Sit venia verbo

Freitag, 29. März 2013

"Springerpresse und Parteien schürten das Feuer weiter und mobilisierten für eine Kundgebung am 21. Februar 1968. Die BILD-Zeitung titelte Anfang Februar: "Stoppt den Terror der Jungroten jetzt! Und fügte hinzu: "Man darf auch nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen."
Veranstalter dieser Kundgebung, die den hübschen Titel "Für Freiheit und Frieden" trug, war der Senat von Westberlin. Unterstützt wurde sie vom Abgeordnetenhaus, von den im Parlament vertretenen Parteien, dem Westberliner DGB und dem Ring politischer Jugend. Der Deutsche Beamtenbund mobilisierte ebenso wie der Interessenverband Westberliner Grundstücks- und Geschäftseigentümer (Ostgeschädigte) e.V. Arbeiter und Angestellte bekamen dienstfrei. Die Berliner Verkehrsgesellschaft richtete Sonderlinien ein. Im Radio wurde unaufhörlich zur Teilnahme an der Kundgebung aufgerufen. Schließlich versammelten sich fünfzig- bis achtzigtausend APO-Gegner vor dem Schöneberger Rathaus.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz (SPD) schimpfte: "Extremisten – politische Rowdys – Unappetitlichkeiten des vergangenen Wochenendes – Revoluzzer im Miniformat – Randerscheinungen". Der SPD-Landesvorsitzende Kurt Mattick bereicherte das Vokabular mit: "Außenseiter – Sonntagsmarschierer, die den Sieg der Kommunisten wollen". Der CDU-Landesvorsitzende Franz Amrehn sprach von "einer Schar anarchistischer Weltverbesserer – Extremisten – Straßenterror". Und auch der DGB-Vorsitzende Walter Sickert (SPD) war um Gezeter nicht verlegen: "eine Handvoll Halbstarker – politische Wirrköpfe – Randalierer".
Ungehindert konnten die Teilnehmer der Kundgebung Transparente und Plakate zeigen, auf denen beispielsweise stand: "Teufel zur Hölle, Dutschke über die Mauer", "Wir fordern harten Kurs gegen den SDS", "Dutschke – Volksfeind Nr. 1" und "Politische Feinde ins KZ".
Keiner der feinen Würdenträger auf dem Podium, die doch vorgaben, "Sitte und Anstand" zu verteidigen, ging gegen eines dieser Transparente vor. Der Mob durfte sich austoben. Im Aufruf zu dieser Kundgebung für "Freiheit" und "Frieden" stand: "Was die Berliner denken und wollen, werden sie [...] vor der Welt kundtun. Wir wissen, wer unsere Freunde sind. Wir lassen uns von ihnen nicht trennen. Wir wissen auch, wo unsere Gegner stehen." Was "die Berliner" am 21. Februar kundtaten, war eine gnadenlose Pogromstimmung gegen alles, was irgendwie links aussah."

Weimar ist überall

Donnerstag, 28. März 2013

Ein NPD-Verbot wäre nicht gegen, sondern ein Garant für Freiheit

Eine Demokratie kann auch eine rechtsextreme Partei vertragen. So lautet ein liberales Credo. Ein frommer Ansatz mit einem Makel: Wir leben in keiner Demokratie, sondern haben uns in die Postdemokratie verabschiedet. Und in der sehen sich Liberalismus und Extremismus ziemlich ähnlich.

Eine wirklich wehrhafte Demokratie, so belehrt man Befürworter eines NPD-Verbotes des Öfteren, ringe mit Argumenten und komme nicht mit Verboten. Die Demokratie könne rechtsextreme Parteien durchaus verdauen. Ein Verbot hingegen sei an sich schon nicht besonders demokratisch.

Unser Relativismus, unsere Reaktion

Die filmisch-revisionistische Aufarbeitung einer fanatisierten Generation mit Opferkomplex.

Dem ZDF sei da ein großer Wurf gelungen. Unsere Mütter, unsere Väter wurde unisono gelobt. Das sei Geschichtsstunde voller großer Gefühle gewesen. Das Band of Brothers des deutschen Fernsehens. Die Geschichte fünf junger Menschen während des Zweiten Weltkrieges war dabei vieles, historische Auseinandersetzung aber sicherlich nicht. Eher das Märchen heldenhafter Selbstaufopferung, das zwischen den Zeilen immer wieder zu flehen schien: Könnt ihr Nachkommen jetzt endlich verstehen, welche Opfer wir erbracht haben, wie wir um unsere Jugendzeit beraubt wurden?

Das Böse nicht banal, sondern augenscheinlich

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Im Osten nichts Gutes

Mittwoch, 27. März 2013

Die Massen des Ostens waren stets die Furcht des Bürgers deutscher Landen. Die Tartaren waren es vor langer Zeit. Vor Jahrzehnten fürchtete man sich besonders vor den Ostjuden. Und die aktuelle Geschichte mit den Roma gleicht in vielen Facetten der Panik, die schon viele Jahre vor Hitler bezüglich dieser Ostjuden verbreitet wurde.

Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen Absichten, die man mit der Forcierung der Osterweiterung der Europäischen Union befriedigen wollte, schon in jenem berühmten Drang nach Osten historisch angelegt. Der Lebensraum, der dazumal begehrt war, benötigt heute keine territoriale Absteckung mehr, es reicht die Eingliederung in die Handelsbilanz, also die Definition als gemeinsamer Wirtschaftsraum.

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Schule auf Vertragsbasis

Dienstag, 26. März 2013

oder Wieder mal ein persönlicher Einblick in und auf die neoliberalen Bildungswege.

Anruf von der Schule. Ihr Kind wurde bei einem gewaltsamen Übergriff erwischt, ein anderes Kind ist verletzt, sagte mir die Sekretärin. Daher wird ihr Kind nun den Unterricht verlassen und nach Hause geschickt, folgerte sie. Ob ich damit einverstanden sei? Ich war perplex genug ein Ähm, ja! und ein Ok! zu stammeln. Ich kenne mein Kind, kein Engel fürwahr - aber ist es infantiler Gewalttäter, der andere verletzt?

Aus den Augen, aus dem Sinn

Tatsächlich sieht das Hessische Schulgesetz Disziplinarstrafen wie das Heimschicken von Schülern vor. Pädagogische Maßnahmen nennt sich das dort. In besonders gravierenden Fällen ist die unmittelbare Suspendierung des Schülers für den Rest des Schultages möglich. Was jedoch besonders gravierend ist, findet sich natürlich nicht im Schulgesetz. Es liegt im Ermessen des Schulleiters. Um den reibungslosen Ablauf des Schulalltages zu gewährleisten, gibt es Schulen - wie jene meines Kindes -, die sich darauf einigen, dass alles mehr oder weniger schwerwiegend sein soll. Gewalt ist insofern gleichermaßen ein Schubser, dieses kindliche Allerweltsspiel, wie auch gezielte Prügel. Hier erfolgt eine straffe Gleichstellung von verschiedenen Gewaltgraden, die Gleichrangigkeit kindlicher Übermütigkeit mit groben Gewaltexzessen.

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Ridendo dicere verum

Montag, 25. März 2013

"Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen haßt die andern Klumpen, weil sie die andern sind, und haßt die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Haß nennt man Patriotismus."

Satire oder fliegende Torten?

Freitag, 22. März 2013

Der schmierenkomödiantische Slapstick über den copy & paste-Minister, der als Satire verkauft wurde.

Die Kommentarspalten waren sich vorher wie nachher darüber einig, dass Der Minister, jener Spielfilm, den Sat 1 kürzlich ausstrahlte, eine gelungene Satire sei. Die Doktorspielchen des Freiherrn, so lobte man, seien eindrucksvoll lustig gelungen. Dabei offenbarte die Sat 1-Produktion nur eines: Wie zurückgeblieben der politische Anspruch der Satire hierzulande ist. Die Satirekultur ist in Deutschland Stemmeisen und selbst Hollywood gelingen solche Produktionen wesentlich feinfühliger.

Voll normaaal?

Dieser Sat 1-Freiherr fungierte als Depp. Das sah man ihm auch sofort an. Er war so übertrieben lächerlich, dass es fast schon gefährlich ist, die Affäre um Guttenberg mit diesem Film in Verbindung bringen zu wollen. Wäre er als Typ eine solche Witzfigur gewesen, so hätte er einen anderen, einen schlechteren Eindruck auf die Bürger gemacht. Als er ertappt wurde, mag er sich blöd benommen haben, aber nicht wie ein völlig verblödeter Irrer, dem vorher noch einfiel, sich nackt auf den Teppich zu räkelt. Guttenberg war dämlich in seinem Dünkel, wortgewandt dämlich, mit feinen Umgangsformen ausgestattet dämlich, nicht aber wie ein übergroßer Junge, der weinerlich gewesen wäre.

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Anmerkungen zu Bergoglio

Donnerstag, 21. März 2013

Was an den Vorwürfen dran ist, Bergoglio habe mit der argentinischen Junta zu tun gehabt, kann ich nicht beantworten. Falls es überhaupt jemand beantworten kann. In Südamerika, wie überall post dictatura, ist es allerdings nicht unüblich, jemanden aus welchen Gründen auch immer, mit einer Nähe zu den Machthabern auszustatten. Deutschland erlebt dieses Phänomen auf seine Art, wenn es darum geht, bestimmte Menschen zu StaSi-Mitarbeitern aus Leidenschaft zu erklären oder zu persönlichen Kumpanen irgendeines DDR-Bonzen.

Das ist nur der eine Kritikpunkt, den linke und "linke" Medien Papst Franz vorwerfen. Der andere ist seine Unnachgiebigkeit in Sachen Homoehe und Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Was hat man eigentlich erwartet? Einen Revoluzzer? Jemand, der alles was der Katholizismus bis jetzt für richtig hielt, umwirft und bei Null anfängt? Und selbst ich, der ich mich als links oder linksliberaler Mensch einstufe, bin mir nicht schlüssig in Fragen des Adoptionsrechts für homosexuelle Paare. Mag sein, dass da meine katholische Sozialisierung mitspielt, kann aber auch sein, dass es vielleicht doch vernunftbasierte Skepsis ist. Ob ich das biologistische Argument, wonach gleichgeschlechtliche Paare keine Kinder zeugen können, hier anbringen soll, bleibt zweifelhaft. Andernorts lasse ich es ja auch nicht gelten. Der Mensch kann im Arrangement seines Lebens in der Gesellschaft nicht auf Biologie reduziert werden. Das lehrte mich der Existenzialismus. Sind es also folglich Ressentiments? Gegen Homosexuelle sicher nicht. Das ist aber hier nicht das Thema und ich habe zu wenig Ahnung von der Materie, um mir eine qualifizierte Meinung ausgestalten zu wollen.

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Hartz IV-Bezieher aller Optionskommunen, vereinigt euch?

Mittwoch, 20. März 2013

Zur Eschatologie linker Stammtische

Unterdrückung führt zu Solidarisierung führt zu Umstürzen. Das wissen vor allem Linke. Unsinn: Es ist eine romantischer Verklärung, Unterdrückung als Grundstein für Aufbegehren zu sehen, ein eschatologisches Überbleibsel aus der Zeit, da die Linken der Weltrevolution bei kühlem Bier harrten.

Neulich im Ersten: Heimkinder und ihre bitteren Erfahrungen in der bundesdeutschen Vergangenheit. Es gab einen Spielfilm und danach erzählten Betroffene vom Leid, das man ihnen antat: Ausbeutung kindlicher Arbeitskraft über kaltes Abduschen und Kontrolle aller Lebensbereiche bis hin zum sexuellen Missbrauch. Es waren Berichte von Menschen jenseits der Fünfzig. Und es waren psychische Kraftakte, wiewohl man ihr Gebrechen, diesen Lebensballast deutlich spürte. Ich dachte mir indes: Mensch, hat sich die Meinhof damals getäuscht!

Verdummung kann man auch nicht verbieten

Rösler liegt richtig. Dummheit kann man nicht verbieten. So ähnlich steht es schon in der Präambel des FDP-Gründungspapiers. Und dieses Motto ist elitäres Lebensgefühl. Es ist die Quintessenz dieser politischen Eliten, die gezielt unfähig sind und der herrschenden Ökonomie süchtig anhaften, die aber zum Selbsttrost sagen können: Verbieten kann man uns ja nicht, denn Dummheit kann man nicht unter Verbot stellen.

Nehmen wir nur mal Gauck. Exemplarisch. Er spricht dieser Tage von einem Internet, das menschliche Abgründe birgt. Die Anonymität würde Hemmschwellen aufheben, meint er. Als ob fernab des Internets nicht die Anonymität Schutzmantel mancher hinterfotzigen Aktion, mancher kriminellen Handlung wäre. Eben das dumme Geplapper eines Mannes, der vom Internet keine Ahnung hat und daher zur übliche Diabolisierung neigt. Und trotzdem: Man kann das nicht verbieten.

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Sit venia verbo

Dienstag, 19. März 2013

"Ich weiß nicht, woher die Demagogen das Recht nehmen, sich Liberale zu nennen", sagte er. "Sie haben das Wort gestohlen, nicht mehr und nicht weniger, wie sie alles stehlen, was ihnen zwischen die Finger kommt."
- Gabriel García Márquez, "Der General in seinem Labyrinth" -

Prioritäten muss man haben

Montag, 18. März 2013

Dass das gleich mal gesagt ist: Ich hätte mir keinen Anschlag auf Markus Beisicht, diesem Kopf aus dem Führungskader von pro NRW, gewünscht. Auch Rechtsextremisten darf man nicht fröhlich aus der Welt befördern. Mord ist Mord. Aber fragen muss sich schon, weshalb hier die Zugriffe gelingen und mögliche terroristische Angriffe vereitelt werden, während gleichzeitig jahrelang und trotz Involvierung von Geheimdiensten, zielgerichteter Terror nicht erkannt werden wollte.

Es gibt tatsächliche Terroropfer in diesem Lande und es gibt potenzielle. Ob jemand tatsächlich Opfer wird oder potenziell Opfer bleibt, ist eine Frage der Setzung von Prioritäten. Manche Gefahrengruppen sind ganz offenbar beschützenswerter als andere. Dazu zählen auch Rechtsextremisten. Türkische Mitbürger weniger. Die können Opfer einer Mordserie werden und deren Hinterbliebene müssen dann damit leben, dass das Tatmotiv in deren angeblichen Kontakten zur türkischen Unterwelt gesucht wird.

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Der guate alte Franz

Samstag, 16. März 2013

Der neue Papst und wie man ihn nun nennt.

Jorge Maria Bergoglio gab sich, nachdem er bestätigt hatte, die Wahl anzunehmen, den Namen Fransiscus. Dieses Zeremoniell geschieht in lateinischer Sprache. Liefe es auf Deutsch ab, hätte er sich Franz genannt. Gleichwohl haben die Medien just in dem Moment, da der neue Papst gelüftet wurde, sich der latinisierten Form bedient. Das widerspricht den Gepflogenheiten deutschsprachiger Papstlisten.

Konsequent und richtig wäre, Bergoglio Franz zu nennen. Ratzinger war im deutschsprachigen Raum ja auch nicht Benedictus und Wojtyla und Luciani wurden auch nicht Ionnes Paulus geschrieben und gerufen. Auch in anderen Sprachräumen nutzt man ja jetzt wieder die landeskonforme Variante. In spanischen Sprachraum ist er Francisco, im englischen Francis und im französischen François.

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Das Grundeinkommen und die Scheißarbeit

Freitag, 15. März 2013

Eine Beipflichtung und Rezension.

Quelle: Westend Verlag
Wer eine gerechte Umverteilung umsetzen möchte, der sollte vom Irrweg des Grundeinkommens wegkommen und sich für einen Mindestlohn stark machen. So schön die Idee dahinter ist, so sehr bauen die Apologeten des Grundeinkommens auf falsche Ansichten und bewirken das Gegenteil dessen, was sie eigentlich erreichen wollen. Heiner Flassbeck, Friederike Spiecker, Volker Meinhardt und Dieter Vesper machen deutlich, dass das Grundeinkommen in allen Varianten, die da so als Ideen herumschwirren, die Gerechtigkeitsfrage unterwandert und die Umverteilungsfrage auf Eis legt. Und sie nennen Gründe, weshalb das Grundeinkommen nicht halten kann, was es verspricht.

Ein berechtigter Einwand, den die Ökonomen aufzählen, ist: Wenn die Autarkie, die der Mensch einer Grundeinkommensgesellschaft genießt, weil er ja nicht mehr arbeiten muss, sondern kann oder darf, je nach Laune - wenn diese Autarkie also dazu führt, dass Arbeit nach eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen geleistet wird, dann mag das ein Aufschwung für Tätigkeiten sein, die man als Berufung wahrnimmt. Was aber geschieht mit Berufen? Wer schraubt Fahrgestelle zusammen und asphaltiert Straßen oder entertaint kleine Schreihälse? Autarke Erzieherinnen könnten sich ja auch nur die netten Kinder raussuchen. Eine unverbindliche Gesellschaft wäre das Resultat.

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Armut ist Ausgrenzerin mit vielen Facetten

Donnerstag, 14. März 2013

Vor einigen Tagen musste sich die Bundesregierung mit der Kritik auseinandersetzen, dass ihr Armutsbericht geschönt sei. So die eine Lesart, der andere Teil des Journalismus kommentierte abfällig, dass in diesem Land niemand hungern müsse. Ist Armut in Deutschland vergleichbar mit Reichtum light - einem Luxusleben auf etwas niedrigerem Level?

Mir ist nicht ganz klar, an welchen Kriterien sich die Armut bemisst. Orientieren wir uns an den schlimmsten aller Knappheiten? Muss man mindestens Magenknurren, vergilbtes Weiß oder einen abgewetzten Kragen tragen, um sich arm zu nennen? Oder wäre das dann wiederum nur übertrieben, eine Zurschaustellung von Faulheit und Schlamperei?
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De dicto

"Wenn es um das Thema Volksentscheide geht, kommt schnell das Totschlagargument: Dann haben wir bald wieder die Todesstrafe. Unsere Umfrage beweist, dass zu derlei Misstrauen in die politische Reife der Deutschen kein Anlass besteht.
[...]
Volksentscheide bringen mehr Leidenschaft in die Politik. Was wäre daran verkehrt?"
- Michael Backhaus, Bildzeitung vom 10. März 2013 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Ob der Volksentscheid eine Frage politischer Reife ist, muss an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Mindestens ist es aber eine Frage einer Medienlandschaft, die unabhängig recherchiert und informiert. Und ob die Zeitung Backhausens ein Medium ist, welches zur unabhängigen Willensbildung eines Publikums beitragen könnte, das per Volksentscheid fast schon judikative Mitbestimmung erhielte, bleibt schon mehr als fraglich. Seit Gustave Le Bon wissen wir zudem, dass "die Sittlichkeit der Massen [...] je nach dem Einflüssen viel niedriger oder viel höher sein (kann) als die der einzelnen, die sie bilden". Es geht also weniger um Reife als um die "Erregbarkeit [...] (und) Leichtgläubigkeit des Massen", die eine "Angleichung der Gelehrten und des Einfältigen" bewirkt.

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Der Brandanschlag als technischer Defekt?

Mittwoch, 13. März 2013

oder Gibt es keine rassistischen Motive und Erfahrungen in Backnang und Umgebung?

Durchaus denkbar, dass der Brandanschlag in Backnang, bei dem eine türkische Mutter und sieben ihrer Kinder umkamen, einem technischen Defekt geschuldet sind. Dass man von Seiten der Behörden stoisch auf nur diese Ursache hinwirkt, zeigt aber: Die NSU hat keine Sensibilität geschaffen.

Schon im März 2008 brannte es in Backnang. Anschlagsziel war ein vorwiegend von Türken bewohntes Haus. Zwei an die Wand geschmierte Hakenkreuze machten einen fremdenfeindlichen Hintergrund wahrscheinlich. Damals kam es lediglich zu einigen Rauchvergiftungen. In einer Studie der Universität Tübingen konnte man schon ein Jahr zuvor lesen, dass "die politische Kultur in der Region [Anm.: gemeint ist der Rems-Murr-Kreis, in dem Backnang liegt] ist durch eine rechtsgerichtete Stimmung geprägt."

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Vorzüge sichern, Ungünstigkeiten abwenden

Dienstag, 12. März 2013

oder Osteuropa soll in Deutschland aufgehen.

Wie Deutschland Europa begreift, läßt sich an der Debatte um die Einreise-Sperre für Einwanderer aus dem europäischen Osten ablesen. Die Europäische Union wird nicht als Wertegemeinschaft verstanden, sondern als Selbstbedienungsladen der deutschen Exportwirtschaft.

Wie hat man doch damals die Osterweiterung angepriesen, gegen jede Kritik verteidigt! Sie berge große Chancen für die deutsche Wirtschaft, hieß es. Sie sei unbedingt notwendig, deutsche Unternehmen bräuchten einen Wirtschaftsraum im Osten, unkten die Jünger der Alternativlosigkeit theatralisch.

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Sit venia verbo

Montag, 11. März 2013

"Wo Scheiße nicht mehr Scheiße ist, da ist auch Teilhabe nicht mehr Teilhabe, Frieden nicht mehr Frieden, Demokratie nicht mehr Demokratie. Wenn die Scheiße ausgeschissen hat, dann hat auch der Unterdrückte, der in der Scheiße sitzt, die nun nicht mehr Scheiße heißt, seine Möglichkeiten verspielt. Drastische Worte gibt es nicht! Es gibt nur wahre Worte, die freilich drastisch werden, wenn sie Besitz- und Machtverhältnisse antasten. Fäkalsprache gibt es ebenso wenig, es gibt nur unangenehme Tatsachen, die nicht ins bürgerliche Sprechritual eingearbeitet wurden. [...] Wenn sich Leute treffen, die alle miteinander in der Scheiße sitzen und dies auch konkret benennen, dann strampelt man sich gezielter aus dem Dreck frei. Treffen sich Leute, die in Nahrungsrückständen hocken, dann beratschlagen sie nur, ob man nicht auch von den Rückständen der Nahrung leben und satt werden könne."

Ein luxuriöses Lebensgefühl

Freitag, 8. März 2013

Wenn jemand sagt, er habe Durchfall wie Wasser, ist es dann bald der Fall, dass dieses "wie Wasser" einen dekadenten Anklang findet, gleich dem Ausspruch, dass man über Geld nicht spreche, sondern es habe? Über Wasser spricht man nicht, man hat es - und wer so viel hat, es quasi sogar scheißen zu können, der schämt sich seiner Dekadenz offensichtlich nicht. Dem kommt der Luxus schier aus dem Arsch. Nobel geht die Welt zugrunde.

Im Dunst jenes Liberalismus, der sich neu nennt, der aber nur ökonomisch angewandt wird, sind stinknormale Redewendungen urplötzlich auch aus dekadenter Perspektive zu verstehen. Wer einem die Suppe versalzt: Wie kommt der an so viel Salz? Oder "zum Saufüttern": Der muss es ja haben! Noch kann man frei sagen, die Luft sei zum Atmen, was aber, wenn irgendwann ein Konzern auf die Idee kommt, dass Luft ein Rohstoff ist, der in seinen Bereich fällt? Wie in Cochabamba, wo man die Wasserversorgung privatisierte und das Konsortium Aguas de Tunari glaubte, auch das Regenwasser gehöre zum Betriebskapital, denn finge man es nicht in Fässern und Schüsseln auf, würde es im Boden versickern und Aguas de Tunari zur Verfügung stehen. Und genau das taten die Menschen in Cochabamba, sie fingen das Wasser auf, weil jenes Konsortium unter Beteiligung der Firmen Bechtel, Edison und Abengoa, den Wasserpreis schlagartig um den Faktor Drei erhöhte. Das Ende ist bekannt - oder sollte es wenigstens sein.

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