Facie prima

Donnerstag, 15. November 2012

Heute: Der ehemalige "Hurensohn, aber unser Hurensohn"

Mit dieser Betitelung soll gar nicht der abgebildete, uns wohlbekannte Herr gemeint sein, sondern ein genereller Typus. Das heißt, er ist damit nicht mal selbst gemeint, wenn er hier abgebildet ist, sondern er repräsentiert nur seine Art. Mit dem Hurensohn, der aber unser Hurensohn sei, wird auf jenes berühmte Zitat Reagans angespielt, dass er auf Saddam Hussein münzte. Als das hier abgebildete Stereotyp noch unserer war, da winkte er freudig lächelnd aus hiesigen Gazetten. Jener rechts zumindest; andere seiner Art schüttelten deutschen Kanzlern freundschaftlich die Hand, standen dem Westen nahe, mal ökonomisch und geopolitisch, mal im Anti-Terror-Kampf. Zwielichtige Gestalten, die aber plötzlich gefällig gezeigt, mild und aufgehellt präsentiert wurden.


Vorher waren seine Geheimdienste, die mit Folter Geständnisse erzwangen, noch begehrt. Hiesige Minister beteuerten unschuldig, dass im Kampf gegen den Terrorismus keine falsche Scham herrschen dürfe, man auch erfolterte Aussagen verwenden sollte. Irgendwann ist er nur noch ein Hurensohn gewesen, nicht mehr unserer, nur noch einer. Er verliert sein Lächeln, seine charmant gehaltene Aura verwelkt, zurück bleibt ein knöcherner, ein staubtrockener Typ, teilweise verbiestert wirkend. Die Fotografien, die ihn nun darstellen, sind so anders als vorher. Im exemplarischen Falle wird aus dem sympathischen Autoritären von einstmals, ein linear auftretender Technokrat - und manchmal wird aus einem einnehmenden Händeschüttler und Freund, ein phantasievoll gewandeter Diktator, den man seine Diktatur schon aus den Krähenfüßen ablesen kann.

Die Hand ist ein zentraler Bestandteil seiner Dargestelltheit. Ist er unser Hurensohn, so zeigt man die Hand winkend oder schüttelnd; sie ist die helfende Hand, die freundschaftlich gereichte. Wird aus ihm ein ordinärer Lump, ein Hurensohn ohne vorangeschobenes besitzanzeigendes Fürwort, so zeigt man seine Hand als Werkzeug der Beteuerung, als Sinnbild des Gelöbnisses, gar kein schlechter Mensch zu sein. Die Hand wird zur Rechtfertigung, die ins Bild gebannt wurde. Der in Ungnade Gefallene, dessen Unmenschlichkeit plötzlich zum Thema wird, nachdem sie vormals kein Thema wert war, wirkt nun wie einer, der eine Ehrenerklärung zu seiner Person abzugeben hat. Bei dem Technokraten, der hier exemplarisch abgebildet ist, wird die Hand zum Gegenstand eines Ertappten, der sich zu erklären sucht. Bei anderen seiner Art, wurde aus der Hand, die Kanzlerhände schüttelte, eine Orden und Lametta liebkosende Pranke, ein an die Schirmmütze angelegtes Despotenmerkmal.




5 Kommentare:

Anonym 15. November 2012 um 08:29  

Wenn die schiitische Gefahr beseitigt ist, sind vielleicht die Sunniten dran: Dann wird man vom 'blutrünstigen salafistischen Herrscherhaus in Riad' sprechen und finster blickende Scheichs abbilden...

Anonym 15. November 2012 um 08:41  

"[...]Dann wird man vom 'blutrünstigen salafistischen Herrscherhaus in Riad' sprechen und finster blickende Scheichs abbilden...[...]"

Bist wohl nicht informiert? Saudi Arabia hat einen mächtigen Verbündeten, dessen Truppen - trotz diktatorischer Monarchie - auf "heiligem Boden" stehen, wie der verstorbene Terrorist Osama Bin Laden einst vermerkte.

Die Wahabiten halten sich daher ewig, und der "Westen" hilft im Falle eines Volksaufstandes eben der Monarchie statt den aufgestandenen - Man schickt ja auch die neueste Version des Leopard-Panzers nicht zu Syriens Verbündetem Iran um dort bei der Bekämpfung der "Grünen Revolution" zu helfen sondern nach Saudi Arabia....

....eine schmutzige Welt, ich weiß....

...Hat schon Jordanien nach Panzern zur Aufstandsbekämpfung nachgefragt - Dort regt sich seit 2 Tagen das Volk - der "alte Lümmel" wie einst ein dt. Dichter meinte, vor 150 Jahren....

Gar nicht amüsierte Grüße
Bernie

PS: "Der Westen" hilft doch eher bei der Niederschlagung der Arabischen Revolution statt den - endlich - aufgestandenen - wie mich die Doppelmoral der westlichen Neoliberalen ankotzt brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen? Oder?

epikur 15. November 2012 um 10:02  

Wie schon mal erwähnt, ist "facie prima" meine absolute Lieblingsrubrik auf ad sinistram. Also fleißig weiter schreiben! :-)

Die Rubrik zeigt sehr gut auf, wie Images, Bilder und Meinungen gezielt erzeugt werden sollen. PR-Agnturen und Marketing-Abteilungen überlassen ganz sicher nichts dem Zufall.

Der gemäßigte Linke wird hier natürlich wieder Übertreibung oder gar Verschwörungsteorie anmahnen. Jeder, der mal in einer Redaktion oder einer PR-Agentur gearbeitet hat, wird jedoch wissen, dass Inszenierung das tägliche Geschäft ist.

Jutta Rydzewski 15. November 2012 um 11:28  

Was den Hurensohn bzw. unseren Hurensohn anbelangt, so ist es gar nicht erforderlich bis zu Reagan/Saddam Hussein zurückzugehen. Unter den rot/grünen "Friedensfürsten" Schröder/Fischer hat es schon um das Jahr 2000, Baschar al-Assad war gerade mit 97 Prozent der Stimmen ins Präsidentenamt "gewählt" worden, eine sehr enge Kooperation zwischen Syrien und Deutschland gegeben. Vertrauensvoll eingebunden war dabei die CIA. Insbesondere nach dem 11.09. wurden unliebsame Zeitgenossen, sozusagen auf deutschen Antrag, von der CIA gewaltsam entführt und in arabische Folterstaaten, u.a. nach Syrien verschleppt. Dort verschwanden sie dann in berüchtigten Folterknästen. BND und BKA, der "liebe" Frank-Walter Steinmeier hatte derzeitig die politische Verantwortung, waren der CIA dabei behilflich, auch deutsche Staatsbürger "einzufangen". Das nannte sich damals "eine Zusammenarbeit im Stillen": Das BKA observierte den "auserwählten Terroristen", informierte die CIA über ihre "Erkenntnisse", und die besorgten dann den "rechtstaatlichen Rest". Die Freundschaft zwischen Syrien und Deutschland ging sogar so weit, dass dem BKA und dem BND "Besuche" in einem berüchtigten Folterknast ausdrücklich erlaubt wurden, natürlich nicht um einen verschleppten deutschen Staatsbürger zu befreien, sondern um "Befragungen" durchzuführen. Zur Erinnerung: Ein gewisser Wolfgang Schäuble, hat sich als Innenminister noch vehement dafür eingesetzt, im so genannten Anti-Terror-Kampf, auch Informationen zu verwenden, die unter Folter erpresst wurden. Bei derartigen Innenministern, wobei deren geistige Ausstattung, egal aus welcher Partei sie kommen (ein ehemaliger SPD-Innenminister, von den Grünen abstammend, scheint mir z.B. noch "krummer" zu sein, als die schwarz-braunen), immer die gleichen "Verfolgungskrankheiten" aufweisen, sind die aktuellen "Erkenntnisse", Geheimdienste und Polizeien betreffend, quasi eine logische Folgerung.

Aber zurück zum Hurensohn. So ist das, um das Jahr 2000 und auch danach, war Baschar al-Assad noch ein guter Freund. Gerhard Schröder und sein Frank-Walter Steinmeier wollten derzeitig ein neues Kapitel in den Beziehungen zu Syrien aufschlagen. Haben sie dann ja auch prima gemacht. Geld spielte übrigens dabei keine Rolle. Schröder hat, zur Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen, den Assad im Oktober 2000 in Damaskus besucht. 2002 wurde sogar, einen Tag vor Prozessbeginn, das Verfahren gegen 2 syrische Geheimagenten eingestellt. Ein ganz dolles Dingen: http://www.berliner-zeitung.de/archiv/2002-wurde-verfahren-gegen-syrische-agenten-eingestellt-schroeders-kanzleramt-stoppte-prozess,10810590,10532672.html Motto: Scheiß was auf den Rechtsstaat, wenn es um gute Freunde geht, pardon, um ehemalige gute Freunde geht.

So ändern sich eben die Zeiten. Schröder macht mittlerweile in Gas, hat in Putin einen neuen Freund, Steinmeier hat, als letzter Kanzlerkandidat für die so genannte SPD glorreiche 23 Prozent "eingefahren", sich aber dennoch, unmittelbar nach dieser historischen Pleite, "zur Belohnung" selbst zum neuen Fraktionschef ernannt, plant ernsthaft sogar noch eine Vizekanzlerkarrriere, und der Assad ist jetzt nur noch ein übler Hurensohn, mit dem die westlichen Wertegemeinschaftler nix mehr zu tun haben wollen. Amen. Unter http://mobil.stern.de/investigativ/projekte/geheimdienste/kooperation-mit-einem-folterstaat-die-syrien-connection-1770230.html gibt es noch das eine oder andere nette Detail nachzulesen.

mfg
Jutta Rydzewski

Anonym 15. November 2012 um 18:10  

@Jutta Rydzewski

Seh ich fast genauso - Nur bei der syrischen Opposition seh ich denn doch libysche Verhältnisse am Horizont.

Anscheinend liefert Lybien den syrischen Aufständischen Söldner frei Haus, wie es so schön heißt.

Da wird ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen (="syrische Aufständische") und Assad (=Verbündeter Irans) geführt, der uns noch teuer zu stehen kommen wird ;-)

Ich bin ein Freund von Revolutionen, aber was derzeit in Syrien geschieht riecht eben ganz übel nach dem oben erwähnten Phänomen.

Hier die Info, dass die syrischen "Aufständischen" oftmals lybische Söldner sind:

"[...]Rebellen erhalten Hilfe aus Libyen

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters sollen syrische Rebellen Hilfe von ehemaligen libyschen Kämpfern erhalten. Der libysche Freischärler Hussam Nadschdschar, der sich vor Monaten den Rebellen angeschlossen hat, berichtet gegenüber Reuters von katastrophalen Zuständen. Die Ausrüstung sei furchtbar gewesen, sagte Nadschdschar. „Ich habe fast geweint, als ich die Waffen sah. Sie waren absolut unbrauchbar.“ Es waren zusammengekaufte Reste aus dem Irak-Krieg und aus anderen Regionen.

Unter den Libyern in Syrien sind den Angaben von Nadschdschar zufolge Spezialisten für Kommunikation, Nachschub und schwere Waffen. In Trainingslagern bringen die Libyer den Aufständischen taktische Grundregeln bei und bereiten sie mit Fitnessübungen auf die Gefechte vor. Die libyschen Aufständischen unterhielten Ausbildungslager mit bis zu 1.500 Mann. Das sei wegen der ständig drohenden Angriffe der Assad-treuen Luftwaffe in Syrien nicht möglich, sagte Nadschdschar[...]"

Quelle und kompletter Text:

http://news.orf.at/stories/2135700/2135701

...im selben Text steht aber, dass das Assad-Regime iranische Waffenhilfe durch Milizen erhält....

...Stellvertreterkrieg, und Revolutionsexport (wie einst bei Guevara) eben.....nur diesmal nach westlich-neoliberalem Gusto statt sozialistischem....

...schlecht für die, die am meisten unter dem Bürgerkrieg leiden, eben die syrische Zivilbevölkerung....

Trauriger Gruß
Bernie

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