... es kömmt darauf an, sie zu interpretieren

Freitag, 30. November 2012

Schon wieder so ein Fehlschluss. Schrieb ich doch noch vor einigen Tagen, dass Merkels Rede zur besten Regierung vernünftig betrachtet nichts anderes sei, als ein Anzeichen von zerrütteter Perzeption. Das dürfte sich aber als falsch erwiesen haben. Ihre Rede und der Beifall ihres parteilichen Anhangs sind nämlich gar nicht irgendwelchen Wahrnehmungsstörungen geschuldet. Wahrnehmung ist, wenn man etwas Schwarzes sieht, vom Auge zum Gehirn der Impuls geht, etwas zu sehen, das unter der Kategorie schwarz verbucht ist und man dann urteilt: Das ist schwarz. Gestörte Wahrnehmung ist, einen Impuls zu bekommen, der fälschlicherweise in der Kategorie orange landet, um selbstsicher zu verkünden, man sehe gerade etwas Oranges.

Hier weiterlesen...

Die Asozialen hinter "Die Asozialen"

Donnerstag, 29. November 2012

Es gibt Bücher, die hat man gelesen, auch wenn man sie nicht gelesen hat. Will heißen: Wenn man den Titel vor sich liegen hat, die Buchklappen überfliegt, dann weiß man schon, was auf den nächsten Seiten folgt. Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren von Walter Wüllenweber ist so ein ungelesen gelesenes Buch.

These seines geistigen Elaborats ist es, dass Oben und Unten auf Kosten der Mittelschicht lebten. Die Unterschicht hätte keine bürgerlichen Wertvorstellungen mehr, würde in den Tag hineinschmarotzen und Steuerzahler betrügen, gleichwohl die Oberschicht sich in eine Parallelwelt abgrenzt. Erstaunlich findet Wüllenweber, dass diese "gegenüberliegenden Enden der Gesellschaft" ähnliche Entwicklungen nehmen. Beispielsweise, dass zwischen Leistung und Erfolg kein Zusammenhang mehr herrschte oder der Beschiss zur Lebensart würde. Die einen betrügen das Finanzamt, die anderen beim Sozialamt - was mindestens ungefähr dasselbe sei.

Hier weiterlesen...

Nomen non est omen

Heute: Authentisches Marketing

Ein Gastbeitrag von Markus Vollack.
"Ich liebe meinen Job, denn er ist meine Berufung. Doch das, was meine Berufung ist, steckt noch in den Kinderschuhen – authentisches Marketing. Es ist das neue Marketing, das die Menschen und seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellt und nicht die Gewinne des Unternehmens."
- Ekaterina Arlt, Marketing-Expertin auf experto.de -
In der PR- und Marketing-Branche ist das der neue Trend: das sog. "authentische Marketing". Der Begriff setzt sich aus den Nomen Authentizität und Marketing zusammen. Das Schlagwort suggeriert, als gäbe es eine Form von anständiger und aufrichtiger Transparenz beim Verkaufen von Produkten, Dienstleistungen und Ideen (PLI).

Die biologische Klasse und die Auflösung von Klasseninteressen

Mittwoch, 28. November 2012

Das große Geld hat der Unterklasse so lange eingeflüstert, dass es so etwas wie Klasseninteressen gar nicht gibt, bis die es geglaubt hat. Das an sich war schon durchtrieben. Sie hat alsdann neue Klassen eingeführt, die nicht auf ökonomische Prämissen zurückzuführen sind, sondern auf biologische Gemeinsamkeiten. Diese biologisch konzipierten Klassen anstelle eines ökonomisch verstandenen Klassenbegriffes nehmen dem Sozialabbau, der Entrechtung, der Vereinsamung und Zersparung der öffentlichen Hand das Wind aus den Segeln. Wenn sich Menschen plötzlich nicht mehr als nahestehend begreifen, weil sie in denselben Prekärbeschäftigungen verarscht werden, sondern weil sie zum Beispiel beide weiblich sind, dann zieht man die Verantwortlichen für die soziale Schieflage aus der Schusslinie.

Die Biologisierung des Klassenbegriffes unterschlägt die ökonomischen Ungleichheit

Hier weiterlesen...

Nicht die beste: die einzige Regierung

Dienstag, 27. November 2012

Die beste Regierung seit der Wiedervereinigung - und man kann nicht mal viel dagegen sagen. Nicht weil sie es ist, sondern weil es keine Regierung gibt, die man Merkel zur Entkräftung ihres Unsinns unter die Nase schmieren könnte. Wer sollte denn besser gewesen sein? Die rot-grüne Autosuggestion vielleicht? Das feiste Gelächter von den roten und grünen Rängen, das Merkel erntete, als sie selbstverherrlicht vor den Bundestag trat, ist deshalb unerträglich. Man kann mit diesen Leuten nicht ins Lachen über diese Kanzlerin des Augenwischs einstimmen, denn sie gackerten nur, weil sie damit sagen wollten: Wir waren dazumal viel besser!

Hier weiterlesen...

De auditu

Montag, 26. November 2012

Letzte Woche wurde bekannt, dass die Zahl der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II gestiegen ist. Besonders stark seien Meldeversäumnisse darunter zu finden gewesen. Etwa zwei Drittel der Sanktionen wurden ausgesprochen, weil einer Einladung zum örtlichen Jobcenter nicht nachgekommen wurde. Obwohl es sich in der Mehrzahl lediglich um solche kleinen Strafen handelte, konnte man in den Medien Fragen zur Zunahme der Sanktionszahlen hören, die in etwa so lauteten: Erkennen die Jobcenter den Betrug nun schneller und besser?

Hier weiterlesen...

An die statistischen 2.440, die noch kommen!

Freitag, 23. November 2012

oder Keine Warnung, aber gesagt will ich es haben!

53 Prozent mehr Spanier kamen im ersten Halbjahr dieses Jahres nach Deutschland. Wegen der Wirtschafts-, Euro- und Finanzkrise, die ja programmatisch nur noch Schuldenkrise heißen darf. 53 Prozent klingen dramatisch. Es handelt sich dabei um 11.000 Spanierinnen und Spanier, um 3.900 mehr, als im ersten Halbjahr 2011. Heißt umgerechnet, ohne Einbeziehung von Saisonalwerten, dass ab jetzt, ab heute, nach Zweidritteln des Novembers, noch etwa 2.440 Spanier nach Deutschland kommen werden. 2.440 fiktive Menschen aus Spanien, ohne Herausrechnen von Schwankungen bezogen auf Kälte und Weihnacht, fliehen aus der Perspektivlosigkeit nach Deutschland. Glauben diese Menschen, sie eilen in ein Elysium?

Hier weiterlesen...

Demokratie der Feten und Miniröcke

Donnerstag, 22. November 2012

Einer der Unternehmensgrundsätze der Axel Springer AG lautet, die Lebensrechte des israelischen Volkes zu unterstützen. Kein Wunder also, dass die BamS einen Kommentar dazu druckte, der den einschlägigen Titel Tel Aviv ist Berlin trägt. Geschrieben von einem gewissen Martin S. Lambeck, der üblicherweise Essen & Trinken-Kolumnen für seine Zeitung schreibt. Der Text ist mehr als ein Bekenntnis zu Israel; er ist im Grunde ein tiefer Blick in das Welt- und Demokratieverständnis einer AG, die Kriegstreiberei und Augenwischerei betreibt.

Statt Burka-Frauen, so schreibt Lambeck, flanierten selbstbewusste Mädchen in Miniröcken am Strand durch Tel Aviv. Die mag es dort geben. Die Frage ist nur, was der Mann gegenüberstellen will. Denn palästinensische Frauen tragen gemeinehin keine Burka - und sollte er auf den Iran anspielen, so gilt dort dasselbe, nämlich dass Frauen auch dort nicht in Burkas versteckt gehalten werden. Was haben die Taliban, die er vermutlich meint, also mit Tel Aviv am Hut? Wohl nur etwas, wenn man die islamische Welt wie aus einem Guss begreift. Sind doch eh alle gleich, diese Mohammedaner! Hier wird ein Feindbild genährt und es wird suggeriert, dass dieser Feind eine Einheitsfront bildet. Der Mann hat eindeutig zu viel im Clash of Civilisations geschmökert.

Hier weiterlesen...

Doch nur ein neuer Sloterdijk

Mittwoch, 21. November 2012

Asche auf mein Haupt. Mea culpa - dreifaches Repetitio, ohne maxima, man soll es nicht übertreiben. Was habe ich mich in diesem Precht getäuscht! Als er Anfang September in seiner neuen nächtlichen Sendung mit Hüther sprach, war bei allem Leerlauf dazwischen, beim Bildungsfetisch beider Herren, doch wenigstens etwas entstanden, was man im Fernsehen sonst eher selten sieht: Niveau. So ein bisschen davon jedenfalls. Und dann kam Döpfner - und dann kam auch noch Lindner! Und schlimmer noch die dazugehörigen Themen! Freiheit bei dem einen, Gerechtigkeit bei dem anderen! So viele Ausrufezeichen in meiner Schreibe! Das gehört sich nicht, ich gebe es zu. Sowas ist eigentlich ein stilistischer Missgriff. Aber was soll man denn machen?

Als der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer bei ihm zu Gast war und über eine Freiheit schwadronierte, die alle Gazetten Springers ansonsten in Grund und Boden schreiben, da fragte ich in einem sozialen Netzwerk zynisch, wer als nächstes kommen würde. Kissinger vielleicht, der mit ihm über Menschenrechte fachsimpelt? Oder etwa Breivik zur Frage Was ist Nächstenliebe? Man glaubt es kaum, die Realität ist noch zynischer, noch phantastischer, als phantasievolle Zynismen. Er lud Lindner ein und ging mit ihm der Frage nach Was ist gerecht? Ich gebe es an dieser Stelle auf, höhnische Vermutungen aufzustellen, wer da wohl als nächstes Experte sein darf. Die Wirklichkeit schlägt mich da um Längen!

Hier weiterlesen...

Sit venia verbo

Dienstag, 20. November 2012

"Die Grünen von heute setzen sich nicht mehr mit den Verursachern der Ausbeutung und der Erniedrigung des Menschen und der Zerstörung der Natur auseinander. Was den Menschen krank macht, ihn demütigt und ihm seine Perspektiven raubt, ist nicht mehr ihr Thema. Neben der Rückführung früheren Protestpotenzials in die herrschenden Verhältnisse ist ihre zweite Funktion die von Innovationstrotteln: dem Kapital bei der Verbesserung seiner Verwertungsbedingungen zu helfen und diesen Absturz als 'ökologische Modernisierung' und 'Innovationsfähigkeit' zu verkaufen."

Kommunismus in der Fahrgastzelle

Montag, 19. November 2012

Hat der denn gar keine Ahnung von dem, was wir als Gesellschaft brauchen? Wir brauchen nicht weniger - wir brauchen mehr! Steuerentlastung für Carsharing! Da beklagen sich die Autohersteller allerorten und Flasbarth fordert keck, man solle Carsharing fördern, auf dass noch mehr Menschen sich ein Auto teilen. Das kann man ja mal ignorant nennen. Und nebenher nimmt man auch noch Bürger in Schutz, die sich weigern, Vollzeitkunden sein zu wollen, die auf Teilzeit besitzen, obgleich die Wirtschaft auf Vollzeit- und Vollblutkonsumenten angewiesen ist.

Belohnen gefährlicher Mentalitäten

Muss nicht auch der Präsident eines Umweltbundesamtes mehr als nur die Umwelt im Blick haben? Ist es in Zeiten, da uns in jedem Kommentar, in jeder Nachrichten- und Talksendung Sportpalastansprachen gehalten werden - Wollt Ihr die totale Ökonomie? -, nicht notwendig, gewisse Ideale in die ökonomischen Vorgaben einzuordnen? Flasbarth redet sich einfach. Wenn er sich für die Förderung geteilter Autos ausspricht, dann sagt er damit doch auch: Wo zwei oder drei in einer Fahrgastzelle versammelt sind, da werden ein oder zwei Fahrgastzellen gar nicht erst gebaut! Dabei brauchen wir doch etwas zu tun, wir brauchen Beschäftigung. Nicht weniger Autos sind notwendig, sondern mehr.

Hier weiterlesen...

Gleichnis von den Castingshows anvertrauten Talenten

Freitag, 16. November 2012

oder Eine kurze Abhandlung zu dem, was Talent sein soll und was nicht.

Der Musiker war stets Lakai. Er bot seine Künste, sei es als Betätiger eines Instruments, sei es als Sänger, feil. Zu musizieren oblag zunächst den Sklaven, später war es Berufung, manchmal auch Beruf. Angesehen war der Musikus deswegen noch lange nicht. Nicht als Intrumentalist, nicht als Sänger jedenfalls. Irgendwann war derjenige, der Musik schrieb, dann doch gesellschaftlich geachtet und allgemein umschwärmt. Reproduzierende Musiker, Sänger und Instrumentalisten also, blieben nur Medium, sah man als Leute an, die ein Handwerk beherrschten, die nach Noten sangen oder spielten, die ein anderer im Anflug von Kreativität für sie aufschrieb. Tim Blanning beschreibt das ganz anschaulich in seiner musikalischen Kulturgeschichte namens "Triumph der Musik" und meint weiter, dass die reproduzierende Gilde erst mit den Eintritt technischer Mittel die produzierende Partei (Komponisten) in der öffentlichen Gunst überflügelte. Die Möglichkeit Musik aufzuzeichnen und für ein Massenpublikum zu verstärken, gebar die Idee, dass dem Sänger und Instrumentalisten der Vorzug vor denen zu geben sei, die Music & Lyrics entwerfen.

Hier weiterlesen...

Du sollst nicht!

Donnerstag, 15. November 2012

Nicht mal Köhler war so ökonomisiert wie der jetzige Bundespräsident. Seine neulich gehaltene Rede vor Manager legt davon Zeugnis ab. Wieder mal war die Rede von "blanker Gier", wieder mal ging es um die "Zivilisierung von Gier", um einen "aufgeklärten Kapitalismus" zu schaffen. Der Mann klingt nicht wie jemand, der auch nur ansatzweise begriffen hat, worum es dieser Tage geht. In einem System der Deregulierung kann man nicht von Gier sprechen. Das wäre verlogen und dumm. Gauck äußert sich genau so.

Es ging beim Zusammenbruch des Finanzsystems doch nie um Gier. Natürlich war die auch Antrieb. Aber wo keine Barrieren aufgestellt werden, um diese widerwärtige menschliche Eigenschaft einzugrenzen, da darf man sich nicht wundern, dass sie rücksichtslos zuschlägt. Gauck spricht natürlich pastoral. Versteht der Mann eigentlich, dass Wirtschaftssysteme nicht mit frommen Du sollst nicht...!-Imperativen klappen? Dass Du sollst nicht...! etwas ist, was nur in einem Rahmen greift, in dem dieses Verbot auch verboten ist? Der deregulierte Finanzmarkt hat die Gier aber doch nicht verboten. Die Politik seit jener ominösen geistig-moralischen Wende hat doch in diese Richtung nur Lockerungen erlassen, die die zur Sprache gebrachte Gier entketteten.

Hier weiterlesen...

Facie prima

Heute: Der ehemalige "Hurensohn, aber unser Hurensohn"

Mit dieser Betitelung soll gar nicht der abgebildete, uns wohlbekannte Herr gemeint sein, sondern ein genereller Typus. Das heißt, er ist damit nicht mal selbst gemeint, wenn er hier abgebildet ist, sondern er repräsentiert nur seine Art. Mit dem Hurensohn, der aber unser Hurensohn sei, wird auf jenes berühmte Zitat Reagans angespielt, dass er auf Saddam Hussein münzte. Als das hier abgebildete Stereotyp noch unserer war, da winkte er freudig lächelnd aus hiesigen Gazetten. Jener rechts zumindest; andere seiner Art schüttelten deutschen Kanzlern freundschaftlich die Hand, standen dem Westen nahe, mal ökonomisch und geopolitisch, mal im Anti-Terror-Kampf. Zwielichtige Gestalten, die aber plötzlich gefällig gezeigt, mild und aufgehellt präsentiert wurden.

Hier weiterlesen...

In der Natur des Marktes

Mittwoch, 14. November 2012

Neulich wieder ein Gespräch geführt mit jemanden. Weniger ein Gespräch, mehr so zugehört, was er stammelte. Bisschen Widerstand geleistet, es dann aufgegeben. Brachte nichts. Säue tragen keine Perlen. Zugehört also, gelauscht, wie er meinte, dass der Markt zuerst war, bevor der Staat kam. Sinngemäß etwa so: Am Anfang schuf Gott den Menschen. Und der Mensch war wüst und finster. Und Gott sprach: Es werde Markt. Und Gott sah, dass der Markt gut war. Dann übersprang er die Schöpfungsgeschichte, holperte zur Vertreibung. Er sagte weiter: Weil du auf die Stimme des Marktes nicht gehört hast und den Staat gegründet hast, von dem ich dir geboten habe: Du sollst ihn nicht gründen! - so sei der Erdboden verflucht. Im Schweiße deines Angesichts sollst du deine Steuern zahlen, dich vom Staat knechten, unterdrücken und ausbeuten lassen. Denn Markt bist du, und zum Markt wirst du zurückkehren. Er hat es vielleicht doch weniger theatralisch formuliert. Mir war aber so, als hätte er es genau so gesagt. Quintessenz: Erst Mensch, dann Markt und später erst kam der Staat.

Hier weiterlesen...

Abschreckend sozial

Dienstag, 13. November 2012

Die FDP feierte sich letzte Woche als Partei sozialen Ausgleiches. Sie erklärte diesen sozialen Ansatz damit, dass sie sich für eine Abschaffung der Praxisgebühr aussprach. Zehn Euro pro Quartal ist der FDP ein sozialer Anstrich schon wert. Es ist für sie eine Investition, die ihr nicht schwerfällt, denn sie sieht die Praxisgebühr ohnehin für gescheitert an. Sie habe nie erfüllt, was man sich von ihr versprochen habe, denn sie hat nicht ausreichend vor Arztbesuchen abgeschreckt. So sagte das jedenfalls irgendein FDP-Landesminister nach dem sozialen Entschluss. Eine Erklärung, die deutlich macht, welches soziale Herz in der Brust dieser Partei pocht.

Hier weiterlesen...

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP