Und es könnte sich doch wiederholen!

Montag, 5. Juli 2010

Als die angejahrte Vulpius des Geheimrats Sträucher und Kräuter goss, hätte nur ein Schulterblick gereicht, um jenes Berglein zu erblicken, auf welchem knapp mehr als ein Jahrhundert später, Menschen haufenweise ausgerottet würden - um jene Erhebung zu erspähen, die in künftigen Tagen nicht hinauf, sondern hinab führen sollte: hinab in die Tiefen einer Hölle irdischer Machart. Vom Hause Goethes aus, so wird berichtet, konnte man den Ettersberg betrachten. Goethes Haus, das wie kein anderes deutsche Kultur, das berühmte Dichter- und Denkertum, versinnbildlicht: von dort war es möglich jene Erhebung anzusehen, die die andere Seite "deutscher Leistungen" veranschaulicht.

Man stelle sich nur vor, die Vulpius wäre damals von einem düsteren Propheten bei der Verrichtung ihrer Gartenarbeit gestört worden - von einem Künder, der gedankenschwanger mit dem Finger gen Ettersberg gedeutet hätte, dabei Colonel Kurtz' Ausruf vorwegnehmend: Das Grauen, das Grauen! Und auf Nachfragen der Vulpius hätte der gemütskrank wirkende Seher von dem erzählt, was mehr als hundert Jahre danach jene sehen würden, die das dort erbaute Tor zur Hölle durchschritten hatten. Ungeheuerlichkeiten für ein Ohrenpaar des 19. Jahrhunderts - unerhört und allerhand! Vielleicht hätte sie dem armen Irren ein Paar Groschen zugeworfen, ihm Trost zugesprochen und ihn mitleidig angelächelt - vielleicht hätte sie ihn auch verscheucht und darüberhinaus ausgelacht. Genau vermag man ihre Reaktion nicht mehr nachzuvollziehen, denn erstens ist all das zu lange her und, zweitens, so nie geschehen.

So oder so: es hätte hanebüchen geklungen, dass hier, in der Wiege hoher Kultur, an jenem Ort, wo Schiller wirkte und Goethe gerade noch am Wirken war, ein Reich der Marter und der Höllenqualen ausbrechen würde. Bei den Wilden dieser Welt - dort ja! Bei den Negern und Chinesen vielleicht, aber doch nicht in Weimar! Laß gut sein, Christiane, hätte der Dichter ihr geraten. Du wirst dir doch von so einem närrischen Kerl nicht unser lauschiges Abendstündchen vermiesen lassen. Verrückte gab es immer und wird es immer geben. Ausgeschlossen schien es, dass jene berühmte Kulturstadt eines Tages am Fuße einer zweckdienlich errichteten Todesstadt läge. Geschichte mag manchmal verwinkelt und überraschend sein - darüber wäre man sich einig gewesen: aber so überrumpelnd, so ungerecht und unmoralisch könne und dürfe sie nicht sein. Beruhigen Sie sich, Frau Vulpius, hätten die Weimarer Gelehrten sie besänftigt, es ist wissenschaftlich fast gänzlich erwiesen, dass solcherlei Dinge hier niemals geschehen werden - überhaupt kann so ein unglaubliches Treiben nirgends in der christlichen Welt passieren - nie und nimmer! Wäre der verschrobene Prophet nicht genauso mysteriös vom Erdboden verschwunden, wie er einst plötzlich am Gartentor des Geheimrats aufgetaucht war - man hätte ihn vermutlich inhaftiert und in ein Irrenhaus verfrachtet. Zur Sicherheit der Allgemeinheit, versteht sich.

In Deutschland kann soetwas nicht passieren!, hört man auch heute noch. Zivilisiert sei man, geläutert durch die eigene Vergangenheit. Überdies gäbe es ein Grundgesetz, dass die Unmenschlichkeit absolut ausklammere - und überhaupt: man lebe ja schließlich nicht auf dem Balkan, bei den Hottentotten oder im Sudan! Man lebe im kultivierten Teil der Welt. Weist man dann auf die gesellschaftlichen Entwicklungen hin, auf das Aufkochen alter Ressentiments gegen Ausländer, die man in nutzvolles und unbrauchbares Humankapital kategorisiert; auf die latente Pogromisierung gegen Erwerbslose, die man öffentlich brandmarkt und verspottet; auf die Stimmungsmache gegen Senioren, die lang leben und dabei auch noch Geld erhalten wollen - weist man auf solcherlei hin und deutet prophetisch in eine mögliche, hoffentlich aber nicht uns widerfahrende Zukunft, in der durchaus wieder darüber nachgedacht werden könnte, wie man der unliebsamen und überflüssig gewordenen Menschen Herr wird, so fühlt man sich wie jener fiktionale Seher aus Weimar.

Fortschrittlich oder kulturell herausgeputzte Ist-Zustände kranken gar jämmerlich an Überheblichkeit. Es mangelt ihnen an seherischer Gabe und an der Bereitschaft, Mahnungen mit dem nötigen Respekt zu begegnen. Für jene damals war es unglaubhaft, dass in direkter Nachbarschaft zu Goethes Haus und seinem geistigen Erbe, das schlimmste Inferno ausbrechen würde, das der Mensch je dem Menschen bereitet hatte. Und doch ist es geschehen! Die hohe Kultur, die in Hörweite zu jenem Dichter und Denker stand, der wie kein anderer die deutsche Sprache und Literatur prägte, sie konnte die ausbrechende Hölle am Ettersberg nicht verhindern. Jorge Semprún, der selbst räumlich der gießenden Vulpius sehr nahe kam, wenngleich er sie auch zeitlich um gut 140 Jahre verpasste, würde viel später in seinem Buch "Was für ein schöner Sonntag" schreiben, dass er als Insasse Buchenwalds nie wirklich begreifen konnte, wie hier am Ort des Goethe dieses Grauen ausbrechen konnte. Dort wo Goethe als Blüte deutschen Erbes wanderte, marschierten nun das schäbigste Unkraut. Und er schreibt über jenen berühmten Baum: "Denn obwohl die SS-Männer ihn bei der Errichtung von Buchenwald verschont hatten, hatte eine amerikanische Phosphorbombe ihn bei dem Luftangriff 1944 in Brand gesteckt. In die Rinde dieses Baumes sollen Goethe und Eckermann ihre Initialen eingeritzt haben."

Hohe Kultur und Massenmord stehen manchmal eng beieinander - wenn nicht zeitlich, so doch räumlich. Goethe war keine Garantie für die Kontinuität kulturellen Flairs. Auch in Weimar setzen sich die Brüllfratzen durch - und schauten kollektiv weg, als am Ettersberg die Völker Europas geknechtet und geschlachtet wurden. Denen, die heute den düsteren Prophetien spotten, kann man nicht vorwerfen, dass sie sich als zivilisierte Menschen wähnen, die sie mehr oder minder ja auch sind - man muß sie aber tadeln, weil sie glauben, ihr bisschen Zivilisiertsein würde genügen, um neue Vernichtungs-, Eugenik- und Euthanasieprogramme zu vereiteln. Es wird sich nie wiederholen, weil wir heute aufgeklärter sind!, darf getrost als halbgebildete und selbstherrliche Phrase aufgefasst werden. Es wird sich wiederholen - auf die eine oder andere Weise. Es wird sich wiederholen, weil wir gar so sicher meinen aufgeklärt zu sein!



12 Kommentare:

Anonym 5. Juli 2010 um 11:36  

Es wiederholt sich doch schon. Zumindest die Grundsteine sind gelegt. Fügst du dich nicht der Ausbeutungsmaschinerie, auch als Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung bezeichnet, nimmt man dir das Recht aufs Weiterleben, auch als Sanktion mit Kürzung der Geldmittel auf Null bezeichnet.

Das Land der Dichter und Denker? Ja ich schwelge auch gerne in Nostalgie.

Jutta Rydzewski 5. Juli 2010 um 12:35  

Ich habe. lieber Herr De Lapuente, lediglich eine Ergänzung bzw. Präzisierung.

"Es wird sich wiederholen - auf die eine oder andere Weise."

Es wiederholt sich bereits, sogar täglich - auf die eine oder andere Weise. Und das bezieht sich nicht nur auf den Balkan, den Hottentotten oder Sudan, sondern offenkundig auch auf das zivilisierte, und durch seine Geschichte vorgeblich geläuterte Deutschland. Auf das Grundgesetz, was einst den deutschen Untertan in die Demokratie entlassen hat, finden auch immer häufiger Anschläge statt, sogar durch das BVerfG selbst. ...

"Es wird sich wiederholen, weil wir gar so sicher meinen aufgeklärt zu sein!"

Auch das höchste Maß an Aufklärung, lässt den Menschen das bleiben, was er war, ist und auch immer sein wird.

mfg
Jutta Rydzewski

Anonym 5. Juli 2010 um 14:36  

R.Lapuente: "Es wird sich wiederholen, weil wir gar so sicher meinen aufgeklärt zu sein!"

Dieser sehr pessimistischen Sicht ist meines Erachtens auch deshalb zuzustimmen, birgt eine Menge Realismus, weil Aufklärung und Barbarei, Aufklärung und Unterdrückung sehr wohl einträchtig nebeneinander koexistieren können.
Die gesamte Geschichte der Herrschaft des europäischen und amerikanischen Bürgertums ist dafür ein einziger unschlagbarer Beweis, ebenso einige fehlgeschlagene gesellschaftlichen Experimente unter dem Vorzeichen des Sozialismus, welcher Auslegung auch immer.
Geschichte wiederholt sich nie exakt, aber eben doch immer wieder - "auf die eine oder andere Weise".(J.Rydzewski)
So lange Aufklärung allein in den Köpfen, in der Späre des Denkens oder Meinens verharrt, NICHT zu einer humanen gesellschaftlichen Praxis wird, bleibt sie gesellschaftlich weitgehend wirkungslos, dient bestenfalls als Mittel der Heuchelei und der Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse.
Es ist einfach falsch, wie Adorno und Horkheimer von einem "Scheitern" der Aufklärung zu sprechen, eher schon, (ein wenig moralisierend) von deren Verrat durch die gebildeten und ausbeutenden Schichten Europas und Amerikas, einem Verrat aus Eigennutz, unermesslicher Profitgier und einem ebenso unermesslichen Machthunger.
Doch welche Schicht oder Klasse wäre gegenwärtig in der Lage, die Dinge positiv zu verändern?

MfG Bakunin

Robert Reich 5. Juli 2010 um 17:22  

Es wird sich wiederholen, vielleicht auch weil es am Wesen des Kapitalismus oder weil der gut gebildete Deutsche zwar Schillers Glocke rezidieren kann aber Dank unserer großen 'Geschichtsaufarbeiter(-aufbereiter)'wirklich glaubt, der deutsche Faschismus wurde von Hitler erfunden und alle, von der Wirtschaft bis zum Militär waren dessen Opfer - und mußten eben nur mitmachen!!!

Die Katze aus dem Sack 5. Juli 2010 um 19:06  

@ Daniel Limberger
Dann bleibt ja nur noch, diesen Generalstreik zu organisieren. So zu organisieren, dass sich alle angesprochen fühlen und auch 'alle' (relative Grösse?) mitmachen (*lach*). Das kann unter Umständen an den Menschen scheitern, die zum persönlichen Eigennutz bzw. Eigenschutz lieber Arbeitsplatzsicherungsmassnahmen ergreifen werden. Die Überlegungen gehen ja offensichtlich auch immer mal wieder an das Thema "Bundeswehreinsatz im Inneren" vorbei. Warum wohl? Was wird da befürchtet?

Wir haben uns ja schon an die Bilder gewöhnt (nicht wirklich, oder?), wenn in fremden Ländern die Armeen eingesetzt werden, um Teile der verzweifelten Bevölkerung mit Waffengewalt vor sich herzutreiben.

Ich glaube daran, dass wir einfach mehr und grössere privatisierte Gefägnisse brauchen werden, um den ständig wachsenden Terror und deren weltweite Auswirkungen zu bändigen (PPP-Konzepte nicht vergessen).

Wo dieser schrecklich aufbäumende Terror blos immer wieder herkommt, wo doch alles so schnuckelig und pupsgemütlich hier (wo immer das auch sein mag) ist? Seltsam, oder?

Anonym 5. Juli 2010 um 19:49  

Hi Daniel, nun lass die Vogelscheuche Faschismus erst mal stecken.
Ein perfekteres Herrschaftssystem als diese Schwarz-Rot-Goldene Deutsche Einheitsfront aus CDU/CSU/SPD/FDP/Grünen(und bald auch PDL?), mächtig flankiert und "sozialpartnerschaftlich" abgesichert von unserer DEUTSCHEN ARBEITSFRONT... pardon: den DGB-Vereinen, gibt es zur Zeit kein zweites Mal in Europa.
Der Führer, könnte er doch nur einmal aus dem Grabe lugen, würde vor Neid und gleichzeitig auch voller Stolz auf dieses sein Volk erblassen.
Ein Land, dass so eisern und fest regiert wird benötigt keinen Faschismus, macht diesen einfach überflüssig.
"Wehrhafte Demokratie" und "Sozialer Fiede", "Sozialpartnerschaft" auch und gerade in "schweren Zeiten"..., WAS kann sich eine herrschende ausbeutende Klasse und deren politisches Personal noch mehr wünschen?
Die Vogelscheuche NPD reicht unseren Eliten vorerst völlig aus!

MfG Bakunin

Daniel Limberger 5. Juli 2010 um 23:13  

@Bakunin:
Ja klar, Du hast recht. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass im Falle größerer revolutionärer Unruhe die Herrschenden auch wieder auf den Faschismus zurückgreifen *KÖNNTEN*. Natürlich ist auch den Herrschenden die DEMOKRATIE viel lieber, weil darin die Nützlichkeit und die Untertänigkeit des Proletariats *FREIWILLIG* ausgeführt werden. Ich schrieb es ja schon ein paar mal: die Demokratie ist die *adäquate* Herrschaftsform des Kapitalismus. Und der Wert der Freiheit impliziert hier automatisch die Institution des Privateigentums - ohne Freiheit kein Privateigentum. Freiheit ist DIE kapitalistische Grundkonstante. Natürlich wissen wir, was diese Freiheit bedeutet... (Tut mit leid, ich bin jetzt erklärungsfaul - daher ersetze ich die Erklärung des eben Gesagten und schwer Verdaulichen durch die "vielsagenden" Pünktechen ... ;)

Liebe Grüßle

Daniel

Anonym 6. Juli 2010 um 00:26  

@Die Katze aus dem Sack, @Daniel Limberger...

Hier und auch in anderen Blogs erfolgt immer wieder die revolutionäre Forderung nach einem Generalstreik! Klingt ja auch sehr überzeugend! Oder doch nicht?
Dabei wird aber immer eine winzige Kleinigkeit übersehen, nämlich, wer diesen überhaupt durchführen soll.
Klar, so sagt und schreibt man, die Arbeiter, die Angestellten in den Betrieben, überhaupt alle Beschäftigten....
Doch welche Beschäftigten? Die mit festen Arbeitsvertrag und meist noch normaler bis guter tariflicher Bezahlung plus einigen Extras? Oder die nur befristet Beschäftigten mit minimalerer tariflicher Bezahlung und Hoffnung auf eine Festanstellung? Oder gar die Leiharbeiter mit ihren Sklavenlöhnen und Fehlen fast jeglicher sozialer Rechte, aber mit eben solcher (meist vergeblicher) Hoffnung auf Übernahme? Oder etwa gar die vielen Praktikanten in Firmen oder Ämtern?
Alle zusammen?
Und was für wirkliche gemeinsame Interessen sollen alle diese künstlich geschaffenen verschiedenen Abteilungen der lohnabhängigen Klasse unter den gegenwärtigen ökonomischen und politischen Bedingungen haben?
Kollegen in ein und demselben Betrieb, meist den gleichen Abteilungen, welche unter völlig verschiedenen Bedingungen gezwungen sind, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?
Ach ja, unsere Gewerkschafts- Helden á la Sommer, Huber & Co.!
Bloß was ist, wenn unsere Gewerkschaftler tief in ihrer Seele Streiks noch mehr hassen und fürchten wie die Hundts, Kannegießers, Aldis, Quands, Springers, Olaf Henkels und anderen Arbeitgeber ?
Insbesondere auch das "Verpulvern" von Streikgeldern für "Abenteuer", welche doch für die Durchfütterung so vieler fauler dumm-schwadronierender Maulhelden in Gestalt von Gewerkschaftfunktionären viel besser angelegt ist?
Aber diese Gewerkschaftler, bestens bezahlten und versorgten Gewerkschaftsfunktionäre stehen rein zufällig an der Spitze der "mächtigen Organisationen" und freuen sich z.B. gemeinsam mit den von ihnen vertretenen Stammarbeitern mit noch relativ guten Tariflöhnen und guten Mitgliedsbeiträgen(!) über in Zeiten der Krise von der Regierung bzw. der BA spendiertes KURZARBEITERGELD und Nicht-Entlassung ganz im Gegensatz zu den Befristeten und den Leiharbeitsknechten, welche halt "leider" über die Klinge springen müssen, (langsam aber wieder peu á peu zurückgpfiffen werden)
Ich frage mich da oft, wie viele dieser Generalstreiks-Freunde wohl in den letzten Jahren einen ganz normalen deutschen Betrieb von innen gesehen haben?
Alle diese Leute übersehen einfach, dass wir gerade in Deutschland weder normale Gewerkschaften haben noch auch nur ein annähernd normales Streikrecht wie in vielen anderen Ländern Europas.
Auch gibt es bei uns praktisch nicht eine einzige Partei von Einfluß und Bedeutung, welche umfassend für die Interessen der großen Masse der Arbeitnehmer auch politisch eintritt, sich folglich auch von allen anderen Parteien, welche nur die Kapitalinteressen vertreten glaubwürdig abgrenzen würde, diesen materiellen Interessen der Lohnabhängigen auch eine politische Zielrichtung geben könnte, bis hin zu einer eventuellen revolutionären Übernahme der Regierungsgeschäfte durch diese Partei im Falle eines äußerst erfolgreichen Generalstreiks.
Nichts von alledem ist vorhanden, aber nach Generalstreiks rufen - in Deutschland!!!

Anonym 6. Juli 2010 um 08:48  

Wieder einmal ein sehr schön geschriebener Artikel. Nur eine kurze Anmerkung.

"Es wird sich nie wiederholen, weil wir heute aufgeklärter sind!"

Man kann die Frage aufwerfen, ob nicht die Aufklärung und der Liberalismus (John Locke und Konsorten) eine tief-dunkle, dämonische Seite haben (Ich denke da an Goyas "Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer"), so daß Aufklärung und Faschismus gar nicht so weit auseinander liegen, wenn man z.B. das Pech hat, einem indiginen Volk anzugehören. Aus Sicht LOCKEs und "seiner Bande" gelten "Menschenrechte" immer nur für den weißen, besitzenden Mann. Das "Andere" (Bettler, Proletariat bzw. heute Prekariat, indigine Völker ...) kann getrost vernichtet werden. Für das "Andere" gibt es keine "Menschenrechte". Man lese Dominico Losurdo "Freiheit als Privileg. Eine Gegengeschichte der Liberalismus". Losurdo sieht den Faschismus/Nationalsozialismus nicht als "Ausrutscher" der Geschichte. Die Vernichtungsorgie der Nazis wurde vorbereitet von 300 Jahren Aufklärung und Liberalismus.
Anton Reiser

Die Katze aus dem Sack 6. Juli 2010 um 16:05  

@ Anonym 6. Juli 2010 00:26

Dann lehnen wir uns am Besten zurück, und lassen das ganze Spektakel über uns ergehen. Wir werden dann ja schon sehen, wohin das alles noch führt (geführt wird).

Einen Generalstreik braucht sicher niemand, eher schon die Verweigerung im Einzelnen an bestimmten Dümmlichkeiten und Schwachsinnigkeiten nicht mehr zu partizipieren. Aber so etwas alleine zu betreiben ist langweilig und zudem teuer.

Die Zeiten sind einfach noch nicht beschissen genug, oder?

Anonym 6. Juli 2010 um 23:45  

Die Katze aus dem Sack hat gesagt...

@ Anonym 6. Juli 2010 00:26

"Dann lehnen wir uns am Besten zurück,.."

"Die Zeiten sind einfach noch nicht beschissen genug, oder?"



6. Juli 2010 16:05

Da hast mehr Recht als du vielleicht gewillt bist zur Kenntnis zu nehmen.
Der großen breiten Masse dieser Bevölkerung geht es in der Tat noch nicht wirklich schlecht, noch immer relativ gut, hat daher begründete Angst davor etwas zu verlieren, sich zu verschlechtern und verhält sich deshalb ruhig und abwartend.
Und die ganze offizielle Politik zielt darauf ab, dass dies auch so bleibt.
Ob Abwrackprämie, Kurzarbeitergeld oder die Rettung der angeschlagenen Banken, immer ging es auch um diese große breite Masse, deren finanzieller Sicherheit, deren sozialer Status, um deren Lebenversicherungen, zusätzlichen Rentenversicherungen, vielen sonstigen Geldanlagen, finanziellen Absicherungen.
So ist es den Herrschenden zumindest bisher gelungen, die breite, noch zufriedene Masse von den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewahren.
Natürlich, peu á peu, ganz sanft und langsam werden mittel- und längerfristig auch sie zur Kasse gebeten werden, aber in kleinen erträglichen Dosierungen, so dass sie sich daran gewöhnen, ein seit Jahrzehnten gerade in Deutschland erfolgreich angewandtes Mittel der Politik.
Und so lange diese Politik erfolgreich ist gerade im Hinblick auf die noch immer einigermaßen zufriedene breite Masse der Bevölkerung, wird sich in diesem Land gar nichts tun.
Und zu dieser breiten Masse gehört auch noch immer die große Masse der tariflich abgesicherten und tariflich entlohnten Arbeitnehmer.
Und die so genannten Unterschichten, also Geringverdiener, befristet Beschäftigten, Mini-Jobber, Leiharbeiter sowie die Langzeitarbeitslosen, sozial Abgehängten, gesellschaftlich an den Rand gedrängten, was zählen die schon in diesem Land für Politik, Wirtschaft und die immer noch große breite Masse der noch zufriedenen Spießbürger?
Nichts bis gar nichts, mit denen will doch niemand von denen wirklich etwas zu tun haben, sich mit denen öffentlich gemein machen.
Ganz im Gegenteil, Abgrenzung wo es immer möglich ist, alles zu tun, um zumindest in der Öffentlichkeit den Mittelklasse-Status zur Schau zu stellen.
Man schaue sich doch nur mal an, wie einsam und verlassen Hartz 4 Infostände in den Fußgängerzonen der Städte sind, wie eilig und indifferent es die Masse der Passanten hat, in möglichst großen Abstand an diesen Ständen vorbeizukommen. Alles nur Zufall?
Unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen kann man sich in der Tat nur zurücklehnen, dabei aber dennoch ganz persönlich Menschen Hilfestellung geben wo immer sie welche im Kampf mit den Ämtern und Behörden brauchen.
Viel mehr ist vorerst nicht drin, leider.
Und das ist der Grund, warum ich Aufrufe zu Generalstreiks gegenwärtig für völlig lächerlich halte.

Die Katze aus dem Sack 8. Juli 2010 um 00:09  

@ Anonym 6. Juli 2010 23:45

Ich ahnte soetwas schon. Und diesen komischen "Spießbürgern", von denen Du geschrieben hast, sei ein Hinweis gegeben: Kommt mir besser nicht in die Quere!

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