Es geht nicht um Geschlechts-, sondern um Gesellschaftsteile
Donnerstag, 4. Oktober 2012
Die Frauenquote in Aufsichträten börsennotierter Unternehmen hat mit Gleichstellungspolitik ungefähr so viel zu tun, wie ein hoher Spitzensteuersatz mit stalinistischer Kulakenexpropriation - beides wird trotzdem mit solchen Labels herausgeputzt. Jens Berger schildert es wie folgt: "Die Frage, welches Geschlecht die Aufsichtsräte der börsennotierten Unternehmen haben, hat mit Frauenpolitik ungefähr so viel zu tun, wie die Frage, ob in Schloss Bellevue rote oder gelbe Brokatvorhänge das präsidiale Schlafzimmer vor dem gleißenden Licht der Realität schützen, etwas mit Wohnungsbaupolitik zu tun hat."
Das Vorhaben bleibt ein klassenkämpferischer Akt von oben - die Quotierung beschränkt sich auf die feinen Stellen und Posten der Gesellschaft, auf so genannte Machtpositionen. Quoten in schmutzigen Männerdomänen sind nicht angedacht - fehlende weibliche Nachfrage im Maurer- oder Lackiererberuf entschuldigt die dortige Quotenunlust. Warum aber keine gesamtgesellschaftliche Anstrengung beabsichtigt ist, um Frauen auch solche Berufsfelder schmackhafter zu machen, erklärt das nicht.
Womöglich liegt es auch daran, dass Maurerinnen und Lackiererinnen Fußvolk sind, die die Welt nicht nachhaltig verändern würden. Und genau diese Laune zur allgemeinen Veränderung dieser Männer- und Machowelt war es ja, was sich die Emanzipationsbewegung (nicht ganz unberechtigt) auf die Wimpel kritzelte. Denn eine Welt, in der auch Frauen die Stellen besetzen, die Macht bedeuten, würde sich zwangsläufig verändern - das war eines jener Argumente. Weibliche Werte würden plötzlich Bedeutung erhalten, würden mit den Machtkompetenzen und -befugnissen korrespondieren und einfließen in notwendig zu treffende Entscheidungen.
Es kann gut sein, dass die elitären Klassenkämpferinnen heute immer wieder mal mit Gleichstellungsrhetorik dieser Spielart aufwarten. Man kann ja schlecht sagen, dass man die Gleichstellung vergewaltigt, indem man sie ausschließlich für Damen aus reichem Hause gebraucht. Da sagt man dann lieber etwas von weiblichen Vorzügen, von der Einbindung des Weiblichen in die Welt. Das Weibliche, die Substanz, die aus dem Pimmelreich ein Himmelreich machen soll. Das finden dann auch Kassiererinnen gut, die für weniger Geld immer mehr Kontrollzwang und Stress zu bewältigen haben - und selbst die Putzfrau sieht in der Frauenquote für Aufsichtsräte ihre theoretische Gleichheit gekommen.
Mit der Empathie einer Margaret Thatcher modellieren sie die Welt weiblicher. Mit der kühnen Barmherzigkeit Angela Merkels wird die Erde zum Idyll. Mit der bedingungslosen Mütterlichkeit Condoleezza Rices drückt das gute Weibliche der schlechten männlichen Welt den Stempel auf. Kurzum, die Welt mit mächtigen Frauen, sieht aus, wie die Welt unter Männern. Aggressivität ist nicht männlich oder weiblich, sie ist menschlich - der Krieg ist vom Menschen gegen den Menschen gemacht - Sozialabbau ist die Herzlosigkeit des geschlechterlosen Reichtums. Welche Ideale wollen Frauen in Aufsichtsräte bringen, die nicht schon längst dort verankert sind? Klassenkampf gegen die Armen ist jetzt und wird dann sein. Was hat eine weibliche Pflegekraft davon, dass ein Mensch ihres Geschlechts nun verstärkt die Chance haben kann, einem Aufsichtsrat beizuwohnen? Was hat der Leiharbeiter je davon gehabt, dass Menschen mit Penis Aufsichtsräte waren? Der Penis hat dem Penis doch keine Arbeitsplätze gesichert, er hat sie ihm allerdings im Namen des shareholder value genommen.
Die Klassenkämpferinnen für die Frauenquote zur Erlangung von Machtstellungen, kanalisieren die wirklichen Widerparte des Klassenkampfes. In dem ging es nur sehr marginal um Mann und Frau, es ging stets um Klassen, die ihre Interessen hegten - bis der Klassenkampf von Thatcher und New Labour, vom neuen Konservatismus und moderner Sozialdemokratie für beendet erklärt wurde. In diesem Milieu sucht sich der Klassenkampf unwirkliche Felder, wird er auf Geschlechter oder Generationen ausgeweitet, von der Klasse weggelockt. Die angedachte Frauenquote ist eine solche fehlgeleitete Entwicklung klassenkämpferischer Ambitionen. Sie ist eine Verlockung, mit der von wirklichen innergesellschaftlichen Kampffeldern weggelockt werden soll.
Es geht nicht um Geschlechts-, es geht um Gesellschaftsteile, die sich zu mobilisieren haben, um ihre Interessen durchzusetzen. Diese elitäre Frauenpolitik setzt keine allgemeinen Interessen durch - sie tut nur so.
Das Vorhaben bleibt ein klassenkämpferischer Akt von oben - die Quotierung beschränkt sich auf die feinen Stellen und Posten der Gesellschaft, auf so genannte Machtpositionen. Quoten in schmutzigen Männerdomänen sind nicht angedacht - fehlende weibliche Nachfrage im Maurer- oder Lackiererberuf entschuldigt die dortige Quotenunlust. Warum aber keine gesamtgesellschaftliche Anstrengung beabsichtigt ist, um Frauen auch solche Berufsfelder schmackhafter zu machen, erklärt das nicht.
Womöglich liegt es auch daran, dass Maurerinnen und Lackiererinnen Fußvolk sind, die die Welt nicht nachhaltig verändern würden. Und genau diese Laune zur allgemeinen Veränderung dieser Männer- und Machowelt war es ja, was sich die Emanzipationsbewegung (nicht ganz unberechtigt) auf die Wimpel kritzelte. Denn eine Welt, in der auch Frauen die Stellen besetzen, die Macht bedeuten, würde sich zwangsläufig verändern - das war eines jener Argumente. Weibliche Werte würden plötzlich Bedeutung erhalten, würden mit den Machtkompetenzen und -befugnissen korrespondieren und einfließen in notwendig zu treffende Entscheidungen.
Es kann gut sein, dass die elitären Klassenkämpferinnen heute immer wieder mal mit Gleichstellungsrhetorik dieser Spielart aufwarten. Man kann ja schlecht sagen, dass man die Gleichstellung vergewaltigt, indem man sie ausschließlich für Damen aus reichem Hause gebraucht. Da sagt man dann lieber etwas von weiblichen Vorzügen, von der Einbindung des Weiblichen in die Welt. Das Weibliche, die Substanz, die aus dem Pimmelreich ein Himmelreich machen soll. Das finden dann auch Kassiererinnen gut, die für weniger Geld immer mehr Kontrollzwang und Stress zu bewältigen haben - und selbst die Putzfrau sieht in der Frauenquote für Aufsichtsräte ihre theoretische Gleichheit gekommen.
Mit der Empathie einer Margaret Thatcher modellieren sie die Welt weiblicher. Mit der kühnen Barmherzigkeit Angela Merkels wird die Erde zum Idyll. Mit der bedingungslosen Mütterlichkeit Condoleezza Rices drückt das gute Weibliche der schlechten männlichen Welt den Stempel auf. Kurzum, die Welt mit mächtigen Frauen, sieht aus, wie die Welt unter Männern. Aggressivität ist nicht männlich oder weiblich, sie ist menschlich - der Krieg ist vom Menschen gegen den Menschen gemacht - Sozialabbau ist die Herzlosigkeit des geschlechterlosen Reichtums. Welche Ideale wollen Frauen in Aufsichtsräte bringen, die nicht schon längst dort verankert sind? Klassenkampf gegen die Armen ist jetzt und wird dann sein. Was hat eine weibliche Pflegekraft davon, dass ein Mensch ihres Geschlechts nun verstärkt die Chance haben kann, einem Aufsichtsrat beizuwohnen? Was hat der Leiharbeiter je davon gehabt, dass Menschen mit Penis Aufsichtsräte waren? Der Penis hat dem Penis doch keine Arbeitsplätze gesichert, er hat sie ihm allerdings im Namen des shareholder value genommen.
Die Klassenkämpferinnen für die Frauenquote zur Erlangung von Machtstellungen, kanalisieren die wirklichen Widerparte des Klassenkampfes. In dem ging es nur sehr marginal um Mann und Frau, es ging stets um Klassen, die ihre Interessen hegten - bis der Klassenkampf von Thatcher und New Labour, vom neuen Konservatismus und moderner Sozialdemokratie für beendet erklärt wurde. In diesem Milieu sucht sich der Klassenkampf unwirkliche Felder, wird er auf Geschlechter oder Generationen ausgeweitet, von der Klasse weggelockt. Die angedachte Frauenquote ist eine solche fehlgeleitete Entwicklung klassenkämpferischer Ambitionen. Sie ist eine Verlockung, mit der von wirklichen innergesellschaftlichen Kampffeldern weggelockt werden soll.
Es geht nicht um Geschlechts-, es geht um Gesellschaftsteile, die sich zu mobilisieren haben, um ihre Interessen durchzusetzen. Diese elitäre Frauenpolitik setzt keine allgemeinen Interessen durch - sie tut nur so.
8 Kommentare:
Aus Deiner eurozentristischen Perspektive stimme ich Dir zu. Frau sein allein ist kein Programm.
Es ist übrigens politisch nicht mehr korrekt, "Frauen zu sagen. Die heißen jetzt "Menschen" mit Menstruationshintergrund". (Satire aus)
Den Millionen von Frauen (Schwestern), die in den Ländern des Trikont für ein paar Cent pro Stunde preiswerte Produkte für die westeuropäische Wohlstandslady, die emma-lesende Mittelstandsfeministin und die weniger betuchte KIK-Kundin herstellen, geht diese Gleichstellung gaaaaanz weit am Popo vorbei.
"Quoten in schmutzigen Männerdomänen sind nicht angedacht ..."
Dieser Artikel ist die Entlarvung der Scheinheiligkeit.
der Herr Karl
wunderbarer artikel; und treffend.
ANMERKER MEINT:
Eine treffliche Analyse lieber Roberto.
Vielleicht sollte noch angemerkt werden, dass die „Frauenquote für die Aufsichtsräte“ schon deshalb nichts anderes als Augenwischerei ist, weil an den eigentlichen Firmenstrukturen dadurch gar nichts geändert wird. Die sind nämlich dadurch geprägt, dass im mittleren Entscheidungsmanagement fast nur Männer das Sagen haben, denen von kompetenten Frauen „zugearbeitet“ wird. Dieses mittlere Management hat aber null Interesse daran, dass sich etwas ändert. Und genau deshalb wird dort auch nicht angesetzt im Hinblick auf Veränderungen. Oben Spielwiese, unten Machtalltag!
Wenn jetzt ein Frauentyp wie der von-der-Leyen im Aufsichtsrat sitzt, bleibt die Frage: Wo bleibt der Frauenanteil?
Der Artikel hat mich tief berührt - positiv - echt stark...
Ein Satz hat mich regelrecht "umgehauen" "Mit der kühnen Barmherzigkeit Angela Merkels wird die Erde zum Idyll."
Danke
Gruß
Hartmut
An den Universitäten ist es nicht viel anders. Der Schub zur ELitisierung ging interessanterweise mit einer Qoutierung einher. Der universitä#re Feminismus hat sich seitdem im Elfenbeinturm ein Zimmer zugewiesen bekommen und mit der Dichtmachung der Tore am unteren Eingang, schaut man auch nur mehr selten bei den wenigen Fenstern hinaus. Man hat sich oben in allerlei Spiele des Geistes verstrickt und ist eifrig am dozieren und ehren notwendiger Elemente einer universitären Biographie.
Das verweise ich nur gerne auf Schwanitz' großartigen Roman Der Campus. Der umreißt den Elfenbeinturm des universitären Feminismus trefflich.
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