#Aufschrei der Dummheit

Mittwoch, 16. Juli 2014

Ungezählte Regionalzeitungen sind mit ihren Onlineausgaben natürlich auch an Facebook angebunden. So landen dann deren Berichte als »Mit-Teilenswertes« im Sozialen Netzwerk. Lokales zum Beispiel. Oder aber Veranstaltungshinweise. Neuerdings begegnen mir via Facebook aber gehäuft Suchfahndungen, die aus den Polizeimeldungen in die Irrealität hinausgeteilt werden. Plötzlich begegnen einem dann Phantombilder oder Fahndungsfotos, bekommt man Informationen über die Statur und ein etwaiges Verbrechen präsentiert, das sich die jeweilige Person zuschulden hat kommen lassen. Es ist schon bizarr, dass sich Nutzer von Sozialen Netzwerken jählings zu Mitfahndern auf Laienbasis machen lassen.

Diese Trivialisierung von Fahndungsarbeit erntet natürlich mit Ansage die passenden Kommentare und Statements. Kaum postet jemand ein Phantombild, kotzen sich Leute über Muslime (Generalverdacht) aus, die man »in ihr Heimatland überführen« sollte. Andere plädieren wie auf Befehl für die Todesstrafe oder wenigstens für eine lebenslange Haft, die wirklich lebenslang stattfindet. Wahlweise gibt es den Kerker als Option. Und natürlich hätte mancher »dem miesen Schwein schon längst die Eier abgeschnitten«. Jeder kann jetzt auf Klick ein Eduard Zimmermann sein, ein Fahnder in seiner eigenen kleinen Chronik. Die Frage ist, ob man damit Straftäter fasst oder nicht einfach nur den geistigen Pogrom gegen solche verbreitet, die unter Umständen als Tatverdächtige in Betracht kommen.

Die Niedertracht und das Potenzial zur Aufhetzung via Facebook und Konsorten ist mannigfaltig. An dieser Stelle wurde mehrfach darüber berichtet. Besonders beliebt sind Dummheiten, die im Deckmantel des kleinbürgerlichen Anstandes daherkommen. Also die Jagd auf »Kinderschänder« oder andere Straftäter. Die haben keinen Anspruch darauf, öffentlich so behandelt zu werden, dass man von einer unantastbaren Würde sprechen könnte. Sie sind Freiwild für die Massen von Dummbeuteln, die meinen, sie würden die Welt zu einem besseren Ort machen, weil sie ihrem Hass gegen Kriminelle freien Lauf lassen. Die popularisierte Fahndung nach Art der sozialen Netzwerke ist ein neues Level der »Öffentlichkeitsfahndung«. Der warf man zuzeiten (z.B. im Falle von »Aktenzeichen XY«) vor, dass sie das Denunziantentum fördere, Minderheiten diskriminiere, Ängste schüre und Verbrechen zur Unterhaltung instrumentalisiere. Die Fahndung per Like-Button radikalisiert diese Dynamiken nochmals gesondert.

Wahrscheinlich wird der unbedarfteste Charakter, der solche Fahndungsmeldungen teilt, die Gesellschaft nicht zu einem besseren Ort machen, sondern das Klima nur weiter vergiften. Der Pranger, der mit einem Klick auf dem Bildschirm zu sehen ist, erreicht ja nicht nur kühle Gemüter und abgeklärte Kriminalisten, sondern eben auch den anonymen oder fast-anonymen Lynchmob. Deren #Aufschrei kommt direkt aus dem Schoss, der noch immer fruchtbar ist.

3 Kommentare:

maguscarolus 16. Juli 2014 um 10:16  

Schon als das Internet noch als ARPA-Net nur einer kleinen Schar von wissenschaftlichen Nutzern und Computerexperten offen stand war ich immer skeptisch, wenn die Segnungen der Öffnung für große Nutzerkreise dank GUI und WWW gepriesen wurden. Schon in den 70er-Jahren konnte einem klar sein, dass das Internet nur ein Verstärker dessen sein kann, was die Menschen immer schon auszeichnet, und das ist neben der Dummheit die Niedertracht und bei einer gewissen MInderheit die Öffnung neuer legaler und illegaler Möglichkeiten um Geld zu verdienen und sogar reich zu werden.

Alle Blütenträume von der besseren weil vernetzten Menschheit sind spätestens sei ca. 10 Jahren mit dem massenhaften Aufkommen internetfähiger Mobiltelefone verflogen.

Der Idiot regiert!

Anonym 16. Juli 2014 um 11:00  

ANMERKER MEINT:

Entweder sie wissen nicht, was sie tun - die Gurufahnder, sind also geschichtsblind oder sie wissen genau, was sie tun, wollen also die faschistische Gesinnung in unserm Land bewusst fördern. In beiden Fällen wäre das katastrophal! Wo sind die Innenminister der Länder, die sowas im Namen des GG unterbinden? Wo ist die im DGB organisierte "Gewerkschaft der Polizei", die dagegen Sturm läuft? Mit unverantwortlichen "Räuber und Gendarmspielen" wird fahrlässig dazu beigetragen, dass unsere Gesellschaft immer mehr verroht. Es ist zum Kotzen!

MEINT ANMERKER

Anonym 16. Juli 2014 um 11:51  

Sie sind halt gut dressiert, die "Blockwarte". Allzeit bereit, sich anzudienen. Kein Steinewerfer, der nicht sofort die Polizei zu Hilfe rufen würde, weil irgendwer auf der Straße "Idiot" zu ihm gesagt hätte. Lächerlich und armselig, wie es sich für einen Unmündigen gehört, der nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Was hier läuft, ist eine subtile Form der gesellschaftlichen Gleichschaltung. Die Denunziation soll etabliert werden und wird somit zur Staatsdoktrin erkoren - wie sie es schon ursprünglich immer war. Zunächst geht es natürlich nur um Diebe und Gewalttäter - natürlich ohne zu hinterfragen, weshalb überhaupt jemand "kriminell" wird, ob es vielleicht am System liegen könnte, dass die Verblendeten nur Scheiße bauen - aber schon bald werden auch die Gedankenverbrecher dazugehören. Der Witz ist doch, dass die "Polizei" ihre Aufgaben schon immer selbstständig erfüllen konnte. Sie braucht diese Form der "Hilfe" gar nicht. Insbesondere nicht, in Zeiten des eh schon totalitären Überwachungsstaates. Es geht hier doch darum, die Leute "auszusieben" und in Mitläufer und Andersdenkende zu unterteilen. Wer nicht mitmacht, beim gesamtgesellschaftlichen Spitzeldienst, der ist verdächtig.

Das geht jetzt Knall auf Fall, mit der Etablierung des "Pseudodemokratiekonformen Kapitalfaschismus". Es wird auch nicht mehr lange dauern, dann gehören Menschenschlachthöfe wieder zum Stadtbild. Heute wird noch im Ausland abgeschlachtet, bald auch wieder hierzulande. Die Leute sind so verblödet und besoffen, dass sie noch Beifall klatschen werden, wenn die ersten "Lebensunwerten" in die Duschen wandern.

In 2000 Jahren nichts dazugelernt und nichts kapiert. Arme Menschheit.

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