In nuce
Donnerstag, 3. Juli 2008
Die Deutschen verarbeiten ihre Vergangenheit, heißt es. Niemals zuvor habe man soviele Lehren aus den dunklen, braunen Zeiten gezogen, die einst dieses Land in moralische Tiefen zog, heißt es. Nötig gewesen sei es ja schon lange, heißt es. Und wie fein der politischen Korrektheit in die Schuhe geholfen wird! So äußerte sich unlängst der Direktor des Zentrums für Türkeistudien in seltsamer Weise zu seinen Landsleuten. Die Türken, so meint Faruk Sen, seien die "neuen Juden Europas". Jetzt kann man ja davon halten was man will, kann es für arg überspitzt oder geradezu dümmlich befinden. Aber da die Deutschen ja ihre Vergangenheit verarbeiten und den Verdauungsprozess nur schwer vollziehen, rufen umgehend einige penetrante Zeitgenossen, Sen möge von seinem Posten zurücktreten. Dies ist freilich die Lösung aller Problematiken, immer dann, wenn es um Mißgriffe dieser Art geht. Faruk Sen mag sich täuschen, mag historisch betrachtet arg danebengegriffen haben, vielleicht die Historie selbst überhaupt nicht verstehen - aber kann man ihm das so nicht sagen? Muß es gleich immer ein geforderter Rücktritt sein? Ist das etwa der Geist der Demokratie, wenn man Diskussionen ausweicht und unliebsame Zeitgenossen einfach zur Seite schiebt?
Solche Fälle überbordender political correctness finden sich noch in ganz anderer, unglaublicherer Weise. Eine Braunschweiger Zeitung bot ein Kreuzworträtsel an, dessen Lösungswort "Negerkuss" lautete. Und schon ist sie wach, die Korrektheit, die hinter jedem Wort ein Unwort wittert, die aus einer alltäglichen Süßigkeit ein rassistisches Einstiegswort macht. Der Negerkuss als Einstiegsdroge quasi, als Joint des rassistischen Jargons! Berufsentrüstete mit verschiedensten Parteibüchern stürzen sich darauf, um klarzumachen, dass derjenige, der heute noch "Negerkuss" sagt, bereits morgen einen Schwarzen verprügeln könnte. Diesen Wichtigtuern kommt gar nicht in den Sinn, dass die Person, die einen Negerkuss verspeist und dieses klebrige Teil auch als solchen bezeichnet, womöglich überhaupt keine Konnotation zu einem Afrikaner in sich verankert weiß. In meinen Breitengraden essen die Menschen Negerküsse, ohne sich dabei vorzustellen, wie ein großgewachsener Massai ihnen die Zunge in den Hals steckt. "Negerkuss" bleibt jedenfalls eine Geschmackssache, sowohl auf der Zunge als auch im Ohr...
Aber denen, die nun glauben, für die Sache der Schwarzen zu kämpfen, die sich aufschwingen, einen Mandela oder King für Arme abzugeben, weil sie einen völlig irrelevanten Begriff ethnisch bereinigen wollen, sollten sich mit den Einsichten von Alain Finkielkraut konfrontiert wissen, die ich hier nur kurz zitiere, doch womöglich bald einmal ausführlicher abhandeln werde: "Wenn der Andere ist, was er ist, hört er auf, anders zu sein. Sein Außen-sein wird eingegliedert und seine gebieterische Macht zugunsten seines Bildes vertrieben. Man befreit nicht den Anderen, indem man ihn mit einer einmaligen oder gar vortrefflichen Beschaffenheit ausstattet, man befreit sich von ihm. Kurz, ein Antlitz, das mit seiner Andersartigkeit identifiziert wird, ist ein Antlitz, das seiner Andersheit beraubt ist. Es klagt nicht mehr an, beschwört nicht mehr, weil es nicht mehr beschämt. Die Verleumdung hat die Ordnung wieder hergestellt."
Von den linken Grünen (sic!) hat er sich verabschiedet, um Sachpolitik in Reihen der CDU zu gestalten. Eine Politik, die sich an den sogenannten Sachzwängen orientiert, um die Motzereien dieses Herrn gegen Erwerbslose, Senioren und Kinderreiche in legitime Bahnen zu lenken. Und kaum war er der Union beigetreten, verkündete er schon, dass er bald im Bundestag sitzen würde. So hat er es geplant und nun liegt er auf der Schnauze: Oswald Metzger.
Man muß den CDU-Mitgliedern aus dem oberschwäbischen Wahlkreis nicht unbedingt Vernunft nachsagen. Sie haben sich ja nicht gegen Metzger entschieden, weil er ein unerzogener Flegel, sondern weil er neu in ihren Reihen ist. Sein Platzhirschgehabe stieß ab, wurde daher kritisiert. Aber zu seinen untragbaren Ausuferungen, die Erwerbslose als fressende und saufende Schattengestalten darstellten, wollte sich innerhalb der CDU einfach kein Kritiker finden. Man kann sich natürlich durchaus an der Entscheidung der Unionisten erfreuen, aber aus Helden besteht dieser Verein wahrlich nicht. Hätte man die menschliche Vernunft benutzt, einen Humanismus zum Motiv dieser Entscheidung gemacht! Aber aufgrund "fremdenfeindlicher" Tendenzen und beleidigtem CDU-Stolz? So gesehen hackten sich da die Krähen gegenseitig die Augen aus - oder ein Krähenschwarm einer einzigen Krähe. Es bleibt abzuwarten, wie Metzgers Arbeitgeber - die INSM - darauf reagieren wird. Wenn die sich einen Bundestagsabgeordneten wünscht, dann wird man Mittel und Wege finden, ihr einen zu liefern.
Vielleicht, so wird gemunkelt, wird Metzger bald einer anderen Partei beitreten. Er soll sich derzeit mit den Schriften Lafontaines und dem Ingolstädter Programm Gregor Gysis befassen und beide sehr dafür loben. Man soll ihn durch Bad Schussenried lustwandeln gesehen haben, dabei leise zu sich selbst sprechend, dass er in seinem Innersten immer Sozialist gewesen sei. Von den Grünen, so soll er einem Passanten auf Nachfrage mitgeteilt haben, sei er nur ausgetreten, weil sie ihm zu konservativ geworden sind. Die LINKE freut sich auf den neuen Genossen. Sie hofft, er gibt nicht zuviel von seinen bürgerlichen Vorurteilen auf, damit sie sich durch ihn weiter zum ernstzunehmenden Faktor deutscher Politik verwandelt.
Solche Fälle überbordender political correctness finden sich noch in ganz anderer, unglaublicherer Weise. Eine Braunschweiger Zeitung bot ein Kreuzworträtsel an, dessen Lösungswort "Negerkuss" lautete. Und schon ist sie wach, die Korrektheit, die hinter jedem Wort ein Unwort wittert, die aus einer alltäglichen Süßigkeit ein rassistisches Einstiegswort macht. Der Negerkuss als Einstiegsdroge quasi, als Joint des rassistischen Jargons! Berufsentrüstete mit verschiedensten Parteibüchern stürzen sich darauf, um klarzumachen, dass derjenige, der heute noch "Negerkuss" sagt, bereits morgen einen Schwarzen verprügeln könnte. Diesen Wichtigtuern kommt gar nicht in den Sinn, dass die Person, die einen Negerkuss verspeist und dieses klebrige Teil auch als solchen bezeichnet, womöglich überhaupt keine Konnotation zu einem Afrikaner in sich verankert weiß. In meinen Breitengraden essen die Menschen Negerküsse, ohne sich dabei vorzustellen, wie ein großgewachsener Massai ihnen die Zunge in den Hals steckt. "Negerkuss" bleibt jedenfalls eine Geschmackssache, sowohl auf der Zunge als auch im Ohr...
Aber denen, die nun glauben, für die Sache der Schwarzen zu kämpfen, die sich aufschwingen, einen Mandela oder King für Arme abzugeben, weil sie einen völlig irrelevanten Begriff ethnisch bereinigen wollen, sollten sich mit den Einsichten von Alain Finkielkraut konfrontiert wissen, die ich hier nur kurz zitiere, doch womöglich bald einmal ausführlicher abhandeln werde: "Wenn der Andere ist, was er ist, hört er auf, anders zu sein. Sein Außen-sein wird eingegliedert und seine gebieterische Macht zugunsten seines Bildes vertrieben. Man befreit nicht den Anderen, indem man ihn mit einer einmaligen oder gar vortrefflichen Beschaffenheit ausstattet, man befreit sich von ihm. Kurz, ein Antlitz, das mit seiner Andersartigkeit identifiziert wird, ist ein Antlitz, das seiner Andersheit beraubt ist. Es klagt nicht mehr an, beschwört nicht mehr, weil es nicht mehr beschämt. Die Verleumdung hat die Ordnung wieder hergestellt."
Von den linken Grünen (sic!) hat er sich verabschiedet, um Sachpolitik in Reihen der CDU zu gestalten. Eine Politik, die sich an den sogenannten Sachzwängen orientiert, um die Motzereien dieses Herrn gegen Erwerbslose, Senioren und Kinderreiche in legitime Bahnen zu lenken. Und kaum war er der Union beigetreten, verkündete er schon, dass er bald im Bundestag sitzen würde. So hat er es geplant und nun liegt er auf der Schnauze: Oswald Metzger.
Man muß den CDU-Mitgliedern aus dem oberschwäbischen Wahlkreis nicht unbedingt Vernunft nachsagen. Sie haben sich ja nicht gegen Metzger entschieden, weil er ein unerzogener Flegel, sondern weil er neu in ihren Reihen ist. Sein Platzhirschgehabe stieß ab, wurde daher kritisiert. Aber zu seinen untragbaren Ausuferungen, die Erwerbslose als fressende und saufende Schattengestalten darstellten, wollte sich innerhalb der CDU einfach kein Kritiker finden. Man kann sich natürlich durchaus an der Entscheidung der Unionisten erfreuen, aber aus Helden besteht dieser Verein wahrlich nicht. Hätte man die menschliche Vernunft benutzt, einen Humanismus zum Motiv dieser Entscheidung gemacht! Aber aufgrund "fremdenfeindlicher" Tendenzen und beleidigtem CDU-Stolz? So gesehen hackten sich da die Krähen gegenseitig die Augen aus - oder ein Krähenschwarm einer einzigen Krähe. Es bleibt abzuwarten, wie Metzgers Arbeitgeber - die INSM - darauf reagieren wird. Wenn die sich einen Bundestagsabgeordneten wünscht, dann wird man Mittel und Wege finden, ihr einen zu liefern.
Vielleicht, so wird gemunkelt, wird Metzger bald einer anderen Partei beitreten. Er soll sich derzeit mit den Schriften Lafontaines und dem Ingolstädter Programm Gregor Gysis befassen und beide sehr dafür loben. Man soll ihn durch Bad Schussenried lustwandeln gesehen haben, dabei leise zu sich selbst sprechend, dass er in seinem Innersten immer Sozialist gewesen sei. Von den Grünen, so soll er einem Passanten auf Nachfrage mitgeteilt haben, sei er nur ausgetreten, weil sie ihm zu konservativ geworden sind. Die LINKE freut sich auf den neuen Genossen. Sie hofft, er gibt nicht zuviel von seinen bürgerlichen Vorurteilen auf, damit sie sich durch ihn weiter zum ernstzunehmenden Faktor deutscher Politik verwandelt.