Hitler als Vorläufer
Samstag, 6. Dezember 2008
Wenige Jahre vor seinem Tod, schrieb Carl Amery ein Essay, welches in besorgniserregender Art und Weise verdeutlicht, in welcher Tradition, mit welchem Erbe behaftet unsere Zeit ist. Ein Erbe, welches gerade heute, in Tagen entfesselten Konsum- und Kosten-Nutzen-Denkens, in Gänze zur Geltung kommt, in denen aufbricht, was schon seit Jahren verkrustet schien.
In „Hitler als Vorläufer – Auschwitz, der Beginn des 21. Jahrhunderts?“ räumt Amery auf mit der heute vorherrschenden Annahme, dass die Zeit des Hitlerismus, also die Jahre 1933 bis 1945, eine Art Unfall deutscher Geschichte darstellen. Es sei eben nicht ein unerklärlicher Rückfall in die Barbarei oder ins Mittelalter – welches bei weitem nicht so brutal war, wie diese zwölf Jahre deutscher und europäischer Geschichte -, sondern die logische Konsequenz einer entfesselten Wissenschaftlichkeit. Gleichwohl stehen diese zwölf Jahre, steht auch Auschwitz, nicht abgeschottet von der danach folgenden Zukunft. Für Amery sind die Jahre 1933 bis 1945 nicht unerklärlich und stehen nicht innerhalb des 20. Jahrhunderts, wie Jahre, die da eigentlich nicht hineinpaßten – im Gegenteil: die Zeiten des Hitlerismus, gerade auch der Genozid an allerlei Ethnien, stehen dort folgerichtig und sind nicht vom Heute isolierend zu betrachten.
So legt der Autor dar, wie Hitler als Kind seiner Zeit, dazu überging, in der „grausamen Königin aller Weisheit“ – nach einem Zitat in Hitlers „Mein Kampf“ -, den einzigen Leitgedanken seiner Politik zu erkennen. Er sei der Feldherr dieser Königin gewesen, die man als den pervertierten Gedanken des Darwinismus verstehen muß. Die Königin ist jener blutrünstige Umstand, der sich für die Menschen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als Kampf auf Leben und Tod, der sich in der Natur manifestiert, als Grundprinzip des Daseins abzeichnete. Selbst menschliche Gesellschaften würden diesem Prinzip unterliegen und die Politik habe dieser kruden Metaphysik Folge zu leisten und den Kampf dahingehend zu führen, der eigenen Rasse das Überleben zu sichern. Rassischer Sozialdarwinismus: das ist die hitleristische „grausame Königin aller Weisheit“.
Hatte man das seinerzeit erstmal erkannt, so war der nächste Schritt, in allem was mitmenschlich, humanistisch, nächstenliebend erschien, ein höchst unnatürliches Denken zu erkennen, weil es der „grausamen Königin“ so vollkommen widersprach. Hitler griff nur auf, was andere vor ihm - und oft noch drastischer - formulierten. Predigte etwa die Königin davon, behinderten Menschen ein Überleben zu sichern? Ist es nicht eher so, dass ein missgebildeter Fuchs verhungert? Und stärkt dieses Verhungern einer Missbildung nicht die Wohlgeformten? Macht sie erblich gesünder? An all der Gleichmacherei war zu zweifeln, wenn man sich der „grausamen Königin“ unterwarf – und der Politiker der Königin durfte nicht nur zweifeln, er mußte handeln. Bei aller Kritik an den Monotheismen dieser Welt: Im jüdischen, später auch im christlichen Weltbild, schlug sich all diese Rücksichtnahme auf Schwächere, Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit nieder – dem vermeintlichen Grundprinzip des Daseins zum Trotz.
Darin ist die Wurzel der hitleristischen Judenverfolgung zu sehen. Der Jude stand für den Typus Mensch, der seiner Art fremd ist, der abartig ist, weil er laut seinem Glauben, seiner Tradition, dazu ermutigt wurde, nicht rücksichtslos über den Nächsten hinwegzugehen, sondern seine Gesundheit, seinen Reichtum, sein Wissen etc. mit der Gemeinde zu teilen. Er – der Jude - maße sich an, so stellt Hitler fest, die Natur überwinden zu können. Und diese Überwindung der Natur wäre die Voraussetzung der Verwirklichung der Irrlehre der Gleichheit. Im Judentum wie im Christentum ist der Kranke, der Behinderte, der Ausgestoßene – zumindest rein theoretisch, nicht immer praktisch – ebenso ein Kind Gottes. Zwar beschnitt Hitler auch die christlichen Kirchen, hatte seine liebe Mühe mit dem katholischen Glauben, aber in dem Maße Christen verfolgen zu lassen, wie er die Juden verfolgen ließ, konnte er nicht zulassen, sofern er den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verlieren wollte. Sich auf die uralte Judenfeindlichkeit Europas berufend, war die Beseitigung der Juden nicht von einem Aufschrei aus dem Volke begleitet – die Juden, so würde man heute sagen, hatten keine Lobby. Hier verdeutlicht sich der Pragmatismus des königlichen Feldherrn: er war pragmatisch genug, die Abartigkeit der Christen, die ja das Schwache ebenso schützten und für liebenswert hielten, zu erdulden. Und noch einen Fall dieser Art von Pragmatismus gab es: Als Hitler im Sinne eugenischer Erblehren die Tötung von Behinderten und Kranken anordnete, machte sich ein Rumoren in der Bevölkerung breit – ein einziges Mal leisteten sich die Deutschen diesen Luxus des „Widerstandes“ -, welches Hitler dazu veranlasste, die Entscheidung sofort rückgängig zu machen. Stattdessen wurden die Unglücklichen nur ausgehungert, nicht mehr totgespritzt. Das zaghafte Paktieren mit den christlichen Kirchen, ebenso wie das Zurücknehmen der Tötung von „erbgeschädigten“ Menschen, dürfte den Programmatiker und Feldherrn der Königin Hitler, gar nicht geschmeckt haben.
Wer das unnatürliche Menschsein ausrottet, wer also humanistisches und mitmenschliches Denken aus der Welt befördert, der hat Anspruch auf das Herrenmenschentum. Für Hitler sollten es die Deutschen sein, die die Menschheit retten. Und da die Ressourcen dieser Erde schon damals knapp waren, mußten natürlich nach Möglichkeit alle in der Hand der Herrenrasse vereinigt werden. Es gehört zum Glück globaler Historie, dass Hitler in geopolitischen Fragen ein Stümper war, mehr Wert auf seinen Rassereinigungswahn legte, als auf die materiellen Notwendigkeiten seines Planes.
Amery fragt, nachdem er die Vorgeschichte und Geschichte des Hitlerismus durchstreift hat, ob denn die Anwendung der Hitlerformel, heute noch denkbar sei. Dazu faßt er die Kriterien zusammen, nach denen sich diese Formel ausrichtet. Es sind drei:
Es geht dem Autor des Essays nicht darum, die großen und kleinen Abkehren von der Demokratie, wie wir sie heute zahlreich kennen, mit dem allseits beliebten Schrei „Das ist ja Faschismus!“ zu untermalen. (Was historisch auch zweifelhaft ist, denn im italienischen Faschismus fand sich nur ein sehr gemäßigtes Naturdenken; die razza italiana war beispielsweise kein elitärer Zirkel, sondern eine Verschmelzung von Etruskern, Ligurern, Lateinern, Griechen, Langobarden, Normannen, Sarazenen, die alle ihren genetischen Beitrag zur Entstehung der Nation geleistet hatten.) Was er formuliert hat ein gewichtigeres Motiv, zeichnet nicht einzelne Faschisierungen nach, sondern den Grundkonsens einer ganzen Gesellschaft. Er spricht nicht von der Rückkehr des Faschismus, sondern von der Wiederkehr der Hitlerformel, von der Wiederbelebung von Hitlers „grausamer Königin“. Für Amery ist nicht von Bedeutung, ob diese Formel in einer Diktatur oder in einer Demokratie angewandt wird – es bedarf keines Tyrannen, um umzusetzen, was schon lange abgeschlossen schien. Es war sogar die angeblich freie Marktwirtschaft - dieses Sinnbild der Demokratie -, mitsamt ihren globalen Institutionen, die zumindest die Ressourcenfrage im Sinne der Hitlerformel entschied, d.h. die Ressourcen der weißen Herrenrasse in die Hand gab, um über die Zukunft der Menschheit zu entscheiden.
Was Amery in seinem 1998 erschienenen Essay behandelt, wurde in der Öffentlichkeit nur wenig berücksichtigt. Es ist eine tiefe Wunde, die er damit aufriss. Unsere Zeit ist nicht abgekapselt von Hitlers Weltanschauung, sondern ein Produkt derselbigen und immer in Gefahr, sich dieser wieder vollkommen zu unterwerfen. Daher ist die Frage nach der Hitlerformel keine Frage für Historiker, sondern eine höchst aktuelle und damit auch und vorallem eine Frage der Zukunft. Und obwohl diese Gesellschaft gerne so tut, als arbeitet sie die Ereignisse dieser braunen Zeit auf, beschäftigt sie sich doch nur höchst oberflächlich damit. Für den Zeitgeist, der glaubt Aufarbeitungsarbeit zu leisten, ist der Holocaust mal eine Folge hitlerischer Judenphobie, ein andermal eine blutige Entgleisung zur Aneignung jüdischen Besitzes. Was nicht aufgeworfen wird als Frage, was verschwiegen oder gar nicht erst erkannt wird ist, dass Hitler ein Produkt jener Gesellschaft war, die den Scheinwissenschaften der Erblehre und des damaligen Darwinismus unterordnet war. Er war damals kein Anachronismus, wie oft verkündet wurde, und schon gar nicht der unerklärliche Wilde, der in die Zivilisation des 20. Jahrhunderts einbrach – er war logische Konsequenz, war erklärbar durch die damaligen „Wissenschaften“, wenngleich er natürlich seine „Wissenschaftlichkeit“ vulgarisierte.
Und gerade diese Erkenntnis, dass ein Hitler oder eine neue Hitlerformel eben nicht aus dem Nichts herabregnet, sondern direkt aus unserer Mitte entspringen könnte, macht Amerys Essay so wertvoll. Die alte Hitlerformel ist nämlich durchaus auf dem roten Faden der Geschichte liegend, eine neue Hitlerformel wäre es auch – Einbrüche von unerklärlicher Natur, wie man die Zeit von 1933 bis 1945 gerne stilisiert, gibt es nicht. Jede historische Erscheinung, gleichgültig wie brutal und menschenverachtend, hat ein Fundament in der Vergangenheit. Aus dem Nichts entsteht nichts, aus dem was aber vormals gedacht, geschrieben, getan wurde, bauen sich Ereignisse auf. Die ganze Aufarbeitung des Dritten Reiches, wie wir sie heute kennen, ist bedeutungslos, wenn wir so tun, als sei Hitler nur ein Zwischenspiel gewesen, welches sich nicht wiederholen könne und welches nur eine Sonderbarkeit der Geschichte darstelle. Die Hitlerformel wird in dieser Welt aktuell bleiben, auch wenn die Geschichtswissenschaft gerne so tut, als könne sich nicht wiederholen, was schon war. Ressourcenknappheit und sogenannte Ballastexistenzen, werden die Formel immer zumindest latent am Leben erhalten – die Selektionsversuche zeichnen sich schon heute ab, in den Todeszonen dieser Welt ist die Selektion schon offen ausgebrochen. Amery stellt damit folgerichtig fest, dass Hitler Vorläufer war, dass er Antworten gab, die womöglich irgendwann wieder, vielleicht nicht mehr ganz so industriell-mordend, dafür mit menschlichem Antlitz, gegeben werden. Es darf also deshalb nicht verwundern, wenn Amerys Essay wenig Beachtung fand – welcher heutige Machthaber, welcher Politiker und Wirtschaftslenker, will sich als Erbe der Hitlerformel titulieren lassen? Will sich nachsagen lassen, dass sein geistiger Ahnherr Hitler war?
Carl Amery (1922 – 2005) war deutscher Schriftsteller, Umweltaktivist und Mitbegründer der Grünen.
In „Hitler als Vorläufer – Auschwitz, der Beginn des 21. Jahrhunderts?“ räumt Amery auf mit der heute vorherrschenden Annahme, dass die Zeit des Hitlerismus, also die Jahre 1933 bis 1945, eine Art Unfall deutscher Geschichte darstellen. Es sei eben nicht ein unerklärlicher Rückfall in die Barbarei oder ins Mittelalter – welches bei weitem nicht so brutal war, wie diese zwölf Jahre deutscher und europäischer Geschichte -, sondern die logische Konsequenz einer entfesselten Wissenschaftlichkeit. Gleichwohl stehen diese zwölf Jahre, steht auch Auschwitz, nicht abgeschottet von der danach folgenden Zukunft. Für Amery sind die Jahre 1933 bis 1945 nicht unerklärlich und stehen nicht innerhalb des 20. Jahrhunderts, wie Jahre, die da eigentlich nicht hineinpaßten – im Gegenteil: die Zeiten des Hitlerismus, gerade auch der Genozid an allerlei Ethnien, stehen dort folgerichtig und sind nicht vom Heute isolierend zu betrachten.
So legt der Autor dar, wie Hitler als Kind seiner Zeit, dazu überging, in der „grausamen Königin aller Weisheit“ – nach einem Zitat in Hitlers „Mein Kampf“ -, den einzigen Leitgedanken seiner Politik zu erkennen. Er sei der Feldherr dieser Königin gewesen, die man als den pervertierten Gedanken des Darwinismus verstehen muß. Die Königin ist jener blutrünstige Umstand, der sich für die Menschen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als Kampf auf Leben und Tod, der sich in der Natur manifestiert, als Grundprinzip des Daseins abzeichnete. Selbst menschliche Gesellschaften würden diesem Prinzip unterliegen und die Politik habe dieser kruden Metaphysik Folge zu leisten und den Kampf dahingehend zu führen, der eigenen Rasse das Überleben zu sichern. Rassischer Sozialdarwinismus: das ist die hitleristische „grausame Königin aller Weisheit“.
Hatte man das seinerzeit erstmal erkannt, so war der nächste Schritt, in allem was mitmenschlich, humanistisch, nächstenliebend erschien, ein höchst unnatürliches Denken zu erkennen, weil es der „grausamen Königin“ so vollkommen widersprach. Hitler griff nur auf, was andere vor ihm - und oft noch drastischer - formulierten. Predigte etwa die Königin davon, behinderten Menschen ein Überleben zu sichern? Ist es nicht eher so, dass ein missgebildeter Fuchs verhungert? Und stärkt dieses Verhungern einer Missbildung nicht die Wohlgeformten? Macht sie erblich gesünder? An all der Gleichmacherei war zu zweifeln, wenn man sich der „grausamen Königin“ unterwarf – und der Politiker der Königin durfte nicht nur zweifeln, er mußte handeln. Bei aller Kritik an den Monotheismen dieser Welt: Im jüdischen, später auch im christlichen Weltbild, schlug sich all diese Rücksichtnahme auf Schwächere, Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit nieder – dem vermeintlichen Grundprinzip des Daseins zum Trotz.
Darin ist die Wurzel der hitleristischen Judenverfolgung zu sehen. Der Jude stand für den Typus Mensch, der seiner Art fremd ist, der abartig ist, weil er laut seinem Glauben, seiner Tradition, dazu ermutigt wurde, nicht rücksichtslos über den Nächsten hinwegzugehen, sondern seine Gesundheit, seinen Reichtum, sein Wissen etc. mit der Gemeinde zu teilen. Er – der Jude - maße sich an, so stellt Hitler fest, die Natur überwinden zu können. Und diese Überwindung der Natur wäre die Voraussetzung der Verwirklichung der Irrlehre der Gleichheit. Im Judentum wie im Christentum ist der Kranke, der Behinderte, der Ausgestoßene – zumindest rein theoretisch, nicht immer praktisch – ebenso ein Kind Gottes. Zwar beschnitt Hitler auch die christlichen Kirchen, hatte seine liebe Mühe mit dem katholischen Glauben, aber in dem Maße Christen verfolgen zu lassen, wie er die Juden verfolgen ließ, konnte er nicht zulassen, sofern er den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verlieren wollte. Sich auf die uralte Judenfeindlichkeit Europas berufend, war die Beseitigung der Juden nicht von einem Aufschrei aus dem Volke begleitet – die Juden, so würde man heute sagen, hatten keine Lobby. Hier verdeutlicht sich der Pragmatismus des königlichen Feldherrn: er war pragmatisch genug, die Abartigkeit der Christen, die ja das Schwache ebenso schützten und für liebenswert hielten, zu erdulden. Und noch einen Fall dieser Art von Pragmatismus gab es: Als Hitler im Sinne eugenischer Erblehren die Tötung von Behinderten und Kranken anordnete, machte sich ein Rumoren in der Bevölkerung breit – ein einziges Mal leisteten sich die Deutschen diesen Luxus des „Widerstandes“ -, welches Hitler dazu veranlasste, die Entscheidung sofort rückgängig zu machen. Stattdessen wurden die Unglücklichen nur ausgehungert, nicht mehr totgespritzt. Das zaghafte Paktieren mit den christlichen Kirchen, ebenso wie das Zurücknehmen der Tötung von „erbgeschädigten“ Menschen, dürfte den Programmatiker und Feldherrn der Königin Hitler, gar nicht geschmeckt haben.
Wer das unnatürliche Menschsein ausrottet, wer also humanistisches und mitmenschliches Denken aus der Welt befördert, der hat Anspruch auf das Herrenmenschentum. Für Hitler sollten es die Deutschen sein, die die Menschheit retten. Und da die Ressourcen dieser Erde schon damals knapp waren, mußten natürlich nach Möglichkeit alle in der Hand der Herrenrasse vereinigt werden. Es gehört zum Glück globaler Historie, dass Hitler in geopolitischen Fragen ein Stümper war, mehr Wert auf seinen Rassereinigungswahn legte, als auf die materiellen Notwendigkeiten seines Planes.
Amery fragt, nachdem er die Vorgeschichte und Geschichte des Hitlerismus durchstreift hat, ob denn die Anwendung der Hitlerformel, heute noch denkbar sei. Dazu faßt er die Kriterien zusammen, nach denen sich diese Formel ausrichtet. Es sind drei:
- das Bekenntnis zur Geschichte als Naturgeschichte.
- die Feststellung, dass es nicht für alle reicht, und
- die Übernahme der Verantwortung dafür, wer wie an den knapper werdenden Ressourcen des Planeten und damit an der Zukunft der Menschheit beteiligt werden kann und soll.
Es geht dem Autor des Essays nicht darum, die großen und kleinen Abkehren von der Demokratie, wie wir sie heute zahlreich kennen, mit dem allseits beliebten Schrei „Das ist ja Faschismus!“ zu untermalen. (Was historisch auch zweifelhaft ist, denn im italienischen Faschismus fand sich nur ein sehr gemäßigtes Naturdenken; die razza italiana war beispielsweise kein elitärer Zirkel, sondern eine Verschmelzung von Etruskern, Ligurern, Lateinern, Griechen, Langobarden, Normannen, Sarazenen, die alle ihren genetischen Beitrag zur Entstehung der Nation geleistet hatten.) Was er formuliert hat ein gewichtigeres Motiv, zeichnet nicht einzelne Faschisierungen nach, sondern den Grundkonsens einer ganzen Gesellschaft. Er spricht nicht von der Rückkehr des Faschismus, sondern von der Wiederkehr der Hitlerformel, von der Wiederbelebung von Hitlers „grausamer Königin“. Für Amery ist nicht von Bedeutung, ob diese Formel in einer Diktatur oder in einer Demokratie angewandt wird – es bedarf keines Tyrannen, um umzusetzen, was schon lange abgeschlossen schien. Es war sogar die angeblich freie Marktwirtschaft - dieses Sinnbild der Demokratie -, mitsamt ihren globalen Institutionen, die zumindest die Ressourcenfrage im Sinne der Hitlerformel entschied, d.h. die Ressourcen der weißen Herrenrasse in die Hand gab, um über die Zukunft der Menschheit zu entscheiden.
Was Amery in seinem 1998 erschienenen Essay behandelt, wurde in der Öffentlichkeit nur wenig berücksichtigt. Es ist eine tiefe Wunde, die er damit aufriss. Unsere Zeit ist nicht abgekapselt von Hitlers Weltanschauung, sondern ein Produkt derselbigen und immer in Gefahr, sich dieser wieder vollkommen zu unterwerfen. Daher ist die Frage nach der Hitlerformel keine Frage für Historiker, sondern eine höchst aktuelle und damit auch und vorallem eine Frage der Zukunft. Und obwohl diese Gesellschaft gerne so tut, als arbeitet sie die Ereignisse dieser braunen Zeit auf, beschäftigt sie sich doch nur höchst oberflächlich damit. Für den Zeitgeist, der glaubt Aufarbeitungsarbeit zu leisten, ist der Holocaust mal eine Folge hitlerischer Judenphobie, ein andermal eine blutige Entgleisung zur Aneignung jüdischen Besitzes. Was nicht aufgeworfen wird als Frage, was verschwiegen oder gar nicht erst erkannt wird ist, dass Hitler ein Produkt jener Gesellschaft war, die den Scheinwissenschaften der Erblehre und des damaligen Darwinismus unterordnet war. Er war damals kein Anachronismus, wie oft verkündet wurde, und schon gar nicht der unerklärliche Wilde, der in die Zivilisation des 20. Jahrhunderts einbrach – er war logische Konsequenz, war erklärbar durch die damaligen „Wissenschaften“, wenngleich er natürlich seine „Wissenschaftlichkeit“ vulgarisierte.
Und gerade diese Erkenntnis, dass ein Hitler oder eine neue Hitlerformel eben nicht aus dem Nichts herabregnet, sondern direkt aus unserer Mitte entspringen könnte, macht Amerys Essay so wertvoll. Die alte Hitlerformel ist nämlich durchaus auf dem roten Faden der Geschichte liegend, eine neue Hitlerformel wäre es auch – Einbrüche von unerklärlicher Natur, wie man die Zeit von 1933 bis 1945 gerne stilisiert, gibt es nicht. Jede historische Erscheinung, gleichgültig wie brutal und menschenverachtend, hat ein Fundament in der Vergangenheit. Aus dem Nichts entsteht nichts, aus dem was aber vormals gedacht, geschrieben, getan wurde, bauen sich Ereignisse auf. Die ganze Aufarbeitung des Dritten Reiches, wie wir sie heute kennen, ist bedeutungslos, wenn wir so tun, als sei Hitler nur ein Zwischenspiel gewesen, welches sich nicht wiederholen könne und welches nur eine Sonderbarkeit der Geschichte darstelle. Die Hitlerformel wird in dieser Welt aktuell bleiben, auch wenn die Geschichtswissenschaft gerne so tut, als könne sich nicht wiederholen, was schon war. Ressourcenknappheit und sogenannte Ballastexistenzen, werden die Formel immer zumindest latent am Leben erhalten – die Selektionsversuche zeichnen sich schon heute ab, in den Todeszonen dieser Welt ist die Selektion schon offen ausgebrochen. Amery stellt damit folgerichtig fest, dass Hitler Vorläufer war, dass er Antworten gab, die womöglich irgendwann wieder, vielleicht nicht mehr ganz so industriell-mordend, dafür mit menschlichem Antlitz, gegeben werden. Es darf also deshalb nicht verwundern, wenn Amerys Essay wenig Beachtung fand – welcher heutige Machthaber, welcher Politiker und Wirtschaftslenker, will sich als Erbe der Hitlerformel titulieren lassen? Will sich nachsagen lassen, dass sein geistiger Ahnherr Hitler war?
Carl Amery (1922 – 2005) war deutscher Schriftsteller, Umweltaktivist und Mitbegründer der Grünen.
42 Kommentare:
Ein sehr guter, sehr wichtiger Artikel. Ich kannte diesesn Essay bisher nicht, aber das, was du dazu schreibst, bestätigt und verfestigt meine Auffassung, die NS-Zeit mit den heutigen Vorgängen in D zu "vergleichen". Der entfesselte Neoliberalismus heutiger Prägung (der selbst jetzt in der Krise nicht an die Leine genommen wird) ist in der Tat eine Art "Wirtschaftsfaschismus". Kapitalismus und Demokratie lassen sich nur schwer in Einklang bringen, das habe ich schon immer so gesehen - das klappt nur bei stetigem Wachstum. Das widerum ist aber eine Illusion. Es endet in Monopolen, von der Politik gestützt (Lobbyismus, unsägliche Verquickungen, gekaufte Politiker) und hebelt die Demokratie letztendlich aus. Wir sind bereits seit einiger Zeit auf genau dieser Zielgeraden, leider. Darum können sich auch so ungestraft die "Herrenmenschen" zu Wort melden und sich beinahe wieder alles erlauben (ob Banker-Pogromvergleiche, ob Wirtschaftskriminalität). Lernen wir aus der Geschichte? In letzter Zeit zweifle ich daran sehr.
Vielen Dank auch von mir für diesen Artikel. Dieser Essay sollte in den Schulen gelesen werden. Ich werde es lesen und weiterempfehlen. Mein Gott, ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig die unabhängige Berichterstattung des internets und der Bloger geworden ist. Danke!
Lieber Roberto J. de Lapuente,
ich schließe mich an, obwohl ich das Buch bereits kenne. Ich hatte schon mit der Einführung von Hartz IV den Verdacht, dass der Neoliberalismus nichts anderes als eine neue Version des kapitalistischen Faschismus ist. Mit einem Unterschied: Es gibt keine echte linke Gegenbewegung mehr - sogar die Linkspartei ist nur ein harmloser Verein im Vergleich zu den damaligen Gegnern Adolf Hitlers. Übrigens, es gibt auch von Naomi Klein ein gutes Buch zum Thema, dass etwas aktueller ist als Carl Amery - nur bezieht sich die Globalisierungskritikerin auf die Internationale des neuen Faschismus namens Neoliberalismus. Das Beispiel Deutschland hat die vergessen, wie z.B. einem der Mitbegründer von Nachdenkseiten Wolfgang Lieb eingefallen ist - gib dort "Schockstrategie" in die Suchfunktion ein, und du wirst sofort fündig was den neuen Wirtschaftsfaschismus angeht, und den Vergleich von Wolfgang Lieb mit Bezug auf das Buch "Die Schock-Strategie" von Naomi Klein, welches übrigens mittlerweile als kostengünstiges Taschenbuch erhältlich ist....
Als geschichtsinteressierter Mensch habe ich mal ein Buch über den nationalsozialistischen Sozialdarwinismus, und deren Vorgeschichte bei Brüning gelesen - damals ich war noch keine 20 Jahre alt war ich entsetzt, und dachte so etwas darf nie wieder in Deutschland geschehen. Heute - 18 Jahre später bin ich enttäuscht. Es ist genau eingetreten, was ich für nie möglich gehalten hätte - anscheinend hat Deutschland wirklich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine ziemlich negative Seite, die in Sozialdarwinismus, Antisemitismus, Größenwahn bzw. Deutschtümelei, Militarismus und Ausländerfeindlichkeit besteht - leider.
Der Titel des Buches fällt mir nicht mehr ein, aber was hängen geblieben ist schon - siehe oben.
Übrigens, die Langzeitstudie "Deutsche Zustände" ist in neuer Auflage erschienen und zeigt erstmals ein gesamtdeutsches Bild der "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" - Folge 7.
Leider bestätigt diese Studie nur meine obigen Vermutungen, deswegen ist eine starke Linke (nicht eine orwellsche Newspeech-Linke, die in Wahrheit neoliberal ist - siehe Buchautor Christian Rickens) mehr als notwendig.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
(der momentan eigentlich andere Sorgen hat, aber immer noch ein Gegner des internationalen Faschismus ist - und bleibt bis ans Ende seiner Tage...)
Der Staat hat über den Verbraucherschutz und -zwang die Möglichkeit, die gewöhnliche Nutzungsdauer der Konsumgüter zu vervielfachen. Was mittelfristig ermöglicht die Löhne weiter zu senken. Und so die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Warum führt man Krieg?
Zitat Goebbels:"Eines der Kriegsziele muß das Frühstücksei auf dem Tisch des kleinen Mannes sein." Die Besitztümer der Juden wurden an das ganze deutsche Volk verteilt. So gewinnt man heute immer noch Wahlen. Westerwelle schreit es jeden Tag in jedes Mikrofon, dass ihm vorgehalten wird"Steuersenkung, Steuersenkung, ..."
Nicht nur Hess oder Hitler glaubten , dass es für alle nicht reicht. Auch Hayek und viele andere Wissenschaftler waren (sind) dieser Meinung. Auch die Schweden oder die US-Amerikaner haben mit Menschen experimentiert und Eugenik versuchsweise betrieben. Und es hat nichts mit Konsum zu tun. In fernen Erdteilen gehen immer noch Stämme auf Raubzüge aber ideologiefrei.
Aus meiner Sicht spaltet sich die Menschenwelt, ähnlich der Tierwelt, in Jäger und Gejagte.
Der Sozialdarwinismus ist eine tief verwurzelte elitäre Lehre rechter narzisstischer Herrenmenschen, welche ihrer Neigung, ihrer ganzen Wesensart entspricht. Der Sozialdarwinismus hat nichts mit Logik zu tun sondern nur mit den Gelüsten eben dieser. Dem Recht des Stärkeren würde eine abgrundtiefe Hölle folgen und funktioniert nur im Tierreich mangels Intelligenz.
Wer eine bessere Welt möchte muß wohl den eigenen und gesellschaftlichen Egoismus sowie Narzissmus überwinden.
@Holsten
So eben las ich in einem anderen Forum, dass "Sozialdarwinismus" eigentlich der falsche Begriff ist, da er meint, dass sich soziale Errungenschaften von einer Generation auf die nächste Generation vererbt.
Der Forenteilnehmer meinte man müßte eher von "Sozialrassismus" sprechen - nichts anderes geht seit Kohl in Deutschland ab....
Kein Wunder, dass diese Art des Rassismus aufgrund eines sozialen Status gerade im militärisch besiegten, aber ideologisch weitergeführten, Faschismus weiterlebt - ob nun bei NPD oder CDU/CSU/FDP - ich seh da keinen Unterschied mehr.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: In Südafrika wurde, wie hier auch schon einmal ein neuer Begriff gewählt, "die Apartheit aufgrund des sozialen Status" eben der "Sozialrassimsus"....kein Darwinismus sondern Rassismus pur, und Feindbild gegen "sozial Schwache". Anscheinend in Deutschland wieder in - siehe meinen Hinweis auf die erste gesamtdeutsche Untersuchung über "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit".
Sehr schöner Artikel. Gerade das Ende, das Hitler als Opfer der damaligen Wissenschaften und Ansichten gesehen werden kann (muss). Da fällt mir nur die gute alte Bertelsmann Stiftung mit ihrer AG ein, wo doch schon so einiges hier in den Kommentaren auf die Neoliberalen projeziert wurde. Vielleicht haben Reinhard Mohn und seine international-globalen Medienmogulkollegen ja noch ein paar "Zeitopfer" a la Hitler in den Schubladen.
Hier mehr über den antidemokratischen Teil der neoliberalen Bewegung:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=2853#more-2853
...Naomi Kleins "Die Schocktherapie".
Vom "pervertierten Darwinismus zum neoliberalen Terror.
Von "Arbeit mcht frei" zu "Geringfügig bezahlte Arbeit ist besser als keine Arbeit.
Von der Sozialen Marktwirtschaft zurück zum Kapitalismus.
Von Demokratie zur Pseudo- bzw. Post-Demokratie.
Von der Entmenschlichung des Menschen ...
Vom Zerfall.
...Was also kann MENSCH tun um sich dieser perversen, menschenverachtenden Entwicklung entgegen zu stellen...
@Anonym
Die Wiege vom Sozialdarwinismus oder auch Rassismus jedweder Art liegt im Nazissmus, all jene reiten hoch zu Ross und werfen ihren verächtlichen Blick auf alles Andersartige.
Nazissmus ist wieder hoch in Mode, schließlich ist man ja auch nicht irgendwer ?!
@Otti
Dazu:
"Sozial ist, was Arbeit schafft"
Weisheiten, welche auch dem dritten Reich bekannt waren.
Hallo Geheimrätin,
ist wirklich toll von dir, dass du das Buch von Carl Amery auf deinem Blog weiterempfiehlst.
Ist dir jedoch entgangen, dass du ein gebundenes Buch empfiehlst?
Das Buch ist bei Amazon mittlerweile als preisgünstige Taschenbuchausgabe, die für jeden erschwinglich sein dürfte, erhältlich.
Vielleicht könntest du deine Empfehlung auf "Duckhome" dementsprechend korrigieren?
Lieber Gruß
Nachdenkseiten-Leser
ups, da guck ich gleich mal nach, danke NachDenkSeitenleser!
Gern geschehen ;-)
Lieber Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Lieber Roberto J. de Lapuente,
wenn wir gerade bei Büchern sind.
Ist dir "LTI" vom jüdischen Sprachforscher Victor Klemperer ein Begriff? Auch das Buch ist zeitlos gültig.
Die Sprachregelungen an die Adresse der "sozial Schwachen" heute sind dort bereits vorgefaßt - nur waren damals die jüdischen Mitbürger gemeint.
Der Antisemitismus hatte nämlich, was "Manager-Juden-Vergleiche" von Sinn überdecken sollten nicht eine, sondern zwei Seiten, wie hier bereits erwähnt wurde:
1. der "jüdische Parasit" der den "deutschen Volksgenossen" zur Last geht - Wer denkt dabei nicht sofort an heutige "sozial Schwache"?
2. der "jüdische Börsenmagnat" der als "Blutsauger" die "deutschen Volksgenossen" ausbeutet.
Beide Vorurteile führten dazu, dass in der Shoa eben nicht ein jüdischer Mitbürger geschont wurde, weder die reichen noch die armen Mitbürger damals - Beide wurden auf verschiedene Weise aus dieser Welt befördert, wobei schon damals 1. Vorurteil nicht alleine Juden traf sondern "Slawen", "Asoziale" (mancher NPDler und REP benutzt diesen nachweisbar Nazi-Begriff noch heute gegen HartzIV-EmpfängerInnen), "geistig und körperlich Behinderte" bis die Kirche dagegen protestierte was dazu führte, dass die Euthanasie eben im Ausland weitergeführt wurde - eingestellt wurde die - entgegen heutiger Geschichtsfälscherei nie etc.
Das 1. Vorurteil lebt heute dank Schröder/Fischer-Gang wieder auf - nur eben diesmal allein gegen Hartz IV-EmpfängerInnen und sonstige "sozial Schwache" gerichtet....
Das 2. Vorurteil sollte wohl wiederbelebt werden, was aber aufgrund der Erinnerung an die Shoa sofort durch den Zentralrat der Juden gestoppt wurde.
Die Frage ist nur:
Wieso stoppte der Zentralrat der Juden nicht das 1. Vorurteil gleich mit? Spricht der etwa auch allein für die wenigen vermögenden Juden in Deutschland, und läßt den Großteil der anderen unbeachtet, die teilweise vielleicht auch sogar vom 1. antisemitischen Vorurteil betroffen sein dürften, wenn die "sozial schwach" sind?
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Um Mißverständnisse gleich vorwegzunehmen, ich verabscheue beide Vorurteile und empfehle "LTI" genau aus diesem Grund zu lesen - auch damals wurde, im Vorfeld der Shoa, der oft übergangen wird, mit Vorurteilen hantiert, die auch heute wieder gültig sind - nachzulesen bei "LTI".
"Ist dir "LTI" vom jüdischen Sprachforscher Victor Klemperer ein Begriff? Auch das Buch ist zeitlos gültig."
Lang, lang ists her! Vor meiner ad sinistram-Zeit.
@Roberto J. de Lapuente,
tja, vielleicht schreibst du darüber auch mal was als Essay?
Paßt eigentlich ziemlich gut zu deinem Text über Carl Amerys Buch.
Übrigens eine kleine Korrektur muß ich anbringen, die 2 Vorurteile habe ich frei nach meiner Erinnerung geschrieben, ich glaube die sind aus dem Werk von Raul Hilberg - "Die Vernichtung der europäischen Juden".
Dort wird von der Vorgeschichte der Judenverfolgung (z.B. im Mittelalter durch die kath. Kirche - sogar die Kennzeichnung gab es damals (gelbe Hüte) - über die Frühphase der NS-Herrschaft bis zur Shoa alles ziemlich genau aufgedröselt.
Der Antisemitismus ist übrigens m.E. unausrottbar, da von vielen Kirchen immer noch gepredigt wird, dass "die Juden Christus ans Kreuz geschlagen" haben.
Ich schweife kurz ab, das "Neue Testament" ist nämlich an vielen Stellen ein rein antisemitisches Machwerk, und darüber sollte man einmal aufklären, aber ich meine deswegen abgeschweift, weil dies angeblich in den Bereich der "Religionskritik" gehört - ich seh dies anders, da ich hier nämlich den zentralen Grund für das weiterleben dieser Vorurteile gegen Juden sehe....
Man muß die Bibel nicht gleich verbieten, aber ein bischen Aufklärung - durch oder ohne die Kirchen, aber sicher mit jüdischen Organisationen - wäre heute - in Zeiten der Finanzkrise - sicher mehr als notwendig....
Wie bereits erwähnt, ich schweife ab, sorry....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Uups, sorry, du hast ja bei Nachdenkseiten schon was darüber geschrieben - Danke für....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Danke vielmals für diesen Artikel.
Ich habe sowohl Amery als auch Klemperer meiner "Leseliste" hinzugefügt und werde sie mir möglichst bald beschaffen.
Leider unterbleibt an den Universitäten sowohl in Philologie als auch in Politikwissenschaft eine Analyse dessen, was vor sich geht. Durch die Bachelor- und Masterstudiengänge wurde alles komplizierter, der Zeitdruck wurde erhöht, aber die Qualität der Lehre hat nachgelassen, wie auch die Qualität des eigenständigen wissenschaftlichen Arbeitens.
Viele Grüße
Zu meinem Hinweis auf die Schock-Therapie, und Nachdenkseiten hier noch der genaue Link:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=2853
...übrigens Pinoquet ist ein faschistischer Militärdikator gewesen - ergo wurde der Neoliberalismus zum ersten Mal in einem rein faschistischen Land in der Praxis getestet - kein Wunder, dass der bei Antidemokraten ankommt - egal ob die in der CDU/CSU oder der FDP sitzen. Leider machen ja - seit Schröder und Fischer - auch Antidemokraten und Zerstörer von GRÜNEN und SPD bei den neoliberalen "Reformen" mit.
Widerstand tut also not....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Leider muss ich auch die Linkspartei in Berlin zu den neoliberalen Antidemokraten zählen....und dies schreibe ich obwohl ich der Linkspartei insgesamt eher freundlich als feindlich gesonnen bin....
@nachdenkseitenleser
da hast du sicherlich recht mit deiner Religionskritik. Auch Luther äußerte sich wohl mehrfach ziemlich antisemitisch. Bibelkritik ist unbedingt erforderlich zumal nicht bekannt ist, wo genau Verfälschungen zu finden sind. Sagte mir eine vollkommen Bibellose (als Gegenteil zu Bibelfest) Pfaffentochter ;-)
@Geheimrätin
Wir wollen ja nicht das Religionskritik-Thema anstossen, dazu gibt es z.B. hier spezielle Foren:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de
Was die "Pfaffentochter" angeht, der kannste ausrichten, dass es seltsam ist, dass eine Schrift, die immer als das reine Wort Gottes unverfälscht unendlich gelten sollte nun auf einmal so umgeschrieben wird - von den "Pfaffen" - dass die zeitgemäß ist.
Da ist mir - als Agnostiker - sogar der Islam noch ehrlicher, der Allahs Worte bis heute unverändert im Koran, und seinen Suren, stehen läßt.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
sehr interessant. Ich finde, die Diskriminierungsstrategien über Rasse, Klasse, Nation, Geschlecht laufen heute unter Leistungsdiskriminierung (ein -ismus-Wort kenn ich diesbezüglich noch nicht) zusammen und werden von dieser aus funktionalisiert. Die Wurzel der Exklusionstrategien ist die Leistungsfähigkeit. Die vier traditionellen Exklusionsstrategien sind zumindest formalrechtlich alle geregelt: sie sind geächtet. Aber über Leistung ist es heute legitim zu diskriminieren: eine Anstellung darf nicht wegen der Hautfarbe negiert werden, aber unter dem Applaus der vollen Meinungsbandbreite der Öffentlichkeit wegen der Leistungsfähigkeit. Über dieses metaphysische Joch wird die Aufklärung drüber müssen.
Eine kontroverse über die Bible sollte hier wirklich nicht geführt werden. Trotzdem sollte man nicht vergessen das Jesus und seine Jünger Juden waren. Da die Kreuzigung nunmal in Jerusalem statt fand, konnten dafür nur die Römer oder die "Juden" verantwortlich sein.
In übrigen ist das alte Testament extrem Rassistisch. So werden dort alle anderen Völker vom "Volk Gottes" niedergemacht (Selbst die Tiere).
Die Buddhisten würden dementsprechend es Karma nennen was mit den Juden passiert.
Gruß
Schattenschwinge
@Schattenschwinge
Du hast recht, nur eine Frage:
Wenn Jesus, wie du schreibst "von den Römern ans Kreuz geschlagen wurde" wie erklärst du mir dann, dass jahrtausendelang die Juden dafür mit Pogromen, Ausgrenzungen und Vorurteilen büßen müssen? Sind nicht die Römer die wahren schuldigen?
Eine solch extrem judenfeindliche Stelle in der Bibel ist übrigens der Satz mit dem - frei aus dem Gedächtnis zitiert - "sein Tod soll über uns und unsere Nachfahren kommen bis ans Ende aller Zeit".
Das "Elend der Theologie" ist übrigens, dass diese etwas beweisen will was von vornherein als gegeben vorausgesetzt wird - wahrlich keine wissenschaftliche Vorgehensweise....
Aber wie bereits erwähnt, dazu gibt es andere Foren....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Ich wollte eigentlich nur darauf hinweisen, dass antisemitische Vorurteile auch gegen Nichtjuden gerichtet werden - der Ursprung liegt in der jahrhundertelangen Verfolgung, Ausgrenzung und Vernichtung der Juden weltweit - kein Wunder, dass niemand weiter gräbt bei Vorurteilen gegen "sozial Schwache" - es ist nicht nur Sozialdarwinismus sondern eben auch "Antisemitismus ohne Juden", der sich nun gegen alle richtet, die nicht zu den selbst ernannten "Eliten" in Deutschland gehören - auch gegen jüdische Mitbürger, wenn die zu den "sozial Schwachen" gehören. Daher wundert mich, dass der Zentralrat der Juden hier nicht längst, wie bei Manager-Juden-Vergleichen in aller Schärfte protestiert?
@romano
Du sagst es, es geht soweit, dass der neoliberale Kulturimperialismus sogar - wie letztes Wochenende im SWR-Nachtcafe - bei ganz harmlosen Talkrunden zum Thema "Auf Leben und Tod" http://www.swr.de/nachtcafe/-/id=200198/nid=200198/did=4125360/1ltm1i1/index.html ausgesprochen wird.
Ein entsprechender Satz - frei aus dem Gedächtnis zitiert - war:
"Wir wissen ja alle, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben, wo Arbeitslose gleich als Schmarotzer und Parasiten gelten, weil die nichts leisten"
So geäußert von der Talkrunden-Teilnehmerin Gritt Liebing als die von ihrer Leistung erzählte als schwer herzkranke Person beim Iron Main mitgemacht zu haben....
Mir wurde übel....
Das Denken ist wohl schon so verinnerlicht, dass sogar eigentlich vom Sozialrassismus betroffene diesen noch hofieren statt dagegen zu protestieren...
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
@ Romano
Ich finde, die Diskriminierungsstrategien über Rasse, Klasse, Nation, Geschlecht laufen heute unter Leistungsdiskriminierung (ein -ismus-Wort kenn ich diesbezüglich noch nicht) zusammen und werden von dieser aus funktionalisiert. Die Wurzel der Exklusionstrategien ist die Leistungsfähigkeit. [...] Aber über Leistung ist es heute legitim zu diskriminieren: eine Anstellung darf nicht wegen der Hautfarbe negiert werden, aber unter dem Applaus der vollen Meinungsbandbreite der Öffentlichkeit wegen der Leistungsfähigkeit. [...]
Ja was ist denn Leistung?
Leistung ist der Quotient von Arbeit / Zeit. Also die Menge an Arbeit, die man pro Zeit(einheit) schafft.
Wird denn wirklich über Leistung diskriminiert? Das scheint mir doch eher nur vorgeschoben zu sein. Wenn ein Kind aus armer Familie mit türkischem Migrationshintergrund wegen mangelnder Leistungen im sprachlichen Bereich auf die Hauptschule geschickt wird, dann ja deshalb, weil dieses Kind nicht in der Lage ist, die (für höhere Schulsysteme) notwendigen Sprachleistungen zu erbringen, eben weil es arm ist und die Eltern die Sprache nicht entsprechend gefördert haben bzw. die Notwendigkeit dafür nicht gesehen wurde.
Da Leistung bzw. "Bezahlung nach Leistung" heute sehr stark vom Bildungsgrad abhängt, welcher wiederum vom Einkommen und "akademischem Hintergrund" des Elternhauses abhängt, muss man schlussfolgern, dass wir in einer TIMOKRATIE leben.
Mir ist übrigens nicht begreiflich, wieso eine Putzfrau, die 8 Stunden fleißig arbeitet, irgendwie weniger Leistung bringen soll als ein Bankangestellter, der 8 Stunden fleißig arbeitet?
Beide haben einen ganz guten Leistungsschnitt, eben weil fleißig (viel) Arbeit pro Zeit(einheit) geschaffen wird. Also müssten die Gehälter doch vergleichbar sein?
Gibt es da irgendwie Qualitätsunterschiede bei der Arbeit?
Dann kommt immer das Argument, dass die einen "ja studiert" hätten und diese Ausbildung doch bezahlt werden müsse... ja Pustekuchen, die Putzfrau zahlt genauso ins solidarische Bildungssystem ein!!!!!
(Zumindest theoretisch ist das Studium ja kostenfrei, auch mit Bafög... ja ich weiß, die Realität ist anders.)
Alles in allem:
Leistung ist ein vorgeschobener Begriff, mit dem diejenigen, die gute Gehälter beziehen, versuchen zu rechtfertigen, warum sie den Putzfrauen, die ihre Büros putzen, nur 4€/Stunde zahlen.
Ist doch klar, warum die Putzfrau nur 4€ und der Bankangestellte 40€/140€/400€ kriegt: weil der Bankangestellte hierarchisch höher steht und besser leichter Lohnerhöhungen durchsetzen konnte, Putzfrauen hingegen gibts so viele, das drückt die Löhne.
Hier müsste der Staat eingreifen. Ist nicht einzusehen, dass die Allgemeinheit, also Familien mit Kindern und Rentner, der Putzfrau auch noch HartzIV-Aufstockung bezahlen sollen, die dabei immernoch arm bleibt, während Ack_ermann, Wed_eking und Co es sich mit Millionenbeträgen, die sie weder brauchen noch ausgeben können, gut gehen lassen.
@Nachdenkseiten-Leser
Sag mal, bist du als Agnostiker nicht auch Teil der Freimaurerei ?
Sehr interessanter Artikel! Muss mir den Text von Amery unbedingt besorgen...
Empfehle zum Thema 'Antisemitismus / Nationalsozialismus' das Buch "Dialektik der Ordnung - Die Moderne und der Holocaust" von Zygmunt Bauman.
Das hat mir vor vielen Jahren die Augen geöffnet!
Die ganze Darwinsche Lehre vom Kampf ums Dasein ist einfach die Übertragung der Hobbesschen Lehre vom bellum omnium contra omnes |Krieg aller gegen alle|, und der bürgerlichen ökonomischen von der Konkurrenz, sowie der Malthusschen Bevölkerungstheorie aus der Gesellschaft in die belebte Natur. Nachdem man dies Kunststück fertiggebracht (dessen unbedingte Berechtigung, besonders was die Malthussche Lehre angeht, noch sehr fraglich), ist es sehr leicht, diese Lehren aus der Naturgeschichte wieder in die Geschichte der Gesellschaft zurückzuübertragen, und eine gar zu starke Naivität, zu behaupten, man habe damit diese Behauptungen als ewige Naturgesetze der Gesellschaft nachgewiesen.
Friedrich Engels, Dialektik der Natur
http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_554.htm
@Holsten
"[...]Sag mal, bist du als Agnostiker nicht auch Teil der Freimaurerei?[...]"
Freimaurer? Gibt es die noch? Oder existieren die nicht eher als Verschwörungstheorie?
Im Ernst, ich bin kein Freimaurer, aber Agnostiker schon....eigentlich immer gewesen....
Frei nach dem Motto:
"Gott hat mir noch nie ein Bier bezahlt, also kann es ihn nicht geben...."
So, dass war aber meine letzte Äußerung zum Thema Religionskritik hier - Wer das Thema vertiefen will, dem empfehle ich andere Blogs oder gar Homepages wie die hier:
http://hpd.de
...ne Art Nachdenkseiten für Religionskritik....wo beinahe täglich so die interessantesten Meldungen zum Thema Religionskritik aus diversen Quellen gesammelt werden....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Nachdenkseiten-Leser schreibt:
@Schattenschwinge
Du hast recht, nur eine Frage:
Wenn Jesus, wie du schreibst "von den Römern ans Kreuz geschlagen wurde" wie erklärst du mir dann, dass jahrtausendelang die Juden dafür mit Pogromen, Ausgrenzungen und Vorurteilen büßen müssen? Sind nicht die Römer die wahren schuldigen?
Ich habe garnicht behauptet das die Römer Jesus ans Kreuz geschlagen haben.
Ich wollte nur auf folgendes hinweisen.
1. Jesus wurde an Kreuz für die Erlösung der Menschheit geschlagen.
Der Täter hat der Menschheit geholfen!
2. Man kann aus der Bibel herrauslesen was man will (Ist ja immerhin ne Wissenschaft für sich). Judendiskriminierung hin oder her.
Das ist ein ziemlich altes Buch!
Was die Juden angeht so wurden Minderheiten oder noch besser "schwache" schon immer diskriminiert. Gründe gibts genug, wenn es um Vorurteile geht sind wir Menschen sehr Kreativ.
Arbeitslose sind ja auch alles faule Sozialschmarotzer und Hartz4 Empfänger sind alle Asozial. Die Medien zeigen auch mit zahlreichen Sendungen irgendwelche Härtefälle und der Otto-Normalverbraucher bekommt ebend ein gewünschtes Weltbild vermittelt.
Die Manipulation von menschen in dieser Richtung ist nichts neues sondern gabs schon immer.
Gruß
Schattenschwinge
Man kann belesen sein und gelassen lesen. Manche Mitmenschen sind noch zu wenig belesen, andere manche brauchen nicht viel zu lesen, um dennoch verstanden zu haben, was mit uns von Machthabern und verwissenschaftlichten Schnelldenkern veranstaltet wird, und das schon lang vor Hitler & Consorten. Es liegt am Verstand ihn vernünftig zu gebrauchen. Verstand ist zwar fast einem jeden gegeben, aber was sein Träger davon annimmt, ist eine Angelegenheit des Seins seines Charakters, seiner Einflüsse, seiner Möglichkeiten, seines Mitgefühls (ob vorhanden oder abhanden gekommen) und seiner Lust...
Übrigens:
Aufwachen hat auch seine Zeit. Gut, daß es Wecker gibt, die nicht nur laut schreien, sondern gewisse Seiten herzeigen. Wie de Lapuente.
Gruß Versefrey
Ist schon komisch wie sich die Dinge wiederholen - aber nicht gleichen:
Bereits Ende der 1960er Jahre haben wir während des Studiums/Theologie sowohl "LTI" als auch Engels, Marx, das NS-Regime, die Bultmannsche Theologie in Verbindung mit den in der DDR herrschenden Verhältnissen gesprochen.
Fazit damals (Jena -DDR). Jedes Regime (Handelnde Menschen) nehmen sich das vom "Vorgänger" womit sie das Volk am bestem "im Griff" zu halten glauben.
Heute sehe ich, dass dieses Prinzip wohl funktionieren muss, denn "der Mensch an sich, ist nur als zu gern bereit sein "Ego" zu streicheln.
Insofern ist das Buch der Bücher auch nur als die Ansammlung von vielen Geschichten aus der menschlichen Geschichte zu betrachten.
Ach Gott, hätten doch bloß Adam und Eva diese Frucht der Erkenntnis nicht gefressen - was wäre uns alles erspart geblieben.
Allerdings, meine ich, das selbst der liebe Gott, nachdem er gesehen hat, was er da kreiert hatte, seinen teuflischen Plan umsetzen musste - die beiden Menschlein sollten lernen - da sieht man mal wieder wie auch "höhere" Wesen in die irre gehen können.
Schattenschwinge schreibt:
"[...]Ich habe garnicht behauptet das die Römer Jesus ans Kreuz geschlagen haben.[...]"
So steht es zwar nicht in der Bibel, aber so sieht die wahre Lage aus.
"[...]Ich wollte nur auf folgendes hinweisen.
1. Jesus wurde an Kreuz für die Erlösung der Menschheit geschlagen.
Der Täter hat der Menschheit geholfen![...]"
Kann man so sehen, aber ich finde es pervers, dass Gott seinen eigenen Sohn opfert - Ich dachte immer die Zeit der Menschenopfer war damals verboten?
"[...]2. Man kann aus der Bibel herrauslesen was man will (Ist ja immerhin ne Wissenschaft für sich). Judendiskriminierung hin oder her.
Das ist ein ziemlich altes Buch![...]"
Das sehen wir beide so, es ändert aber nichts an der Tatsache, dass dieses heilige Wort Gottes nicht jahrhunderte- sondern jahrtausendelang als bare Münze genommen wurde - die Gläubigen konnten eben nicht daraus lesen was die wollten. Gottes Wort war unverfälschbar - erst das berühmte Zeitalter der Aufklärung räumte mit diesem Mythos bzw. Aberglauben auf - nicht die Kirchen sondern die Atheisten & Agnostiker, Deisten und sonst Zweifelnde haben für den Sieg der Vernunft gesorgt - die Kirche versucht dies heute anders darzustellen, aber die hatten schon immer ein Problem mit dem Gebot "du sollst nicht lügen" - die Gottesmänner!
[...]Was die Juden angeht so wurden Minderheiten oder noch besser "schwache" schon immer diskriminiert. Gründe gibts genug, wenn es um Vorurteile geht sind wir Menschen sehr Kreativ.
Arbeitslose sind ja auch alles faule Sozialschmarotzer und Hartz4 Empfänger sind alle Asozial. Die Medien zeigen auch mit zahlreichen Sendungen irgendwelche Härtefälle und der Otto-Normalverbraucher bekommt ebend ein gewünschtes Weltbild vermittelt.
Die Manipulation von menschen in dieser Richtung ist nichts neues sondern gabs schon immer.[...]"
Und? Macht es die Sache deswegen weniger schlimm? Ich kann hier deiner Logik irgendwie nicht folgen.
Mit der selben Logik könntest du behaupten Folter & Todesstrafe sowie unschuldig Getötete gab es schon immer - Also was habt ihr dagegen.....
Darüber schon einmal nachgedacht?
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
@Versefrey
Du hast deinen Kant offensichtlich auch gelesen? "Sempere Aude" - oder so.
Frei übersetzt:
"Habe den Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
Mir war übrigens auch schon - vor Jahren - ohne Buchlektüre klar, wohin der Weg mit Schröder/Fischer/Merkel/Westerwelle führt - direkt in ein wirtschaftsfaschistisches System des 21. Jahrhunderts.
Obwohl? Vielleicht habe ich auch Kant in der Schule gehabt, und gute Lehrer, die mir eigenes Denken beigebracht haben - frei nach Immanuel Kant....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Der gute alte Kant rotiert bestimmt im Grab, wenn er an seine heutigen deutschen/nicht-deutschstämmigen Landsleute denkt.
Ein Volk - leider größtenteils - von Zombies, dass sein Hirn auf "aus" stellt, statt zu hinterfragen - im Gegenteil die stellen Menschen wie dich, mich, Roberto und andere als hirnkrank dar, nur weil wir der Sache nicht kritiklos gegenüberstehen - eine Taktik, die, Ironie der Geschichte nennt man so etwas, in der totalitären Sowjetunion in Zeiten des Kalten Krieges gegen Regimekritiker wie z.B. Sacharow gerne angewandt wurde - mein Schluss: Die Neoliberalen übernehmen auch gerne etwas von offensichtlich gescheiterten staatssozialistischen Ideologien - die Ausgrenzung von Andersdenkenden betreffend. Ist wohl nur eine Frage der Zeit bis die erste geschlossene Psychiatrie für Regimekritiker Angela Merkels in Deutschland steht? Oder sehe ich da zu dunkelschwarz?
Lieber Nachdenkseitenleser:
sapere aude!
Heißt es richtig.
Hängt mit sapientia = Weisheit zusammen.
Herzliche Grüße
Klaus Baum
@ Nachdenkseiten-Leser
Nein, ich habe nicht Kant gelesen, außer einigen Sätzen, es steht zwar einiges bei mir im Regal, auch über Kant (M.Geyer, A.Gulyga), doch komme ich zumeist u. überraschenderweise selbst auf meine Gedanken...
Leider ist dies nicht immer einfach, was ja bekanntlich die meisten (Leser u. Denkfähigen) abschreckt.
Gestern war ich über mich selbst erschreckt, ich hatte die Chuzpe zu früh abzuschicken, was ich als Satire gedacht hatte (nur eine E-Mail, der Empfänger verzeihe mir diese Tat, es war mißlungen).
HEUTE möchte ich zu Robertos Artikel noch folgendes als Antwort - ein Zitat - geben, geschrieben vom Naturwisschenschaftler Erwin Chargaff, den ich hiermit empfehle (http://chargaff-freundeskreis.org/Biographie.html). (Schriften: http://chargaff-freundeskreis.org/Seine%20Schriften.html)
->. . .Ich habe hier vorwiegend von der naturwissenschaftlichen Forschung gesprochen. Befindet sich die Forschung in den Geisteswissenschaften in derselben Lage? Ich glaube schon. Dieselbe träge Inflation, dieselbe Vertreibung des Gelehrten durch den Spezialisten, dasselbe Abziehen der Forschungsinteressen auf griffige Parolen. Natürlich gibt es Unterschiede: Schon die geringfügigste Verbesserung eines Nervengases kann viel, viel mehr Schaden anrichten als fünf weitere Bücher über Joyce. Und noch ein Unterschied: Die Geisteswissenschaften stehen, was ihre finanzielle Austattung betrifft, viel ärmlicher da als die verwöhnten Naturwissenschaften. Doch die Dominanz der Mode, die alle fünf Jahre wechselt, ist hier so auffällig wie dort. Das schließt auch den Versuch ein, die Naturwissenschaften nachzuäffen, das nicht Quantifizierbare exakt zu quantifizieren, zu isolieren, was sich nicht isolieren läßt.
Ich wünschte, ich könnte beschreiben - oder gar erklären! -, was geschehen ist. Wenn ein Gebäude nach einem Erdbeben einstürzt, gibt man dem Fundament die Schuld. Doch läßt sich das Fundament, das die Menschheit Tausende von Jahren lang getragen hat, nicht so einfach ausmachen. War es eine Art gyroskopischer Kontrolle, die verhindert hat, daß die Bäume in den Himmel wachsen, und uns gleichzeitig vor dem Aussterben bewahrt hat? Ich zögere, die Kontrollmechanismen zu nennen, denn Wörter wie Glaube, Liebe, Mäßigkeit, Bescheidenheit, Mitgefühl lassen sich nicht länger verwenden. Es ist einfacher, anzudeuten, was die Rolle des Erdbebens übernommen hat: Revolutionen, Kriege, Explosionen (die französische und die russische, doch auch die industrielle Revolution; zwei Weltkriege und der dritte und vermutlich letzte, der am Horizont aufzieht; die Atombombe, aber auch die Informationsexplosion - die Liste ist viel zu lang).
Daß die wissenschaftliche Forschung hieran ihren Anteil hatte, das läßt sich nicht leugnen. Trotzdem ist sie am Ende nur ein Rädchen in einer großen Maschinerie der Zerstörung. Die Forschung hatte zu Anbeginn wohl ihren Ursprung in einer uralten Sehnsucht des Menschen: die Welt zu untersuchen, die ihn umgibt, sich Rechenschaft abzulegen, wie sie funktioniert, die Werkzeuge zu verwenden, die sie ihm bietet. Dieser Ursprung wird gewöhnlich nur unzulänglich erfaßt, wenn es heißt, sein Auslöser sei die dem Menschen eigene Neugier gewesen - nicht gerade eine der edelsten Leidenschaften der Menschheit. In unserer Zeit ist aus diesem Impuls etwas völlig anderes geworden: der Versuch, das Schicksal des Menschen zu ändern, abzuschaffen, was Millionen von Jahren hervorgebracht haben, die Schöpfung nachzubessern. Dieser Versuch wird mißlingen.<-
So weit Erwin (aus: Die Susicht vom 13. Stock, Kapitel: II/6)
Im obigen Zitat wird auch die sog. Informationsexplosion erwähnt, in deren Kategorien wir uns hier begegnen. Beste Grüße ! Ich neige zunehmend dazu, Meldungen und Informationen, Ansichten und Kommentare aus der Informationsblasenschleuder "Internet" mit zurückhaltender Vorsicht zu registrieren... warum? Siehe unten:
--------------------------------------------
BEFREIENDES MENSCHENTUM -
NOCH NICHT
NOCH IST ES NICHT SOWEIT;
DENN WIR LEBEN IN EINER ÜBERGANGSZEIT
Es ist ein großer Irrtum zu glauben, daß
Menschheitsprobleme gelöst werden.
Sie werden von einer gelangweilten
Menschheit liegengelassen.
---------------------------------
Kurt Tucholsky, ca.1930 (Ja, er hat das Handtuch dann vorzeitig abgegeben, diese Entscheidung kann einem unterlaufen, wenn man sinnloser Weise hofft, die Mitmenschen wären so nachdenklich und einsichtig wie man selber).
---
Man mag mich, wie Chargaff, einen Pessimisten nennen, aber lesen Sie selbst nach bei Chargaff und vor allem - denken Sie selbst. In uns finden wir die Antworten, außerhalb der hektischen Zeit, außerhalb der hektischen Bemühungen selbst überschätzender, internetjettiger Blog-Autoren.
Zitat:
->"Fortschritt" gehört ... zu jenen Wörtern wie "Freiheit", "Entwicklung", "Demokratie", die ohne einen deutlich definierten Ausgangspunkt oder Zusammenhang völlig sinnentleert sind. Das macht aus ihnen so brauchbare wie verwirende politische Vokabeln.-<
"Where is the knowledge we have lost in information?"
(T.S.Eliot, Chorusses from "The Rock", 1934)
Gruß, Versefrey
Hi,Nachdenkseiten-Leser,
war nur mal etwas neugierig.
>"Gott hat mir noch nie ein Bier bezahlt, also kann es ihn nicht geben...."<
Im Ernst, ich weiß auch nicht mehr woran man heutzutage noch glauben soll ?!
Eine Anmerkung:
Am 21. März 2000 hat der Bayerische Rundfunk (Bayern 2) ein Gespräch mit Carl Amery gesendet.
Titel dieser Sendung: Hitler als Vorläufer? Oder: Das Problem der Begrenztheit
Zu dieser Sendung gibt es u.a. Audio-Dateien zum Anhören und Herunterladen, sowie ein Manuskript.
"Gott hat mir noch nie ein Bier bezahlt, also kann es ihn nicht geben...."
-Ne er hat nur alles gemacht.
Die Rohstoffe des Bieres
Den Menschen
Den Planeten
...
GOTT ist nicht da die ( gestörten ) Wünsche des Menschen zu erfüllen,
sondern der Mensch wurde als Diener GOTTES erschaffen.
Keiner sollte sich beschwerden, wenn er dann nicht GOTT sondern jemandem wie Hitler dient.
Du kannst nicht 2 Herren dienen.
Kommentar veröffentlichen