De dicto
Donnerstag, 26. Juli 2012
Zum Gesagten sei angemerkt: Geld leihen, nicht einziehen! Zum Pfandleihhaus, nicht zur mehr steuerlichen Regulierung eines Gemeinwesens, das derart dereguliert wurde, dass es kaum mehr dem Verfassungsauftrag eines sozialen Staates gerecht werden konnte. Der Weisheit letzter Schluss ist es also, dass sich Geld zur Ankurbelung des Allgemeinwohls geliehen werden soll - höhere Abgaben ohne Rückzahlungsvereinbarungen verlocken offenbar nicht. Dieser Vorschlag stammt vom DGB-Vorsitzenden, von einem Gewerkschafter. Wenn selbst die nicht die Notwendigkeit sehen, die Ungleichheit durch gezielte Umverteilungsmaßnahmen zu mindern, dann ahnt man, wie weit die ideologische Bearbeitung bereits fortgeschritten ist. Die Aussage zeigt, dass die Arbeitnehmer von Funktionären vertreten werden, die gleichfalls die andere Seiten vertreten könnten, würde dort ein Posten frei."Zwangsanleihen bei Reichen, die verzinst zurückgezahlt werden, sind als Lastenausgleich eine vernünftige Maßnahme."- Michael Sommer, Interview in der BILD-Zeitung vom 25. Juli 2012 -
Sommer will einen Staat, der sich Geld von denen leiht, die genug haben, um höhere Beiträge für die Gesellschaft zu leisten. Er will diesen Reichtum noch mehren, indem er ihn verzinst zurückbezahlt. Gleichwohl geißelt er immer mal wieder die Kluft, die sich zwischen Reichtum und Armut auftut, die immer gewaltiger wird. Diese Diskrepanz gilt es zu überwinden, wissen Gewerkschaften bei Maikundgebungen zu predigen. Eine Steuerpolitik, die den Reichtum in die Pflicht nimmt, starke Schultern durchaus stärker, vielleicht sogar sehr viel stärker belastet, ist das Mittel hierzu. Davon spricht Sommer aber wenig. Er will, dass sich der Staat das Geld leiht, das er den Reichen vormals geschenkt hat, als er Steuern senkte und Schlupflöcher einrichtete.
Mit geliehenen Geld will er die Krise in Europa bekämpfen. Mit dem Geld, das die Staaten Europas in ihrem neoliberalen Deregulierungswahn bewusst liegen und auf den Konten Vermögender vermodern ließen. Man sprach von verschuldeten Staaten und senkte gleichzeitig die Steuern, machte die sozialen Auffangmechanismen unbezahlbar und senkte nochmals Steuern und Abgaben, um Anreize für Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen zu setzen. Weniger Staat sollte es geben, was auch hieß: weniger Steuern. Und die Spitzensteuersätze kippten. Dieses fehlende Geld soll nach Michael Sommer nicht zurückgeholt werden, er will es nur leihen und dann verzinst zurückbezahlen, dem Geldkreislauf also wieder entziehen.
Wenn das der Bund der Steuerzahler oder ein Arbeitgeberverband vorgeschlagen hätte! Ja dann! Aber doch kein Gewerkschafter! Wie tief New Labour doch bereits verankert ist...
12 Kommentare:
Dem Sommer bekommt die auf den Kopf scheinende Sonne offenbar nicht gut.
Solche Gewerkschaftsbosse braucht man eigentlich nicht!
Dazu passt dieses Ergebnis einer Studie:
http://www.heise.de/tp/artikel/36/36725/1.html
ich verstehe das wort zwang nicht, wenn man sich von einem milliardär geld leiht, es ihm zurückzahlt und noch zinsen drauflegt. wo ist da der zwang.
entschädigungslose enteignung wäre zwang.
aber dieser tage reden die leut über begriffe, die ich zwar kenne, aber deren neue bedeutung mir bisher völlig unbekannt war.
neulich meinte einer im rahmen der documenta, paranoia sei eine form der erkenntnis. ich dachte immer, paranoia sei eine form der einbildung.
hab vergessen, mich anzugeben. stichwort paranoia.
Ein paar Euro hab ich noch über, die könnte ich unserer Geldelite auch gleich direkt überweisen.
Anscheinend sitzt Herr Sommer mit denen in einem Boot .., und so etwas nennt sich Gewerkschafter, unglaublich.
Es ist wirklich kaum noch zu ertragen, wie verkommen dieses Land mittlerweile ist.
Beste Grüße
onlyme
ohne dgb, dessen gewerkschaften und funktionäre wäre der abbau der löhne und rechte von arbeitnehmern in den vergangenen jahrzehnten wahrscheinlich weitaus problematischer gewesen.
Es kommt darauf an, wie die Konditionen gestaltet sind.
Ist vereinbart, dass der Zins 1% unter der Wachstumsrate des BIPS liegt, sinkt der Schuldenstand des Staates.
PS: War übliches Verfahren in den USA nach dem 2. Weltkrieg.
Der Zinssatz wurde in Abhängigkeit der Wachstumsrate festgelegt.
Und hat nix mit Kommunismus zu tun.
Sommer, das ist der mit der angeborenen Sorgenfalte auf der Stirn.
Der, der gern mit den Entscheidern an einem Tisch sitzt - der, der auch mal ganz bös´ schauen kann.
Er ist aber keiner, der die Arbeitnehmerseite wirklich vertritt. Er ist ein solches Weichei, ein Versager, wenn es um die wirklichen Interessen der Benachteiligten geht.
Nichts, aber auch GAR NICHTS hat er je an wirklich vorweisbaren Erfolgen für die Arbeitnehmerschaft erstritten. Mahnen, das kann er - aber wenn es um die Wurst geht, wenn er sich mal wirklich herausragend positionieren soll, vielleicht auch mal POLARISIEREN.... dann entschwindet er und geht mit Kanzlerin und Kauder essen....
So einen Jammerlappen kann man nicht ernst nehmen !
Anton Chigurh
Ich vermute mal, dass sich inzwischen auch höherrangige Gewerkschaftsfunktionäre selbst zu den "Leistungsträgern" bzw. zu den "Leistungseliten" zählen. Von daher sollte man sich bei diesen nicht weiter über ihre Scheinheiligkeit und Heuchelei wundern oder gar aufregen. Sie fühlen sich als "Besserverdiener" nun mal trotz aller verbalen Scheingefechte eher der "anderen Seite" zugehörig als denen, die sie eigentlich vertreten sollten. Und sie geben sich noch nicht mal mehr Mühe, dieses sonderlich zu verheimlichen.
@ anonym von 18:53:
Dass das nach dem WK II üblich war, ist mir durchaus bewusst - die wirtschaftlichen Zeiten waren jedoch andere. Damals erlebte man Zeiten des allgemeinen Aufschwungs, der ja über den Krieg hinaus stattfand. Wo ist er heute? Was wird für einen getan?
Manno Kinners,
der Sommer suchte einfach nach einer Möglichkeit, sein Geld anzulegen. Mich wunderts, daß er nicht gleich einen opulenten Zinssatz vorgeschlagen hat.
Alle anderen Anlageformen werden doch immer unsicherer.
Was soll er denn da tun?
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