Unser Relativismus, unsere Reaktion

Donnerstag, 28. März 2013

Die filmisch-revisionistische Aufarbeitung einer fanatisierten Generation mit Opferkomplex.

Dem ZDF sei da ein großer Wurf gelungen. Unsere Mütter, unsere Väter wurde unisono gelobt. Das sei Geschichtsstunde voller großer Gefühle gewesen. Das Band of Brothers des deutschen Fernsehens. Die Geschichte fünf junger Menschen während des Zweiten Weltkrieges war dabei vieles, historische Auseinandersetzung aber sicherlich nicht. Eher das Märchen heldenhafter Selbstaufopferung, das zwischen den Zeilen immer wieder zu flehen schien: Könnt ihr Nachkommen jetzt endlich verstehen, welche Opfer wir erbracht haben, wie wir um unsere Jugendzeit beraubt wurden?

Das Böse nicht banal, sondern augenscheinlich

Was eigentlich hat der Titel mit dem, was man da vorgesetzt bekam, zu tun? Unsere Mütter, unsere Väter wirkte falsch gewählt, hatte keinen Bezug zum Inhalt des Dreiteilers. Doch der Titel ist aber angesichts der Thesen, die der Streifen unbewusst platzieren möchte, gar nicht fehlplatziert. Er stellt anhand des gedoppelten Possessivpronomens eine Zugehörigkeit zwischen Betrachter und den Hauptfiguren her. Die suggerierte Elternschaft soll Nähe schaffen und die kritische Distanz zu Nationalstolz und -fanatismus auflösen.

Der Film erzählt von irgendwie verführten jungen Menschen, die irgendwie den Verführungen erlagen. Irgendwie, weil der Stoff nicht aufzeigt, wie genau die Propaganda arbeitete, wie genau die Hauptfiguren sozialisiert wurden und welchem geistigen Milieu sie entsprangen. Diese graue Masse an Hauptdarstellern landet im Krieg. Zwei von ihnen treffen auf einen SS-Standartenführer, der eine Fratze des Bösen führt, dem man sofort ansieht, er sei der Verbrecher schlechthin, der uniformierte Teufel - und just in dem Augenblick schießt er einem jüdischen Menschen aus nächster Nähe ins Genick. Unsere Mütter und unsere Väter, die Generation jener Jahre, die als fünf Lebenswege gespielt werden, sind also von offensichtlichen Gewaltmenschen verführt und beeinflusst worden, von teuflisch grinsenden Schlachtern, die keine Widerworte duldeten. Die Banalität des Bösen dürfte Stefan Kolditz, der das Drehbuch schrieb, noch nie begrifflich untergekommen sein.

Mussten diese SS-Leute und Wehrmachtsverbrecher vorher eine Gesichtskontrolle passieren, die prüfte, ob man derbe Gesichtszüge, böse Mimik und schergische Aura besaß? Oder waren es nicht diese banalen Familienväter und Ehemänner, die sonntags auf dem Teppich mit ihren Töchtern und Söhnen spielten, den Braten der Gattin lobten und humoriger Nachbar und Vereinskollege waren, die dann gefühllos töteten? Männer mit weichen Gesichtszügen, mit oberflächlich betrachtet sympathischem Auftreten, vielleicht sogar ein wenig geisteswissenschaftlich beschult aussehend?

Junge Leute werden dem Publikum gezeigt, die nicht frei leben konnten, weil der Krieg böse aussehender Teufel dazwischenkam. Unsere Mütter, unsere Väter eben, wie sie behindert wurden in ihrer Jugendlichkeit. Bemitleidenswerte Jugendliche, die nicht durften, wie sie wollten. Den deutschen Hegemonialanspruch in der Welt tasteten sie jedoch nicht an. Der war für sie selbstverständlich. Sie waren allerdings nicht Mittäter und Helfer, sie waren Opfer ihrer Zeit, des Krieges und später dann der Führergestalten, an die sie glaubten.

Eine zweite Dolchstoßlegende

Die Generation der Ostfront, die hier mit Possessivpronomen an den Zuseher gebunden wird, war eigentlich eine heldenhafte, bis sie versaut wurde von den Bestien, bis man sie verheizte und missbrauchte. Wir gingen als Helden und kommen als Mörder zurück, sagte ein Protagonist enttäuscht und mit pathetischem Selbstmitleid. Wären die Wehrmachtsverbrecher und SS-Mörder nicht in die Quere gekommen, so könnte man heute dem Landser noch Beachtung und Honoration schenken. Die beim Morden grinsenden Teufelsfratzen haben das alles verunmöglicht und "unsere Eltern" mit in die Scheiße geritten. Sie waren bis dahin nur unschuldige Soldaten beim Angriffskrieg.

All das darf und soll nicht als Frage über Zivilcourage verstanden werden. Ich mache nicht mit beim Krieg!, war ja keine Option, die man ziehen konnte. Anzumerken sei aber schon, dass sich Soldaten der Wehrmacht von Erschießungen freistellen lassen konnten und dass viele Soldaten auch psychisch erkrankten, wenn sie doch exekutierten, sodass das große Morden automatisiert werden musste. Dies war der Ursprung der Vergasungen. Ich mache nicht mit bei Exekutionen!, war wenigstens theoretisch eine Wahl, die man hatte. Davon las man in der historischen Literatur jedenfalls oft. Und warum Kolditz den Schöngeist zum Mörder werden ließ und warum nicht zum psychischen Wrack, das am Rande des Suizids über Schlachtfelder taumelt, kann man nicht beantworten. Ein Protagonist, ein Ex-Schöngeist, der nun zum passionierten Soldaten und Exekutoren geworden war, nimmt sich hernach trotzdem das Leben. Pathetisch und nicht von eigener Hand, sondern im letzten Aufbäumen gegen die Russen, in deren Feuer er absichtlich läuft und heldenhaft stirbt, weil er die Schmach nicht verkraften konnte, ganz umsonst und ohne Endsieg Zivilisten exekutiert zu haben.

Der Soldat erlebt hier die Dolchstoßlegende nochmals. Sein Führer erzählte von jener, die Deutschland 1918 den Sieg kostete, von den Juden, die den Krieg an der Heimatfront sabotierten - und nun erlebt der Soldat den Dolchstoß selbst. Ehrenvoll war er, bis ihn Führer und Entourage die Ehre nahmen. Heldenhaftes hatte man vor, bis die SS den Heldenstatus verunmöglichte. Für das Vaterland blutete man, aber der Fanatismus des Nationalsozialismus dezimierte das Vaterland fast stündlich. Wie einst die Juden und Sozialdemokraten dem Soldaten im Felde den Dolch in den Rücken gerammt haben sollen, so waren es jetzt die NS-Granden, die den Dolch in die Rücken der Soldaten und edlen Offiziere trieben.

Sind das Botschaften eines Filmprojektes, das zur geschichtlichen Aufarbeitung ein Beitrag sein will? Pathos und unbelohnter Mut als Indikator historischer Verantwortung? Ein Antikriegsfilm, dessen einziges Anti eigentlich nur ist, diesen Krieg als unmenschlich deswegen darzustellen, weil die Väter dieses Krieges gegenüber ihrem soldatischen Personal nicht den notwendigen Respekt an den Tag legten, weil sie es verheizten und nicht bescheidener und mit weniger ethnischen Säuberungen in den Osten schickten?

Rückschritt in der Antikriegskultur

Dass Unsere Mütter, unsere Väter gleichfalls ein Antikriegsfilm sein soll, las man in den Kritiken mehrfach. Merkmal hierfür war die dort als schonungslos empfundene Brutalität des Dreiteilers. Dabei war diese im Vergleich zu wirklichen Kriegs- oder Antikriegsfilmen lediglich scheu und zurückhaltend. Weder schoss Blut aus Arterien, noch zerriss es Leiber. Wenn man nur an zwei, drei Szenen aus Der Soldat James Ryan denkt (der Handlungsrahmen dieses Films war allerdings durchaus auch pathetisch, nicht aber der darin gezeigte Krieg), so weiß man, was die filmische Darstellung kriegerischer Brutalität bedeuten kann. In einer Szene hängen dort einem Soldaten Gedärme aus dem Torso. In einer anderen versuchen die Kameraden eines Verwundeten die Blutungen aus den vielen Einschusslöchern mit Mull zu stillen, pressen ihre Hände auf die Fontänen, muntern ihn nebenher auf und sehen doch dabei zu, wie seine Augen verlöschen, nachdem er winselte und seine Mutter anrief.

Man muss nicht bis nach Hollywood schauen. Die Brutalität des Krieges wurde im deutschen Film schon massenhaft in Szene gesetzt. Exemplarisch hierfür mag Stalingrad von Joseph Vilsmaier genannt sein. In diesem Werk wird die Materialschlacht greifbar, wobei der Soldat nicht mehr als Material ist. Die Landser darin sind weder mutig noch besonders illusorisch, sind antirussisch getrimmt und dennoch keine ideologischen Monstrositäten, sondern einfach nur Kerle, die es nicht besser wissen. Sie scheißen sich in die Hose vor Angst und knallen alles ab, was sich in den Ruinen Stalingrads bewegt, selbst die eigenen Leute. Der heldenhafte Soldat, der die Situation stets im Griff hat, der wie ein Terminator registriert und auswertet, ist diesem Film fremd. An Blut wurde nicht gespart, schwarz eingefrorene Füße, die aus Stiefeln quillen bekam man inklusive. Der Ekel vor den Auswüchsen des Krieges war Hauptdarsteller. Der Soldat nur Statist.

Das Prädikat "Antikriegsfilm" setzt voraus, dass ein Film die Schrecken des Krieges deutlich zeigen will. Brutalität ist hierbei kein mögliches Mittel, sondern unabdingbares Sujet. Vom Standpunkt dieser Kultur der Abschreckung aus, war der Filmbetrieb in Deutschland schon mal weiter, wesentlich bereiter, die Warnung mit reichlich Kunstblut zu umspülen. Unsere Mütter, unsere Väter ist insofern nicht, wie man irrtümlich las, ein TV-Film mit Antikriegselementen, sondern ein romantisches Bilderbuch aus Liebe und Krieg, der aber wiederum nur wenig gegenständlich wird und nur an hellrot gefärbten Verbänden um Kopf und Bauch inkarniert ist. Unsere Mütter, unsere Väter in die Stilistik des Antikriegsfilms zu ordnen, dient auch dazu, die laue Story und die nicht zu ortende Tiefgründigkeit eines Stückes, das nur zufällig die Staffage des Zweiten Weltkrieges gewählt hat, aufzupolieren. Sie soll die suggerierte Tünche sein, die den Opfermythos kleidet und etwas verbirgt, um all den Kitsch und den romantischen Schund um den heldenhaften Soldaten etwas zu mäßigen und massenkompatibler zu machen.

Der relativistische oder reaktionäre Geschichtsfilm aus Gründen der Unterhaltsamkeit

Unsere Mütter, unsere Väter relativiert, schreibt eine Leidensgeschichte der Täter und fragt nicht nach den wirklichen Opfern, die so gut wie gar nicht erwähnt werden. So verschwinden die jüdischen Eltern einer Hauptfigur einfach. Wohin und unter welchen Umständen erfährt man nicht. (Man erfährt von einer hässlichen Berlinerin, die nun in der Wohnung der beiden Juden lebt, dass sie weg seien. Sie sagt das antisemitisch und sieht dabei natürlich aus wie ein Monster, runtergekommen und mit widerlicher Fratze. Das Böse war im Dreiteiler eben nicht banal.) Die Wehrmacht ist darin fein säuberlich von der SS getrennt - die Massenvernichtung von Russen und Juden war damit fast Sache der SS alleine. Zugleich ist er reaktionär, weil der Krieg zwar irgendwie abschreckend wirken soll, der Krieger aber darin eine charismatische und tapfere Gestalt ist. Er kultiviert den Opferkomplex einer fanatisierten Generation, die sich verführt fühlte und die froh war, dass man nach dem Krieg sagen konnte: Der Hitler war es! Wir sind unschuldig und waren auch Opfer - Opfer wie die Russen, Opfer wie die Juden.

Schirrmacher schreibt in seiner Kritik zum Film, dass alle Vorabkritiken mit Recht hervorgehoben hätten, dass eine neue Phase der filmisch-historischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus eingeleitet sei. Das ist ein Irrtum. Die neue Phase der filmischen Bearbeitung des Nationalsozialismus verzichtet auf Historizität und setzt relativistische oder reaktionäre Impulse aus Gründen der Unterhaltsamkeit. Unsere Mütter, unsere Väter ist vermutlich nicht aufgrund eines Sendungsbewusstsein der beteiligten Filmschaffenden relativistisch und reaktionär geraten, sondern weil der Zuschauer deutscher Geschichte nur dann folgt, wenn darin Liebe und Heldenmut thematisiert werden, wenn die Akteure moralisch ihren Opfergang beschreiten. Die filmische Umsetzung des Nationalsozialismus arbeitet nicht mehr auf, sie will unterhalten. Das reaktionäre Element ist weniger eine Folge politischer Einstellung, als ein Effekt zur unterhaltsamen Abendgestaltung.

Müsste man nun ein Fazit schreiben, so wäre zu sagen, dass der Dreiteiler weder Aufarbeitung noch Antikriegskultur war, nicht historische Schau oder schonungslose Abbildung, sondern einfach nur der Versuch eines unterhaltsamen Spektakels, das zufällig in Kriegszeiten spielt und das dem aktuellen deutschen Drang, die Geschichte zu bereinigen und richtigzustellen zufällig auch noch zupass kommt.



15 Kommentare:

Spartaner 28. März 2013 um 06:31  

am besten man schaut dich so einen Schwachsinn gar nicht erst an. schade nur um unsere dafür gezahlten Rundfunkgebühren.

altautonomer 28. März 2013 um 06:54  

Mein Fazit zur cineastischen Umsetzung: Guido Knopp trifft Steven Spielberg. Derartige Geschichten kennen Ältere noch aus den Landserheftchen.

Zur propagandistischen Wirkung als Teil des Opferdiskurses:
In diesem Diskurs verwandeln der Krieg und der Holocaust ihre Erscheinung. Die Vernichtung der europäischen Juden, so soll uns weisgemacht werden, sei nicht zuletzt von den Deutschen selbst durchlitten worden. Sie weicht als eigentliches Drama des Zweiten Weltkriegs hinter die Geschichte der Schlachtfelder, der Bombardements und der »Vertreibung« zurück – eine Geschichte, die alle zu erdulden hatten und in der die deutsche Bevölkerung nicht weniger von Leid betroffen war als die anderer Staaten.

Mit dieser Darstellung gehen zwei weitere Dinge einher: Zum einen verwandelt sich der Zweite Weltkrieg von einem Geschehen, das von langer Hand geplant und von der Bevölkerung unterstützt worden ist, in eine »Katastrophe«, die erscheint wie ein von außen hereinbrechendes Ereignis. Zum anderen wird gerade dadurch die in der Forschung längst überholte These aus der Versenkung geholt, die Deutschen hätten bis auf wenige Ausnahmen unter Hitler größtenteils gelitten und seien zu ihren Taten gezwungen oder verführt worden.

Seinen Anfang als Medienphänomen nahm dieser Diskurs mit dem, was heute als »Eventmovie« oder »TV-Event« bezeichnet wird. Mit TV-Produktionen wie "Dresden", "Anima", ", "Die Flucht", "Adlon", "Die Gustlof", "Krupp - eine deutsche Familie", "Der Untergang", "Das Wunder von Bern", "Der Tunnel", "Rommel" und "Schicksalsjahre" (mit M. Furtwängler), "Befreier und Befreite" (Helge Sander) werden die Zuschauer in den letzten 15 Jahren vollgedröhnt bis der Neonazi jubelt und diese Darstellung auch bei Otto Normalvergaser als historische Wahrheit ins Hirn implantiert wurde.

Dabei hat sich auch durch den aktuellen Film nichts geändert. Geredet haben immer nur die Opfer ("Das Urteil" - über den Frankfurter Auschwitz-Prozess. Zur Wahrheit und geschichtlichen Aufklärung haben die Täter nichts beigetragen. Ihr Schweigen haben sie nur zur eigenen Entlastung gebrochen. Dann konnten sie sich an jedes noch so unwichtige Detail erinnern. Ich empfinde es als eine Heuchelei des öffentl.-rechtl. ZDF, mit dem Film der Wahrheit ein Stück näher kommen zu wollen. Vor 5 Jahren habe ich mehrere Fernsehsender (Bezahlsender) bezüglich der Ausstrahlung des Films “Hofmanns Paradies” angefragt und nur ausweichende Antworten bekommen. Er wurde bis heute nicht gesendet. Stop! Arte brachte ihn am Sonntagmorgen, 12.08.2012 – an prominenter Stelle um 3.00 Uhr.
Hier ein Trailer:

http://www.youtube.com/watch?NR=1&v=kpV-9hcemdo&feature=endscreen

Anonym 28. März 2013 um 09:42  

@Roberto J. de Lapuente

Ein Kommentar der sich meilenweit von der Lobhudelei eines Stefan Sasse beim Blog SPIEGELFECHTER über denselben Film abhebt.

Danke für ;-)

Gruß
Bernie

Anonym 28. März 2013 um 09:46  

@Altautonomer

Eben, das dachte ich mir auch schon ;-)

Übrigens, es gibt bessere "Anti"Kriegsfilme.

Als Beispiel sei nur die tschechisch-deutsche Ko-Produktion "Lidice" erwähnt, die meilenweit von "Unsere Mütter, unsere Väter" entfernt ist.

Müßte es nicht "Unsere Großmütter, und Großväter" heißen?

Mein Vater war nämlich nicht Kriegs- sondern vorkriegsgeboren , und nachkriegsaufgewachsen als Jugendlicher - Bei dem würde der Titel "Unsere Mütter, unsere Väter" stimmen - für nach 1945.

Meinen Großvater kannte ich nicht, aber von dem hörte ich nur, dass er die Schn.... gestrichen voll vom Krieg, und der Menschheit, hatte....in der Familienhistorie....

Gruß
Bernie

Anonym 28. März 2013 um 09:56  

@all, Roberto J. de Lapuente

Will euch nicht vorenthalten was ich beim Blog SPIEGELFECHTER bereits gefragt habe, nachdem ich hier:

http://www.netzeitung.de/deutschland/307332.html

...rausgefunden habe, dass

"[...]Neonazis als Komparsen im «Untergang"[...]"

...mitgespielt haben....

Die Komparsenagentur für den Film "Unsere Mütter, unsere Väter" fragte auch nicht nach der politischen Gesinnung der Filmkomparsen:

http://www.wiesentbote.de/2011/06/22/ueber-250-komparsen-und-kleindarsteller-fuer-dreharbeiten-in-ebermannstadt-und-umgebung-gesucht

...es ist also nicht ganz auszuschließen, dass wie bei "Der Untergang" wieder Rechtsextreme als Komparsen im Film landen....und damit in der einschlägigen Szene angeben können...

Gruß
Bernie

altautonomer 28. März 2013 um 13:44  

Bernie:
Hab all Deine vergeblichen Mühen gegen den SF/Sasse-Text und einige Kommentare anzukommentieren gesehen. Diese Art der Filmkritik hat mich aber nicht überrascht.

Hier bei Roberto sieht das völlig anders aus. Ach so. Ich bin übrigen Opa einer 12-jährigen Enkeltochter und nach 1945 geboren. Von wegen "Unsere Mütter, unsere Väter".

Wenn ich verfilmte Unterhaltung mit Nazis wünsche, sehe ich mir besser noch einmal "Inglorious Basterds" an oder "Defiance" mit Daniel Craig.

ulli 28. März 2013 um 14:04  

Ganz im Gegenteil fand ich den Film sehr erhellend. Er zeigt nicht weniger als das sozialpsychologische Fundament des Wirtschaftswunderlandes Deutschland. Diese ganze Generation wurde als halbe Kinder in den Krieg geschickt und kehrte als körperlich und seelisch schwer traumatisierte Krüppel zurück. Sie erlebten ein beispielloses Maß an Gewalt und Verrohung. Genau das zeigte dieser Film. Es geht um ein kollektives psychisches Trauma.

Nach dem Krieg wurde dies alles aber verdrängt. Die Menschen stürzten sich wie seelisch Ertrinkende in das Wirtschaftswunder, sie betäubten den erlittenen Schmerz mit Wohlstand. Man muss sich dies vor Augen halten, um die heutige deutsche Gesellschaft verstehen zu können.

Es gibt Untersuchungen über KZ-Überlebende, die zeigen, dass in diesen Familien das Trauma der Gewalt bis in die dritte Generation vererbt wurde. Das ist bei dieser Kriegsgeneration nicht anders. Soziologen sprechen von einer "verrohenden Mittelschicht". Wenn man in den Talkshows sieht, mit welch völliger Gefühllosigkeit, mit welcher Selbstgerechtigkeit und Arroganz, die deutschen Middle-Class-Honoratioren über das soziale Elend in den Mittelmeerländern sprchen (erst gestern Abend wieder bei Anne Will), so sollte man sich vor Augen halten, dass diese Leute selbst als Kinder in der Kriegs- und Nachkriegszeit einer massiven Verrohung ausgesetzt waren. Psychologisch gesprochen handelt es sich um eine "Wiederkehr des Verdrängten".

Anonym 28. März 2013 um 14:23  

Ich kann nur zustimmen. Der Film war ein aufklärerischer FLOP.

Anonym 28. März 2013 um 14:57  

ANMERKER MEINT:

Dass dieser Film eher reaktionär-revisionistisch war/ist, zeigt ja auch die aktuelle polnische Reaktion darauf: Mit einer wichtigen Filmszene wird insuniert und letzlich bestätigt, was Du Roberto in Deinem gestrigen Beitrag "Aus dem Osten nicht Gutes" schon angesprochen hattest: Die Polen waren ja Antisemiten, also was solls - nicht Gutes im Osten. Und ein deutscher Historiker, der eigentlich wissen müsste, wie sensibel das deutsch-polnische Verhältnis ist, hat dieser Filmszene auch noch sein Placet gegeben und entblödet sich nicht, zu sagen, es sei "ja nur ein Film",nach dem Motto: Da kommt´s ja auf Differenzierung nicht so an.Eine solche Fahrlässigkeit lässt doch den Gedanken nahe kommen: Hauptsache die Richtung stimmt - in diesem Fall mal wieder die revisionistische! Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte; so ähnlich hat sich der große deutsche Maler Max Liebermann geäußert als Reaktion auf die Fackelzüge zu Ehren Hitlers am 30.Januar 1933 - dito!

MEINT ANMERKER

altautonomer 28. März 2013 um 15:49  

Die gefühlten 90 % der Jubelkommentare in den Medien vergessen nicht, auch die Abschreckung als pädagogische Wirkung des Films auf die jugendlichen Rezipienten in den Vordergrund zu stellen.

Das ist ziemlich heuchlerisch und verlogen. Aktuell wird wieder mal der Landser in die "Ostgebiete" (Kosovo, Afghanistan) geschickt, um die "Menschenrechte" (Srebrenica) und die Demokratie (Hindukusch) zu verteidigen. Ein Oberst KLein, der das Massaker in Kudus mit über 100 toten Zivilisten zu verantworten hat, wird zum General befördert. Die politische Elite wird nicht müde, die Tapferkeit der deutschen Soldaten im Ausland zu loben. Nur, wenn die Freiheits- und Friedenstifter in Uniform am Stück oder in Einzelteilen in Zinksärgen wieder nach Muttern zurückkommen, wird Staatstrauer angeordnet und das Gejammer ist groß. Diejenigen, die lebend wieder in die Kasernen einrücken, werden nicht selten wegen ihres posttraumatischen Belastungssyndroms bejammert, bemitleidet und bedürfen der Therapie. Dabei wird doch heute niemand gezwungen, sich die Blechmütze mit dem Bundesadler auf die Fontanelle zu klemmen.

Mein Mitleid hält sich vor dem historischen Hintergrund und der Erzählung des Filmes daher in Grenzen.

Anonym 28. März 2013 um 16:53  

"[...]Bernie:
Hab all Deine vergeblichen Mühen gegen den SF/Sasse-Text und einige Kommentare anzukommentieren gesehen. Diese Art der Filmkritik hat mich aber nicht überrascht[...]"

Ich dachte mir schon, dass es vergeblich ist.

Ich hab auch nicht mehr alle Kommentare beim SF gelesen, und mich ausgeklinkt - Weiß also nicht was dort derzeit abgeht, und ist mir auch egal.

Ich denke auch, dass ich eigentlich nicht überrascht sein sollte bei Stefan Sasse eine überaus positive Kritik an diesem Machwerk zu lesen - Na ja, egal hab mich ja ausgeklinkt - dort.

"[...]Hier bei Roberto sieht das völlig anders aus[...]"

Hab's mir schon gedacht ;-)

"[...]Ach so. Ich bin übrigen Opa einer 12-jährigen Enkeltochter und nach 1945 geboren. Von wegen "Unsere Mütter, unsere Väter"[...]"

Danke für den Hintergrund ;-)

Ich bin noch jüngeren Datums, Jahrgang 1970, aber mit einem Vater aufgewachsen, der Jahrgang 1932 war, und so sozialisiert wurde durch die NS-Propaganda, dass er, bis zu seinem Krebstod vor 7 Jahren, immer von der Zeit schwärmte in der er aufwuchs, incl. HJ an der dt.-franz. Grenze -Er war bei Kriegsende 1945 gerade einmal 13 Jahre alt geworden.....

"[...]Wenn ich verfilmte Unterhaltung mit Nazis wünsche, sehe ich mir besser noch einmal "Inglorious Basterds" an oder "Defiance" mit Daniel Craig[...]"

Kenne beide Filme, und finde die auch gut, aber eben auch neue, meist nichtdeutsche Filme, oder dt. ausländische Ko-Produktionen, wie "Das Massaker von Lidice" des tschechischen Regisseurs Petr Nikolaev, dass eines der größten dt. Kriegsverbrechen an einem kleinen tschechischen Dorf zeigt, und um Längen besser ist als "Unsere Mütter, unsere Väter".....

Gruß
Bernie

Anonym 28. März 2013 um 17:02  

"[...]Mein Mitleid hält sich vor dem historischen Hintergrund und der Erzählung des Filmes daher in Grenzen[...]"

Kann mich nur anschließen, was die Verlogenheit solcher Filmproduktionen angeht, und die Propangandaabsicht dahinter angeht.

Übrigens, der neue dt. Film zum Afghanistan-Konflikt wimmelt ja auch nur so von Propaganda-Floskeln, und Instinktlosigkeiten.

Ich hab mir mal diesen Film auf DVD reingezogen "Auslandseinsatz" des Regisseurs Till Endemann - Dort wird ein Ex-Afghane, und nun dt. Soldat, im Kampfeinsatz ermordet, und - so zeigt der Film bei der Trauerfeier - unter einem Kreuz aufgebahrt.

Derselbe Soldat streite sich aber noch kurz vor seinem Tod mit einem Dorfältesten in Afghanistan, und meint, dass er als Moslem ja den Koran auch kennen würde....

...der Fehler ist im Film niemand aufgefallen...

...dt. (Anti)Kriegsfilm eben....

Gruß
Bernie

Anonym 28. März 2013 um 17:05  

@Anmerker

Stimme zu, und ergänze es gibt eben Historiker und Historiker und ein großer Exilant, und Historiker, der leider schon lange tot ist, Sebastian Haffner, wies schon vor Jahren darauf hin, dass Historiker eben auch Teil des jeweiligen politischen Systems sind.

Die Historiker, die anti-neoliberal und nicht-geschichtsrevisionistisch eingestellt sind kommen bei unseren neoliberalen Mainstream-Medien doch gar nicht mehr durch....

Trauriger Gruß
Bernie

Anonym 30. März 2013 um 11:08  

Will es hier niemandem vorenthalten, was ich so eben über "Unsere Mütter, unsere Väter", und einer Talkrunde bei Markus Lanz gefunden habe:

"[...]26. März 2013 13:29 -

Deutsche Geschichte bei Lanz: Zu wenig Kolonien, zu viele Juden

Im Begleitprogramm rund um den ZDF-Dreiteiler “Unsere Mütter, unsere Väter” talkte am vergangenen Dienstag eine illustre Runde in der ZDF-Sendung “Markus Lanz” über deutsche Geschichte und ihre (filmische) Aufarbeitung. Dabei wurde Erstaunliches behauptet: So trage Deutschland keine Verantwortung für den 1. Weltkrieg, sondern “Frankreich und Russland”. Infolge der Niederlage sei Deutschland bei “der Kolonialisierung der Welt” “zu kurz gekommen” – und wegen dieser Demütigung sei es dann zum 2. Weltkrieg gekommen. Ergänzend wurde festgestellt, dass “Täter” und “Opfer” nicht zu unterschieden seien – und die industrielle Massenvernichtung von Menschen nur deshalb erdacht werden musste, weil man so viele Juden einfach nicht mehr erschießen konnte. Für nennenswerten Widerspruch oder gar einen Eklat sorgte diese Aneinanderreihung von revisionistischen Äußerungen nicht – deutsche TV-”Vergangenheitsbewältigung” anno 2013.

Von Floris Biskamp

Rückblickend möchte man mit Martin Hohmann beinahe Mitleid haben. Denn nun ist klar: Er wurde damals nicht geschasst, weil er das Falsche gesagt hatte, sondern nur, weil er seiner Zeit weit voraus war. Am 3. Oktober 2003 hielt Hohmann seine berühmt-berüchtigte Rede zum Tag der Deutschen Einheit[...]"

Quelle und kompletter Text:

http://www.publikative.org/2013/03/26/deutsche-geschichte-bei-markus-lanz-zu-wenig-kolonien-zu-viele-juden

...auch die Äußerungen des geschichtsrevisionistischen Historikers Baring, und der Schauspielerin, die am Film teilnahm, zeigen in die Richtung "steter Tropfen hölt den Stein aus"...

Ich glaube seither, dass Theodor Adorno doch recht behalten hat als er meinte ""Ich habe keine Angst vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten"

Trauriger Gruß
Bernie

Anonym 30. März 2013 um 11:49  

"[...]25. März 2013 - Polen empört über “Unsere Mütter, unsere Väter”[...]"

Quelle und kompletter (sehr aufschlußreicher) Text:

http://www.publikative.org/2013/03/25/polen-emport-uber-unsere-mutter-unsere-vater

Gruß
Bernie

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