Mein Vater, der »Hausneger«

Donnerstag, 12. Juni 2014

In Deutschland nehmen Ressentiments gegen ethnische Gruppen zu. Und doch werden allgemein rechtsextreme Tendenzen weniger. So sieht es eine Studie der Uni Leipzig. Doch so paradox das klingt, ist das gar nicht.

»Aber bei Spaniern ist das doch was ganz anderes!« Wie oft habe ich diesen Satz gehört? Irgendwer schimpfte über Ausländer, über die Türkinnen und ihre Kopftücher, darüber, dass diese Leute sich »einfach zu viel herausnehmen« und wenn ich dann angesäuert sagte, dass ich ja selbst zur Hälfte Ausländer sei, dass mein Vater Spanier war, dann kam: »Spanier? Aber das ist doch was völlig anderes!«

5 Kommentare:

Braman 12. Juni 2014 um 16:12  

Richtig, Roberto.
Und das Gleiche stimmt für Arbeitslose, Anhänger anderer Religionen,politische Überzeugungen, Wirtschaftstheorien, ja sogar Auto- und Bekleidungsmarken.
Solange nur ein Feindbild (plus Alibi-Freund) nach geschoben werden kann.
Gut sind eigentlich meistens die, die persönlch bekannt sind,
aaaber die Anderen!!
MfG: M.B.

Anonym 12. Juni 2014 um 17:54  

Das ist wie mit den Juden früher.
Zeigt man auf einen bestimmten, kann immer noch jeder sagen, aber einen Juden kannte/kenne ich, der war voll in Ordnung.
Der Übergang zu "den Juden" verbietet sowas dann, wenn sich das mal festgesetzt hat.

Bei deinen Verwandten ist das "ausser die Spanier" vielleicht auch nur ein Reflex. Nette Leute die man kennt, können nur Einheimische sein. Dann wird geplappert, was der beschränkte Verstand so hergibt und die Tageszeitung einem als seine Meinung verkauft, die man nun zu haben hat.
Dann ist man schnell bei den faulen Ausländern, mit denen nichts stimmt. Kaum gesprochen fällt einem auch schon der Gegenüber ein, der ja auch nicht deutsch ist und man muss relativieren.
Freilich folgt daraus nie die Erkenntnis, dass man seine Meinung über Ausländer vielleicht ablegen sollte und sich lieber Meinungen über Menschen bilden sollte und nicht über bestimmte Gruppen daraus.

Anonym 12. Juni 2014 um 22:05  

Ich finde, Sie sollten das ganze mehr von einer individuellen Seite her sehen.
Sie treffen auf einen Menschen mit rassistischen Vorurteilen, der lernt Sie näher kennen und merkt irgendwann:
„Ach der Roberto ist ja eigentlich ganz in Ordnung.“
Irgendwann fängt er dann zwangsweise an seine Vorurteile zu überdenken, denn schließlich hat er ja einen Ausländer kennengelernt, der nicht in sein Weltbild passt. Die wenigsten Menschen sind bereit oder in der Lage ihr komplettes Weltbild zu überdenken und da ist eine leichte Anpassung immer noch der bequemste Weg und er denkt:
„Ach die Spanier sind ja eigentlich auch gar nicht so schlimm.“
Und so wurden Sie dann in die rassistische Grauzone geschoben, da wo sich z.B. auch die Japaner befinden, die ja eigentlich auch nicht so schlimm sind, da sie sich Lederhosen anziehen und so fleißig sind wie wir Deutschen.
Ich denke gerade in Deutschland haben die meisten Rassisten eine solche rassistische Grauzone. Sie ist die zwingende Anpassung des Weltbildes an die Erfahrungen der Geschichte. Denn wir Deutschen haben es im 20. Jahrhundert einfach so sehr übertrieben, dass sogar eingefleischte Rassisten Probleme bekommen ein Weltbild aufrecht zu erhalten, das nur zwischen schwarz und weiß unterscheidet.
Oder um einmal rotzfrech einen Satz von Ihnen zu klauen:
„Das ist so eine Art »evolutionärer Trick«, mit dem die Xenophobie versucht, ihr Überleben zu sichern.“
Ich weiß der Satz war eigentlich in einem anderen Zusammenhang gemeint und ich muss zugeben ich hatte mit diesem Satz so meine Probleme. Dennoch hat mich gerade dieser Satz zum Nachdenken angeregt und ich bin auf das gekommen, was ich als rassistische Grauzone bezeichnete.
Insofern konnte ich ihn mir an dieser Stelle nicht verkneifen.

Anonym 13. Juni 2014 um 07:03  

"Was man gegen Türken haben kann weiß ich auch nicht. Als Niederrheiner kann ich aber sehr wohl etwas gegen die Spanier haben. Die Erinnerung an die Verheerungen der Spanier in den Spanisch- Niederländischen- Kriegen ist zwar in der Breite verblasst, aber einige wissen noch wer hier alles gemetzelt hat.
Kroatische Söldner waren auch beteiligt."

Natürlich ist es völliger Blödsinn heute einen Spanier wegen Kriegen des 17 Jahrhunderts anzufeinden.
Ich wollte nur mal daran erinnern das Spanien eine Weltmacht war.

Anonym 13. Juni 2014 um 11:06  

"Diese Unterteilung gehört zum Geschäft der Xenophobie." - Ich denke, dieser Satz fasst den "Kern" der Problematik treffend zusammen. Diese Unterteilung kam übrigens in meiner Oberstufenzeit in den 1990ern mal in einer Schulstunde zur Sprache, wo jemand von uns ansprach, dass es gewissermaßen Ausländer verschiedener "Klassen" gäbe, mit denen die Mehrheitsbevölkerung unterschiedlich umgehen würde. Unser Lehrer leugnete das einfach und meinte, das sei nur unsere subjektive Wahrnehmung.

Nur ein paar Jahre später wurde das Thema offen diskutiert. Ich erinnere mich an ein Programm einer italienisch-stämmigen Kabarettistin, die sich selbst sarkastisch als "Luxusausländerin" bezeichnete, dann in ihrem Programm über die "Gastarbeiter" der frühen Bundesrepublik aber zeigte, dass das mal ganz anders aussah ...

Übrigens stimme ich Braman zu: diese Unterteilung gibt es auch in anderen Bereichen, meiner Wahrnehmung nach insbesondere bei Erwerbslosen und insgesamt bei Armen. Und schon da hat die Aufteilung in "würdige" und "unwürdige" Arme schon immer zum Prinzip des "Teile und herrsche" gehört.

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP