Aus fremder Feder

Montag, 16. Mai 2016

»1914 führte Ford den Achtstundentag und die Vierzigstundenwoche ein und verdoppelte den Durchschnittslohn auf fünf Dollar am Tag, was oft als Akt revolutionärer Großzügigkeit dargestellt wird. In Wirklichkeit waren kostspielige Verluste aufgrund hoher Arbeitskräftefluktuation dafür verantwortlich - atemberaubende 370 Prozent im Jahr 1913. Zur selben Zeit gründete Ford seine berüchtigte »Soziologische Abteilung« und stellte etwa 200 Inspektoren ein, die berechtigt waren, jeden Aspekt des Privatlebens der Angestellten unter die Lupe zu nehmen: ihre Ernährung, Hygiene, Religion, persönliche Finanzen, Freizeitaktivitäten und Moral. Zu Fords Belegschaft zählten viele Einwanderer - zu manchen Zeiten stammten bis zu zwei Drittel seiner Angestellten aus dem Ausland -, und da Ford den aufrichtigen Wunsch hatte, ihnen dabei zu helfen, ein gesünderes, erfüllteres Leben zu führen, war seine soziologische Einmischung keineswegs eine ausschließlich schlechte Sache. Allerdings hatte fast nichts von dem, was Henry Ford tat, nicht auch negative Seiten, und die Soziologische Abteilung hatte ohne Zweifel eine totalitäre Färbung. Ford-Angestellten konnte es passieren, dass sie aufgefordert wurden, ihr Haus zu putzen, in ihrem Garten Ordnung zu schaffen, in einem amerikanischen Bett zu schlafen, mehr Geld auf die Seite zu legen, ihr Sexualverhalten zu ändern oder irgendeine andere Praktik aufzugeben, die ein Ford-Inspektor ans »nachteilig für die körperliche Verfassung oder die moralischen Prinzipien« erachtete.«
- Bill Bryson, »Sommer 1927« -

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