Drei Mann in einem Boot

Montag, 24. Juni 2013

Die SPD strickt gerade mal wieder an einer weiteren Legende ihres Abgesangs. Sie läßt es jetzt nämlich so aussehen, als seien die ernüchternden Sonntagsfragen nichts weiter, als die verbockte Aktion eines Rudels Platzhirschen. Deren Uneinigkeit und Hinter-den-Kulissen-Zoff sei das Manko ihres Wahlkampfes. Mag sein, dass Gabriel und die zwei Steinigen sich nicht grün sind - dergleichen soll in der Parteipolitik ja schon immer vorgekommen sein. Aber dieses Triumvirat der gegenseitigen Ablehnung dürfte das wohl kleinste Übel der SPD-Misere sein.

Nunja, was soll diese Partei aber auch anderes erzählen? Soll sie kundtun, dass sie sich in den letzten 15 Jahren aufgerieben hat zwischen falschem Kurs und Schröder, zwischen Unschärfe des eigenen Profils und Schröder, zwischen klassistischer Grundhaltung und Schröder? Das Narrativ der drei Männer, die sich nicht mögen und sich gegenseitig im Wege stehen, läßt sich da bedeutend leichter ertragen. Gewährt es doch die Selbsttäuschung, dass es sich nicht um die Folgen eines parteilichen Niedergangs handelt, sondern um individuelle und personelle Randnotizen, die man in den Griff kriegen könne. Nur Allüren, mehr nicht! Die Partei bleibt der Star, sie ist intakt, sie bietet Lösungsansätze. Doch weil genau das nicht der Fall ist, benötigen sie dieses Scheingefecht dreier Männer auf diesem einen Boot.

Man hat sich über Jahre hinweg würdelos in ein Konzept verstrickt, das sich New Labour nannte, aber bloß ein Konservatismus mit flapsigen Sprüchen war und ist. Der wirkte irgendwie hemdärmeliger als das Original, weil das ausführende Personal populistischer und markiger geschult war. Diesen Kurs hält man noch immer wacker, erzählt aber natürlich das Gegenteil. Man habe sich von den Sünden der Ära Schröder gelöst, habe eingesehen, dass viel davon gut gemeint war, aber nicht gut gemacht wurde, liest man zuweilen. Aber die Sachzwänge damals!, schieben diese Einsichtigen dann nach und machen sich zu Opfern. Denn sie wurden zur Agenda 2010 getrieben, sie wollten sie ja nie.

Die SPD kriselt nicht, weil diese Kerle sich nicht mögen. Sie wird als Alternative deshalb nicht mehr wahrgenommen, weil sie schlicht keine Alternative mehr ist. Weil sie inhaltlich verödet ist, weil sie sich ausverkauft hat unter Schröder und weil dessen Nachwehen noch immer zu spüren sind. Die führenden Sozis von heute sind in einer Ära parteipolitisch sozialisiert worden, in der das New Labour Schröders als der neueste Clou galt, als etwas ganz außergewöhnlich Revolutionäres, weil man hier linken Geist mit Sachzwängen verband und pragmatische Entscheidungen traf. Das mit dem linken Geist glauben diese Sozis um Steinbrück heute noch immer tapfer.

Dieses Trium-verrat war maßgeblich am Niedergang seiner Partei beteiligt. Jeder auf seine Art und Weise. Alle drei haben die Agenda 2010 ohne Kritik mitgetragen oder sogar mitentworfen. In der Ära Schröder ist diese kleine Alternative, die die SPD zuweilen sein konnte, wenn sie mutig genug war, vor der eigenen Courage nicht zurückzuschrecken, eine kleine Option im Kapitalismus sein. Gabriel, Steinbrück und Steinmeier haben an der Alternativlosigkeit fleißig gefeilt.

Im Grunde will da nicht jeder Kapitän sein, wie manches Medium schreibt - es sind einfach nur drei hilflose Matrosen in einem kaum schwimmfähigen Boot. Um Verantwortung und Chefsein geht es doch gar nicht. Inszenierter Streit hat zu sein, damit verdeckt wird, wie unfähig diese Partei für die hohe See geworden ist. Da hat man lieber beschlossen, die scheiternde Kampagne um den Kanzlerkandidaten inneren Querelen in die Schuhe zu schieben und nicht der Entsozialdemokratisierung der Sozialdemokratie. Der Bankrott ist damit personell bedingt und nicht inhaltlich, was soviel heißt wie: wegen der Inhaltslosigkeit.

Haben diese drei Leichtmatrosen sich etwa gestritten, weil ihr Kanzlerkandidat sich einen Bildzeitungshetzer zum Sprecher machte? Davon ist nichts bekannt. Und genau das zeigt, dass es um das Inhaltliche schlecht bestellt ist. Und daran scheitert die Kampagne - an einen Kandidaten, der in einer ausgehöhlten Partei agiert, die er mit ausgehöhlt hat, unter freundlicher Mitwirkung seiner beiden Kollegen.

An Streit scheitert Demokratie nicht. Er ist das Wesen dieses Konzeptes. Hätten diese Männer mal mehr um Positionen gestritten in jener SPD, als das S noch für Schröder stand, dann müssten sie sich heute keinen Streit für die Öffentlichkeit erfinden.

11 Kommentare:

maguscarolus 24. Juni 2013 um 08:20  

Schröder hat der SPD durch seine unsägliche Wirtschaftspolitik pro Bonzen den Todesstoß versetzt, von dem sie sich nicht mehr erholen wird, weil ihr ein Führungspersonal fehlt, das die Größe hat, sich hin zu stellen, sich für die Fehler der Vergangenheit glaubhaft zu entschuldigen und ganz demütig zusammen mit der Linkspartei wieder dort an zu fangen, wo die Sozialdemokratie einmal war.

Anonym 24. Juni 2013 um 08:59  

"Man habe sich von den Sünden der Ära Schröder gelöst, habe eingesehen, dass viel davon gut gemeint war, aber nicht gut gemacht wurde ..."

Die Wiederkehr des Gleichen. 1998 hieß es: "Wir werden nicht alles anders machen, dafür aber vieles besser."

Könnten diese blinden Skipper doch ruhig wieder verwenden.

Anonym 24. Juni 2013 um 09:12  

AMERKER MEINT:

Hervorragend, Roberto, auf den Punkt gebracht. Wenn man die Hirn - resp. Schamlosigkeit bedenkt, was den Wahlslogan angeht (Das WIR entscheidet), dann wird klar, dass es eine Linke in dieser Partei gar nicht mehr gibt. Die hat ja auch schon oft alles geschluckt, um mit dabei sein zu können. Wenn´s dann geklappt hatte, wurde sie mit einer Spielwiese belohnt, z.B. dem Entwicklungshilfeministerium, und die Rechte hat ihre Politik durchgezogen. Wenn das "WIR" wirklich entscheiden würde, wären diese unglaubwürdigen Pappnasen, die die Partei zur Zeit "repräsentieren", schon längst weg vom Fenster. Ich glaube ja, dass Willy Brandt in seinem Grab ohne Unterlass rotiert-der Arme!

MEINT ANMERKER

Sledgehammer 24. Juni 2013 um 12:12  

Die drei (Narr)a(toren) dieses (SPD-)Narrenschiffs narren nur noch Narren, narrensicher!

Annett 24. Juni 2013 um 12:30  

Für die "Agenda 2010"-Täter & -Verfechter bleibt Selbsttäuschung bzw. Autosuggestion oberste Priorität, weil nur so eine Aufarbeitung ihrer "Reform"politik (auch künftig) ausgeschlossen werden kann.

Trotzdem möchte ich zw. Gabriel und den "Stones"-Finsterlingen unterscheiden. So hatte der SPD-Chef Gustav Horns letztes Buch vorgestellt und der Kanzlerkandidat sollte nicht etwa durch die Medien sondern mittels Wahl der SPD-Mitglieder bestimmt werden.

Abschließend noch
Ein Gruß zum 150. Jubiläum der SPD http://issuu.com/nachdenkseiten-leipzig/docs/130523_nds-lpz_150-jahre-spd

Lazarus09 24. Juni 2013 um 13:56  

sPD = Jake in the box, immer wenn's soweit ist, kommt sie aus der Kiste und erzählt einen von Sozial und Arbeiterpartei was dann folgt sollte bekannt sein ..ich schrieb am 18. Juli 2011 daran hat sich bis jetzt nichts geändert,in einer Oligarchie zieht der “wählende” Pöbel neben dem zahlenden Klientel immer den Kürzeren....

666

zuvielnachdenker 24. Juni 2013 um 14:39  

Warum, um alles in der Welt,wird dieser erbärmlichen Bande von verlogenen Heuchlern,abgefeimten Lügnern,permanent- den- Mantel-nach-dem -Wind-Drehern immer und immer wieder viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt???

Anonym 24. Juni 2013 um 15:47  

Es tut mir leid um die vielen enttäuschten SPD-Mitglieder und -Anhänger. Aber diese Partei beschäftigt wohl in erster Linie die Frage: "Wie kann ich an die Macht kommen?" und nicht die Frage: "Wie kann ich am besten soziale Ziele erreichen und wie sehen diese aus?". Ich bin vor langer Zeit ausgetreten, weil die Mehrheit der Parteimächtigen vor allem mit der CDU um CDU-Ziele konkurriert haben. Ein Führungstrio, das immer noch den Verrat von Schröder an seinen Wählern feiert, statt diesen zu bedauern, ist so überflüssig, wie ein Kropf!

Hartmut B. 24. Juni 2013 um 17:41  

Das Verarmungsgesetz Hartz IV und damit der soziale Absturz von Millionen Menschen in der BRD kann diese Partei NICHT wieder gutmachen.
Das trium-verrat sind Heuchler. Jeder von Ihnen will nur die neoliberale Machtpolitik von Schröder fortsetzen.

Anonym 24. Juni 2013 um 18:19  

"[...]Sie wird als Alternative deshalb nicht mehr wahrgenommen, weil sie schlicht keine Alternative mehr ist[...]"

Man kann es nicht oft genug erwählen, dass der Wähler bei der nächsten Bundestagswahl nur die Wahl zwischen CDU/CSU/FDP Original und CDU/CSU/FDPlight (=SPD/GRÜNE...) hat.....

Vortrefflich auf den Punkt gebracht für jemand, der schon bei Schröder dachte, dass die SPD jetzt ehrlicher Weise ihr Parteibuch abgeben, und geschlossen in die CDU eintreten sollte, und dies schreibe ich obwohl ich sehnlich eine Alternative zur NLEP Deutschlands wünsche.....

Trauriger Gruß
Bernie

Anonym 1. Juli 2013 um 10:23  

Dass die SPD tod ist, sieht man schon daran, dass exakt die selben Nasen an der Spitze stehen, die für das Wahldesaster 2009 verantwortlich waren. Da ist kein Leben mehr, kein Aufbäumen, da gibt es keine Kräfte mehr, die von Innen eine reinigende Wirkung entfalten. Das selbe gilt natürlich auch für die Grünen.

Das gilt allerdings auch für die FDP und die CDU. Gab es einst Liberale, denen sich heute die Zehnägel hochrollen, angesichts dessen, was die FDP heute noch zu bieten hat, gab es einst Konservative, der erschüttert wären, wenn sie sehen, was aus der CDU geworden ist, so ist davon nichts mehr übrig. Alle diese Parteien sind klinisch tot. Sie sind nur noch Abziehbilder dessen, was Parteien einmal gewesen sein sollen. Jede dieser Parteien ist mehr oder weniger fremdbestimmt. Parteitage sind Inszenierungen der Einfalt, der Gleichschaltung, nicht des Streitens, des Ringens um die besten politischen Entscheidungen. Parteien, die gedacht waren, den politischen Streit zu kultivieren, den Meinungsbildungsprozess zu gestalten, laufen den Meinungen lediglich hinterher. Und mit puplizistischer Macht und dem Geld, lassen sich Meinungen formen. Parteien sind nur noch Erfüllungsgehilfen von jenen, die die veröffentlichte Meinung bestimmen, weil sie selbst völlig unfähig geworden sind, sich selbst eine Meinung zu bilden. Es gibt eine Unzahl von Gesetzen, die an Dummheit nicht zu überbieten sind, wie zuletzt das Leistungsschutzgesetz. Daran kann man erkennen, dass das Personal der Entscheider keinerlei Sachkenntnis mehr besitzt, nicht mehr fähig ist, seinen eigenen Verstand zu benutzen. Ein dümmliches Lobbyistengesetz, was der geifernden Lobby selbst gar nichts bringt, kann nicht einmal verhindert werden.

Die Krönung dieses Prozesses ist Merkel, eine Person, die nichts anderes zum Ziel hat, als ihren eigenen Machterhalt. Nie war Politik inhaltsleerer als heute.

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