Abwechslungsreichtum

Samstag, 7. Januar 2012

Das karibische Bündnis an der Saar ist geplatzt. Die Zeichen stehen auf Neuanfang.
Die, die bislang im schwarzen Geschäftsanzug in den Regierungsbänken flegelten,
die sich in Sprechblasen artikulierten,
die den Sozialstaat demontierten,
die das Gesundheitssystem torpedierten,
die Lehren des Neoliberalismus verbreiteten,
die Reichensteuern ablehnten,
die den enger geschnallten Gürtel predigten,
die das aktuelle Wirtschaftswunder bejubelten,
und die eintretende Vollbeschäftigung reformerisch begründeten,
werden nun auseinandergetrieben.
Das Saarland wird neu aufgestellt. Zwei Möglichkeiten gibt es:

Der Rest formiert sich mit einem Teil der Opposition zu einer Koalition, die im Volksmund die Große genannt wird.
Dann reihen sich welche im nachtschwarzen Sakko in die Regierungsbänke ein,
plappern vorgeformte Sprechblasen nach,
erklären den Sozialstaat für unbezahlbar,
sorgen dafür, dass das Gesundheits- ein Krankheitssystem wird,
lehren das neoliberale Einmaleins,
tragen schwere Bedenken bezüglich Reichensteuer,
mahnen zu enger gegürteten Lederbändern,
suhlen sich im aktuellen Wirtschaftwunder
und beglückwünschen sich zu den schwindenden Arbeitslosenzahlen aufgrund erfolgreicher Reformen von dazumal.

Oder aber es gibt Neuwahlen, neue Prozentzahlen, die alte Konstellationen aufwerfen.
Der Wähler sorgt dann dafür, dass dunkle Anzüge im Anzug auf Regierungsbänke sind,
Sprechblasen Konjunktur haben,
der Sozialstaat für altbacken gehalten,
das Gesundheitssystem nach Steueraufkommen eingeführt wird,
die reine Lehre des Neoliberalismus erhalten bleibt,
die Reichensteuer für sozialistisch,
der enge Gürtel für demokratisch,
das aktuelle Wirtschaftswunder für phantastisch gehalten wird
und die Arbeitslosen endgültig aus den Statistiken verschwinden.

So oder ganz genauso. Der Abwechslungsreichtum ist das Salz in der Suppe der Postdemokratie.



9 Kommentare:

Abghoul al Hazzard 7. Januar 2012 um 10:59  

Immerhin ist es doch von nicht geringer dekorativer Relevanz welche Farbe die Krawatten der Herrn in den schwarzen Anzügen haben.
Obwohl vielleicht sollten sie einfach braune tragen.
Bei den Damen bin ich mir noch nicht sicher wie ihre dekorative Relevanz am besten genutzt werden könnte.
Kopftücher sind ja problematisch...

endless.good.news 7. Januar 2012 um 11:06  

"der Sozialstaat für altbacken gehalten"

Das ist besonders komisch, da der aktuelle Neoliberalismus deutlich älter und altbackener ist.

Anonym 7. Januar 2012 um 13:47  

Abghoul al Hazzard 7. Januar 2012 10:59 :

Für die Damen ein schwarzes Dirndl mit braunem Mieder und Rüschchenbluse.

Anonym 7. Januar 2012 um 14:33  

Jaja )) und die Moral des Immoralismus erst:
http://www.textlog.de/6647.html
Als »Immoralismus« bezeichnet Nietzsche seine Lehre: die Verlegung aller Wertakzente des gesellschaftlichen Daseins auf die höchsten Individuen, unter völliger Gleichgültigkeit gegen die Vielen und ihre Zustände; die Predigt einer unbarmherzig auslesenden Züchtung, die für die Elenden und Zukurzgekommenen keinerlei Mitleid und Altruismus besitzt, weil alle Abwärtswendung des Interesses, alle scheinbare Sittlichkeit der Güte und Herablassung die Steigerung des Lebens zu noch unerreichten Höhen aufhält, eine Verkümmerung der Führenden auf das Niveau der Masse bedeutet: »Die Fernsten sind es, die eure Nächstenliebe bezahlen müssen.« Der Haß gegen die »Selbstlosigkeit«, die den Starken zum Diener des Schwachen, den Gesunden zum Diener des Kranken machen will - alles dies erscheint ihm selbst und viel zu vielen seiner Anhänger und Gegner als gegen die Moral gerichtet.

Sehr, sehr altbacken ... in der Tat. Dagegen ist Sozialstaat in Wahrheit eigentlich ein Kind. Es kann nicht um etwas Neues gehen, es geht schlicht um etwas Altes, zurück zum Alten, würde ich eher formulieren.

Wieso kommt mir jetzt nur ausgerechnet Abraham, dessen Sohn, der Altar, das Opfer in den Sinn ... so als Agnostiker ;-)

Gruss
rosi

Anonym 7. Januar 2012 um 23:15  

Leider ist dem nichts hinzuzufügen. Es wird nur gewählt, wer regieren, aber nicht welche Politik gemacht wird. Die steht immer vorher schon fest. Und der Preis für die, die heute noch nicht ganz dem Neoliberalismus verfallen sind, - wenn sie denn auch mal mitspielen wollen in der Regierung - wird sein, dass man sich bis zur Selbstaufgabe assimiliert. Die Grünen haben es vorgemacht! Die LINKE wird folgen. Man hat gesehen, was mit Ypsilanti passiert ist. Eine andere Poltik wird es wohl auf absehbare Zeit nicht geben. Die "Medien" werden es zu verhindern wissen. Alles ganz "alternativlos".

Klartext 8. Januar 2012 um 15:10  

Jeder Einzelne, der sich nicht an der Organisation einer Alternative beteiligt, ist mitverantwortlich an der Situation.
Jeder Einzelne ist ein Faktor der Rechnung, die zu Ungunsten aller ausfällt.
Unmissverständlich:
JEDER EINZELNE IST PERSÖNLICH MITVERANTWORTLICH !

Seismograph 8. Januar 2012 um 15:54  

Echter Wandel, so es denn einen geben wird, kann nur noch ausserparlamentarisch stattfinden.
Er kann in der derzeitigen Eskalationsstufe nur noch von der Strasse kommen.
Der Regierungspöbel muss mit Gewalt aus den Parlamenten getrieben werden.
Das wird sehr unbequem werden, vor allem für den sedierten, deutschen RTL- Michel!

wschira 9. Januar 2012 um 01:50  

Hallo Roberto, leider wird es so kommen, wie Sie als erste Möglichkeit angedeutet haben. Herr Maas hat sich ja schon festgelegt, und das Gesprächsangebot der CDU wurde bei einer Gegenstimme angenommen. Leider sind diejenigen in der saarländischen SPD, die das hätten verhindern können, in grossen Teilen zur Linken abgewandert oder gehören keiner Partei mehr an.

Anonym 10. Januar 2012 um 11:35  

Dazu passend:
"Alle reden davon, die deutsche Wirtschaft muss flexibler werden. Wir müssen uns dem internationalen Wettbewerb stellen. Wir müssen die Lohnnebenkosten senken.
Dann komme ich und sage: Also, wir schränken den Kündigungsschutz ein, 30 Tage Kündigungsfrist für alle, wir kürzen das Arbeitslosengeld auf 50 Prozent und zahlen es nur für sechs Monate. Rente mit 70. Und die Krankenversicherung wird zur Grundsicherung für alle, der Rest ist freiwillig mit kostendeckenden Beiträgen.

Haben wir uns richtig verstanden? Mit der einen Fassung kommen Sie selbst auf dem Evangelischen Kirchentag durch, mit der anderen überleben Sie nicht einmal eine Ortsvereins-Versammlung der SPD. Schreiben Sie jetzt bitte nicht, dass ich so was gefordert hätte, ich habe nur die offizielle Sprachregelung übersetzt.
Und das ist die Lebenslüge der modernen Gesellschaft, dass sie sich in Prinzipien ergeht, deren Übersetzung in die Wirklichkeit aber nicht ertragen kann."
(Thilo Sarrazin heute in einer Springer-Publikation)

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP