Mütterlicher Gnadenakt?

Dienstag, 10. Juli 2012

Die neuen Rechte lediger Väter werden teilweise als "gut gedacht, aber schlecht gemacht" bewertet. Das ist wahr - aber aus anderen Gründen als den genannten. Sie müssen einhergehen mit einer Stärkung richterlicher Einflussnahme und einem strikteren Überwachen von gerichtlichen Beschlüssen. Es muß möglich sein, sich weigernde Mütter zu sanktionieren und zur Einbindung des Vaters in die Erziehungsarbeit, ganz im Sinne des Kindeswohles, zu bewegen.

Gegen den Willen der ledigen Mutter könne man ledigen Vätern nicht das Sorgerecht erteilen, meint das konservativ-postfeministische Feuilleton. Das sei lebensfremd und Murks. Bislang war es so, dass eine stoische Verweigerungshaltung seitens der Mütter dazu führte, die Väter auszuklammern - selbst die behäbige Intervention von Familiengerichten konnte daran kaum etwas ändern. Ordnungsgelder bei Zuwiderhandlung gerichtlicher Anordnungen blieben meist aus. Das berichtet unter anderem Katrin Hummel in ihrem Buch. Ob es alleine bei vielleicht fruchtlosen Rechtsansprüchen für ledige Väter bleibt, oder ob auch die Familiengerichte fortan strikter auf die Einhaltung von Anordnungen achten und den oft vorgeschobenen Verweigerungsgrund, nämlich der Vater schade dem Kindeswohl, weitestgehend außer Kraft setzen - und wie die Jugendämter speziell in der Sache dieses Kindeswohles eingestellt werden -, das bleibt zunächst abzuwarten.

Was hier angetastet wird, ist das ledig-mütterliche Primat über das Kind, die Monopolstellung im Leben des eigenen Nachwuchses. Dieser vermeintlich zunächst nur theoretische Verlust, führt zwangsläufig zu Reaktionen, die die neue Rechtslage als zu vertrackt, als zu lebensfremd diskreditiert. Der Einbruch in diese Domäne wird als Gefahr empfunden, der ehemalige Partner als Hemmnis in der neuen Lebensplanung, in der der neue Partner oftmals die väterliche Rolle alleine übernehmen soll, ohne mit einem Vater- und Partnerkonkurrenten ringen zu müssen. Dass die Teilung des Sorgerechts zweier Eltern, die nicht zusammen leben, nicht einfach zu bewerkstelligen ist, dass es Streitigkeiten und Diskrepanzen geben wird, steht außer Frage. Das bedeutet aber nicht, dass deswegen die Kindeserziehung zum Scheitern verurteilt ist - Streit ist die Vorstufe zur Kompromissbereitschaft und damit ein demokratisches Prinzip. Was soll daran verwerflich sein? Die Kritiker der neuen Rechtslage sehen aber genau das als Problem - in ihrem Weltbild braucht das Kind klare Strukturen und Regeln. Als ob die etwa nicht herrschten, wenn sich Elternteile mit geteiltem Sorgerecht hinter den Kulissen auf einen Nenner zu bringen haben! Als ob es für das Kind schlecht wäre, wenn es sieht, dass verschiedene Standpunkte existieren, die man aber irgendwie zusammenbringen muß - das wäre doch eine Schule für das Leben! Und als ob es solche Streitpunkte nicht auch zwischen Eltern gibt, die sich in einem gemeinsamen Haushalt das Sorgerecht teilen!

Der fortschrittliche Teil der Mütterwelt, der fernsehgerecht auf der Straße zu den neuen Rechten lediger Väter befragt wird, meint hierzu lapidar, dass das alles richtig und irgendwo auch gerecht sei - und wenn die Väter zahlen, fügten sie hinzu: warum denn nicht? Wenn sie also zahlen, wenn sie also finanziell stark genug sind, dann sollte man auch das Sorgerecht als Gnadenakt erteilen. Vater sein nur, wenn man das Geld hierfür hat. So weit hat es der gender mainstream gebracht. Er hat geschafft, dass Liebe mit Geld verwechselt wird. Der Alptraum mag nun sein, dass ein Vater, der für das Kind nicht (regelmäßig) bezahlen kann, trotzdem gegen den Willen der Mutter das Sorgerecht erhalten kann - fraglich ist nur, ob man ausbleibende Unterhaltszahlung als gegen das Kindeswohl gerichtet instrumentalisieren könnte; hier kommt die Schwammigkeit des Familienrechts, wie es beispielsweise der Väteraufbruch dieser Tage kritisiert, voll zur Entfaltung.

Das erziehende Elternteil hat qua seiner Stellung Vorteile. Es kann beeinflussen und instrumentalisieren, es kann den Nachwuchs gegen den anderen Elternteil aufhetzen. Das kommt gar nicht selten vor - Anwälte für Familienrecht erklären gelegentlich, dass gegen ein von Elternhand instruiertes Kind kein Paragraph Abhilfe zu leisten vermag. Wenn das Kind ein Elternteil ablehnt und dies so artikuliert, und das erziehende Elternteil kategorisch ablehnt, die Wogen im Sinne des Kindes zu glätten, beißen sich Gesetz und Richter die Zähne aus. Vom Jugendamt sind meist nur Alibimaßnahmen zu erwarten. Man darf nicht glauben, dass alle ledigen Mütter nun zu solchen Mitteln greifen - Würde und Stolz sind Kategorien, die auch weiterhin für die Mehrzahl der Menschen gelten. Dennoch sind die neuen Rechte für ledige Väter sinnlos, wenn im gleichen Zuge für schwierige Familien nicht auch pädagogische Familienhilfen Mutter und Kind regelmäßig besuchen und begleiten - die Möglichkeit sich solcher Hilfen totalzuverweigern, sollten dabei drastisch eingeschränkt werden. So wie bei Gefährdung des Kindeswohles das väterliche Sorgerecht verweigert werden soll, so soll auch die totale Abwehrhaltung einer Mutter als Gefährdung dieses Kindeswohles angesehen werden und Konsequenzen haben. Einem Kind den Vater zu nehmen, kann nicht im Sinne des Wohles dieses Kindes sein, auch wenn manche ledige Mutter das vielleicht so sehen mag.

Und es wird dringend notwendig sein, die neuen Rechte für ledige Väter mit einen Strafgeld-Katalog zu flankieren, der auch zum Einsatz kommt. Hummel schreibt, wie oben erwähnt, dass bislang die Totalverweigerung lediger Mütter damit endete, dass weder Gericht noch Anwälte Mittel fanden, die zu einer Deeskalierung und somit zu einem Kompromiss führten. Blieb die Mutter lange genug stur, fegte sich dreist über Beschlüsse hinweg, verweigerte sie die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt (das oft genug wenig Interesse daran hatte, nachdrücklich diese Zusammenarbeit einzufordern - auch aus finanziellen Gründen), so resignierte irgendwann die Gerichtsbarkeit. Strafgelder konnten zwar erlassen werden - das geschah aber meist nicht. So wie es die Lobby der ledigen Mütterwelt für richtig befand, nicht zahlende Väter stark unter Druck zu setzen, so soll es nun geboten sein, die strikte Ablehnungshaltung von Müttern unter Druck zu setzen - notfalls auch, indem man das Sorgerecht der Mutter einschränkt. Geschieht dies nicht, sind die neuen Väterrechte für viele Männer nicht mehr als ein schönes Stück Papier - dann sind sie nicht mehr als ein mütterlicher Gnadenakt und genau das dürfen sie nicht sein; sie müssen effektiv durchsetzbarer Rechtsanspruch sein.



3 Kommentare:

Anonym 10. Juli 2012 um 11:22  

man wird mit diesen müttern immer lieb umgehen. das neue gesetz ist lug und trug.

Anonym 10. Juli 2012 um 11:35  

In was soll der Staat noch alles eingreifen?

Wo immer die Gesetzteslage eine Seite unterstützt, besteht auch die Gefahr, dass sie als Machtmittel missbraucht wird. Dringlicher wäre es erstens den Willen des Kindes stärker und später auch des Teenagers zu berücksichtigen. Ich war ein Papa-Kind und hab mich erst mit 17 Jahren durchgesetzt und bin zu ihm gezogen. Hätte man mich nur einmal gefragt und meine Antwort berücksichtigt, wäre ich wohl früher zu meinem Vater gezogen.

Zweitens wird die Ursache der Macht-, Rachespiele mit keinem Gesetz angegangen, nämlich, dass Eltern bei Trennung das Wohl des Kindes über alles stellen. Es ist doch schon happig genug, dass Kinder Entscheidungen Erwachsener hinzunehmen haben, egal ob und wie sie damit fertig werden. Eltern, die dies nicht berücksichtigen und Macht-, Rachespielchen auf dem Rücken von Kindern austragen, sind unverantwortlich und unreif als Eltern. Dem kommt man nicht per Gesetz bei. Solche Menschen werden immer Mittel und Wege finden, dem anderen eins auszuwischen und weiter "gerne" über das Kind, das je jünger es ist, sich um so weniger wehren kann. Als 8-Jährige hab ich bereits gedacht "Was hab ich mit Eurem Schei* zu tun?" Als 10-Jährige spürte ich, dass ich benutzt werden sollte, zum Beispiel zum Aushorchen und hab geschwiegen oder Belangloses erzählt. Ich wurde zum Meckern vorgeschoben usw. usw.

Es ist mir völlig egal, ob Mann oder Frau in dieser Verantwortung nach einer Trennung versagen, insofern sollte eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden, die immer beide gleichermaßen im Blick hat zum Wohl des Kindes. Sowohl Sorgerecht als auch Unterhaltspflicht obliegen beiden Eltern. Vom Sorgerecht gibt es allenfalls eine Rücktrittsmöglichkeit. In Konfliktfällen sollten Mediatoren und erst wenn das Wohl des Kindes nachweisbar leidet, sollen Gerichte eingeschaltet werden können. Bei einer Scheidung und ab einem gewissen Alter soll es für Kinder eine "Kummerstelle", die beispielsweise in Schulen integriert sein könnte erreichbar sein, sozusagen ein Anwalt für das Kind, der das weitere Vorgehen (z.B. Gespräch mit den Eltern, Mediator, Jugendamt, ...) entscheidet.

Alvis 16. Juli 2012 um 12:38  

Ich habe die Gesetzesänderung nicht weiter verfolgt, denn mir war eines nicht klar: Inwiefern führt das Gesetz zu einer tatsächlichen Verbesserung? OK, nichteheliche Väter haben jetzt irgendwie dieselben Rechte wie eheliche (Scheidungs-)Väter. Aber in der Praxis haben auch diese keine nennenswerten Rechte. Also, worum geht es?

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