Jenseits von Gut und Böse
Montag, 2. November 2009
Problem ist, dass es nur unwesentliche Antriebe von Bösartigkeit sind, die diese Welt schwer erträglich machen. Viel nachhaltiger verdirbt das Zwischendrin, dieses weder gut noch böse, die ignorante Toleranz das Erdendasein. An der Bösartigkeit kann man sich reiben, man kann dagegen angehen, hat einen Kontrahenten, an den es sich klammern läßt. Ist er aber ignorant, neutral aus Passion, blickt weg, kennt nur die Kühle pragmatischer Umtriebe, das Lavieren zwischen Gut und Böse folglich, verkompliziert sich die Kampfaufnahme. Ohnedies in einem Zeitalter, in dem Ignoranz und Interessenlosigkeit als Toleranz zur politischen Begrifflichkeit gefunden haben.
Dankbar darf man sein, wenn zwischendrin boshaft verzerrte Masken auftauchen, mit aller Tücke und Gehässigkeit Gift verteilen, ganz und gar offensichtlich zur unbarmherzigen Kanaille für jenen Teil des Publikums taugen, der sich noch in Sphären von Gut und Böse bewegt. Kanaillen, die sich per Mandat oder Posten dazu aufgefordert fühlen, ihre durch Psychosen und Schizophrenien genährte Boshaftigkeit, an die Öffentlichkeit zu setzen. Es sind jene Momente, in denen rücksichtslos und unter eindimensionaler Ägide Randgruppen ihr Fett abbekommen, Ausländer als Untergang, Erwerbslose als Niedergang tituliert werden; jene Momente, in denen böswillige Fratzen von Zeitungen herunterlachen, maliziös grinsend, in denen das Gemeine Augen, Nase, Maul verliehen bekommt. Einem solchen Widerling ist das Dreckschwein schnell und zielsicher an den Schädel bugsiert, schwerer wird es mit dem Menschen im Naturzustand.
Betrachten wir das Kreuchen und Fleuchen der Natur, beobachten wie beispielsweise eine tapsige, kaum des Stehens befähigte Antilope, erst seit einigen Tagen irdisch, wie sie liebenswert versucht, endlich Standfestigkeit zu erlangen; in der Ferne sehen wir außerdem eine Raubkatze, die sich anpirscht, die Lage erkennend zum Angriff ansetzt, die erwachsenen Tiere vertreibt, das Jungtier von der Herde isoliert. Zuweilen bedrückt uns ein solcher Anblick. In Sphären der tierischen Natur hat sich der Mensch ein Denken von Gut und Böse nicht bewahrt, er hat es neu kultiviert, erst kürzlich entworfen. Was hier im letzten Jahrhundert bahnbrechend war, war die Disneysierung der Natur, weil der Disney-Konzern dazu überging, Tierdokumentationen aus Unterhaltungsgründen moralisch zu unterlegen, also mit Guten wie Bösen auszustatten, den tierischen Hauptdarstellern anthropomorphistische Züge zu verleihen. Es erschien plötzlich, als handelten die Tiere aus ethischen Empfinden heraus. Diese Vermenschlichung impfte den Menschen der Massen- und Konsumgesellschaft das Gute und das Böse ein, und dies kurioserweise, obwohl außerhalb der Massenkultur, das heißt innerhalb wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Gefilde dafür kein Platz mehr reserviert war.
Selbstverständlich hat man auch vormals Esel mit Tiara ausgestattet, Schweine in königliche Gewänder gehüllt, aber das Tier in der Natur zu moralisieren, es mit moralischen Attributen auszustatten, nur weil es seinen Trieben folgt, das gelang erst, als der industrialisierte Mensch der Natur ausreichend entfremdet war. Erst dann konnte aus dem tierischen Jäger ein Bösewicht kreiert, das schnuckelige Häschen zum guten Herzen werden. Innerhalb der Massenkultur, auch in Sphären der hohen Kunst natürlich, hat sich das Denken in Gut und Böse erhalten, teilweise konnten wie beschrieben sogar neue Felder erobert werden, wenngleich es rätselhaft ist, zu welchem Zweck, außer dem banalen Unterhaltungsgrund geschuldet. Wo einst aber Gut und Böse eine Heimstatt hatten, nämlich im Naturell des Menschen, im Miteinander, also im Naturell des Gemeinwesens, da lebt nun eine andere, jenseits von Gut und Böse sinnierende Denkart. Der industrialisierte Mensch existiert in einer Welt, in der wirtschaftliche und damit politische Zwänge ihn der ethischen Normen entbindet. Gott ist tot, die Religion als Fundament ethischer Gesinnung, so brüchig und oft fehlinterpretiert diese damals auch war, ist abgetragen. Zurück blieb ein entleerter ethischer Raum, in dem Handeln nicht mehr an Gutem oder Bösem haftete, sondern am Nutzen und am Zweck, an der Wirtschaftlichkeit und am materiellen Profit. Der pragmatische Antrieb, fürwahr oftmals notwendig, hat Gut und Böse abgelöst. Man spricht zwar noch vom Guten einer Sache, doch ist dieses Gute meist nur noch ein zufälliges Abfallprodukt eines Handelns, das so oder so geschehen wäre, auch dann geschehen wäre, wenn es Schlechtes befördert hätte. Ethisches Handeln ist zur Zufälligkeit verkommen, das Abwägen zwischen den Polen zum anachronistischen Akt.
Es ist kein Zufall, dass sich die Philosophie heute immer weniger mit ethischen Aufgabenfeldern abgibt, obwohl dieses Areal ständig neu zu beackern wäre. Wo Menschen sind, ist Ethik eigentlich Thema. Gleichwohl läuft die Wissenschaft auf, erklärt mit aller Dringlichkeit, dass der Mensch keine ethische Gabe besitzt, gar nicht moralisch zu denken befähigt ist, weil das seine Gehirnfunktionen gar nicht zulassen würden. Es keimt ein Biologismus auf, der wie der disneysierte Anthropomorphismus als realitätsfern zu bezeichnen ist. Der Mensch als reines Naturprodukt, was er zunächst selbstverständlich ist; das Handeln des Menschen ungetrübte Natürlichkeit, was es allerdings wiederum nicht ist, jedenfalls nicht in der Weise, wie das biologistische Wissenschaft zu erklären vermag, denn der Mensch war nie eins mit der Natur, zumindest nicht mehr, seitdem er ist, was er heute ist. Der Mensch begeht eine Gratwanderung zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit, er existiert eben nicht im Einklang mit seinem natürlichen Umfeld, sondern mußte es sich in Tausenden von Jahren unterwerfen, kunstvoll dienlich machen, ein Leben in Künstlichkeit entfalten, um wenigstens ein wenig Lebenssicherheit für sich zu erfahren. Das menschliche Verhalten ist mehr als ein Pool von Atavismen. Sicherlich sträubt sich uns das nicht mehr vorhandene Fell, wenn wir eine Gänsehaut haben, aber deshalb beschränkt sich unser Denken noch lange nicht auf jenes des Australopithecus. Das menschliche Benehmen findet ebenso zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit statt, moralisches Denken ist jedenfalls eine kunstvoll entworfene Denkweise, die das Leben der Spezies Mensch in lebenswerten Bahnen leiten soll. So zu tun, als sei alles Künstliche, das dem Menschen durchaus natürlich, seine "natürliche Künstlichkeit" ist, als sei jeder Kulturakt zu verwerfen, weil es den reinen Menschen in der Natur nicht abbildet, bedeutet, den Menschen vor die Schaffung von Werkzeugen anzusiedeln, Kulturleistung zu einer Zufälligkeit der Menschheit zu machen, die ebensogut hätte ausbleiben können. Es ist überhaupt eine rein materielle Sichtung der Spezies Mensch, wenn man Kulturfähigkeit und Körperlichkeit nicht als Einheit abhandeln möchte.
Und genau hier treffen wir auf den Esprit des Zeitalters, auf einen neutralen Esprit, der die Kulturleistung Ethik der Lächerlichkeit preisgibt. Wer heute offen über das Gute und das Böse spricht, sofern er dies nicht im Theater oder Kino tut, der wird belächelt. Er findet mit dieser Einteilung des Miteinanders in der öffentlichen Diskussion gar nicht statt, wird mit dem Begriff des Moralisten verspottet. Was durchschlägt ist der Mensch in der Natur, der unfähig geworden scheint, sich jener Kulturleistung zu widmen, die Gut und Böse scheidet. Stattdessen Kulturfeindlichkeit in jene Richtung, Leugnung von Gut und Böse, Ignoranz und Wegsehen als Leitlinie. Der Mensch in der Natur strebt Taten nicht an, um moralischen Kategorien zu entsprechen, dies hat er hinter sich gelassen. Er akkumuliert und konsumiert nicht mit Rücksichtnahme auf Gut und Böse, er tut es aus seiner Neutralität, aus Gleichgültigkeit heraus. Wohin käme der moderne Mensch denn, wenn er seinem Handeln auch noch moralische Motive unterordnen müßte? Das Kulturgut Moral ist störend, behindert Rendite, macht einem den Konsum madig, erdrückt enthemmte Lebensfreude. Indes sieht der moderne Mensch dies durchaus als seine neue und exklusive Kulturleistung an. Er hat sich von den Zwängen der Ethik befreit, seine Ethik ist, dass es keine Ethik mehr gibt. Das Leugnen kultureller Befähigung ist zur Leitlinie ernannt, über Gut und Böse wird nurmehr sinniert, wenn man das Böse am eigenen Leib erfährt, was aber wiederum nicht das Böse war, wie man dann eilig erklärt, sondern die Gleichgültigkeit des Mitmenschen, der Sachzwang vielleicht oder nur eine unbedachte Äußerung.
Es gleitet in hemmungslosen Biologismus ab. Der Mensch wird zum Wesen in der Natur, zumindest in Geistesdingen, denn er merkt sehr genau, dass es nackt in der grünen Wiese, grade wenn es stürmt und regnet, nicht besonders menschlich zugeht. Die Künstlichkeit in Geistesfragen wird abgelegt, weil sie behindert, weil sie einengt, weil sie nicht anstandslos pragmatisch ist, weil sie dem sittlichen Neutralismus des Wirtschaftsapparates im Wege steht. Die materielle Künstlichkeit des Menschen ist bequem, die geistige unbequem. Der Biologismus fördert die Abnabelung des geistigen Menschen vor künstlichen Gebilden des Geistes, er tut so, als sei der Mensch als Ganzes in keiner Weise natürlich künstlich. Aber nur auf geistiger Ebene fruchtet diese Wissenschaft, dort schafft sie das Wissen ab, installiert als moralische Kategorie das Ich, leistet der Egomanie Vorschub. Denn wo kein Gut und Böse mehr existiert, da existieren keine Mitmenschen mehr, die gut oder böse sein können; die metaphysische Revolte gegen Gut und Böse, die Revolte gegen die Natur also, bleibt aus, weil die Natur ja wertfrei ist. Was bleibt ist das Ich als Instanz. Und dieses gestaltet das Handeln. Wo man jenseits von Gut und Böse lebt, dort ist man ganz böse in Ausweglosigkeit geraten. In eine Ausweglosigkeit, in der die westliche Gesellschaft tief eingegraben steckt. Dass man nicht einmal mehr müde lächelt, wenn wir die Not dieser Welt vor Augen geführt bekommen, dass es uns langweilt, wenn wir vom ruinösen Raubbau an der Erde erfahren, ist auf diesen geistigen Abbau des Menschen zurückzuführen. Es sind ja böse Umstände, die sich uns präsentieren, doch wenn man jenseits von Gut und Böse erzogen wurde, kann man mit solchen Begrifflichkeiten wenig anfangen, man kann mit dem Raubbau an dieser Welt nur schwerlich pragmatisch oder egoistisch umgehen, also wird es einem gleichgültig. Es sind Begrifflichkeiten, die wir ins Kino tragen, die wir dort behandelt wissen wollen, weil sie in der wirklichen Welt nicht mehr stattfinden.
Der Mangel, ethische Kategorien zu entwerfen, zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Wir diskutieren über Nutzen und Kosten bestimmter Aussagen, ob darin das Böse keimt, ist uns einerlei. Solche Sichtweisen sind für das Kino vorbestimmt. Dort wird Wirtschaft oder Politik zuweilen als Widerstreit von Gut und Böse thematisiert. In der realen Welt sind wir schon lange davon abgekommen, dort wird kühl berichtet, wenn Umwelt- auf Wirtschaftsinteressen stoßen, ohne Stellung zu beziehen, neutral und desinteressiert. Da zeigt sich die vornehme Zurückhaltung des Zeitgeists, der sich geistiger Kulturleistung nicht mehr bemühen will.
Dankbar darf man sein, wenn zwischendrin boshaft verzerrte Masken auftauchen, mit aller Tücke und Gehässigkeit Gift verteilen, ganz und gar offensichtlich zur unbarmherzigen Kanaille für jenen Teil des Publikums taugen, der sich noch in Sphären von Gut und Böse bewegt. Kanaillen, die sich per Mandat oder Posten dazu aufgefordert fühlen, ihre durch Psychosen und Schizophrenien genährte Boshaftigkeit, an die Öffentlichkeit zu setzen. Es sind jene Momente, in denen rücksichtslos und unter eindimensionaler Ägide Randgruppen ihr Fett abbekommen, Ausländer als Untergang, Erwerbslose als Niedergang tituliert werden; jene Momente, in denen böswillige Fratzen von Zeitungen herunterlachen, maliziös grinsend, in denen das Gemeine Augen, Nase, Maul verliehen bekommt. Einem solchen Widerling ist das Dreckschwein schnell und zielsicher an den Schädel bugsiert, schwerer wird es mit dem Menschen im Naturzustand.
Betrachten wir das Kreuchen und Fleuchen der Natur, beobachten wie beispielsweise eine tapsige, kaum des Stehens befähigte Antilope, erst seit einigen Tagen irdisch, wie sie liebenswert versucht, endlich Standfestigkeit zu erlangen; in der Ferne sehen wir außerdem eine Raubkatze, die sich anpirscht, die Lage erkennend zum Angriff ansetzt, die erwachsenen Tiere vertreibt, das Jungtier von der Herde isoliert. Zuweilen bedrückt uns ein solcher Anblick. In Sphären der tierischen Natur hat sich der Mensch ein Denken von Gut und Böse nicht bewahrt, er hat es neu kultiviert, erst kürzlich entworfen. Was hier im letzten Jahrhundert bahnbrechend war, war die Disneysierung der Natur, weil der Disney-Konzern dazu überging, Tierdokumentationen aus Unterhaltungsgründen moralisch zu unterlegen, also mit Guten wie Bösen auszustatten, den tierischen Hauptdarstellern anthropomorphistische Züge zu verleihen. Es erschien plötzlich, als handelten die Tiere aus ethischen Empfinden heraus. Diese Vermenschlichung impfte den Menschen der Massen- und Konsumgesellschaft das Gute und das Böse ein, und dies kurioserweise, obwohl außerhalb der Massenkultur, das heißt innerhalb wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Gefilde dafür kein Platz mehr reserviert war.
Selbstverständlich hat man auch vormals Esel mit Tiara ausgestattet, Schweine in königliche Gewänder gehüllt, aber das Tier in der Natur zu moralisieren, es mit moralischen Attributen auszustatten, nur weil es seinen Trieben folgt, das gelang erst, als der industrialisierte Mensch der Natur ausreichend entfremdet war. Erst dann konnte aus dem tierischen Jäger ein Bösewicht kreiert, das schnuckelige Häschen zum guten Herzen werden. Innerhalb der Massenkultur, auch in Sphären der hohen Kunst natürlich, hat sich das Denken in Gut und Böse erhalten, teilweise konnten wie beschrieben sogar neue Felder erobert werden, wenngleich es rätselhaft ist, zu welchem Zweck, außer dem banalen Unterhaltungsgrund geschuldet. Wo einst aber Gut und Böse eine Heimstatt hatten, nämlich im Naturell des Menschen, im Miteinander, also im Naturell des Gemeinwesens, da lebt nun eine andere, jenseits von Gut und Böse sinnierende Denkart. Der industrialisierte Mensch existiert in einer Welt, in der wirtschaftliche und damit politische Zwänge ihn der ethischen Normen entbindet. Gott ist tot, die Religion als Fundament ethischer Gesinnung, so brüchig und oft fehlinterpretiert diese damals auch war, ist abgetragen. Zurück blieb ein entleerter ethischer Raum, in dem Handeln nicht mehr an Gutem oder Bösem haftete, sondern am Nutzen und am Zweck, an der Wirtschaftlichkeit und am materiellen Profit. Der pragmatische Antrieb, fürwahr oftmals notwendig, hat Gut und Böse abgelöst. Man spricht zwar noch vom Guten einer Sache, doch ist dieses Gute meist nur noch ein zufälliges Abfallprodukt eines Handelns, das so oder so geschehen wäre, auch dann geschehen wäre, wenn es Schlechtes befördert hätte. Ethisches Handeln ist zur Zufälligkeit verkommen, das Abwägen zwischen den Polen zum anachronistischen Akt.
Es ist kein Zufall, dass sich die Philosophie heute immer weniger mit ethischen Aufgabenfeldern abgibt, obwohl dieses Areal ständig neu zu beackern wäre. Wo Menschen sind, ist Ethik eigentlich Thema. Gleichwohl läuft die Wissenschaft auf, erklärt mit aller Dringlichkeit, dass der Mensch keine ethische Gabe besitzt, gar nicht moralisch zu denken befähigt ist, weil das seine Gehirnfunktionen gar nicht zulassen würden. Es keimt ein Biologismus auf, der wie der disneysierte Anthropomorphismus als realitätsfern zu bezeichnen ist. Der Mensch als reines Naturprodukt, was er zunächst selbstverständlich ist; das Handeln des Menschen ungetrübte Natürlichkeit, was es allerdings wiederum nicht ist, jedenfalls nicht in der Weise, wie das biologistische Wissenschaft zu erklären vermag, denn der Mensch war nie eins mit der Natur, zumindest nicht mehr, seitdem er ist, was er heute ist. Der Mensch begeht eine Gratwanderung zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit, er existiert eben nicht im Einklang mit seinem natürlichen Umfeld, sondern mußte es sich in Tausenden von Jahren unterwerfen, kunstvoll dienlich machen, ein Leben in Künstlichkeit entfalten, um wenigstens ein wenig Lebenssicherheit für sich zu erfahren. Das menschliche Verhalten ist mehr als ein Pool von Atavismen. Sicherlich sträubt sich uns das nicht mehr vorhandene Fell, wenn wir eine Gänsehaut haben, aber deshalb beschränkt sich unser Denken noch lange nicht auf jenes des Australopithecus. Das menschliche Benehmen findet ebenso zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit statt, moralisches Denken ist jedenfalls eine kunstvoll entworfene Denkweise, die das Leben der Spezies Mensch in lebenswerten Bahnen leiten soll. So zu tun, als sei alles Künstliche, das dem Menschen durchaus natürlich, seine "natürliche Künstlichkeit" ist, als sei jeder Kulturakt zu verwerfen, weil es den reinen Menschen in der Natur nicht abbildet, bedeutet, den Menschen vor die Schaffung von Werkzeugen anzusiedeln, Kulturleistung zu einer Zufälligkeit der Menschheit zu machen, die ebensogut hätte ausbleiben können. Es ist überhaupt eine rein materielle Sichtung der Spezies Mensch, wenn man Kulturfähigkeit und Körperlichkeit nicht als Einheit abhandeln möchte.
Und genau hier treffen wir auf den Esprit des Zeitalters, auf einen neutralen Esprit, der die Kulturleistung Ethik der Lächerlichkeit preisgibt. Wer heute offen über das Gute und das Böse spricht, sofern er dies nicht im Theater oder Kino tut, der wird belächelt. Er findet mit dieser Einteilung des Miteinanders in der öffentlichen Diskussion gar nicht statt, wird mit dem Begriff des Moralisten verspottet. Was durchschlägt ist der Mensch in der Natur, der unfähig geworden scheint, sich jener Kulturleistung zu widmen, die Gut und Böse scheidet. Stattdessen Kulturfeindlichkeit in jene Richtung, Leugnung von Gut und Böse, Ignoranz und Wegsehen als Leitlinie. Der Mensch in der Natur strebt Taten nicht an, um moralischen Kategorien zu entsprechen, dies hat er hinter sich gelassen. Er akkumuliert und konsumiert nicht mit Rücksichtnahme auf Gut und Böse, er tut es aus seiner Neutralität, aus Gleichgültigkeit heraus. Wohin käme der moderne Mensch denn, wenn er seinem Handeln auch noch moralische Motive unterordnen müßte? Das Kulturgut Moral ist störend, behindert Rendite, macht einem den Konsum madig, erdrückt enthemmte Lebensfreude. Indes sieht der moderne Mensch dies durchaus als seine neue und exklusive Kulturleistung an. Er hat sich von den Zwängen der Ethik befreit, seine Ethik ist, dass es keine Ethik mehr gibt. Das Leugnen kultureller Befähigung ist zur Leitlinie ernannt, über Gut und Böse wird nurmehr sinniert, wenn man das Böse am eigenen Leib erfährt, was aber wiederum nicht das Böse war, wie man dann eilig erklärt, sondern die Gleichgültigkeit des Mitmenschen, der Sachzwang vielleicht oder nur eine unbedachte Äußerung.
Es gleitet in hemmungslosen Biologismus ab. Der Mensch wird zum Wesen in der Natur, zumindest in Geistesdingen, denn er merkt sehr genau, dass es nackt in der grünen Wiese, grade wenn es stürmt und regnet, nicht besonders menschlich zugeht. Die Künstlichkeit in Geistesfragen wird abgelegt, weil sie behindert, weil sie einengt, weil sie nicht anstandslos pragmatisch ist, weil sie dem sittlichen Neutralismus des Wirtschaftsapparates im Wege steht. Die materielle Künstlichkeit des Menschen ist bequem, die geistige unbequem. Der Biologismus fördert die Abnabelung des geistigen Menschen vor künstlichen Gebilden des Geistes, er tut so, als sei der Mensch als Ganzes in keiner Weise natürlich künstlich. Aber nur auf geistiger Ebene fruchtet diese Wissenschaft, dort schafft sie das Wissen ab, installiert als moralische Kategorie das Ich, leistet der Egomanie Vorschub. Denn wo kein Gut und Böse mehr existiert, da existieren keine Mitmenschen mehr, die gut oder böse sein können; die metaphysische Revolte gegen Gut und Böse, die Revolte gegen die Natur also, bleibt aus, weil die Natur ja wertfrei ist. Was bleibt ist das Ich als Instanz. Und dieses gestaltet das Handeln. Wo man jenseits von Gut und Böse lebt, dort ist man ganz böse in Ausweglosigkeit geraten. In eine Ausweglosigkeit, in der die westliche Gesellschaft tief eingegraben steckt. Dass man nicht einmal mehr müde lächelt, wenn wir die Not dieser Welt vor Augen geführt bekommen, dass es uns langweilt, wenn wir vom ruinösen Raubbau an der Erde erfahren, ist auf diesen geistigen Abbau des Menschen zurückzuführen. Es sind ja böse Umstände, die sich uns präsentieren, doch wenn man jenseits von Gut und Böse erzogen wurde, kann man mit solchen Begrifflichkeiten wenig anfangen, man kann mit dem Raubbau an dieser Welt nur schwerlich pragmatisch oder egoistisch umgehen, also wird es einem gleichgültig. Es sind Begrifflichkeiten, die wir ins Kino tragen, die wir dort behandelt wissen wollen, weil sie in der wirklichen Welt nicht mehr stattfinden.
Der Mangel, ethische Kategorien zu entwerfen, zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Wir diskutieren über Nutzen und Kosten bestimmter Aussagen, ob darin das Böse keimt, ist uns einerlei. Solche Sichtweisen sind für das Kino vorbestimmt. Dort wird Wirtschaft oder Politik zuweilen als Widerstreit von Gut und Böse thematisiert. In der realen Welt sind wir schon lange davon abgekommen, dort wird kühl berichtet, wenn Umwelt- auf Wirtschaftsinteressen stoßen, ohne Stellung zu beziehen, neutral und desinteressiert. Da zeigt sich die vornehme Zurückhaltung des Zeitgeists, der sich geistiger Kulturleistung nicht mehr bemühen will.
12 Kommentare:
Es ist eben diese Verdrängung ethischer Kategorien durch wirtschaftlich-pragmatische Kategorien, die für nahezu alle beklagten Missstände unserer Tage letztlich ursächlich ist.
Gut und Böse, Edel und Niederträchtig, u.v.a.m. wurde aus dem Koordinatensystem des Alltags der meisten Menschen restlos getilgt.
Und dann wundert man sich über "die Gier der Investmentbanker", "die Brutalität jugendlicher Schläger", "die Erklärungsnot bei Amokläufen" und über den vollständigen Verlust einer tieferen, echten Wahrhaftigkeit im politischen Leben.
Ethische Fragen hat man ganz und gar an die Verwalter der Kirchensteuern delegiert, die sich qua Amtes darum kümmern sollen oder man projeziert Begriffe wie "Gut" und "Böse" nach amerikanischem Muster auf externe Feindbilder, wie es z.B. diese Gottgesandte tut.
"Es ist eben diese Verdrängung ethischer Kategorien durch wirtschaftlich-pragmatische Kategorien, die für nahezu alle beklagten Missstände unserer Tage letztlich ursächlich ist."
Mit 'Ethik' ist diesen Kategorien aber eben auch nicht mehr beizukommen - es sei denn, man schaffte sie schlicht ab. Hier siecht etwas im Todeskampf und wird schon deshalb keine Rücksichten mehr nehmen, weil's das gar nicht mehr kann. Es wäre sein Ende, und es weiss darum. Und deshalb wird es auch keine 'tiefere, echte Wahrhaftigkeit im politischen Leben' mehr geben, sondern höchstens ausserhalb bzw jenseits desselben.
Ja Roberto, es ist nur noch beängstigend, wenn anerkannte Philsophen Seite an Seite mit Sozialrassisten uns ihre ethikfreien Theorien jeden Tag aufs Neue um die Ohren hauen. Da wird über Gier-Gene referiert während sämtliche solidarischen, sozialen Projekte eingefroren werden, der Bildungsnotstand wird beklagt, während Bildung mehr und mehr zur ethikfreien, privaten Altersvorge umgewandelt wird, sozial ausgegrenzete werden zu arbeitsunwilligen, Integrationsverweigern abgestempelt, während die Abstempler ihrerseits sich in ihrer ethikfreien Zonen zu Leistunsgträgern und Reformern der Gesellschaft hochstilisieren.
Gier liegt im Wesen des Menschen, sagt Hans-Olaf Henkel. „Wer gibt sich denn mit dem zufrieden, was er hat?" Nach Ansicht des früheren BDI-Präsidenten ist es gerade der Wille nach „höher, weiter und besser", der die Gesellschaft voranbringt..
Auf der anderen Seite erstarkt dann als "Gegenkraft" eine neue Form des Nationalismus, der die erforderliche Dezentralisierung der Machtstrukturen und die Solidarisierung und Kooperation der Menschen ad absurdum führt.
Ein stolzer Schweizer hat das kürzlich recht eindrücklich beschrieben: (sowas bezeichne ich nun auch als Blut und Boden Mentalität...)
Unsere Freiheit provoziert alle, die ihr Staatswesen weniger freiheitlich ausgestalten
Mir graut es von Tag zu Tag mehr und ich kann nur hoffen, dass sich immer mehr Menschen offen und lautstark diesem Wahnsinn entgegenstellen, bevor es zu spät ist.
Ich muß ehrlich gestehen, ein wenig hilflos mich zu äußern, dennoch tue ich es.
Das Ende der Philosophie hat ja der seelige Wittgenstein schon gelegt. Sein Ausspruch: Letztlich ist jegliche Philosophie nichts als bessere Sprachkritik, hat manchen harten protestantischen Schädel eingehauen. Mein Gott, er hat halt in Tübingen diesen albernen Studiengang absolviert.
Zu Sloderdijk kann ich auch nur mit dem toten Wittgenstein antworten: Es ist dein Ziel in der Philosophie, der Fliege den Weg aus dem Fliegenglas zu weisen!!!
Sloderdijk weiß nicht mal was ein Fliegenglas ist, weder real noch im übertragenen Sinne!!!Wahrscheinlich läßt er sich für andere Sichtweisen besser bezahlen!
Dagegen Günther Anders, alias Günther Stern, "der" Heidegger-Vernichter, er der den Nazionalsozialistischen Hofphilosophen definitiv abgeschossen hat, lest ihn....ihr werdet vieles finden, insbesondere Ihr jungen Leute.....
Ein Denken ohne die Kategorien von Gut und Böse muss gar nicht so schlecht sein. Egoismus plus Klugheit können zusammen auch schon ein recht passables ethisches Denken abgeben. Leider ist selbst eine solche Kombination heute nicht mehr en vogue.
Trotz aller ihrer gesellschaftlichen Grausamkeiten(Sklaverei) haben die Griechen mit dem Konzept des guten, gelungenen Lebens einen Vorschlag zur Ethik gemacht, der auch heute noch einen Egoisten überzeugen könnte, verantwortlich zu handeln und eine bessere Welt für alle zu erstreben. Einfach nur um dann in einer solchen leben zu können. Ein Egoismus der das gute Leben möchte wird bei ausreichenden Geisteskräften erkennen, dass sich ein solches gutes Leben nicht von einem wenigstens halbwegs guten gesellschaftlichen Umfeld, also einem ohne hervorstechende Ungerechtigkeiten verwirklichen lässt. Die Lebensperspektiven der heutigen "Egoisten" jedoch sind noch nicht einmal mehr ordentlich egoistisch. Wenn wenigstens die Erwägung der einfachen Frage: Wie kann ich glücklich werden? Üblich wäre(und damit sollte ein Egoismus beginnen), wäre unsere Welt schon ein besserer Ort als sie es unter der herrschenden Doktrin der Marktreligion ist.
Eine Art von utilitaristischer Glücksoptimierung (the greatest happiness for the greatest number of people) setzt ja gesellschaftliche Solidarität voraus und damit die Erkenntnis, dass wahres Glück des Individuums eben auch ein intaktes gesellschaftliches Umfeld voraussetzt, genauso wie der Genuss des Eigentums eine intakte staatliche Organisation zum Schutze desselben voraussetzt.
Die Leute, welche ständig nach "weniger Staat" und "mehr Netto vom Brutto" krakelen, haben das nicht wirklich verstanden, bzw. meinen, dass die Annehmlichkeiten des Daseins für sie selber und ihre Familien und Seilschaften reserviert sind und dafür schon noch reichen werden, während der Rest der Menschheit ohnehin mit sozialverträglichem Frühableben besser bedient ist.
Die moralisch wertenden Begriffe "Gut und Böse" stehen und fallen mit der Zeit in der sie benutzt werden und wurden. Gut ist simplifizierend gesagt, alles das, was
- mir persönlich hilft,
- meinen Angehörigen fördert,
- meinem "Stamm" nutzt,
- meinen Idealen (Menschenrechte, Freiheit, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit..) zuträglich ist.
Das "Böse", das viel leichter zu definieren zu sein scheint, ist das Gegenteil; die persönliche Gewichtung der Punkte gibt Hinweise auf die politische Ausrichtung.
Gut und Böse sind somit zeitgeitliche und lebensweltliche, wandelbare Begriffe. Das ist in gewissen Maße auch gut, denn wer möchte schon mit den Begriffen von Gut und Böse aus dem Mittelalter bemessen werden, oder denen aus den USA oder Saudi-Arabien oder Schalke oder Star Wars?
Ich unterstelle mal, das die Grundlage des Artikels das aufklärerisch beeinflusste, emotional wertende Verständnis von "GuB" ist.
Jetzt meine Frage: Ist es wirklich wünschenswert, dass die Fratzen der Apokalyptischen Reiter, des Egoismus, der Zerstörung, des Neids und des Elends ihre Fratze zeigen, damit man sich daran abarbeiten kann? Im Sinne laßt es uns den Kampf endlich hinter uns bringen?
Mir macht das eher Angst, da die Auseinandersetzung so nicht gewonnen werden kann. Ein "Roberto" ist im Spiele-Quartet in den Punkten Angriff, Defensive und mediale Breitenwirkung den Sarrazins und Sloiter-Valentins immer unterlegen.
Es war doch immer schon bekannt, dass ca. 15% der Bevölkerung latent rechtsradikal sind. Das muss mir doch keiner beweisen.
Besser wäre das, wenn die einfach die Schnauze hielten.
p.s. es stimmt, ich spiele mit dem Sohnemann "Star Wars Quartet". Ich kann nur sagen: Yoda ist auch ein Drecksack, echt war. Soviel zu Gut und Böse.
@Knut
"Ein Egoismus der das gute Leben möchte wird bei ausreichenden Geisteskräften erkennen, dass sich ein solches gutes Leben nicht von einem wenigstens halbwegs guten gesellschaftlichen Umfeld, also einem ohne hervorstechende Ungerechtigkeiten verwirklichen lässt."
Sehr richtig! Oder in einem etwas gestelzten Satz: Solidarität ist der Egoismus des sich als gesellschaftliches Wesen verstehenden Menschen.
@maguscarolus
"Eine Art von utilitaristischer Glücksoptimierung (the greatest happiness for the greatest number of people) setzt ja gesellschaftliche Solidarität voraus [...]"
Nicht unbedingt. Im Gegenteil findet sich bei den Klassikern dieser Richtung des Liberalismus, insbesondere bei Bentham, Malthus und Geistesverwandten, ziemlich unverblümt das 'Eingeständnis', dass die 'größtmögliche Zahl' in Bezug zur 'Gesamtgesellschaft' denn doch und notwendigerweise eine eher kleine sein müsse - die 'Masse' soll ja schliesslich auch den Reichtum erarbeiten, und dazu muss sie angehalten werden. Und das wiederum geht am effektivsten, wenn man sie permanentem 'Existenzkampf' aussetzt... Eine kritische Auseinandersetzung gerade mit diesem Teil des Liberalismus wäre also auch dringend geboten.
"...diesem Wahnsinn entgegenstellen, bevor es zu spät ist."
Das impliziert, hier in Deutschland und heute wäre es nicht zu spät...
Ich würde viel darum geben, diesen Optimismus teilen zu können.
Ich bin der Überzeugung, dass die Religion der Ethiklosigkeit viel weniger verbreitet ist, als uns erscheint. Ebenso bin ich aber der Überzeugung, dass die Strategen die in Bananendiktaturen Revolutionen oder Putschs konzipieren, die Medienanstalten nicht grundlos unter den ersten zu bestzenden Institutionen auflisten: Besitzt man die Medien, dann bekommt man die Stimme.
Nein, Deutschland ist keine Diktatur, geschweige denn eine Bananendiktatur.
Aber die Welt ist mittlerweile zu einer geworden. Und schon wieder Nein, es ist keine Bananendiktatur.
Es ist die Diktatur des Geldes und diese Diktatur ist schlimmer als alle anderen nicht weil sie so neu ist, sondern weil sie so global ist.
"...bevor es zu spät ist."
Es ist zu spät.
Sonst hätte die Frage nach dem "Wie geht es weiter", schneisen gezogen.
Hat sie nicht. Die Frage wurde zwar gestellt, aber eher mit einem Unterton von "Wie denken Sie, soll es weitergehen".
Uns solange die altbekannten "Fratzen" unverändert als Quelle der Weisheit in Interviews angesehen werden - solange also immer noch Größen wie Henkel, Sinn und Co. in Medien anders erscheinen als angeprangert, entlarvt oder parodiert - dürfte alles der Gau aufgeschoben sein.
Dass er kommen wird, wissen viele. Wie er kommen wird weiss niemand.
Und genau davor habe ich wirklich Angst: Ein aufgeschobener Gau, dessen Wucht und Auswirkungen niemand wirklich einschätzen kann und weit und breit niemand, der die Wucht mildern könnte, sich mit den Auswirkungen auseinander zu setzen in der Lage wäre.
Natürlich gibt es diejenigen die es könnten. Natürlich gibt es eine Mehrheit von Vernunft und Intelligenz und das nicht nur Deutschland- sondern Weltweit.
Verliere ich diese Überzeugung, habe ich mich verloren...
"gut" und böse" als ethische kategorien in der Politik zu gebrauchen kann auch verdammt gefährlich sein und mir fallen sofort die Ideen der "neocons" in den USA (Achse des Bösen), die Kreuzzüge oder die "gerechten" Kriege ein. Wäre es nicht vom Vorteil von normativen Konzepten zu sprechen (Wie möchten wir leben?) und sich gegen die perfide Legitimierung der Herrschaft durch die Empirie(Beschreibung des Ist-Zusandes)zu wehren?
Gruß Deniz
@ Michael
"...bevor es zu spät ist."
Es ist zu spät."
Tatsächlich empfinde ich es ähnlich. Mehr dazu am Freitag.
Und ich glaube, ich kann mich jetzt schon anschliessen. Die 'Diktatur des Geldes' nämlich ist in dem Moment am Ende, in dem sie sich 'vollendet'. Ihr fehlt die Expansion, ohne die sie nicht überleben kann, ihre 'Werte' sind bereits jetzt weit überwiegend nur noch fiktiv.
"Der Entwertungsschock des Geldes ist aber nicht nur ein Entwertungsschock des bisherigen wissenschaftlichen (warenförmigen) Denkens, sondern ein Entwertungsschock des gesellschaftlichen Bewußtseins überhaupt. Am definitiven Ende eines paranoiden Entwicklungsschubs von mehr als 200 Jahren in der irrationalen Wertform steht eine entscheidende Bewährungsprobe der menschlichen Gesellschaft: die Frage nämlich, ob sie, ohne vollends wahnsinnig zu werden, über die historisch eingebrannten Fetisch-Muster der Ware-Geld-Beziehungen hinauskommen kann, oder ob sie auf ein »barbarisches« Niveau zurückfällt. In ihrer heutigen Form kann sie jedenfalls nicht mehr bleiben." (Robert Kurz, Die Himmelfahrt des Geldes)
Das steht uns bevor - bzw findet bereits statt...
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