Säuseln, nicht plärren

Samstag, 6. September 2014

Er hat nicht »wie Hitler« gesagt. Das läuft bei ihm viel perfider. Reden kann er ja. Das hat er gelernt. Er sagt dabei nur so wenig. Das hat er gelernt. Wenn er dann aber doch mal redet und dabei was aussagt, dann möchte man sich die Ohren zuhalten. Oder ihm den Mund. Auf alle Fälle gehört schon etwas sublime Redekunst dazu, einen Hitlervergleich anzubringen, ohne das Gleichnis »wie Hitler« zu verwenden. Und das auch noch bei einer Veranstaltung, die als Gedenken an Hitlers Angriffskrieg gedacht war und nun den Präsidenten eines Landes gleichsetzt, das wesentlich unter weiteren Überfällen Hitlers gelitten hat.

Die Mehrheit westlicher Beobachter nennt seine Rede couragiert und einen »wichtigen Beitrag«. Sie ist aber nicht mehr als jene Art von softer Anfeindung, wie man sie zu allen Zeiten von Menschen kannte, die ihre Kriegsbereitschaft nur allzu gerne hinter Friedensmummenschanz verkappten. Kriegstreiber geifern doch nie, bekommen nie weite Augen und kriegen hochrote Köpfe. So stellt man sie sich als Klischee vor. Noch jeder, der ein Volk an den Krieg heranführte, tat dies als jemand, der völlig im Besitz seiner vernünftigen Kräfte ist. »Wir wollen ja nicht, aber man zwingt uns.« So und ähnlich klingt der Schmus aller Kriegshetzer. Sie säuseln und plärren nicht. Sie murmeln ihn im Versuch von Sachverstand herbei. Pauken und Trompeten nutzen sie nicht. Leise macht man mobil. Das sollte man bedenken, wenn man die Leisetreter, die zwischen den Zeilen für Militäreinsätze sind, heute so beobachtet. Als ob sie keine Kriegshetzer wären, nur weil sie so pianissimo theoretisieren. Gerade deshalb sind sie es!

Sonst schreien sie immer »Hitlervergleich!« und »Das geht zu weit!« oder »Das geht ja mal gar nicht!« Aber im aktuellen Falle fällt es offenbar gar niemanden auf, dass da einer stattfand. Fand er gar nicht? Der Präsident hat ja nur von Diktatoren gesprochen? So ganz allgemein? Aber was ist es denn bitte dann, wenn man dieses Memento mori zu Hitlers Krieg nutzt, um die aktuelle Situation damit zu kommentieren und zu vergleichen? Er sagte doch sinngemäß: »Liebe Leut', heute denken wir an Hitler und seinen Krieg und jetzt ist da schon wieder einer, der es ihm gleichtut.« Wenn ein Hinterbänkler solche Vorträge hält, um mal Aufmerksamkeit zu bekommen: Geschenkt! Aber ein Bundespräsident, der zu einer Veranstaltung mit dem Inhalt »Nie wieder!« geht, um dann hinzuzufügen »nur mit Abstrichen«, der ist untragbar und unhaltbar. So dreist war er noch nie. Bisher hat er zwischen seinen Widersprüchen immer Pausen gemacht, hat heute so und morgen so gesprochen. Jetzt spricht er heute so und heute so. Aber gut, was ereifere ich mich eigentlich? Das musste ja so kommen. Man kennt den Mann ja mittlerweile zur Genüge.

Deshalb will ich es auch möglichst kurz machen. Es ist ja auch Wochenende und man will noch was einkaufen gehen. Ich sage nicht mal mehr seinen Namen. Er wurde hier schon viel zu oft geschrieben; er hat beinahe eine eigene Taste auf der Tastatur seiner Kritiker. Man kennt die Denke dieses Mannes ja hinreichend. Er hat sich in seiner Amtszeit enttarnt. Und dieser Herr Präsident ist ja nicht über Nacht in Danzig kriegerisch geworden. Deutsche Christen haben doch zu allen Zeiten mit süßer Zunge von sauren Dingen gesprochen. Deutsche Christen? Hoppla, habe ich jetzt etwa auch gleichgesetzt? Und das auch ganz ohne das H-Wort oder NS-Nennung. Soll ja vorkommen. Haben schon ganz andere gemacht. Zuletzt in Danzig.

6 Kommentare:

Anonym 6. September 2014 um 12:01  

"Pauken und Trompeten nutzen sie nicht. Leise macht man mobil."

das ging direkt in die magengegend. kompliment für diesen text.

Braman 6. September 2014 um 17:24  

Hallo Roberto,
sprichst Du von GAUck oder gaUCK?
Beide male passen die groß geschriebenen Buchstaben auf den ehrenwerten Herrn.
(Nomen est Omen?)

MfG: M.B.

Anonym 7. September 2014 um 11:37  

Wäre man noch im letzten Jahrhundert, hätte er dafür eine Kriegserklärung kassiert.
Ein paar Verdrehungen in der Emser Depesche führten auch dazu, Frankreich und Deutschland in einen Krieg zu bringen (1870/71).

Sledgehammer 7. September 2014 um 19:59  

Über den jovialen und sendungsbewussten Herrn G. wurde wahrlich schon alles gesagt, gedacht und geschrieben.
Gleichwohl geistert mir im Schädel bei seiner Person der, von Ludwig Hirsch besungene, "Herrn Haslinger" umher.

Sledgehammer 8. September 2014 um 16:58  

Biedermann und Brandstifter!

Anonym 9. September 2014 um 18:46  

Danke auch von mir nochmal, dass Du im Urlaub so viel Wut angesammelt hast, die jetzt zur Erholung wieder rausgelassen werden kann.
Wut tut gut.

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