Statt eines Weihnachtsgrußes
Mittwoch, 24. Dezember 2008
Heute vor 29 Jahren starb Rudi Dutschke. Obwohl es sich nicht zur runden Zahl jährt, nicht 30 Jahre her ist, so ist es doch wert, dem Tod dieses Mannes zu gedenken. Vorallem in diesem Jahr, da so viel vom runden Jubiläum gesprochen wurde, da man der antiautoritären Studentenbewegung gedachte, sollte auch dem maßgeblichen und vielleicht wichtigsten Wortführer dieser historischen Tage gedacht werden.
Der Tod Dutschkes wurde bereits damals, bereits 1968 eingeleitet.
Statt eines Weihnachtsgrußes soll an Dutschkes Sterben erinnert werden. Nicht ohne Hintergedanken, nicht ohne Motiv. Einen üblichen Weihnachtsgruß will der Herausgeber dieser Internetpräsenz nicht formulieren, weil er wenig von Kommerz und vom Christentum, noch weniger vom kommerzialisierten Christentum, hält. Aber mit der Erinnerung an Dutschke, nicht unbedingt an jenen Heiligabend von 1979 alleine, als er in seiner Badewanne starb, weil ihn ein epileptischer Anfall ertränkte, sondern vielmehr an diesen arglisten Anschlag vom April 1968, soll all jenen gedacht werden, die nicht devot buckeln, sich der täglichen Einheitsfront einordnen, sich stattdessen zweifelnd und hinterfragend engagieren, die immer wieder das revolutionäre Wörtchen "Nein!" benutzen.
Dafür wurde Dutschke angeschossen, nicht von den Empfängern dieser "Neins!", nicht von der Hand der Bürgerlichen selbst, die sich über den "roten Rudi" mokierten, sondern durch deren Aufwiegelungskunst, durch ihr geschicktes Verdrehen und Erfinden, somit von der Hand eines Nutzidioten, der mit dem Bürgerlichen keine Duzfreundschaft aufweisen konnte, weil sie ihn niemals als einen der ihrigen anerkannt hätten. Es war ein Verlierer, herangezüchtet von bürgerlicher Propaganda, der zur Tat schreiten mußte, um den Dreck zu erledigen, den das Bürgertum selbst nur herbeisehnte und -flehte.
Wenn wir heute daran denken, dass Dutschke vor 29 Jahren sterben mußte, weil ihm die Kugeln des Josef Bachmann seine Gesundheit raubten, weil sie ihn zum Epileptiker machten, dann gedenken wir eines Mannes, der nicht eingeknickt ist, der standhaft blieb, der dem damaligen Zeitgeist mit ganzer physischer Kraft entgegentrat. Wir denken an ihn und denken an uns, die wir täglich, jedenfalls mehrmals die Woche, gegen den Wahnsinn, den wir Alltag nennen, anschreiben und anrennen. Wir sind freilich keine Dutschkes, dazu fehlt es uns an Charisma, an theoretischem Wissen, wahrscheinlich auch an Platzhirschmentalität - aber wir tun das uns Mögliche, tun was wir können, was wir meinen zu können und versuchen in allem standhaft zu sein.
Wir sind, das wurde bereits geschrieben, keine Dutschkes, haben nicht seine Öffentlichkeit, können uns (noch - wir hoffen ja auf bessere Tage!) nicht derart an Massen wenden, wie es ihm möglich war und wie es ihm vielleicht heute, wäre er noch am Leben, wäre er heute nicht 68 Jahre alt sondern jünger, auch nicht mehr gegeben wäre. Aber wir stehen dem Zeitgeist ebenfalls feindlich entgegen, lehnen uns auf, meist nutzlos, selten mit Erfolg - wir sprechen Menschen an, haben Leser, bringen wenige davon zum Nachdenken, Überdenken, Umdenken; und wir werden dafür angefeindet - mal ganz offen, mal hinterlistig und mit verschlagenen Methoden. Man wird, so darf man hoffen, nicht auf uns schießen, aber man stellt uns als Unverbesserliche hin, als ewiggestrige Sozialromantiker, Sozialisten oder Kommunisten, Linksradikale sind wir, Anhänger der RAF, potenzielle Kriminelle, Wirrköpfe, Verbrecher - was mußte sich jeder von uns, die wir gegen den Irrsinn unserer Zeit angehen, schon anhören? Und sei es nur das Kopfschütteln uns nahestehender Menschen ist, die uns für weltfremde Tagträumer und Spinner halten, weil wir uns nicht einfach einreihen und mit quietschenden Stiefeln mitmarschieren!
An Weihnachten, wenn mal wieder ein "frohes Fest" gewünscht wird, gedenkt man gelegentlich, sofern man sentimental gestimmt ist, an jene, denen es noch schlechter geht als einen selbst. Hier soll kein Weihnachtsgruß stehen, aus oben genannten Gründen - aber vielleicht sollte hier denen gedacht werden, die täglich in Opposition ringen, die sich nicht verbiegen lassen und alleine deshalb, selbst hier im angeblich freien Teil der Welt, auf Ablehnung stoßen oder mit Repressionen zu kämpfen haben. Und damit soll natürlich daran erinnert werden, das in anderen Teilen unserer Erde, Menschen für ihre freie Meinung, für ihre Individualität und für ihren Mut, sich nicht verbiegen zu lassen, inhaftiert oder gar getötet werden. Für all das steht im Jahre 2008, 40 Jahre nach dem ominösen Jahr der Revolte, der bereits 1968 erzwungene Tod des Rudi Dutschke. Diese Badewanne im dänischen Arhus, der tragische Tod an einem Weihnachtsfest, steht als Symbol all jener in der Geschichte, die nicht mitmarschierten, sondern dagegen aufbegehrten.
Heute vor 29 Jahren starb ein Mann, der elf Jahre zuvor für seine oppositionelle Arbeit angeschossen wurde; heute vor 29 Jahren starb einer, der uns linken Schreibern, egal wie wir es drehen oder wenden, egal wie kritisch wir Dutschke betrachten, näher stand, als es uns lieb sein kann. Wir leben, so wie er seinerzeit, in ständiger Gefahr, kriminalisiert zu werden...
Kein Weihnachtsgruß also. Keine Empfehlung, man möge die nun folgenden Tage besinnlich erleben? Aber bedarf es dazu eines Weihnachtsfestes? Der Schreiber dieser Zeilen weiß, wie notwendig, wohltuend und existenziell wichtig ruhige und besinnliche Tage sind - sie sollten öfter stattfinden, nicht nur zum Jahresende. Es ist zu wenig, besinnliche Tage nur an Weihnachten wünschen zu wollen. Wir bräuchten solche Tage monatlich - mindestens.
Der Tod Dutschkes wurde bereits damals, bereits 1968 eingeleitet.
Statt eines Weihnachtsgrußes soll an Dutschkes Sterben erinnert werden. Nicht ohne Hintergedanken, nicht ohne Motiv. Einen üblichen Weihnachtsgruß will der Herausgeber dieser Internetpräsenz nicht formulieren, weil er wenig von Kommerz und vom Christentum, noch weniger vom kommerzialisierten Christentum, hält. Aber mit der Erinnerung an Dutschke, nicht unbedingt an jenen Heiligabend von 1979 alleine, als er in seiner Badewanne starb, weil ihn ein epileptischer Anfall ertränkte, sondern vielmehr an diesen arglisten Anschlag vom April 1968, soll all jenen gedacht werden, die nicht devot buckeln, sich der täglichen Einheitsfront einordnen, sich stattdessen zweifelnd und hinterfragend engagieren, die immer wieder das revolutionäre Wörtchen "Nein!" benutzen.
Dafür wurde Dutschke angeschossen, nicht von den Empfängern dieser "Neins!", nicht von der Hand der Bürgerlichen selbst, die sich über den "roten Rudi" mokierten, sondern durch deren Aufwiegelungskunst, durch ihr geschicktes Verdrehen und Erfinden, somit von der Hand eines Nutzidioten, der mit dem Bürgerlichen keine Duzfreundschaft aufweisen konnte, weil sie ihn niemals als einen der ihrigen anerkannt hätten. Es war ein Verlierer, herangezüchtet von bürgerlicher Propaganda, der zur Tat schreiten mußte, um den Dreck zu erledigen, den das Bürgertum selbst nur herbeisehnte und -flehte.
Wenn wir heute daran denken, dass Dutschke vor 29 Jahren sterben mußte, weil ihm die Kugeln des Josef Bachmann seine Gesundheit raubten, weil sie ihn zum Epileptiker machten, dann gedenken wir eines Mannes, der nicht eingeknickt ist, der standhaft blieb, der dem damaligen Zeitgeist mit ganzer physischer Kraft entgegentrat. Wir denken an ihn und denken an uns, die wir täglich, jedenfalls mehrmals die Woche, gegen den Wahnsinn, den wir Alltag nennen, anschreiben und anrennen. Wir sind freilich keine Dutschkes, dazu fehlt es uns an Charisma, an theoretischem Wissen, wahrscheinlich auch an Platzhirschmentalität - aber wir tun das uns Mögliche, tun was wir können, was wir meinen zu können und versuchen in allem standhaft zu sein.
Wir sind, das wurde bereits geschrieben, keine Dutschkes, haben nicht seine Öffentlichkeit, können uns (noch - wir hoffen ja auf bessere Tage!) nicht derart an Massen wenden, wie es ihm möglich war und wie es ihm vielleicht heute, wäre er noch am Leben, wäre er heute nicht 68 Jahre alt sondern jünger, auch nicht mehr gegeben wäre. Aber wir stehen dem Zeitgeist ebenfalls feindlich entgegen, lehnen uns auf, meist nutzlos, selten mit Erfolg - wir sprechen Menschen an, haben Leser, bringen wenige davon zum Nachdenken, Überdenken, Umdenken; und wir werden dafür angefeindet - mal ganz offen, mal hinterlistig und mit verschlagenen Methoden. Man wird, so darf man hoffen, nicht auf uns schießen, aber man stellt uns als Unverbesserliche hin, als ewiggestrige Sozialromantiker, Sozialisten oder Kommunisten, Linksradikale sind wir, Anhänger der RAF, potenzielle Kriminelle, Wirrköpfe, Verbrecher - was mußte sich jeder von uns, die wir gegen den Irrsinn unserer Zeit angehen, schon anhören? Und sei es nur das Kopfschütteln uns nahestehender Menschen ist, die uns für weltfremde Tagträumer und Spinner halten, weil wir uns nicht einfach einreihen und mit quietschenden Stiefeln mitmarschieren!
An Weihnachten, wenn mal wieder ein "frohes Fest" gewünscht wird, gedenkt man gelegentlich, sofern man sentimental gestimmt ist, an jene, denen es noch schlechter geht als einen selbst. Hier soll kein Weihnachtsgruß stehen, aus oben genannten Gründen - aber vielleicht sollte hier denen gedacht werden, die täglich in Opposition ringen, die sich nicht verbiegen lassen und alleine deshalb, selbst hier im angeblich freien Teil der Welt, auf Ablehnung stoßen oder mit Repressionen zu kämpfen haben. Und damit soll natürlich daran erinnert werden, das in anderen Teilen unserer Erde, Menschen für ihre freie Meinung, für ihre Individualität und für ihren Mut, sich nicht verbiegen zu lassen, inhaftiert oder gar getötet werden. Für all das steht im Jahre 2008, 40 Jahre nach dem ominösen Jahr der Revolte, der bereits 1968 erzwungene Tod des Rudi Dutschke. Diese Badewanne im dänischen Arhus, der tragische Tod an einem Weihnachtsfest, steht als Symbol all jener in der Geschichte, die nicht mitmarschierten, sondern dagegen aufbegehrten.
Heute vor 29 Jahren starb ein Mann, der elf Jahre zuvor für seine oppositionelle Arbeit angeschossen wurde; heute vor 29 Jahren starb einer, der uns linken Schreibern, egal wie wir es drehen oder wenden, egal wie kritisch wir Dutschke betrachten, näher stand, als es uns lieb sein kann. Wir leben, so wie er seinerzeit, in ständiger Gefahr, kriminalisiert zu werden...
Kein Weihnachtsgruß also. Keine Empfehlung, man möge die nun folgenden Tage besinnlich erleben? Aber bedarf es dazu eines Weihnachtsfestes? Der Schreiber dieser Zeilen weiß, wie notwendig, wohltuend und existenziell wichtig ruhige und besinnliche Tage sind - sie sollten öfter stattfinden, nicht nur zum Jahresende. Es ist zu wenig, besinnliche Tage nur an Weihnachten wünschen zu wollen. Wir bräuchten solche Tage monatlich - mindestens.
6 Kommentare:
Wir können es ändern.
Wir sind nicht hoffnungslose Idioten der Geschichte, die unfähig sind, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Das haben sie uns jahrhundertelang eingeredet. Viele geschichtliche Zeichen deuten darauf hin, daß die Geschichte einfach nicht ein ewiger Kreisel ist, wo nur immer das Negative triumphieren muss.
Rudi Dutschke (1940 - 1979) in einem Fernsehinterview mit Günter Gaus (1929 - 2004) vom 3.12.1967
Schone Feiertage allen, dies hier mitlesen.
Ebenfalls statt Weihnachstgrüßen ein Hinweis zum Thema 'kommerzialisiertes Christentum':
http://www.jungewelt.de/2008/12-24/017.php
Ansonsten können wir uns auf die erste große Krise des Kapitals besinnen, die ohne 'radikale' Gegenbewegung, mithin auch ohne Dutschkes oder Luxemburgs und wie sie alle hießen, auskommen muß. Wie wird das ausgehen? Werden sie es noch einmal 'schieben' können, damit es später um so mehr kracht? Wird es Krieg geben, bzw noch mehr Krieg? Quo vadis, immer unhaltbar werdender Kapitalismus? Sind wirklich alle Alternativen und Utopien 'verbrannt' wie ein unachtsam beleuchteter Tannebaum?
Passt auf euren auf - so ihr noch einen habt...
Lieber Roberto J. De Lapuente,
auch statt eines Weihnachtsgrusses einen Hinweis was ich heute so dachte: "Wäre der Polizist von Linksextremen angeschossen worden, wir hätten - wieder einmal - eine anti-linke Terrorhysterie. So war es nur ein Rechtsextremer, und ein "verdächtiges Pärchen", welches seit gestern auf freiem Fuß ist".
...gestern kam auch was über Manfred Rommel, und mir - als End-Dreißiger - war zwar bewußt, wie fanatisch die Zeit damals war, als Rudi Dutschke noch lebte - , aber dass man sogar Toten (den Selbstmördern der RAF) die Friedhofsruhe verweigerte, und der konservative Bürgermeister namens Rommel damals nicht mitmachte, und die Totenruhe dennoch hoch hielt, war sogar für mich neu. Mein Fazit: Es gibt auch bei CDUlern, früher wohl eher noch als heute, friedfertige und "anständige" Menschen, aber die sind heute in Rente oder verstecken sich, während die Hinterbänkler sich offen sozialrassistisch - an Weihnachten - äußern düften.
Diese Beispiele zeigen mir wie notwendig dein Blog ist, und die Gegenwehr gegen die neoliberale "Meinungsmache" in Deutschland - in diesem Sinne, schöne Feiertage und weiter so....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Hallo hier wieder da,
die Weihnachtsfeier rumgebracht - mein älterster Schwager hat mich schön getestet, bin aber nicht drauf eingegangen.
Vor allem als er seinem Sohn die neueste Verschwörungstheorie über Bin Laden und den 11. September 2001 verklickern wollte.
Er kam selber ins nachdenken als er meinte, dass Castro Bin Laden unterstützt habe - nur sind das wohl zwei grundverschiedene Ideologien. Schön, dass er selbst gemerkt hat was für einen Quark er erzählt - interessant noch folgendes, ich hab's mir aber verbissen:
Mit dem selben Argument plante George W. Bush den Einfall in den Irak.
Jahre später stellte sich heraus, dass die Baath-Partei Saddam Husseins säkular ist, und Saddam Hussein selbst ein Todfeind der Radikalislamisten war.
Außerdem war er mit Familie in Berlin, um das Visum für seinen Sohn abzuholen, und schwärmte für Madame Tussand, und die Hitler-Figur. Ich dachte ich hör nicht recht, da ich meinen Schwager immer als lupenreinen Sozi eingestuft habe, aber ich meinte nur, dass Hitler kein Mensch gewesen wäre sondern eine Bestie - hat er wohl des lieben Familienfriedens wegen überhört, aber zumindest habe ich der Nazi-Verherrlichung an christlich Heiligabend einen Riegel vorgeschoben....
Mein Fazit:
Rudi Dutschke & eine neue 68er-Bewegung sind notwendiger als je zuvor - in Deutschland....bei solchen Menschen fällt es einem wie Schuppen von den Augen warum....
Gruß
und dennoch schöne Feiertage
Junger
Gut, dass es noch Menschen gibt, die gegen den Strom schw(a)immen und damit habe ich nicht nur Rudi Dutschke gemeint, sondern auch Blogs wie ad sinistram oder die nds z.B. "Das Große bleibt groß nicht/ und klein nicht das kleine/ die Nacht hat zwölf Stunden/dann kommt schon der Tag". heißt es in Brechts Lied von der Moldau. In diesem Sinne , la lotta continua, der Kampf geht weiter,auch in 2009!
Hätte sich Rudi Dutschke nie gedacht, die "Rebellen des Jahres 2008" in der Taz:
http://www.taz.de/index.php?id=bildergalerie&tx_gooffotoboek_pi1[fid]=1&tx_gooffotoboek_pi1[srcdir]=Rebellen-2008&tx_gooffotoboek_pi1[func]=combine&no_cache=1
...unglaublich aber wahr, aus Rückwärtsgewandten, mit einigen Ausnahmen, kreiirt die eigentlich grüne TAZ, die "Rebellen" bzw. "Helden" des Jahres 2008.
Wie tief sind wir gesunken, dass wir Ypsilanti-Mobber, Ackermann & Clement als "Rebellen des Jahres 2008" feiern lassen?
Rudi, wo bist du?
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