Erntehelfer erleichtert!

Montag, 30. Juni 2014

Am Freitagnachmittag meldeten allerlei Gazetten via Reuters, dass die Regierungskoalition beim Mindestlohn eine »Erleichterung für Erntehelfer« beabsichtige. »Oh«, mag sich da mancher gedacht haben, »nicht schlecht, dass man es diesen schwer schuftenden Menschen nochmal leichter machen will.« Später kam dann heraus, was man mit »Erleichterung« meinte: Man will es Spargelbauer und Co. leichter machen, denn sie dürfen nach dem neuesten Gesetzesentwurf die Kosten für Wohnung und Verpflegung in den Mindestlohn einrechnen.

Kurz gesagt, die euphemistische Ankündigung war ganz anders zu verstehen. Nicht der Schwerstarbeiter braucht Erleichterung, sondern der, der ihn beschäftigt und der jetzt auch noch einen angemesseneren Lohn bezahlen soll. Leute wie Bauer Lipp, der neulich erst in der »Frankfurter Allgemeinen« von seiner Angst vor dem Mindestlohn sprach. Denn faktisch würden seine Spargelstecher heute schon 7,20 Euro in der Stunde erhalten. Was er verschweigt: Das ist kein Stunden- sondern Akkordlohn. Und die Zahl, die er nennt, mag vielleicht ein Durchschnittswert oder aber ein Spitzenwert sein. Das müsste man ihn mal selbst fragen. Jedenfalls haben sich »seine Rumänen« noch nie beschwert.

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Die Empörten, die man satt hat, weil man satt ist

Samstag, 28. Juni 2014

Der oberste Hirte und Feldherr mobilisiert das deutsche Gemüt, aber seine Kritiker müssen mit juristischer Verfolgung rechnen. Unter anderem erging es auch dem Parlamentarier Norbert Müller von »Die Linke« so, der Gauck einen »widerlichen Kriegshetzer« nannte.

Dass eine solche Äußerung schon reicht, um die Staatsanwaltschaft auf den Plan zu rufen, ist ohnehin schon schlimm genug. Dass die Genossen seiner Partei jedoch nicht Partei für ihn ergreifen, sich wieder mal »distanzieren«, wie schon im Falle von Sevim Dağdelen, die Göring-Eckardts Ansichten zur Ukraine mit einem Brechtzitat beantwortete, ist vielleicht noch viel schlimmer. Denn wenn die Partei, die man mit gewisser Berechtigung als die einzige Alternative zur derzeitigen Politik ansieht, nun beginnt, Freunde des offenen Wortes in den eigenen Reihen zu bremsen, dann macht sie sich beliebig.

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Welche Ausgabe Deutschlands bejubelt Merkel?

Freitag, 27. Juni 2014

»Ein Hoch auf das was uns vereint ...« dudelte dieser Bourani aus dem Autoradio. Die ARD hat das Lied zum WM-Song ihrer Berichterstattung erklärt und nun hört man es dauernd. »... dass es das Beste für uns gibt ...«. Der Mann hat es für eine Freundin geschrieben, ganz ohne Hintergedanken. Jetzt soll es die nationale Identität umschmeicheln. »Auf uns« heißt es ja zufälligerweise passenderweise. Wie gesagt, ich ertrug es gerade, wie es so aus dem Radio schallte, da schnitt mich ein Mercedes mit angebrachten Deutschlandfahnen. Ich hupte. Er zeigt mir den Stinkefinger. »Ein Hoch auf das was uns vereint.«

   »Kommst du aus der Gosse, oder was?«, schrie ich aus meinem offenen Fenster.
   »Halt dein Maul, du Wichser!«, röhrte der geschniegelte Affe zurück. Er hupte nochmals und war um die nächste Ecke verschwunden.
   Blödes Arschloch, dachte ich mir. Was da alles so einen Führerschein haben darf. Bourani schrie immer noch aus dem Radio. »Ein Hoch auf das was vor uns liegt / dass es das Beste für uns gibt.«

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Willy wählen! oder Die Europawahl ist doch eh nicht verbindlich

Donnerstag, 26. Juni 2014

Nun soll der erfolgreiche Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei sogar EU-Kommissionspräsident werden. Deshalb wurde er ja nominiert. Er erhält den Posten allerdings nur von Staats- und Regierungschefs Gnaden. Im Grunde könnten die Sozis demnächst auch Willy Brandt aufstellen.

Es soll ja Leute geben, die ihre Stimme bei der Europawahl nur abgegeben haben, weil sie von Juncker oder Schulz überzeugt wurden. Verwunderlich, aber gut, dafür waren die Herren ja auch aufgestellt. Man wollte diese fast schon anonyme Wahl zum Europäischen Parlament ein bisschen zur Personenwahl erweitern. Da hat der Wähler dann ein Gesicht, an das er seine enttäuschten Hoffnungen richten kann. Dass diese Gesichter aber nicht verbindlich sind, erfuhr der durchschnittliche Wähler vor der Wahl dann nur so häppchenweise.

Wenn das nur die Angela wüsste

Mittwoch, 25. Juni 2014

Die plakative Trennung von der Person Merkels und ihrer Partei/Regierung nimmt immer mehr an Fahrt auf. In konservativen Medien bestimmt dieses Leitbild die Berichterstattung. Merkel wird entrückt, von der Regierungstätigkeit und der Parteiarbeit abgesondert. Der Merkel-Mythos basiert auf dieser Außendarstellung.

Sie findet immer mehr nur noch als eine Art »geistiges Oberhaupt« statt, das mit dem Alltagsgeschäft relativ wenig zu tun hat. Natürlich bestreitet sie dieses Geschäft. Aber wenn etwas schiefläuft, dann trennt man sie von diesen Niederungen des Versagens und entrückt sie exemplarisch noch ein wenig mehr. Dann liest man, dass Europa auf die Kanzlerin setze, dass sie auch im Ausland geachtet sei und dass sie überall Wirkung zeige. Zuletzt in der Kabine der Nationalmannschaft. Die soll so entzückt gewesen sein, dass man von »Muttivationsschüben« für die Spieler las. Wo sie wandelt wird der Boden fruchtbar. Die Tages- und Sachpolitik gerät in den Hintergrund. Sie sitzt solchen Themen nur noch vor. Man tut so, als wirke sie nur noch auf das Gelingen hin, ganz so wie jemand, der Fürbitten herunterbetet, der aber im realen Leben kaum noch etwas tut, was zur Verwirklichung solcher Bitten beiträgt. Mit den Jammertal hienieden hat sie nichts mehr zu tun. Sie wandelt über Wasser. Eine Weile wollte man sie menschlich darstellen. Jetzt ist sie das personifizierte Numen, eine übernatürliche Größe, die dieses Menschliche propagandistisch abgelegt hat.

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Auf den ersten Blick

Dienstag, 24. Juni 2014

Heute: Das Medienopfer als Herausforderer, Christian Wulff

Nun hat er sich erstmals in Schriftform zu den Ereignissen der letzten Jahre geäußert. Der Anfangsverdacht des total korrumpierten Bundespräsidenten bestätigte sich nicht. Die groß angelegte mediale Kampagne gegen seine Person führte nicht zur Aufklärung von Verdachtsfällen, sondern zwang nur zum Rücktritt. Die Medien betätigten das Glöckchen und die Justiz gab den Pawlowschen Hund. Wulff ist kein objektiver Berichterstatter. Aber ganz falsch liegt er mit seiner Anschuldigung nicht. Die Medienlandschaft ist natürlich nicht sehr angetan davon, dass Wulff ihr die Schuld gibt. Ihr einstiges »Opfer« bleibt für sie weiterhin eine lächerliche Figur. Das kann man dieser Tage auf allerlei Fotos sehen.

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Rein in die Schulden

Montag, 23. Juni 2014

Das Ergebnis einer Studie des DGB kam letzte Woche viel zu kurz. Bei mir kam sie lediglich als kurze Meldung in den Radionachrichten vor. Und das auch nur um acht Uhr morgens. Später nahm ich diese Studie nirgends mehr wahr. Dabei ist sie erleuchtend, denn sie besagt, dass mindestens zwei Millionen erwerbsfähige Langzeitarbeitslose Schulden- und Suchtprobleme haben. Aber offenbar interessiert sich kaum jemand dafür. Stattdessen las man viel mehr über die geplante Verschärfung der Sanktionen von Hartz IV.

Genau das ist das Klima, in dem ich mich bewegte, als ich selbst noch Hartz IV bezog. Ich sah meine Ersparnisse schmelzen, der Kontostand verabschiedete sich in den negativen Bereich, nistete sich dort nachhaltig ein - aber in den Zeitungen stand, dass ich genug Geld hätte und auch schwer sanktioniert werden sollte, wenn ich mich weigere, eine Arbeit anzunehmen. Dass diese Schuldenfalle namens Hartz IV lähmt und desillusioniert, ließ man als »sonstigen wichtigen Grund«, der die »Ausübung von Arbeit« nicht zulasse, nicht gelten.

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Hey Joe, machste jetzt den Erich?

Samstag, 21. Juni 2014

Der »Stern« und die »Bildzeitung« berichteten von Todenhöfers Fotomontage. Er hatte Gauck als Dschihadisten dargestellt. Die »Bildzeitung« schrieb ganz entrüstet über eine »Wut-Welle gegen Mann, der Gauck verhöhnte«. Und der »Stern« gab zu bedenken, dass das »fast 5000 Nutzern gefällt«. Kriegt euch doch mal wieder ein! Das Netz ist voll solcher hämischer Bilder zu diesem Bundespräsidenten. Sucht nur mal bei Google. Selbst auf dieser Webpräsenz gab es schon eine ganze Reihe davon.

Sein Ansehen ist auf einem Tiefpunkt angelangt. Selbst mein eher konservativ tickender Arbeitskollege tippt sich nur noch an die Stirn, wenn man ihn fragt: »Hast du gehört, was der Kerl aus Bellevue schon wieder gesagt hat?« Er hat ihn am Anfang mal ganz gut gefunden. Aber jetzt sülze er nur noch Unsinn. Unverständliches. Und dann dauernd sein pastoraler Militarismus. Er erinnere ihn an Lübke. Der sei auch so ein lächerlicher Hanswurst gewesen. Selbst seine Widerstandsgeschichte hält er mittlerweile für Legende. So einer habe immer nur den bequemen Weg genommen.

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Herr Erdmann und die Revolution

Freitag, 20. Juni 2014

Rechenschaft abzulegen war fällig. Die ganze Zeit juckt es mich schon. Revolution oder Reform? In den Sozialismus oder gezähmter Kapitalismus? Letzteres ist für mich kein Widerspruch. Ich ließ da kürzlich was anklingen. Und diese Zeilen sollen der Versuch sein, ein wenig mehr dazu zu formulieren und ein Streitgespräch mit dem geschätzten Erdmann anzubahnen.

Er hat schließlich den Anfang gemacht. Hat mir zugerufen: »Hey, du bekennender Sozi, erkläre dich.« Mit seinen »Kreidestrichen« hat er mir jetzt einen Vorwand geliefert, mich endlich des Themas zu widmen. Danke. Einer musste mir ja mal in den Arsch treten.

Was ich bei Erdmann oft lese, hat ein bisschen theologischen Charakter. Ich will das gar nicht abwerten. Auch das linke Seelenheil braucht Balsam. Und linke Theologie ist nicht unwichtig. In ihr steckt mehr Analyse und Erkenntnisgewinn als im rechten Dogma. Aber sie ebnet nicht den Weg, den man dann auch in der Realität gehen kann. Denn der Gott, der in dieser Theologie steckt, ist der versteckte Gott der Revolution, des Absterbens des amtierenden Systems. Letzteres muss natürlich überarbeitet und gezügelt werden. Aber Systemwechsel? Da höre ich »neuer Mensch« und »neues Bewusstsein« heraus. Und ich bin ehrlich zu alt für diesen Scheiß. Mir haben zu viele Regimes schon neue Menschen produzieren wollen. Nie kam was Gutes dabei herum.

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Über den Hessentag zum Auslandseinsatz

Donnerstag, 19. Juni 2014

Vor einigen Jahren trat ein Bundespräsident zurück, weil er mit der Kritik für seine Äußerungen zum »Einsatz militärischer Mittel« im Ausland, nicht umgehen konnte. Der heutige Bundespräsident tut es ihm gleich und tritt nicht zurück.

Am Samstagnachmittag vernahm ich Gaucks neueste Äußerung zur Rolle Deutschlands als Militärmacht in der Welt. Der Mann wiederholt sich so oft, dass man annehmen darf, er vertritt hier seine tiefste Überzeugung. Drei Stunden später schlenderte ich mit meiner Familie in Bensheim über den diesjährigen Hessentag. Plötzlich stand ich vor einem Zeltlager der Bundeswehr und einer Panzerhaubitze, die direkt gegenüber einer Schule aufgebaut war. An den Fressständen standen Feldjäger und tranken Cola oder kauten Döner. Später las ich, dass es sich um ein Rekrutierungszelt handelte, das man der Schule gegenüberstellte. Die Bundeswehr stellte sich in Bensheim als »Arbeitgeber wie jeder andere« vor.

Wiederholen ist gestohlen

Mittwoch, 18. Juni 2014

»Sozialtourismus«, »Souveränität« und »Grenzkontrollen« waren die Schlagworte, die rechtspopulistische Parteien brauchten, um die etablierten Parteien der Mitte auszubremsen. So sieht es jedenfalls von Altenbockum, Redakteur bei der »Frankfurter Allgemeinen« speziell im Falle Dänemarks. Aber genau das was jetzt faul ist im Staate Dänemark, so liest man zwischen den Zeilen, trifft für das gesamte Europa zu.

In der politischen Mitte strickt man an einem neuen Narrativ. Das geht ungefähr so: Die Menschenfischer hätten niederste Beweggründe angesprochen. Damit gepunktet und der Mitte schwankende Wählerschaft abgenommen. Das stimmt ja auch. Was aber verschwiegen wird ist, dass die Radikalisierung der Menschen nicht von Rechtsextremen begonnen wurde. Das alles kroch aus der Mitte. Die Union kriminalisiert Ausländer in Deutschland seit Jahren. Und die Sozialdemokraten halten in ihren Reihen zwei beim Boulevard berühmte sozial(-rassistische) Hetzer. Des einen Buch war ein Bestseller und hat salonfähig gemacht, von Ausländern wieder etwas verächtlicher reden zu dürfen.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 17. Juni 2014

»Die Begriffe zu vereinfachen, ist die erste Tat der Diktatoren.«

Noch vor der Sommerpause

Montag, 16. Juni 2014

oder Warum jeder Sieg der DFB-Elf eine Gefahr für unsere Demokratie ist.

Kürzlich konnte man lesen, dass die Regierung Fracking unter Auflagen zulassen will. Das soll »noch vor der Sommerpause« geschehen. Diese Floskel soll nicht nur Eile weismachen. Sie kaschiert, dass sie Synonym für etwas ganz anderes ist.

Die Nachricht vom Fracking ging unter. Plötzlich waren andere Themen wichtiger. Reus, Brasilien, das streikende Personal, das die Weltmeisterschaft gefährdet und Bierhoffs Pressekonferenzen. »Noch vor der Sommerpause« war hier nur als anderes Wort für »während der WM« gemeint. Denn faktisch fallen diese zwei Zeitpunkte ja »rein zufällig« in dieselbe Zeit. Die Weltmeisterschaft ist vor der Sommerpause und die Sommerpause kommt gleich nach der Weltmeisterschaft. Die beste Zeit dafür, umstrittene Vorhaben durch die Instanzen zu boxen.

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Zuletzt gezweifelt

Samstag, 14. Juni 2014

Man liest jetzt viel, was Schirrmacher gewesen sein soll. Seine größte Bedeutung war vielleicht, dass er als Journalist den neoliberalen Reformismus überwunden hat und plötzlich Zweifel an »den Märkten« anmeldete.

Wendepunkt war wohl die Krise des neoliberal-kapitalistischen Finanzsystems. Vorher fiel Schirrmacher weniger durch Kritizismus als durch Herunterleiern von neoliberaler Agenda auf. Sein »Methusalem-Komplott« von 2004 war dafür exemplarisch. Er griff die Diskussionen zum demographischen Wandel auf und seine Rezepte zur Lösung klangen so wie die eines neoliberalen Spin-Doctors. Er hat damals stark an der Zerrüttung des Vertrauens gegenüber der umlagefinanzierten Rente mitgewirkt. Vor drei Jahren schrieb er dann in der »Frankfurter Allgemeinen«, dass er »zu glauben [beginne], dass die Linke recht hat«. Nach Jahren der Krise und der Erkenntnis, dass das neoliberale Reformkonzept nicht gefruchtet, sondern die Situation nur noch verschlimmert hatte, näherte sich Schirrmacher linken Wirtschaftspositionen an - freilich ohne gleich Linker zu werden. Diese Einsicht gipfelte in seinem Buch »Ego: Das Spiel des Lebens«, in dem er den radikalen Egoismus ohne Moral verurteilte, der das amtierende Wirtschaftssystem kennzeichne.

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Die klassistische Lebensfreude an den Wetterkarten

Freitag, 13. Juni 2014

oder Die Diktatur meteorologischer Strahlemänner.

Tolle Aussichten fürs Wochenende, haben sie uns vorm Wochenende versprochen. Sonne satt, sagten sie. »Herrliches Wetter. Genießen Sie die Sonnenstrahlen.« Laue Nächte, schob der Vogel vor der Wetterkarte nach. Ich habe bei 36 Grad gelitten und die lauen Nächte waren schlaflos. Diese stereotypen Sprüche aus der Wettervorhersage, von Metereologen und Moderatoren, kotzen mich nicht nur an. Sie sind das Abbild einer Massenmeinung, die mir in meinem Lebensumfeld kaum begegnet.

Ich kenne fast niemanden, der bei diesen Temperaturen glücklich wäre. Die Leute, die ich kenne, scheinen mit den Leuten, für die das Wetter angesagt wird, nicht klimatisch verwandt zu sein. Man erkennt am Gesichtsausdruck sofort, wer leidet und wer nicht. Und fast alle haben sie einen hochroten Kopf, ihr Schweiß glänzt wie Zuckerguss auf Stirn und Wangen. Glücklich kommen sie einem nicht vor. Wenn dann noch schlaflose Nächte dazukommen, sehen sie gerädert aus, völlig fertig und kraftlos. Aber verdammt, freuen Sie sich gefälligst auf die Sonne, herrliche laue Nächte, Sonne tanken, genießen sie die Wärme! Klar, niemand kann was für diese Temperaturen, niemand ist dafür verantwortlich. Aber für diese gute Laune in der Hölle, dafür sind Menschen verantwortlich. Und wenn ich mir dann die Hinweise so anhöre, wie man die Hitze gut managt, dann ist klar, welche Sorte Mensch da für die »Freude am kostenlosen und daher egalitären Gut der Sonne« verantwortlich sind.

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Mein Vater, der »Hausneger«

Donnerstag, 12. Juni 2014

In Deutschland nehmen Ressentiments gegen ethnische Gruppen zu. Und doch werden allgemein rechtsextreme Tendenzen weniger. So sieht es eine Studie der Uni Leipzig. Doch so paradox das klingt, ist das gar nicht.

»Aber bei Spaniern ist das doch was ganz anderes!« Wie oft habe ich diesen Satz gehört? Irgendwer schimpfte über Ausländer, über die Türkinnen und ihre Kopftücher, darüber, dass diese Leute sich »einfach zu viel herausnehmen« und wenn ich dann angesäuert sagte, dass ich ja selbst zur Hälfte Ausländer sei, dass mein Vater Spanier war, dann kam: »Spanier? Aber das ist doch was völlig anderes!«

Ein Spinner, den man so nicht nennen darf

Mittwoch, 11. Juni 2014

Aber ja doch, es ist zu begrüßen, dass ein Bundespräsident auch mal meinen darf. Das holt ihm vom majestätischen Sockel, macht ihn zum Normalo. Von mir aus soll er auch Leute als »Spinner« bezeichnen dürfen. Gerne auch Vertreter oder Sympathisanten von Parteien, die er nicht mag. Bundespräsidenten sind ja auch nur Menschen.

Aber bessere! Denn wenn wir schon mal beim Thema sind: Wie verhält es sich eigentlich mit § 90 StGB? »Verunglimpfung des Bundespräsidenten« heißt es dort. Und das sei, gemäß dem Titel, unter dem dieser Paragraph firmiert, eine »Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates«. Wer »den Bundespräsidenten verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft«, kann man dort nachlesen. Und dieses Strafmaß droht sogar dann, wenn der Bundespräsident ein Spinner ist.

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Behinderte, hört endlich auf Leistungsstarke zu behindern!

Dienstag, 10. Juni 2014

Seit Wochen macht die »Frankfurter Allgemeine« Politik gegen die Inklusion behinderter Kinder in Schulen. »Hehres Ideal« nennt sie diese Absicht. Aber überall entstehe nur Überforderung. Nicht zuletzt bei den behinderten Kindern selbst. An dem Versuch des bürgerlich-konservativen Blattes, dem Land eine solche Debatte aufzudrängen, sieht man: Der Rechtsruck an den Urnen war sicher kein Zufall. Rechte Vorstellungen können wieder ganz ungeniert verbreitet werden.

Man kann die vorgebrachte Kritik ja durchaus nachvollziehen. Sie klingt so schlüssig und menschlich richtig. Natürlich ist inklusive Pädagogik, gerade von geistig-behinderten Kindern, ein Ideal, das leicht zu Überforderung führen kann. Sowohl des Lehrers als auch des Kindes. Und es gibt auch wissenschaftliche Belege, die das bestätigen. Im letzten großen Artikel der »Frankfurter Allgemeine« zum Thema Inklusion erwähnt man aber auch, dass es gleichwohl »Belege [...] für Pro und Contra« gibt. Der Artikel heißt aber dennoch erstaunlicherweise »Die große Illusion« - warum eigentlich, wenn es doch auch Wissenschaft gibt, die Inklusion befürwortet und für machbar hält? Weshalb ist, was Vergleichsstudien als sinnvoll erachten, trotzdem eine große Illusion?

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... wenn man trotzdem lacht

Montag, 9. Juni 2014

»Und den meisten Deutschen ist es doch lieber, wenn junge Deutsche mit einem ordentlichen Kurzhaarschnitt den Stadtpark kopftuchfrei halten, als wenn da Langhaarige Haschisch rauchen.«

Rip Van Winkle oder Wie hat sich die Welt doch verändert

Freitag, 6. Juni 2014

Rip Van Winkle stieg wohl zwanzig Jahre nach seinem Verschwinden die Kaatskill-Berge herab. Er hatte so lange geschlafen. Als Untertan des englischen Königs ging er hinauf, als Bürger einer Republik kam er herunter. Vieles hatte sich verändert, nicht zuletzt »das ganze Wesen der Leute [...] Es herrschte ein geschäftiger, gehetzter, streitender Ton unter ihnen statt der gewohnten Gelassenheit und trägen Gemütsruhe«. Wie hatte sich die Welt am Hudson River in so kurzer Zeit doch verwandelt.

Täte es mein Vater diesem Gestalt aus Washington Irvings Kurzgeschichte von 1819 gleich - übrigens gilt »Rip Van Winkle« als die erste Short Story der amerikanischen Literatur -, entstieg er nach 15 unterirdischen Jahren seinem Grab? Es müsste wohl ein Kulturschock sein. Müsste man ihm gleich der komatöse Mutter aus »Goodbye Lenin« oder dem eingefrorenen Schwiegergroßvater aus »Hibernatus« (dem Funès-Film gab man in Deutschland den infantilen Titel »Onkel Paul, die große Pflaume«) eine Abziehbild der Welt von Ende der Neunzigerjahre simulieren? Zwar hat sich nicht die Staatsform verändert, wie bei Van Winkle, wohl aber die Ansichten darüber, wie diese zu organisieren sei. Und es hat sich einiges in den letzten anderthalb Dekaden radikalisiert. Wer Ende der Neunziger starb, würde er heute zum Wiedergänger: Ihm fiele es nicht nur aufgrund der neuen Medien schwer, sich zu orientieren. Technisch Neues nimmt man an, wendet sie dankbar an - aber Denkweisen und Kategorisierungen des Zeitgeistes, die sind nicht einfach anwendbar.

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Bezahlbare Soldaten »an der Front des Handelskrieges«

Donnerstag, 5. Juni 2014

Haarschnitte zu gepfefferten Preisen, verteuerte Spargel - und Praktika, die sich keiner mehr leisten kann: Der Mindestlohn lässt die Arbeitgeber Angstszenarien malen. Der propagandistische Kampf um das Grundrecht auf billiges Personal hat endgültig begonnen.

Seit einigen Wochen hat man vom Mindestlohn nichts mehr gehört. Fast konnte man glauben, er werde nun ohne nennenswerte Gegenstimmen kommen. Zwar nicht so, wie die politische Linke ihn sich wünscht. Aber immerhin. Ein wichtiger Schritt ist getan.

Der versprochene Wohlstand, aus dem jetzt die Faschisten kriechen

Mittwoch, 4. Juni 2014

oder Europa hat die Wahl zwischen zweierlei »großen Versprechen«.

Die »Internationale Arbeitsorganisation« wittert mehr und mehr Sozialabbau in Europa. Fast ein Viertel der Bevölkerung sei mittlerweile davon betroffen. Es gibt weniger Arbeitsplätze und niedrigere Löhne. Mit solchen Problemen hat Europa neben seiner derzeit größten Sorge zu kämpfen: Wer soll EU-Kommissionspräsident werden?

Das »große Versprechen« (»Süddeutsche Zeitung«) der sozialen Sicherheit wird also demontiert. Fürwahr keine neue Erkenntnis. Man sollte aber hinzufügen, dass es dazu nur kam, weil dem ein anderes großes Versprechen entgegensteht: Jenes der Neoliberalen nämlich, wonach die soziale Verunsicherung Wohlstand und Wachstum bringe. Dass die »kurzfristig angelegten Anpassungsreformen als Reaktion auf die Krise [...] das europäische Sozialstaatsmodell untergraben« hätten, ist ja nur die eine Hälfte der Wahrheit. Die andere ist, dass der Sozialabbau schon vor der Krise Konjunktur hatte. Die Sozialsysteme bekamen bereits vor der Systemkrise den Thatcherismus und das New Labour verpasst, stützten sich auf Workfare samt dazugehöriger ideologischer Linie, die stark mit Thesen angereichert wurde, wie man sie zuletzt in sozialdarwinistischen Salons der Kaiserzeit gesponnen hatte.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 3. Juni 2014

»Esoterische Ideologie stolziert in vielfältigen Gewändern herum, bieder und vertraut, altmodisch und modern, schillernd und exotisch; so unterschiedlich, daß vielen nicht auffällt, daß sich unter der Verkleidung dasselbe emanzipationsfeindliche Wesen verbirgt. Während naive Eso-KonsumentInnen die Esoterik als Sammelsurium von Entspannungstechniken gegen den Alltagsstreß grandios fehleinschätzen, haben die politische Rechte und die faschistische Szene die Esoterik längst wieder für sich entdeckt.«
- Jutta Ditfurth, »Entspannt in die Barbarei«, 1996 -

Stalking als Standortvorteil

Montag, 2. Juni 2014

Der »Bundesnachrichtendienst« will offenbar soziale Netzwerke »in Echtzeit« oder »live« ausspähen. Diese Meldung liest sich nun überall wie ein datenschutztechnischer Fortschritt. »In Echtzeit« - ist das dann überhaupt ein Abgreifen von Datensätzen? Aus dieser Gang von Spionen wird jetzt ein Rudel von Stalkern. So richtig »Überwachung« ist das doch gar nicht mehr, oder?

Denn man muss es ja mal so sehen: Die NSA hat Datensätze gestohlen. Sie hat auf schon entstandene Kontakt- oder Personaldaten zurückgegriffen. Das will der BND laut Meldungen ja eben nicht. Er will den Menschen »live« nachstellen, ihnen auf ihrem täglichen Weg in Facebook oder Twitter auflauern. Stalken eben, das »vorsätzliche, böswillige Verfolgen oder Belästigen einer anderen Person«, wie der »Brockhaus« dieses Phänomen definiert. Vom Englischen to stalk kommend: Anpirschen. Die NSA war da hingegen eher wie ein Einbrecher, der Hausfriedensbruch beging und das angestammte Eigentum anderer raubte. Aber die Typen vom BND sind da doch viel kultivierter. Kein Einbruch, kein richtiger Raub mehr. Sie holen die Daten dann ab, wenn sie entstehen. Die allerneuste Überwachung macht sich quasi nur noch der Nachstellung schuldig.

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