Der Josef, der heilig wurde, weil er sein Maul hielt

Mittwoch, 25. März 2015

Peter Hahne gehört zu den konservativsten Meinungsmachern, die dieses Land hervorbringt. Jetzt moniert er in der »Bildzeitung«, dass ein katholischer Kindergarten nach einer Abstimmung nicht den Namen »St. Josef« annehmen werde. Das sei fatal, denn der heilige Josef sei ein leuchtendes Vorbild. Denn »Josef [habe] sich zu Jesus, dem Kind seiner Verlobten Maria bekannt, obwohl es ein Kuckuckskind war.«

Es sind immer wieder solche seltsamen Ideale, Vor- und Leitbilder, Wertevorstellungen und Ehrgefühle, die den hiesigen Konservatismus prägen. Jede Nische des alltäglichen Bedarfs und der gesellschaftlichen Wahrnehmung wird mit diesem seltsamen Blick auf die Welt verstellt. Leben auf diesem Planeten ist für den Conservative Way of Life immer ein Zustand, der mit Ehre und Pflicht und der Einsicht gepaart ist, dass man an dem Platz im Leben zu stehen habe, wohin es einen verschlägt. Auch wenn es ungerecht ist, auch wenn man eigentlich nur »raus« möchte. Und es sind zum Beispiel genau jene konservativen Kriegsbereite, die immer wieder in ihren Gazetten trommeln und kriegerische Politiker unterstützen, die dieses konservative Ehrgefühl stimulieren. Denn Krieg ist für sie immer noch ein Feld der Ehre. Pflicht und Erfordernis und Schuldigkeit. Eine Schuldigkeit, mit der Hahne Josef veredelt. Er lief nicht weg. Er blieb. Und er kämpfte um sein Weib, das ihn beschissen hat.

Oho, das ist wirklich vorbildlich, was Josef ausgehalten hat. Lassen wir mal die Geschichte so stehen, dass Jesus nicht sein Kind war. Dann sagt uns Hahne, dass es als Mann gewissermaßen richtig und angebracht ist, das Gevögele seiner Partnerin zu ertragen und auch die Konsequenzen, die sie unter ihrem Herzen trägt, anständig zu akzeptieren. Denn dorthin, wo es einen Mann verschlägt, sollte er ja auch bleiben. Ehre und so. Anstand definiert sich also in Hahnes Augen so, dass man seinen Mund nicht aufmacht, sondern hinnimmt, aushält und billigt. Ach, ihr wollte übrigens einen Link zu seinem Statement? Vergesst es!

Josef ist auch nur so ein Vorzeigebürger im Weltbild des Konservatismus. Ein Duchmäuser, Angsthase und Arschkriecher. Ein stiller Mensch, der sein Leid ertragen hat, ohne sein Maul aufzureißen. Nicht verwunderlich also, dass einer wie Hahne ihn chic findet, ihn für ein Vorbild par exellence hält. Nichts beanstanden, Schnauze halten und das Kuckuckskind einfach hinnehmen: Dann ist man jemand, den das Konservative liebhaben kann. Der Gehörnte, der keine Widerworte gibt, der ist ein Traum für diese Leute. Gehörnte Bürger, die nicht wütend werden und demonstrieren, die wären fast so angesehen wie Josef. Deswegen ist »St. Josef« so ein schöner Name für eine Einrichtung.

8 Kommentare:

Anonym 25. März 2015 um 08:55  

Also das Maria ihren Sepp beschissen hat, ist eine hier nicht nachgewiesene, Unterstellung. Es würde voraussetzen, das sie mit Jehova ein aktives Verhältnis gehabt hätte.
Es ist eher davon auszugehen das die göttliche Fertilisation ohne physischen Kontakt auskommt und die Betroffene allenfalls einen schönen Traum hat.
An Marias Stelle würde ich zumindest eine Unterlassungsklage gegen Dich anstrengen!

Anonym 25. März 2015 um 11:11  

Hm, vielleicht nur der Versuch, falls er mal einer verheirateten Frau ... damit dann deren Ehemann seinen "Braten" akzeptiert?

Anonym 25. März 2015 um 12:13  

Schön und gut, aber man kann die "Figur" des Josef auch anders interpretieren, nämlich als einen Mann, der sich um ein "fremdes" Kind kümmert als wäre es sein Eigenes. Weil er seine Frau liebt.

In Zeiten der Patchwork-Familien eigentlich ganz interessant. Von wegen "gehörnt".

Wie das mit alten Texten nun mal so ist: alles eine Frage der Interpretation. (Was wohl nicht nur die Katholiken anders sehen ... )

Gerd Hellmood 25. März 2015 um 14:48  

Neulich (vor etwas mehr als zweitausend Jahren) in einem Stall bei Bethlehem: "Du immer mit deinem Petting! Sag mir lieber, wo du dir beim letzten Mal die Finger abgewischt hast!"

Anonym 25. März 2015 um 14:52  

naja, sex mit einem engel ist schon schön^^ in diesem fall gabriel und nicht jehova anonym 1. paarungen mit menschen und engeln gab es immer - daraus wurden die nephelin etc.

aber der josef hat sich dem "herrn" untergeordnet. kann man klar so sagen. und natürlich war josef ein gehörner ehemann.

klare gedanken bedürfen keiner interpretation...

Braman 25. März 2015 um 18:19  

Dieses Nicht-Widersprechen, die Annahme des "von Oben" gegebenen Schicksals, ob das nun "göttliches" Kuckuckskind (Moral), Arbeitslosigkeit (Schicksal), Afghanistaneinsatz (Ehre) oder Lohnverzicht zur Rettung des Unternehmens (Solidarität) ist, das gilt selbstverständlich nur für die 90%+ Unterschicht.
Für die Oberschicht, die "von Gottes Gnaden", da gelten andere "Werte", die des Besitzes, des Bankkontos, der Macht und der Korruption.
Hat Herr Hahne, der Oberbigotte, das in seinem Traktat auch erwähnt? Wenn nicht, dann sollte man mal nachfragen, warum er das ausgeblendet hat.

MfG: M.B.

Anonym 26. März 2015 um 13:17  

Ich denke auch, dass St. Josef eher im Sinne einer vorbildlichen Patwork-Familie, in denen niemand sein Ego hoch hängt, gesehen werden kann.

kevin_sondermueller 5. April 2015 um 17:59  

Verklärte Nacht

Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain;
der Mond läuft mit, sie schaun hinein.
Der Mond läuft über hohe Eichen,
kein Wölkchen trübt das Himmelslicht,
in das die schwarzen Zacken reichen.
Die Stimme eines Weibes spricht:

Ich trag ein Kind, und nit von dir,
ich geh in Sünde neben dir.
Ich hab mich schwer an mir vergangen;
ich glaubte nicht mehr an ein Glück
und hatte doch ein schwer Verlangen
nach Lebensfrucht, nach Mutterglück
und Pflicht - da hab ich mich erfrecht,
da ließ ich schaudernd mein Geschlecht
von einem fremden Mann umfangen
und hab mich noch dafür gesegnet.
Nun hat das Leben sich gerächt,
nun bin ich dir, o dir begegnet.

Sie geht mit ungelenkem Schritt,
sie schaut empor, der Mond läuft mit;
ihr dunkler Blick ertrinkt in Licht.
Die Stimme eines Mannes spricht:

Das Kind, das du empfangen hast,
sei deiner Seele keine Last,
o sieh, wie klar das Weltall schimmert!
Es ist ein Glanz um Alles her,
du treibst mit mir auf kaltem Meer,
doch eine eigne Wärme flimmert
von dir in mich, von mir in dich;
die wird das fremde Kind verklären,
du wirst es mir, von mir gebären,
du hast den Glanz in mich gebracht,
du hast mich selbst zum Kind gemacht.
Er faßt sie um die starken Hüften,
ihr Atem mischt sich in den Lüften,
zwei Menschen gehn durch hohe, helle Nacht.

Richard Dehmel
Aus der Sammlung Weib und Welt

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