Entlastung an der Briefkastenfront
Sonntag, 7. Dezember 2008
Die Deutsche Post meint es gut mit den Geknechteten und Entrechteten, mit denen, die nichts mehr zu verlieren haben, weil sie schon alles, was einen in dieser Gesellschaft zu einen Gewinner machen würde, verloren haben. Sie hat sich auf die Seite der Habenichtse geschlagen, die nichts besitzen, aber dennoch weiterhin finanziell geschächtet werden. Ihnen muß man Entlastung zugestehen, muß ihnen Luft zum Atmen zuteilen, ein Paar Stunden der Sorglosigkeit schenken - die Deutsche Post macht sich zum Schenkenden, zum Verständnisvollen, zum großen Gönner.
Nur noch fünfmal pro Woche sollen Briefe ausgetragen werden, nicht mehr, wie bis heute üblich, an sechs Tagen. Und schon regt sich der Unmut der Kunden, laufen sie Sturm auf die hehren Absichten der Deutschen Post. Es sind wahrscheinlich vorallem Vermieter-Kunden, die täglich auf erfolgreiche Mahnungen hoffen, die ihre Mieter zu Nachzahlungen hindrangsalierten; oder Arbeitgeber-Kunden, die hoffnungsvoll auf Briefe ihrer Belegschaft warten, in denen diese einer Gehaltsminderung zustimmt; oder Aktionärs-Kunden, die trotz Finanzkrise das Geld aus ihrer Kaffeekasse angelegt haben, und nun darauf warten, per Brief über satte Zuwächse informiert zu werden; oder Mandats-Kunden, die voller Vorfreude der brieflichen Information über ihre Abgeordnetenpensionen entgegenfiebern; oder der ganz banale Typus des "Vielleicht-habe-ich-endlich-einmal-Glück"-Kunden, der wöchentlich dem Brief der Lottogesellschaft harrt, oder hofft, dass er zumindest darüber in Kenntnis gesetzt wird, einen kleinen Präsentkorb gewonnen zu haben.
Wer sich nicht in die Diskussion bezüglich der Pläne der Deutschen Post einmischt, wer höchstwahrscheinlich auf der Seite der Fünf-Tages-Briefträger steht, das sind alle anderen. Das sind solche, für die der Gang zum Briefkasten einem letzten Gang zum Schafott gleichkommt; solche, die morgens in Angst aufwachen, auf die Uhr sehen und die Minuten zählen, bist der Postbote kommt - und hoffentlich ohne Berührung der Briefkastenklappe schnell wieder geht. Es sind die in Bredouille geratenen Zeitgenossen dieses Landes, die täglich auf Rechnungen warten, die sie nicht mehr bezahlen können, die Mahnbescheide fürchten müssen; es sind Arbeitslose, die mehrmals täglich an den Briefkasten stürmen, immer mit dem erdrückenden Gefühl in der Magengrube, Post von jener Behörde zu bekommen, die mit Menschen verfährt wie mit leblosen Objekten; es sind die Empfänger von Hiobsbotschaften, die stets damit rechnen, eine Kündigung, eine Absage, einen negativen Bescheid, eine Strafe zugestellt zu bekommen.
Solche Menschen leben im stetigen Gefühl der Angst, der Beklemmung. Sie ringen mit dem Kafkaesken ihres Alltags, hoffen voller Bescheidenheit nicht mal mehr das Beste, sondern geben sich mit dem spartanischen Gefühl des "zu Ertragenden" zufrieden - und drohen daran zu zerbrechen. Ein ständiges auf der Hut sein, hoffen, bangen, beten - ein Leben in Bedrückung; der Postbote als gelber Teufel, den man am eigenen Briefkasten vorbeifliegen sehen will, der einen den bedrückenden Tagesablauf zum tragischen Alptraum verwandeln kann.
Solch einem psychischen Druck, so dachte sich die Deutsche Post womöglich, könne man den Kunden nicht sechs Tage die Woche auferlegen. Auch der Angst-Kunde hat ein Recht auf wohlige Tage, auf mehr als einen sorgenfreien Tag, an dem der Briefträger nicht dazwischenpfuschen kann. Somit soll die Fünf-Tage-Woche Realität werden, damit auch den unter Druck stehenden Kunden ein wenig Ruhe gegönnt sei, ein wenig Erholung von der Briefkastenfront. Hier beweist die Deutsche Post Herz und Nächstenliebe, zeigt sich weihnachtlich mitfühlend, rettet manchen Zeitgenossen vor den selbst aufgeknüpften Strick. Wer da jetzt moralisierend herumjammert, weil die Deutsche Post nurmehr fünf Tage austragen will, der hat scheinbar wenig zu verlieren, wenig Angst, wenig Not, kennt vorallem nur die Sonnenseiten des Lebens, hat viel zu gewinnen.
Ob jemand, der in der vielzitierten Schuldenfalle sitzt, wirklich traurig ist, dass sein Postler einmal weniger pro Woche erscheint? Ob ein Erwerbsloser bittere Tränen der Ohnmacht vergießt, weil sein kleiner Diktator "Fallmanager" ihn einmal weniger pro Woche potenziell gängeln darf? Vom Segen der "beschnittenen Post" wird aber nichts geschrieben, stattdessen wird das Gejammer der Gewinnernaturen präsentiert - die Gewinner schreiben eben die Geschichten...
Nur noch fünfmal pro Woche sollen Briefe ausgetragen werden, nicht mehr, wie bis heute üblich, an sechs Tagen. Und schon regt sich der Unmut der Kunden, laufen sie Sturm auf die hehren Absichten der Deutschen Post. Es sind wahrscheinlich vorallem Vermieter-Kunden, die täglich auf erfolgreiche Mahnungen hoffen, die ihre Mieter zu Nachzahlungen hindrangsalierten; oder Arbeitgeber-Kunden, die hoffnungsvoll auf Briefe ihrer Belegschaft warten, in denen diese einer Gehaltsminderung zustimmt; oder Aktionärs-Kunden, die trotz Finanzkrise das Geld aus ihrer Kaffeekasse angelegt haben, und nun darauf warten, per Brief über satte Zuwächse informiert zu werden; oder Mandats-Kunden, die voller Vorfreude der brieflichen Information über ihre Abgeordnetenpensionen entgegenfiebern; oder der ganz banale Typus des "Vielleicht-habe-ich-endlich-einmal-Glück"-Kunden, der wöchentlich dem Brief der Lottogesellschaft harrt, oder hofft, dass er zumindest darüber in Kenntnis gesetzt wird, einen kleinen Präsentkorb gewonnen zu haben.
Wer sich nicht in die Diskussion bezüglich der Pläne der Deutschen Post einmischt, wer höchstwahrscheinlich auf der Seite der Fünf-Tages-Briefträger steht, das sind alle anderen. Das sind solche, für die der Gang zum Briefkasten einem letzten Gang zum Schafott gleichkommt; solche, die morgens in Angst aufwachen, auf die Uhr sehen und die Minuten zählen, bist der Postbote kommt - und hoffentlich ohne Berührung der Briefkastenklappe schnell wieder geht. Es sind die in Bredouille geratenen Zeitgenossen dieses Landes, die täglich auf Rechnungen warten, die sie nicht mehr bezahlen können, die Mahnbescheide fürchten müssen; es sind Arbeitslose, die mehrmals täglich an den Briefkasten stürmen, immer mit dem erdrückenden Gefühl in der Magengrube, Post von jener Behörde zu bekommen, die mit Menschen verfährt wie mit leblosen Objekten; es sind die Empfänger von Hiobsbotschaften, die stets damit rechnen, eine Kündigung, eine Absage, einen negativen Bescheid, eine Strafe zugestellt zu bekommen.
Solche Menschen leben im stetigen Gefühl der Angst, der Beklemmung. Sie ringen mit dem Kafkaesken ihres Alltags, hoffen voller Bescheidenheit nicht mal mehr das Beste, sondern geben sich mit dem spartanischen Gefühl des "zu Ertragenden" zufrieden - und drohen daran zu zerbrechen. Ein ständiges auf der Hut sein, hoffen, bangen, beten - ein Leben in Bedrückung; der Postbote als gelber Teufel, den man am eigenen Briefkasten vorbeifliegen sehen will, der einen den bedrückenden Tagesablauf zum tragischen Alptraum verwandeln kann.
Solch einem psychischen Druck, so dachte sich die Deutsche Post womöglich, könne man den Kunden nicht sechs Tage die Woche auferlegen. Auch der Angst-Kunde hat ein Recht auf wohlige Tage, auf mehr als einen sorgenfreien Tag, an dem der Briefträger nicht dazwischenpfuschen kann. Somit soll die Fünf-Tage-Woche Realität werden, damit auch den unter Druck stehenden Kunden ein wenig Ruhe gegönnt sei, ein wenig Erholung von der Briefkastenfront. Hier beweist die Deutsche Post Herz und Nächstenliebe, zeigt sich weihnachtlich mitfühlend, rettet manchen Zeitgenossen vor den selbst aufgeknüpften Strick. Wer da jetzt moralisierend herumjammert, weil die Deutsche Post nurmehr fünf Tage austragen will, der hat scheinbar wenig zu verlieren, wenig Angst, wenig Not, kennt vorallem nur die Sonnenseiten des Lebens, hat viel zu gewinnen.
Ob jemand, der in der vielzitierten Schuldenfalle sitzt, wirklich traurig ist, dass sein Postler einmal weniger pro Woche erscheint? Ob ein Erwerbsloser bittere Tränen der Ohnmacht vergießt, weil sein kleiner Diktator "Fallmanager" ihn einmal weniger pro Woche potenziell gängeln darf? Vom Segen der "beschnittenen Post" wird aber nichts geschrieben, stattdessen wird das Gejammer der Gewinnernaturen präsentiert - die Gewinner schreiben eben die Geschichten...
10 Kommentare:
du schreibst: "...es sind Arbeitslose, die mehrmals täglich an den Briefkasten stürmen, immer mit dem erdrückenden Gefühl in der Magengrube, Post von jener Behörde zu bekommen, die mit Menschen verfährt wie mit leblosen Objekten..."
Es gibt aber noch das Bangen, die Beklemmung, auf eine Bewerbung wieder eine Absage zu bekommen.
Eigentlich ist auch 5 mal die Woche noch zu oft, einmal Post pro Woche reicht soch eigentlich auch: http://www.lumperladen.de/lumpereien/2008/12/06/5-mal-die-woche-warum-so-oft/
Aber ansonsten meine volle Zustimmung.
Herr Roberto J. De Lapuente sie sprechen mir mal wieder sowas von aus der Seele! Und beschreiben meine "post-traumatische Störung" auf's Trefflichste!
"Es gibt aber noch das Bangen, die Beklemmung, auf eine Bewerbung wieder eine Absage zu bekommen."
Das zählt nicht. Bewerbungen zu schreiben ist Verrat am Klassenkampf!
Man 'ne dumme Frage:
Heißt fünf Tage weniger Briefe nicht auch Einsparungen bei Briefträgern?
Bei uns kommen wahlweise drei verschiedene Briefträger von der Deutschen Post - an unterschiedlichen Tagen.
Kann man da bei fünf Tagen nicht einen, ober zwei, einsparen?
Nur mal so aus Interesse gefragt, da ich bei Einsparungen sofort an Entlassungen denke.
Ich bin zwar nicht davon betroffen, aber interessieren würde es mich dennoch, da ich Mitleid mit den dann evtl. 2 arbeitslosen Postlern habe, die dann in dieser wirtschaftlich schwierigsten Zeit seit 1929 auf der Straße stehen....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Hat sich jemand mal gefragt, wie man sich dann durchschlägt, wenn es wirklich so weit wie anno 1929 kommen sollte? Viele Deutsche leben heute nicht mehr von Eigenversorgung durch Landwirtschaft etc.... Kommt eine "Zeit der Revolten" auf Deutschland zu? Hungerrevolten z.B.
Tja, und so wird es auch dem "5 Tage wegrationalisierten Postler" in Zukunft gehen: Zum Glück kommen meine ehemaligen Kollegen nicht so oft.
Komische Auffassung. War das Ironie ?
Verehrter Herr Lapuente, ich bin der Auffassung, bei diesem enormen Porto sollte die Post schon sechs Tage die Woche kommen. Abgesehen davon, dass man anderenfalls mit weiteren Entlassungen bei den Postlern rechnen müsste. Sie haben sicher recht, wenn Sie sich auf die Seite der Arbeitslosen schlagen, die vor jeder Absage per Brief zittern, aber ein gewisses Maß an Zivilisation würde ich doch gern sehen - auch bei der Postzustellung an allen Werktagen.
Herzlich, Anonyma
@Anonyma: Zivilisation = Briefzustellung an jedem Werktag?
Ehrlich gesagt könnte ich auf die Briefzustellung Samstags gut verzichten. Denn die Argumentation, daß es dort draußen genügend Leute gibt, denen es vor dem täglichen Postboten"besuch" graut, überzeugt mich.
"Denn die Argumentation, daß es dort draußen genügend Leute gibt, denen es vor dem täglichen Postboten"besuch" graut, überzeugt mich."
Mich nicht. Was hat der Postbote bzw. die Häufigkeit der Zustellung mit dem Inhalt der Briefe zu tun? Davon abgesehen: Mich nervt z.B. auch Kaltaquise am Telefon. "Telefonfreie Sonntage, jetzt!"
"Es sind die in Bredouille geratenen Zeitgenossen dieses Landes, die täglich auf Rechnungen warten, die sie nicht mehr bezahlen können, die Mahnbescheide fürchten müssen;"
Leider muß man sagen, ist das Verständnis zum Geld eines geworden welches man abstrakt nennen muß.
Was ich habe, kann ich ausgeben, was nicht, eben nicht.
Sicher kann man den Institutionen welche für den Verleih etc. von Geldmitteln zuständig sind die Schuld geben, jedoch die Verantwortlichkeit des einzelnen für die 3,50€ die er zur Verfügung hat muß er selbst tragen. Lernen heißt eben auch den Umgang mit Geld erlernen.
Feine Seite übrigens, jedoch nehmen Sie meiner Meinung nach die "geknechteten" zu sehr in Schutz. Man muß schon aufstehen, um nicht weiter von oben getreten zu werden, den Kopf dazu gab uns wohl die Evolution.
Gruß
Henry
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