Die Reichen in Burundi
Donnerstag, 11. Oktober 2012
Andernorts, in Pakistan oder Burundi beispielsweise, lebt man mit umgerechnet 364 Euro monatlich, in der überdurchschnittlichen, in der gehobenen Verdienstklasse. Daher ist es ein Frevel an der Realität dieser Welt, über Hartz IV zu klagen. Weil ein Hartz IV-Leistungsberechtigter ein potenzieller Spitzenverdiener in Burundi sein könnte, soll er zufrieden sein müssen. Soviel Gespür sollte man von den so genannten Armen schon verlangen!
Das ist natürlich hanebüchener, aber nicht selten zu hörender Unsinn. Nicht nur, weil der Leistungsanspruch wegfallen würde, sollte sich ein Hartz IV-Empfänger dazu durchringen, seinen Wohnsitz von Deutschland weg, folglich dorthin zu verlagern, wo er reich und vermögend sein könnte. Sondern auch, weil die Relativierung der Armut durch noch größere Armut eines der größten Verbrechen ist, die man den Heerscharen von Armen antun kann. Wer so argumentiert rechtfertigt Armut und verfestigt sie.
Orientierte sich die hiesige Armut an der Armut in Entwicklungsländern, so müsste sie nur Danke! rufen und in chronischer Ergebenheitshaltung verharren. Entwicklung wäre somit nicht denkbar, Rückbau wäre Maxime, denn selbst bei Kürzungen wäre der Empfänger von Sozialleistungen immer noch Topverdiener in Burundi. Die Ausrichtung an einem Entwicklungsland entwickelt in Industrienationen nur Zustände, die hinter einem vermeintlich allgemeinen Wohlstand verborgen bleiben.
Diese dreiste Masche, Armut gegen Armut anzusetzen, den einen Teil der Armen heranzuziehen, um den anderen Teil der Armen zu diskreditieren, wird von Menschen betrieben, die mit Armut nichts zu tun haben. Sie deuteln Richtung Afrika und Asien und meinen, das sollte als Beispiel genügen, damit die hier ansässige Armut schweigt. Drehte man den Spieß um, würde man nach Afrika zeigen und die dortige fehlende Rechtssicherheit, den mangelnden sozialen Frieden und die ab und an gewalttätige Pogromstimmung gegen Reiche und Reichtum hochhalten, würde man das brüsk als polemischen Populismus abtun. Das sei schließlich nicht dasselbe!
Klar ist, dass Armut hier und Armut dort sich unterscheiden. Die zum Himmel schreiende Armut in Entwicklungsländern, die an die Existenz geht, ist aber nicht die Richtschnur für eine psychologisch knechtende, für eine sozial ausgrenzende, für eine geistig stumpf machende Armut, wie sie in den Industrieländern herrscht. Die existenziell gefährdende Armut dort ist kein Vergleich zur klassistischen Armut hier - die abstumpfende, entsozialisierte und psychologische Armut hier ist kein Maßstab für die Hungerarmut dort.
Beides sind Missstände, beides gehört beseitigt, beides sind Auswirkungen derselben Maxime, desselben Systems, derselben Geisteshaltung. Beide Armutserscheinungen sind verschwistert und durch das harte Band des Kapitalismus von einem Blut. Die Relativierung der Armut durch die Armut andernorts ist nihilistisch, fortschrittsbehindernd, opportun und armutsverfestigend. Ob beabsichtigt oder nicht, ob bewusst oder nicht: das entscheidet der Einzelfall. Aber dass solche "realistischen Einschätzungen" nur den Herrschaftsansichten und -strukturen dienen, stimmt in jedem Falle.
Wobei die realistische Einschätzung, absichtlich zwischen Anführungszeichen geklemmt, nicht realistisch sind, sondern Abbild einer maladen Dialektik, die von sich selbst annimmt, noch reibungslos zu funktionieren. Eine Familie in Burundi kann mit dem Regelsatz in Burundi fürstlich leben - aber bekommt sie den Regelsatz, so hat sie ihren Wohnsitz in Deutschland. Anders gesagt: In Deutschland ist ihre Armut trotz fürstlicher Apanage weiterhin gewährleistet.
Wer solcherlei Vergleiche für sinnvoll oder gar realistisch abtut, dem geht jegliche Rationalität ab. Der könnte auch den Suff verursacht durch Wodka und verursacht durch Amaretto vergleichen und feststellen, dass letzterer erträglicher und vielleicht auch akzeptabler und gesünder sei, weil er geschmacklich ausgereifter ist. Man kann Armut und Armut nur über die Gemeinsamkeit der Armut vergleichen - vergleicht man sie von den Unterschieden herkommend, so vergleicht man nicht, man relativiert. Unterschiedliche Erscheinungsformen gibt es, aber sie sind strukturell bedingte Aspekte, die nicht spalterisch zu bewerten sind, sondern als dasselbe Übel aus derselben Quelle.
Die Reichen in Burundi, die bei uns arm genannt werden, weil sie einen Leistungsanspruch nach Sozialgesetzbuch haben, sind die ganz große Mär und die noch viel größere Infamie einer Konservatismus, der möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, damit auch morgen noch Arme kraftvoll anpacken müssen - in Teilzeit und zu Hungerstundensätze, versteht sich.
Das ist natürlich hanebüchener, aber nicht selten zu hörender Unsinn. Nicht nur, weil der Leistungsanspruch wegfallen würde, sollte sich ein Hartz IV-Empfänger dazu durchringen, seinen Wohnsitz von Deutschland weg, folglich dorthin zu verlagern, wo er reich und vermögend sein könnte. Sondern auch, weil die Relativierung der Armut durch noch größere Armut eines der größten Verbrechen ist, die man den Heerscharen von Armen antun kann. Wer so argumentiert rechtfertigt Armut und verfestigt sie.
Orientierte sich die hiesige Armut an der Armut in Entwicklungsländern, so müsste sie nur Danke! rufen und in chronischer Ergebenheitshaltung verharren. Entwicklung wäre somit nicht denkbar, Rückbau wäre Maxime, denn selbst bei Kürzungen wäre der Empfänger von Sozialleistungen immer noch Topverdiener in Burundi. Die Ausrichtung an einem Entwicklungsland entwickelt in Industrienationen nur Zustände, die hinter einem vermeintlich allgemeinen Wohlstand verborgen bleiben.
Diese dreiste Masche, Armut gegen Armut anzusetzen, den einen Teil der Armen heranzuziehen, um den anderen Teil der Armen zu diskreditieren, wird von Menschen betrieben, die mit Armut nichts zu tun haben. Sie deuteln Richtung Afrika und Asien und meinen, das sollte als Beispiel genügen, damit die hier ansässige Armut schweigt. Drehte man den Spieß um, würde man nach Afrika zeigen und die dortige fehlende Rechtssicherheit, den mangelnden sozialen Frieden und die ab und an gewalttätige Pogromstimmung gegen Reiche und Reichtum hochhalten, würde man das brüsk als polemischen Populismus abtun. Das sei schließlich nicht dasselbe!
Klar ist, dass Armut hier und Armut dort sich unterscheiden. Die zum Himmel schreiende Armut in Entwicklungsländern, die an die Existenz geht, ist aber nicht die Richtschnur für eine psychologisch knechtende, für eine sozial ausgrenzende, für eine geistig stumpf machende Armut, wie sie in den Industrieländern herrscht. Die existenziell gefährdende Armut dort ist kein Vergleich zur klassistischen Armut hier - die abstumpfende, entsozialisierte und psychologische Armut hier ist kein Maßstab für die Hungerarmut dort.
Beides sind Missstände, beides gehört beseitigt, beides sind Auswirkungen derselben Maxime, desselben Systems, derselben Geisteshaltung. Beide Armutserscheinungen sind verschwistert und durch das harte Band des Kapitalismus von einem Blut. Die Relativierung der Armut durch die Armut andernorts ist nihilistisch, fortschrittsbehindernd, opportun und armutsverfestigend. Ob beabsichtigt oder nicht, ob bewusst oder nicht: das entscheidet der Einzelfall. Aber dass solche "realistischen Einschätzungen" nur den Herrschaftsansichten und -strukturen dienen, stimmt in jedem Falle.
Wobei die realistische Einschätzung, absichtlich zwischen Anführungszeichen geklemmt, nicht realistisch sind, sondern Abbild einer maladen Dialektik, die von sich selbst annimmt, noch reibungslos zu funktionieren. Eine Familie in Burundi kann mit dem Regelsatz in Burundi fürstlich leben - aber bekommt sie den Regelsatz, so hat sie ihren Wohnsitz in Deutschland. Anders gesagt: In Deutschland ist ihre Armut trotz fürstlicher Apanage weiterhin gewährleistet.
Wer solcherlei Vergleiche für sinnvoll oder gar realistisch abtut, dem geht jegliche Rationalität ab. Der könnte auch den Suff verursacht durch Wodka und verursacht durch Amaretto vergleichen und feststellen, dass letzterer erträglicher und vielleicht auch akzeptabler und gesünder sei, weil er geschmacklich ausgereifter ist. Man kann Armut und Armut nur über die Gemeinsamkeit der Armut vergleichen - vergleicht man sie von den Unterschieden herkommend, so vergleicht man nicht, man relativiert. Unterschiedliche Erscheinungsformen gibt es, aber sie sind strukturell bedingte Aspekte, die nicht spalterisch zu bewerten sind, sondern als dasselbe Übel aus derselben Quelle.
Die Reichen in Burundi, die bei uns arm genannt werden, weil sie einen Leistungsanspruch nach Sozialgesetzbuch haben, sind die ganz große Mär und die noch viel größere Infamie einer Konservatismus, der möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, damit auch morgen noch Arme kraftvoll anpacken müssen - in Teilzeit und zu Hungerstundensätze, versteht sich.
16 Kommentare:
Wie pflegte man vor 1989 in der alten Bundesrepublik zu sagen? - Wenns Dir hier nicht passt, geh doch nach drüben!
Ist das nur eine Feststellung, ein Einwurf? Oder eine Empfehlung an mich, die Zelte abzubrechen in diesem Lande?
Dass ein H-4-Empfänger in Burundi zu den Reichen zählen würde, hat auch etwas mit den unvergleichlich niedrigen Lebenshaltungskosten im Trikont zu tun. Von 364 Euro könnte hier in D. nicht einmal die meisten Mieten bezahlt werden.
Abgesehen davon profitiert in D. auch der H-4-Empfänger von der Ausbeutung der Entwicklungsländer (Beisp.: Kleidugn von KiK), weil die Jeans ja so billig ist und der Kaffee im Sonderangebot lockt. Das hat aber strukturelle Ursachen, und ist nicht in der Verantwortung des Individuums zu suchen.
@Roberto J. De Lapuente
Potemkin hat sicher einen Gedanken, der auch mir schon durch den Kopf geschossen ist.
Das "Wenn's Dir hier nicht passt, geh doch nach drüben!" hatte damals sicher was damit zu tun, dass man mal in die Sowjetunion gehen soll, um zu sehen, denen geht es noch dreckiger als uns hier im "Goldenen Westen".
Heute hat diese Funktion eben die Dritte und Vierte Welt.
Ein heutiger Neoliberale würde wohl sagen, und ich bin mir fast sicher, dass es schon einer so geäußert hat:
"[...]Wenn's Dir hier nicht passt, geh doch nach Afrika[...]"
--- oder in ein x-beliebiges anderes Land der sogenannten Dritten und Vierten Welt.....
Ich finde es übrigens toll, dass Du das "teile und herrsche" genau so beschrieben hast wie ich es auch sehe....
...ich denke einmal die Strategie ist uralt - Gab es nicht anno 1870/71 schon solche Sprüche?
Hieß es nicht damals:
"[...]Wenn's Dir hier nicht passt im Deutschen Reich, dann geh doch ins Ausland[...]"
...Heinrich Heine war damals einer der dt. Dichter, die diesem Rat folgten....
...wie bereits erwähnt, darauf wollte Potemkin wohl hinweisen....
Gruß
Bernie
Zum Kommentar
"Ein heutiger Neoliberale würde wohl sagen, und ich bin mir fast sicher, dass es schon einer so geäußert hat:
"[...]Wenn's Dir hier nicht passt, geh doch nach Afrika[...]"
Nein, nein, Nordkorea, oft auch Kuba, sind bei neoliberalen Foristen erste Wahl, wenn sie am Ende ihres Lateins sind, wie ich aus eigener entgegengeschleuderter Erfahrung weiß.
"[...]Dass ein H-4-Empfänger in Burundi zu den Reichen zählen würde, hat auch etwas mit den unvergleichlich niedrigen Lebenshaltungskosten im Trikont zu tun. Von 364 Euro könnte hier in D. nicht einmal die meisten Mieten bezahlt werden[...]"
Du hast wohl nicht verstanden worauf Roberto J. de Lapuente mit seinem Text hinaus wollte - Oder?
"[...]Abgesehen davon profitiert in D. auch der H-4-Empfänger von der Ausbeutung der Entwicklungsländer (Beisp.: Kleidugn von KiK), weil die Jeans ja so billig ist und der Kaffee im Sonderangebot lockt. Das hat aber strukturelle Ursachen, und ist nicht in der Verantwortung des Individuums zu suchen[...]"
Wäre der letzte Satz nicht, dann würde ich dir HartzIV-Bashing vorwerfen.
Übrigens, auch so mancher H-4-Empfänger soll aus den Ländern die
Roberto J. De Lapuente hier erwähnt hat stammen, und so mancher Asylant/-in soll auch von den Verhältnissen der "Ausbeutung in den Entwicklungsländern" profitieren, wenn er in Deutschland Asyl beantragt - Fazit: Was will uns dein Text wohl sagen? Die "bösen" "Harties" wieder? Vergiß mal lieber nicht, dass jeder, insofern er nicht superreiche Eltern hat, irgendwann selbst einmal Opfer der Jobcenter werden könnte - Das Damoklesschwert in Deutschland heißt Hartz IV.
Amüsierte Grüße
Bernie
PS: Es soll aber nicht verschwiegen werden, und beschönigt, dass Asylanten/-innen oft sogar noch schlechter als "Hartzies" gestellt sind - Der Grund? Die haben bei unseren PolitikerInnen - mit Ausnahme der Linkspartei - ganz schlechte Karten, die Menschen die hier aus Gründen der politischen Verfolgung Asyl suchen - Rassismus von CDU/CSU/FDP/SPD und ja, leider auch den Grünen, spielt hier eine große Rolle - bei der Schlechterstellung von Asyl suchenden Menschen - auch ganz ohne NSU-Terroristen sind viele Deutsche Alltagsrassisten.
Übrigens - hier gehört natürlich der Hinweis dazu, dass ernsthafte Erhebungen Armut wohlweislich als Relative Armut über einen Median ermitteln, weil Aussagen über die Entwicklung derselben getroffen und - wie ganz richtig geschrieben - eben nicht dümmliche Vergleiche mit Afrika gezogen werden sollen.
Deswegen sind Neoliberale ja auch so verbissene Anhänger des Begriffs der Absoluten Armut.
Sogar im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung wird immerhin korrekt mit der relativen Armut operiert.
Diese Ermittlung über den Median schlägt den neoliberalen Gesundbetern übrigens auch das "Argument" mit dem Durchschnitt aus der Hand, wenn sie gern behaupten, die Armut würde verschwinden, wenn man oben noch mehr draufpackt, weil sich ja dann der Durchschnitt über die Armutsschwelle erheben könne.
ich habe geweint.....beim lesen Deines Ursprungtextes....
Hartmut
Diese Meinung, die Roberto zu Recht anprangert, ist in Deutschland weitverbreitet. Selbst unter vermeintlich aufgeklärten und sich als sozial mitfühlend generierenden Menschen. Wie oft wurde mir diese schon als Totschlagargument entgegengeschschleudert. Doch es beweist eigentlich nur, dass derjenige sich nicht einmal in Ansätzen mit den Realitäten von Armut auseinandergesetzt hat.
Es gibt noch ein weiteres, äußerst gewichtiges Argument, welches jedoch von vielen nach dem Hören der reinen Begrifflichkeit dümmlich beseite geschoben wird: Relative Armut. Glauben diese doch zu wissen, dass ein relativ Armer ja nicht wirklich arm sei, sondern sich eben nur keinen Porsche leisten könne - also mit wirklicher Armut nichts zu tun hätte. "Gutmenschliches" Geschwafel eben, um mit dem Armuts-Begriff noch ein bisschen zu trommeln.
All dies ist relative Armut nicht. Bei relativer Armut geht es um Dinge, die über die Erscheinungsform der absoluten Armut (Hunger, Durst, Obdachlosigkeit) hinausgehen. Denn der Mensch ist ein soziales Wesen - ohne soziale Interaktionen verkümmert er, stirbt in Vereinsamung ab, wird innerlich abgetötet. Relative Armut beschreibt also die Unmöglichkeit, an gesellschaftlich absolut üblichen Dingen und Verhaltensweisen teilzunehmen und deshalb von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden/sein. Der Mensch lebt in seinem sozialen Umfeld, steht in Relation zu diesem.
Beispiel. So mag es denn in vielen afrikanischen Ländern üblich sein, dass sich die Dorfgemeinschaft jeden Abend vor der Hütte des Dorfältesten trifft, alle vom mitgebrachten Brot essen und Maisbier oder aus dem Dorfbach trinken und gemeinsam Lieder singen. Das wäre also dort so üblich und es würde die dort gängige Form des Zusammenlebens und der sozialen Interaktion sein.
Nun stelle man sich jedoch einmal vor, wir würden uns in Deutschland vor dem Rathaus häuslich niederlassen, mitgebrachtes Essen auspacken, aus dem Rathausbrunnen trinken und Lieder singen oder fröhlich miteinander scherzen. Da würden wir nicht nur alsbald von der Polizei vertrieben werden. Die Vorbeilaufenden würden auch alle mit dem Kopf schütteln und verächtlich auf uns herabschauen. Weil es eben nicht das übliche soziale Verhalten in unserer Gesellschaft ist. Stattdessen ist es gesellschaftlich normal und üblich, dass man sich in einem Cafe, einem Restaurant, einer Kneipe trifft. Und das nicht nur in der kalten Jahreszeit, die dies sowieso unabdingbar macht.
Wer von den gängigen sozialen Verhaltensweisen mangels Einkommen ausgeschlossen ist, der ist relativ arm. Eben genau deshalb habe ich in meiner Untersuchung "Was der Mensch braucht" nicht darauf verzichtet/verzichten können, eine (wenngleich äußerst geringe) Menge Alkohol und Zigaretten aufzunehmen. Weil es gesellschaftlich absolut üblich ist und in unserem täglichen Zusammenleben dazugehört.
Weil eben auch im Grundgesetz gesellschaftlich-soziale Teilhabe festgeschrieben ist, was auch das Bundesverfassungsgericht richtigerweise so erkannt hat. Weil jemand, der diese Teilhabemöglichkeit nicht hat, aus der Gesellschaft exkludiert ist.
Hallo,
den Spruch "Geh doch rüber!" kenne ich auch noch gut.
Damit war auch gemeint: "Deine weltverbessernden Sprüche kannst Du Dir sparen, geh dahin wo es nach Deiner Meinung besser ist und komme nicht auf die Idee, hier was ändern zu wollen!"
Gleiche Denkweise heute wie damals.
Ich wende diese Sprüche gerne umgekehrt an: wenn wir auf Betriebsversammlungen vorgehalten bekommen, wir sollten uns doch mal mit anderen (nicht nur branchenintern) vergleichen und mal schauen, was ein Schlecker- oder Aldi-Mitarbeiter bekommt, biete ich den anwesenden Vorständen und Direktoren an, sich mit dem Gehalt eines KIK-Vorstandes anzufreunden. Dann werden sie immer so rot wie ihre Krawatten ;-) und platzen fast "Das könne man nicht vergleichen", "das ist viel zu eindimensional gedacht", "Ob ich eine Neiddebatte lostreten wolle" etc.
Nein, meine Herren, Sie haben mit diesen unlauteren Vergleichen angefangen!
Probiert es aus auf Betriebsversammlungen oder ähnlichem, lehnt Euch zurück genießt die Reaktion, denn "getroffene Hunde bellen"! Oder auch: wer keine Argumente hat, wird laut!
Gruß
Mada
Re.: "Wenn's Dir hier nicht passt, geh doch nach drüben!" ...
Komisch, ich hab' mich immer darüber gewundert, dass eine solche Ansage nie kam, wenn die Heulsusen von Arbeitgeberverband oder BDI mal wieder ihr Mantra vom "Löhne runter, Steuern kürzen und Sozialstaat verkleinern" aufsagten. Das "Drüben" wäre in dem Fall natürlich woanders gewesen.
"[...]Nein, nein, Nordkorea, oft auch Kuba, sind bei neoliberalen Foristen erste Wahl, wenn sie am Ende ihres Lateins sind, wie ich aus eigener entgegengeschleuderter Erfahrung weiß[...]"
@garfield
Hast natürlich recht, ich war wohl noch zu sehr von Roberto J. de Lapuentes vorzüglichem Text beeinflußt als ich das schrieb - und den ich gleich zur weiteren Verbreitung weiterempfohlen habe, wie immer.
Amüsierte Grüße
Bernie
Bernie 9:42: Du hast mich vermutlich nicht verstanden. Während Robert beschreibt, dass Armut relativ auf das jeweilige Gesellschaftssystem und seinen Lebensstandard zu beziehen ist, sei es mir doch erlaubt, trotzdem auch absoluten Vergleiche zu ziehen. Ich wollte lediglich verdeutlichen, dass die finanzielle Schwelle zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in D. wesentlich höher ist, als in den Entwicklungsländern. Mir ist die Definition von Armut in D. durchaus bekannt.
http://www.armut.de/definition-von-armut.php
In Deutschland sind keine Massen auf der Flucht, evtl. einige sogenannt "Illegale" (kein Mensch ist illegal"), Flüchtlinge, die ohne legalen Aufenthaltsstatus Kirchenasyl. Es schlagen auch nirgendwo Bomben ein. In D. haben -auch wiederum mit Ausnahmen- die meisten H-IV-Empfänger Zugang zu sauberem Trinkwasser, med. Versorgung, Bildung usw. Die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse werden pro forma von den Herrschenden noch zugestanden.
Ich frage mich, was es z. B. mit H-IV-Bashing zu tun hat, wenn 1/4 der Weltbevölkerung (Industrieländer) 75 % der weltweit produzierten Rohstoffe, Energie und Nahrungsmittel Nahrungsmittel verbraucht. Eine deutsche Frau verbraucht 17 mal so viel Energie wie eine Inderin. Kinder in den arabischen Ländern bekommen an Proteinen und Vitaminen 1/10 dessen, was in den USA an Hunde und Katzen verfüttert wird. Für Tiernahrung wird in D. jährlich mehr Geld ausgegeben, als einige afrikanische Länder im gesamten Staatsbudget haben.
Deshalb bin ich für die (jetzt kommen distanzierende Gänsefüßchen, weil rechte Propaganda)"Einwanderung in die Sozialsysteme der Länder, die genießbare Lebensmittel tonnenweise auf den Müll werfen.
Grenzen auf für ALLE! Frontex auflösen.
Lieber Anonym vom 11.10.2012 16:06
Ich warte mal gespannt auf Robertos Ausführungen zu deinen Auslassungen, die 1:1 auf seinen Text passen - nur anders als Du evtl. denkst:
Du bestätigst mit deinen Ausführungen doch genau was Roberto J. de Lapuente mit seinem Text meint - Ist dir das schon aufgefallen?
Ich auf jeden Fall betrachte die Diskussion mit dir als beendet, und überlasse es anderen hier darauf zu antworten.
Amüsierte Grüße
Bernie
Wenn man davon spricht, dass die Leitkultur des Verbrauchs und der Verschwendung, der die westlich geprägten Industrieländer frönen, zurückgeführt werden müsse auf ein überlebensverträgliches Maß, kriegt man zu hören, man könne doch den nachrückenden Gesellschaften nicht den Lebensstandard verwehren, den man für sich selbst in Anspruch nehme.
Dieses Argument ist ideologisch, weil es davon absieht, wie riesengroß die Unterschiede in den Lebenslagen und natürlich im Ressourcenverbrauch weltweit sind, und weil die immer wiederholte Behauptung, alle wollten so sein wie wir, nichts anderes ist als eine psychologisch leicht durchschaubare Legitimation des eigenen, idiotischen Lebensstils: Wenn alle das nachmachen, muss es richtig sein, auch wenn die Zukunft dabei draufgeht.
wieder mal auf den punkt gebracht. und es macht eben einen riesenunterschied, ob man in burundi als armer unter armen um sein überleben kämpft oder in der brd als armer von politik, medien und "anständigen bürgern" so ganz nebenbei auch noch als schmarotzer gebrandmarkt wird. vorzugsweise durch "liberale" und deren sprüchen "vom jammern auf hohem niveau" oder " leben auf kosten der 3. welt", was ja bekanntlich nur kik-käufer machen, wobei wir dann wieder bei burundi wären.
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