, wie die Outfits und Frisuren wechselten.
Die Turnschuh- und Strick-Nummer diente nur dazu, die Rebellenrolle zu spielen, als anders zu geltne, um so über über-zeugte Wählergruppen an die Pfründe zu kommen. Als Mitglieder der anderen Parteien hätten sie es nämlich nicht geschafft. Ich habe die 20 Jahre gewählt, denn ich war auch einmal jung. Aber dieser Traum, dieses Ideal ist knallhart an der Realität gescheitert. Denen geht es nur um die eigenen Jobs und um die eigene Gier (siehe z. B. Bonusmeilenaffäre von Özdemir u.a.)

DAs Problem ist, dass scheinbar immer genug Wähler-Jugend nachwächst, die -qua Sozialisation- noch träumt, idealistisch ist und sich der ihr suggerierten Hoffnung hingibt. Kindergarten, Schule, Beruf und Studium und Kirchenunterricht sorgen ja speziell in jungen Jahren dafür, dass immer ausreichend system-gläubige Nützlinge heran-erzogen werden.
Die heutigen Jung-WählerInnen der Grünen und anderen Parteien waren noch in den Windeln als auch die Grünen es ab 1998 versemmelten (Atompolitik, Hartz-IV, usw), diese Dinge mit vorantrieben, sie zumindest aber nicht verhinderten. Jetzt, wo sie erwachsen werden oder sind, träumen sie der Marketing-Strategie der Grünen hinterher und sehen nicht, dass auch dieser "Kaiser" gar keine Kleider an hat. Sie werden zum Träumen erzogen und wollen nicht aus dem Dornröschenschlaf aufwachen. Nun, der Hunger wird es auch denen irgendwann richten.

Ich persönlich mache denen und den anderen nicht mehr den Steigbügelhalter.

Die sollen genauso wie die anderen sich am Erwerbsarbeitsmerkt bewerben und dort ihre (und unsere) Erfahrungen machen. Sie sollen mal länger in Hartz-IV leben und bodenständig werden. Sie sollen sich mal mit irgendetwas selbständig machen und feststellen, dass die Märkte weitestgehend gesättigt sind.
Die sollen mal am eigenen Leib erleben, dass immer mehr Vollzeit-Stellen in Minijobs und Co. umgewandelt werden.

Und erst dann werden sie wohl darüber nachdenken können, dass alte Wege und Lösungen heute nicht mehr tragen und dass endlich mal über den Tellerrand geschaut und länder-/nationenübergreifend kooperiert werden muss, damit es allen hier und dort einigermaßen ähnlich auskommend gut geht.

Es gibt einen Grund, warum immer mehr in unseren und anderen Landen stigmatisiert werden: Sie wissen nicht mehr weiter, weil sie aus ihren Schubladen nicht herausdenken und -handeln können und weil sie selber gierig sind.

Immer wenn ich heutzutage PolitikerInnen in den Nachrichten und Talk-SHOWS sehe, muss ich schallend lachen ... wie das Kind, dass aussprach, dass der Kaiser gar keine Kleider anhatte.

Anonym 8. April 2011 um 11:59  

Anonym hat gesagt...

"@ Fleur:
Die Grünen sind Schwarze auf Fahrrädern. Als sie 1998 mit an die Macht kamen................etc..."

Anonym, wenn man solche Beiträge wie diesen lesen kann, freut man sich doch, mit der eigenen Meinung/Überzeugung in diesem Land nicht ganz so allein zu sein, wie es einem zuweilen erscheint.
Super Beitrag!

Beste Grüße von
Bakunin

Anonym 8. April 2011 um 12:31  

Wenn es darauf ankommt, handeln auch die Linken entgegen ihrer großen Sprüche.

Malte 8. April 2011 um 14:10  

Warum wurde denn die Unterschicht nicht an die Urnen getrieben? Diese entscheidende Antwort vermisse ich in dem Artikel.

Und lassen sich diese Forderungen denn machen, ohne dass künftige Generationen dadurch ein schlechteres Leben haben?
"Besserstellung von Arbeitslosen und Niedriglöhnern, von Senioren und Alleinerziehenden, Stärkung von Arbeitnehmer- und Erwerbslosenrechten, die Loslösung des Individuums von rein ökonomischen Idealen"

Anonym 8. April 2011 um 17:15  

Lieber Roberto J. de Lapuente,

stimmt genau, aber in meinem Ländle Baden-Württemberg kommt noch hinzu, dass "linke" Parteien, die original links sind bzw waren, nie eine Chance darauf hatte im Landtag zu landen

Ganz im Gegensatz zu bekennenden Rechtsextremisten wie den REPUBLIKANERN DEUTSCHLANDS (*schäm*)

Baden-Württemberg war übrigens schon vor 1933 kein Hort für echte "Linke".

Die NSDAP erzielte Spitzenwerte im badischen Landesteil, und im württembergischen beinahe genauso.

Es scheint so, dass Süddeutschland, auch Bayern zählt dazu, nie eine Hoffnung für "Linke", die es tatsächlich sind, war, und wenn dann nur ganz kurz (z.B. Bayern "Rätedemokratie")

Mehr dazu kann man in diesem kleinen Büchlein, eines Buchautors und Historikers aus dem Ländle, nachlesen:

Hans-Georg Wehling
"Geschichte Baden-Württembergs"

Wer dieses Büchlein gelesen hat, den wundert das schlechte Abschneiden der Linkspartei in Baden-Württemberg gar nicht mehr. Man wundert sich eher darüber, dass die CDU, die länger als die SED regiert hat, abgelöst wurde - durch SPD und Grüne (die ich auch skeptisch sehe).

Gruß
Bernie

Ludwig Trepl 8. April 2011 um 18:40  

„.... soziale Aspekte zum Wesensgehalt der Demokratie zu addieren, weil demokratische Teilhabe auch immer eine Frage darüber ist, ob es sich ein Mensch leisten kann, frei und demokratisch zu leben, ...“
Da läßt sich ein bekennender Linker gar zu leicht die Definitionsmacht aus der Hand nehmen. Seit es Demokratie im modernen Sinne gibt – seit sie als politische Richtung in den Jahren um die französische Revolution entstanden ist – ist ihr „Wesensgehalt“ nicht die „Teilhabe“ gewesen, sondern durchaus wörtlich: Volksherrschaft. Partizipation, also diejenigen ein bißchen mitmachen lassen, die ohne Macht sind, ist mit diesem Prinzip nicht vereinbar. Sie sollten herrschen, nicht partizipieren. Man muß nicht für Demokratie sein, aber man sollte nicht verschweigen, daß Demokratie eben dies bedeutet hat und nur bedeuten kann und nicht das, was heute alle, von den Liberalen bis zu den Konservativen, die ja anders als in ihren historischen Anfängen gerne auch Demokraten sein möchten, aus diesem Begriff gemacht haben.

Anonym 9. April 2011 um 14:41  

@ Fleur:

zu "Nur wundert mich das, wenn ich mir die Mitglieder unserer Bezirksgruppe ansehe. Die Stühle sind überwiegend besetzt mit geringverdienern, ALG-II-Empfängern, Menschen mit Behinderung, Leuten also, die schon ein gesundes Eigeninteresse dazu treiben müsste, soziale Themen anzupacken."

Hm, in unseren Breitengraden sieht man den Menschen die Mangelernährung lange Zeit nicht an (schleichend wachsende Konzentrationsstörungen (die meist keiner Depression geschuldet sind), Herz-Rhythmus-Störungen, Zahnprobleme, brüchigere Nägel, irgendwann hoher Blutdruck, schnellere Müdigkeit auf Grund des Nährstoffmangels, usw.) ... und die Sorge und das ständige eigene Bemühen, hierfür eigene Lösungen zu finden, da die Schulmedizin auch hier keine hinreichende Lösungen weiß bzw. nur solche mit Nebenwirkungen.
Wie soll da jemand noch die Kraft haben, sich politisch und bei DEM Gegenwind gegenüber sozialen Themen zu engagieren. Zumal sie selber mit einem enormen Papierkram im Zuge von z. B. Hartz-IV zu kämpfen haben, usw..
SIE KÖNNEN FROH SEIN, DASS die überhaupt zu Ihnen bzw. Ihrer oder einer Partei kommmen, zu denen, die oft nicht mangelernährt sind, die oft noch einen Beruf haben ... und vielleicht ein wenig von ihrer Kraft abgeben könn(t)en.
Mehr ist nicht drin.

Und vielleicht setzen sie sich mit ihren bzw. den sozialen Themen in Ihrer Gruppe auch nicht durch, WEIL das Zeit und enorme Ausdauer erfordert und sie aber nicht mehr die Kraft dafür und die Dynamiken in Gruppen haben.
Und dann ist die Frage, wer sich in der Partei auf wessen Kosten mit welchen Themen zu Lasten sozialer Themen durchsetzt. Vermutlich die Satteren.

PS: Waren die Grünen nicht bei der Einführung von Hartz-IV etc. ordentlich beteiligt? Also mich wunder'ts, dass die überhaupt zu Ihnen kommen. Sind vermutlich noch zu jung. Und dann die Meinungsmache, die den Menschen das Gedächtnis vernebelt ... .

sw 10. April 2011 um 14:15  

@Ludwig Trepl
Naja, ein zweischneidiges Schwert denn die Griechen verstanden ja unter dem Volk nur eine bestimmte Schicht ebenso sehen es die westlichen Eliten. Es gibt hier immer ein großes Mißverständnis. Während der "Normal"-Bürger unter Demokratie eben die "Volksherrschaft" versteht, verstehen die "Eliten" etwas anderes darunter. Aus diesem Grund bezeichnen zb. Kreise in der USA die Bürgerrechtsbewegungen der 60er und 70er Jahre als "Krise der Demokratie", sie haben einfach ein völlig anderes Verständnis davon. Und so wird auch klar warum "sie" sagen sie würden "die Demokratie" zb. in den moslemischen Länder unterstützten - dabei ist niemals eine Volksherrschaft gemeint (denn das würde ihren wirtschaftlichen Interessen widersprechen) sondern die Herrschaft der "Eliten".

Anonym 10. April 2011 um 18:40  

Hhhm, also ich hab mal nachgedacht, über die Ausführungen von Herrn De Lapuente. Zuerst war ich ihm geneigt, zuzustimmen. Jetzt bin ich mir da nicht mehr sicher. So mutterseelen allein auf dem Feld habe ich mir die Frage gestellt: "Bin ich konservativ?"

Nun, diese Frage müsste ich mit einem klaren "Ja" beantworten. Wenn ich also konservativ (bewahrend) bin und sehe, dass sich alles in die falsche Richtung entwickelt und dies bemängele, bleibe ich immer noch konservativ im Sinne des Begriffes. Denn ich will ja eher etwas bewahren. Gehe davon aus, der Konservative an sich, bewahrt nicht um des bewahren Willens, sondern dies soll doch möglichst mit positiven Inhalten gefüllt sein, die es zu bewahren lohnt.

Zurzeit wird nichts bewahrt, sondern Bewährtes wird über Bord geworfen - dies schon über einen recht langen Zeitraum - und die entstehenden Lücken mit m.E. negativen Inhalten gefüllt. Das stößt doch dann meiner konservativen Einstellung auf und so würde ich doch nach neuen Parteien suchen, die mir etwas konkretes Konservatives bieten.

Dies vorausgeschickt, ergibt sich sofort ein Konflikt mit den Äußerungen von Herrn De Lapuente. Denn nach weiteren sich dadurch automatisch ergebenden Überlegungen liegt es zwar an der Konkretion, aber nur im weiteren Sinne. Das Programm der Partei Die Linke mag konkret konservativ erscheinen. Doch wie schon häufiger da und dort angemerkt, vermittelt die Partei eher den Eindruck, sie möchte eher nicht konkret konservativ regieren, sondern ganz konkret in der Opposition verbleiben. Ganz davon abgesehen, dass sie sich ansonsten nicht so konkret darstellt, wie sie sich darstellen könnte.

Insoweit gehe ich davon aus, der wirklich konservative (nicht der Missbrauch als Schimpfwort) Wähler wünscht eine konkrete Haltung und Darstellung, die zumindest vermittelt, dass das Konservative auch in Konkretion münde und nicht in irgend etwas anderem, nicht fassbaren.

Es liegt nicht daran, dass dieser Wähler keine Konkretion wünscht. M.E. liegt es eher daran, dass er das eigentlich keiner Partei abnimmt und das wählt, was zumindest einen konkreten Teil verspricht. Insoweit würde sich auch der Wahlerfolg der Grünen erklären. Hier ist das Ziel ganz konkret: Erneuerbare, Abschaltung AKW. Das kann man schon als solches ganz konkret erkennen .

Was Herr De Lapuente da also ganz konkret tut, ist seinem Frust auf die Wählerschaft auszudrücken und sie in eine Schublade zu stecken, Beweggründe zu unterstellen und vor den Kopf zu stoßen. Letztlich kann ein Konservativer wie meiner einer auch nichts dafür, dass die Parteienlandschaft sich verrückt (im doppelten Wortsinne). Denn der Konservative als solches, der steht immer noch auf seinem Platz und hält Ausschau nach guten konservativen Konkretionen. Deswegen werde ich ja höchst selten noch als Konservativer eingeschätzt, sondern eher als Linksideologe (oder ähnliches).

Teil 2 f.

Anonym 10. April 2011 um 18:42  

Teil 2
Denn eigentlich ist das Wahlprogramm der Linken nichts revolutionäres, sondern ganz konkret konservativ. Denn auch das Konservative bleibt nicht wirklich stehen, ist ebenso vom Wandel der Zeit betroffen und bewegt sich immer dort hin, wo positive Stabilität versprochen wird, die auch gerne in einem "noch mehr" positiv zu Bewahrendes münden kann. Letztlich ist für mich der Konservative nicht nur ein Bewahrer, dies erst im zweiten Schritt, sondern in erster Linie ein Sammler. Denn wer bewahren möchte, der sollte schon einmal etwas zu bewahren haben. Das macht sonst keinen Sinn.

Und so tut Herr De Lapuente das, was viele tun, schimpfen, auf die Dummheit der Wähler, das Konservative, die Spießbürgerlichkeit etc. pp.. Man mag das so sehen, Risikobereitschaft hat der Konservative nicht unbedingt auf seiner Fahne stehen, dennoch geht er hin und wieder welche ein (nicht immer ist dieses Experiment wirklich gut gelaufen ... so auf die vergangenen Zeiten geschielt), so man ihm dann die Aussicht auf Stabilität verspricht. Man kann es so sehen, wie Herr De Lapuente, dann tun wir das einmal.

Und nun? Was tun wir dann? Weiter schimpfen? Darauf warten, dass sich das "tumbe" Wahlvolk (da zähle ich mich stets mit hinein) ändert? Das scheint man zu tun und dies geht m.E. über das Konservative hinaus, welches man so verachtet und sich jedoch drin zu suhlen bereit ist. Das wären dann die Stagnierten, die verharren schlicht im Frust und warten darauf, dass er sich fröhlich frei vom Acker macht. Chancenlos! Die Menschheit bzw. das konservative Wahlvolk lässt sich nicht ändern. Also, was sollten wir daraus lernen? Nichts? Scheinbar, nun denn, schimpfen wir noch was, alles andere wäre eine zu große konkrete Konkretion, also für die Stagnierten. Und irgendwie wirkt die Partei Die Linke auch so, stagnierend mehrfach gespalten. Da ist schon viel Risikobereitschaft des Konservativen gefragt, um in diesen Spalt zu springen, der mitnichten Konkretion verspricht, sondern sich eher anhört, wie: "also wir können so, aber auch anders, wir würden ja, aber vll. auch jenes oder solches und ausreichend Personal und Einigkeit haben wir eh nicht, denn dieser Wahlkreis so, der andere anders. Als Sinnbild könnte man die Doppelspitze schon sehen. Wenn man also konkret tatsächlich etwas erreichen wollte, dann sollte man das konkretisieren und sich mit dem Konservativen versöhnen, so man es doch selbst praktiziert (uhh, bloß nicht konservativ ... lieber Projektion betreiben ...). So schnell wie möglich. Wenn nicht, dann bleibt es dabei und wird stagnieren.

Volk kann man nicht ändern, nur sich sich selbst kann man neu definieren und dies gilt auch für Die Linke. Es nicht zu tun, ist Stagnation und letztlich natürlich auch arrogant, feige und faul. Ergo ganz im Sinne der Spießbürgerlichkeit ... jaja, man hasst häufig, was man ist und so zeigt man mit dem Finger auf andere und sagt: "Der ist so, ich nicht", das nennt sich dann Projektion und dient wozu? Bloß nicht ganz konkret Konkretion bei sich selbst betreiben, ja also dann, dann warten wir doch lieber darauf, dass es andere tun. Ist es nicht einfach herrlich, wie die anderen dann nichts tun?

Gruss
rosi

_________________
Bei anderen nur Fehler zu sehen ist noch armseliger,
als die eigenen Vorzüge zu loben (Mahatma Gandhi)

Anton Chigurh 10. April 2011 um 19:10  

Dass DIE LINKE im Süden und Südwesten nicht wirklich eine Chance hatte, liegt nicht nur daran, dass dort eine latente "Angst" vor allem wirklich Linken herrscht. Ganz klar: SPD und Grüne sind ganz ganz weit weg von jedem wirklich LINKEN Denken.
"Schwarze auf Fahrrädern" ist da eine tolle Assoziation ! SPD und Grünen geht es nicht um wirkliche Reformen, um grundsätzliche Reformen in diesem Lande - warum soll man auch etwas in einer Gegend reformieren wollen, wo angeblich alles bestens läuft ?
Die notwendigen Reformen, die ganze Gruppen der Gesellschaft wieder zurückbringen in die Mitte der Volksgemeinschaft, sind da gar nicht erwünscht. Man bleibt da lieber unter sich im ökologisch-korrekten Schrebergärtchen.
Allerdings muss man der LINKE auch den Vorwurf machen, dass sie profillose Gestalten, die größtenteils vor sich hinschweigen, in den Wahlkampf geschickt hat - keine statements, nichts, an das man sich an der Wahlurne erinnern könnte hat die Partei dort hinterlassen.
Wo sind die lokalen Gysis, die Ramelows, die mit Sachargumenten und Überzeugungsfähigkeit in anderen Teilen der Republik Erfolge feiern und Profil geben ?
Das ist ein großes Manko in der Partei, die eine Menge heller Köpfe beherbergt - Köpfe, die wirklich etwas bewegen könnten. Und das nicht nur gegen reformresistente Klüngelparteien, sondern auch gegen die Pseudo-Reformer aus dem grünroten Lager.
Die Grünen werden von den Anhängern der schwarzgelben Banditen im Allgemeinen müde belächelt als sozialspinnerte Gutmenschen abgetan.
Diese schwarzgelben Banditen sollten aber wirklich Angst bekommen vor dem Tag, an dem eine Partei in die Verantwortung kommt, die ECHTE Reformen auf den Weg bringt !

Usus 11. April 2011 um 17:26  

Ein Wort an meinen Vorredner Ludwig Trepte: Sie irren, Demokratie im Sinne von Volksherrschaft gab es auch in der Französischen Revolution 1789 nicht. Konnte es doch gar nicht geben, schließlich eroberte sich da das Bürgertum die Macht gegen den Feudaladel. Und wenn das Bürgertum von Demokratie sprach, meinte es immer die bürgerliche Demokratie der besitzenden Klasse, der nunmehr herrschenden Klasse. Nichtbürger, zum Beispiel die Armen, ein Proletariat gab es ja kaum zu diesem Zeitpunkt, kamen in dieser Demokratie genausowenig zu ihrem Recht wie unter dem Feudalismus. Bürgerliche Demokratie ist immer eine formale Demokratie. Am besten kennzeichnet es wohl das Wort, dass jedermann die Freiheit haben sollte, nachts unter den Brücken zu schlafen. Man sollte es also vermeiden, die bürgerliche Demokratie mit Volksherrschaft gleichzusetzen (die ja alle Klassen einer Nation umschließen sollte, ihnen gleiche Rechte gewähren, vor allem soziale, und eben nicht nur formale), bürgerliche Demokratie a priori als Demokratie an sich misszuverstehen. Auch die Athener Demokratie, die als die Geburtsstunde der bürgerlichen Demokratie angesehen wird, war eine Demokratie der herrschenden Klasse, der Sklavenbesitzer. Sie schloss alle Frauen aus, alle Metöken, alle Sklaven vor allem. Soviel zur Demokratie.

Verehrter Roberto Lapuente, ich gehe mit Ihrem Beitrag weitgehend konform, obwohl ich glaube, dass er eher auf einem linksliberalen Mittelschichtsverständnis beruht. Das deutsche, und nicht nur das deutsche Kleinbürgertum, die sogenannten Demokraten, steckt nach Marx die schmählichsten Niederlagen weg, als wären sie Siege. Ein besonders deutliches Schlaglicht: die Ergebnisse der Schlichtungsverhandlungen zu S21,
als sich dann Kretschmann bei Geißler, der ihn nach Strich und Faden über den Tisch gezogen hatte, auch noch für die gute Verhandlungsführung bedankte, vorausgesetzt, Kretschmann hatte kein doppeltes Spiel getrieben. Die Linkspartei aber hatte in der Vergangenheit viel versprochen, aber dann an der Regierung, z. B. in Berlin, wenig gehalten, ja oftmals, z. B. in der Frage des Berliner Wassertischs, ging kein Blatt Papier zwischen Wowereit und Wolf. In Berlin hat sich etwas in dieser Richtung angehäuft, das hat sich herumgesprochen, die Linkspartei hat sehr viel an Glaubwürdigkeit verloren, und ich vermute allen Ernstes, dass sie im September auch die Wahlen verlieren wird. Dies im Hinterkopf - welchen Grund sollten also die kleinbürgerlichen Wähler in BW gehabt haben, ausgerechnet der Partei mit dem Touch des "gescheiterten Kommunismus" ihre Stimme zu geben? Dass auch die Grünen nicht ganz unerheblich in das S21-Projekt verstrickt sind, konnte man verschmerzen. Was die BW-Wähler suchten, war eine Führerkraft, und die glaubten sie eben in den Grünen gefunden zu haben. Überhaupt, die Sehnsucht nach einem Führer ist ganz besonders im Kleinbürgertum ausgeprägt, das war in der Vergangenheit so und ist es heute noch immer. Es bedurfte gar nicht des Atomthemas, dem man alle "Schuld" am Wahlerfolg der Grünen gibt, S21 hätte auch genügt, zumal sich die Prügelszenen der Demo bei den meisten Leuten eingeprägt hatten, und sie wussten, wer da prügelte. Sonst hätten sie ganz sicher, wie schon seit 60 Jahren, Mappus und seine CDU gewählt, die immerhin noch auf stolze 39 Prozent kam. Die Linkspartei mit ihren sozialen Themen zugunsten der "Unterschicht" hatte bei diesen Wahlen von vornherein überhaupt keine Chance. Denn vor nichts hat das Kleinbürgertum mehr Angst - aktuell neben der AKW-Frage - als vor dem sozialen Abstieg. Es ist frei von jeder Solidarität. Warum sollte es sich also für die Unterschicht engagieren?

Anonym 12. April 2011 um 10:39  

@ Anton Chigurh:

zu: "Wo sind die lokalen Gysis, die Ramelows, die mit Sachargumenten und Überzeugungsfähigkeit in anderen Teilen der Republik Erfolge feiern und Profil geben ?"

Sorry, wenn Sie ausschließlich nach Männern Ausschau halten, dann finden Sie nicht viel.

Sahra Wagenkneckt hat echt eine Menge zu sagen. Eine brilliante Persönlichkeit, die wirklich denken kann ... bis zu dem Punkt, wo auch sie an die sog. Macht käme ... und auch nichts mehr ändern würde bzw. die üblichen Alibiänderungen.
Und lokale Größen? Was ist den wirklich 'Größe'? Mir scheint's nur solche, die rhetorisch geschickt schwatzen können, die Massen begeistern, usw..
Otto-Normal-VerbraucherIn sieht anders aus, ist überall und in jeder Partei der deutsche Michel, der nicht über den Tellerrand schauen kann und will.

Anonym 12. April 2011 um 10:46  

Nachtrag zu @ Anton Chigurh:

Eine Frau hat es wirklich geblickt, wie es in unseren Landen abläuft ... und sie zieht sogar die ntowendigen Konsequenzen, anders als S. Wagenknecht, die -so hörte ich in einer Talk-SHOW- die Leiharbeit nur noch abmildern möchte: JUTTA DITFURTH.

Diese Frau ist so gescheit, die hatte schon Ende der 89er/Anfang der 90er Jahre gepeilt, wo die Reise bei den schwarzen Grünen langgeht und hat diesen Verein verlassen.
Zudem ist sie eine brillante natürliche Rednerin, eben nicht geschult, sondern echt und authentisch.
Aber ich kenne nicht viele Menschen, die sie wirklich mögen, als Mensch, als Politikerin, auch als Frau. Gelle Jungs?!

Anton Chigurh 12. April 2011 um 19:53  

@ Anonym 12.4. 10.39h

Sie haben natürlich ABSOLUT Recht, und es war keinesfalls Absicht von mir die Damen bei DER LINKE zu übergehen !
Oft sind Frauen die hellen Köpfe, besonders Sahra Wagenknecht ist es, die Denkanstöße gibt.
Genau wie Frau Ditfurth, die eine absolute Vordenkerin ist.
Als Mensch, als Frau und als Charakterkopf ist sie eine Ausnahmeerscheinung.
Leider aber sind aber "charistmatische Schwätzer" nun mal wichtig, um Profil zu schärfen und Gesicht zu geben.
Was nützen die hellsten Köpfe, wenn sie nicht in der Lage sind, die Botschaft dort hin zu tragen, wo sie gehört und verstanden wird.
Da braucht es halt auch die sogenannten "Darsteller" !

flavo 12. April 2011 um 21:00  

Sehr angenehm zu lesen, sehr treffend geschrieben, das mit der abstrakten Freiheit. Dabei ist die Abstraktion ja durchaus konkret, sie vollzieht sich, hier und da. Die konkrete Abstraktion, sie ist die Wendung des Denkens, des Erlebens, das an sich vorbei strömt und in die einseitige Ecke toter Ideenzweige strebt. Wie die Matrix, eigenartig, man sah dort auch das Generelle nur, Cyber- vs. Realspace, aber nie das Konkrete. Die Grünenwähler leben in einer solchen. Konkret sind sie außer vielleicht im Konsumverhalten kaum von Konservativen zu unterscheiden, fühlen sich innerlich aber anderen Ideenwelten verbunden. Man ist doch von einer bunteren Böhe der Moderne getragen, das braune und scharze mag man nicht so, man mag die Farben. Die postmoderne Blase der Ichwelt ist schon groß genug, dass man den Großteil seiner Lebenszeit mit Ichbezogenen Entitäten verbringen will, die eigenen Geschmacksreaktionen bis ins Kleinste beobachtet mit immer neuen Produkten, man insgesamt das Leben mit dem Verhältnis Ich und Produkte verbringt. Die Einseitigkeit und Eintönigkeit ist wohl kaum zu überbieten. Produkte können alle möglichen Objekte sein. Jedesmal werden sie auf die erzeugte Regung im Inneren geprüft und geordnet. Nicht anders mit politischen Ideen. Das Grüne ist doch so oder so mit der typisch modernen Sehnsucht nach der grünen bäuerlichen Idylle verbunden, die mindestens hundert Jahre alt ist. Das Tier schaut am morgen beim Fenster rein, spritzt frische Milch in den Krug, man wandert in frischer Morgenluft und pflückt die Pilze des Mittags, der Nachmittag wird mit der Ernte von Maiskolben verbracht, am Abend duftet das frisch gebackene Brot und später legt man sich in das von der Katze gewärmte Strohbett. Das ist die Phantasie der bürgerlichen Städter, die reaktiviert wird um so leichter, wenn das Bürgertum ein junges Postmodernes ist, das in seine Ichwelt eingebunkert ist, sensorisch arm ist, hochdifferenzierte Floskelsysteme internalisiert hat, im Wesentlichen jedem halbwegs authentischen Leben diametral davonstrebt, dann flottieren die historisch sedimentierten, habitualisierten, oft schlafenden Phantasien und Beweger (emovere) frei. Der städtisch gestresste postmoderne lebensleere zeitekstasenamputierte Mensch muss einmal grün wählen am Ende, damit er wenigstens virtuell seiner Sehnsucht nachgeben muss, dass er Naturfleisch ist, das ihn trotz aller Permanenz in Phantasien in die Endlichkeit zwingt. Nur bleibt es im Verhältnis Ich und die Objekte und ihre Erregungswirkung ein kurzer Vorgang, dem vielleicht das neue Lied von xy folgt und der 18 tweets.

Anonym 13. April 2011 um 14:44  

Ich weiß nicht recht - auf "den Spießbürger" kann man trefflich einschlagen im Glauben, dass man selbst nicht dazu gehört. Aber irgendwie trifft sich das immer weniger mit meiner Erfahrung. Egal ob Bürgerinitiative für bessere Kindergärten, Linke-Wahlkampf, Demo gegen Sozialabbau oder Kriegsbeteiligung - ich sehe immer die gleichen Leute, die ich vorsichtig unter "technische Intelligenz" einordnen würde, also eher das obere Ende des Mittelstandes. Und da kenne ich auch etliche Linke-Wähler. In unserer Firma sind ausschließlich Leute mit Hochschulabschluß in der Gewerkschaft.

Nun sind die Gewerkschaften auch nicht eben revolutionär, aber die IG Metall hat immerhin entdeckt, dass Leiharbeit dringend reguliert werden muss und so bezahlt wie "normale" Arbeit. Aber wenn sie deshalb zur Demo aufruft, dann kriegt nicht ein einziger unserer Leiharbeiter den Hintern hoch. Dann demonstriert komischerweise die reaktionäre Mittelschicht. Die Leiharbeiter bekommen brutto pro Monat um die 700 Euro weniger, und diese wirklich nicht geringe Summe ist ihnen keinen Sonnabendvormittag wert. Und CDU wählen sie obendrein. Vielleicht nicht alle, aber einige.

Da fragt man sich als blöder Spießbürger doch irgendwann, warum man für andere Revolution spielen soll. Die wirklich wichtige Frage scheint mir: Warum bewegen sich die Betroffenen nicht? Warum beschränken sie sich auf Jammern? Warum gehen sie nicht für ihre Interessen auf die Straße, beschweren sich aber anschließend bei den Gewerkschaftern, dass sie zu wenig Geld bekommen? Warum wählen die CDU? Wenn mir das einer erklären könnte?

Anonym 13. April 2011 um 15:30  

@ Anonym, 14.04.11, 14:44:

Warum sie die CDU usw. wählen?:

1) Siehe Kommentar von Anonym 09.04.11, 14:41

2) Weil sie als Ergebnis unserer schulischen, kirchlichen, medialen Sozialisation usw. daran glauben, dass speziell diese Partei, aber auch andere die sog. Elite in ihren Reihen sitzen habe und sie außerdem sehr christlich sei ... was sie auch ist, deshalb gibt es ja Leiharbeit. Die christlichen Wohlfahrtsverbände müssen ja ihre Erwerbsarbeitsplätze und nicht unerheblichen Subventionen verteidigen ... und dafür braucht es nun mal qua definitionem Arme.


Eine Frage an Sie:
Warum eigentlich sollen Erwerbsarbeitslose und LeiharbeiterInnen u.ä. immer die besseren Menschen/ WählerInnen sein??? ... zumal ihnen der Magen knurrt,s ie mit der Zeit gesundheitlich schwächeln und sie mit ihren physischen Kräften unter diesen Umständen sehr haushalten müssen (siehe 1).

Leider halten wir Menschen oft andere immer für schlauer als uns selbst ..., kein Wunder bei dem in Schule und Beruf antrainierten Konkurrenzdenken.

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP