Eindrücke aus soetwas wie Heimat

Freitag, 8. Juni 2012

Das Zwölftel eines Jahres verbringe ich nun dort, wo ich lebe: Hessen. Man genehmige mir, Eindrücke zu vermitteln. Versucht sinnvoll, keine Splitter, wie man sie in Tagebücher bohrt; es sollen Eindrücke sein, die ins Konzept passen. Heimat - etwas, ein Wort, eine Örtlich- oder Befindlichkeit, die mir wenig Konnotatives eindrückte. Heimat ist womöglich nicht mehr als der Ort, wo der eigene Kühlschrank steht. Wer damit zufrieden ist, kann überall heimatliche Bande weben. Soetwas wie Heimat, besser gesagt - wenn ich schon nicht weiß, was Heimat ohne den Zusatz von Soetwas ist. Soetwas wie Heimat: ein Surrogat für Heimat. Eindrücke also. Heute - und demnächst mehr. Unregelmäßig und subjektiv - ich habe nur meine Augen und Ohren zur Verfügung. Eindrücke aus soetwas wie Heimat - hin und wieder einige Zeilen zu dem mir Eingedrückten.

Wenn man das Anhaltinische und das Thüringische für die Stammlande der Reformation und die ehemaligen Städte und Gebiete der Hanse für die Ursprungsstätte des deutschen Frühkapitalismus hält, so kann das Hessische für das Stammland des neoliberalen Lebensentwurfes gelten. Diese Aussage hat keinen wissenschaftlichen Anspruch, sie ist weder veri- noch falsifiziert - aber sie ist gut subjektiv und blendend auf meinem Mist gewachsen. Nicht, dass ich in Bayern eine heile Welt erlebt hätte. Nicht, dass dort keine neoliberalen Vorstellungen in bittere Wirklichkeit umgesetzt worden wären - aber so radikal sparsam, unmenschlich, profitorientiert und -maximiert wie das, was ich hier so sehe und erlebe, habe ich es dunnemals in Bayern kaum erlebt.

Dies fängt schon im Bildungssystem an, das als Grundessenz den Elternwillen postuliert. Die können ihren Spross auf höhere Schulen schicken, auch wenn der nur Fünfer schreibt. Das setzt manchen schlechteren Schüler unter Zugzwang. Die Hauptschulen sind demnach verwaist; manchmal so sehr, dass in kleineren Orten die Handvoll Hauptschüler in Realschulklassen integriert werden - ein Lehrer unterrichtet dann Real- wie Hauptschüler in einem Klassenzimmer nach zwei Lehrplänen. Natürlich gibt man sich außerhalb der Schulen hier sehr stolz, dass die Realschulen und Gymnasien jedermann offen stehen; und jemand aus Bayern darf sich dann anhören, wie rückständig das Schulwesen Bayerns sei, weil es dreigliedrig gestaltet ist und den Elternwillen durch Lehrerempfehlungen beschneidet. Die gibt es auch in Hessen, sind aber nur Makulatur. So wie die dreigliedrige Schule, die in Hessen nicht aufgewertet wird, sondern die Hauptschule als Sammelbecken für so genannte Bildungsverlierer behält. Theoretisch stehen so jedem die Gymnasiumspforten offen - es bleibt aber, wie fast überall in dieser Republik, eine Geldfrage, wohin man sein Kind schickt.

Chronisch unterfinanziert ist das hessische Bildungswesen ohnehin - Schulstunden fallen regelmäßig aus, werden hin und wieder aber durch ein Programm kompensiert, das Laien zu Aufsichtskräften in Schulklassen geraten läßt. Zwanzig Euro Schulstundenlohn gibt es dafür; manchmal sind es auch Lehramtsanwärter, die diese ehrenvolle, von der Regierung Koch initiierte Methode zur Stärkung der Zivilgesellschaft, übernehmen - sind es Lehramtsanwärter, hat die jeweilige Schule noch Glück; manchmal sind es hingegen xenophobe Fettsäcke mit Gemeinsinn oder frömmelnde Tanten, die einer Klasse vorsitzen. Wie der örtliche Schulleiter mir erzählte, plane man nun auch noch, behinderte Kinder zu integrieren. Körperliche ebenso wie geistige. Dagegen spricht ja gar nichts - es wäre sogar förderlich und würde beiden Seiten nicht schaden. Problem ist abermals jedoch, dass keine finanzielle Ausstattung hierfür geboten würde. Einfacher gesagt, die Lehrkraft hätte neben ihren Schülern auch noch mit den Tücken der Behinderung umzugehen - keine Hilfsstellung, keine zweite Lehrkraft im Raum, nicht mal eine Krankenstation ist geplant. Das ist neoliberale Umsetzung; man fordert und plant, setzt sogar um, schafft aber weder Mittel noch Strukturen, sondern winkt ab und meint: Macht mal, streckt euch, dann klappt es schon irgendwie.

Dieses Irgendwie, es ist das Zauberwort des Neoliberalismus. Irgendwie lebt man auch mit weniger Geld; irgendwie kompensiert man auch die Mehrbelastungen; irgendwie arrangiert man sich schon mit der Verschlechterung der Zustände, irgendwie geht es schon. Falls es nicht klappt, dann hat man das richtige Irgendwie nur noch nicht gefunden. Der Neoliberalismus tröstet seine Opfer mit einem anhaltenden Irgendwie, das kenntlich machen soll, dass ein modus vivendi noch gefunden wird, wenn man nur optimistisch, zuversichtlich, pragmatisch genug ist.

Ich glaube, ich liege auch falsch, wenn ich Hessen als Stammlande des Neoliberalismus bezeichne. Wahrscheinlich muß ich es auf den Raum Rhein-Neckar herunterbrechen - bis zum sich windenden Main hinauf. Dort ist die Enge des Neoliberalismus spürbar. Eine infrastrukturelle Enge, eine Enge, die die berühmte moralisch-geistige Wende skizziert. Dort ringelt sich alles in Flexibilität und Mobilität, viel Pendlerverkehr verstopft Straßen, Gleise und Fluglinien. Das ist ja nicht verwerflich, gependelt wird überall. Bezeichnend ist eher die hessische Ignoranz gegen diese Verstopfung. Natürlich gibt es auch hier Stimmen, die diesen Wahn kritisieren - aber dass es nun mal Flug- und Bahnlärm gibt, könne nicht verändert werden, hört man hier oft. Gegen den Fortschritt könne man sich nicht stellen. Als sei das Fortschritt, wenn es einem den Kochkäs' vom Schnitzel heruntervibriert. Modernisierungopfer nennt der neoliberale Irrsinn solche Leute. Kollateralschäden der technologisierten Gesellschaft, für die kein Gedenkstein errichtet wird. Hin und wieder berichten Radiostationen im neutralen Ton darüber, dass man die Villa Roland Kochs mit Lärm beschallt - zehn Minuten habe er auch gewährt, was man wie eine Art Gnadenakt verkündigt. Ach kritischer Geist, hessisch bist du nicht...

Aber gut, ich sagte ja, es geht nicht um Hessen. Hessen ist ein künstliches Gebilde. Und die Gegend bis Mannheim hinab, Baden-Württemberg also, das ja ums Eck' liegt, zähle ich zu diesen Stammlanden durchaus hinzu. Hessen ist ja historisch betrachtet keine Einheit. Was sich im Umgang des offiziellen Hessen mit seiner selbst bemerkbar macht - möglich, dass ich bald darüber schreibe; über das Hessenbild, das fröhlich verbreitet und die Zusammengehörigkeit, die künstlich befeuchtet wird. Bis dahin bleibt die Frage, ob dieses historische Vakuum, dazu der Umstand, dass man in Hessen schön protestantisch beschult wurde, fruchtbarer Boden für den Neoliberalismus war - oder erwächst er gar aus diesen Prämissen, quasi ganz Max Weber? Und ist der offenbare neoliberale way of life, den man hier ungenierter lebt, dafür verantwortlich, dass man händeringend und haareraufend Prämissen sucht?

Obgleich es nicht alleine an soziologischen oder historischen Erklärungen zu diesem Bundesland liegen kann. Diese gesamte Sparpolitik, auf die ich hier ganz sicher irgendwann noch zu sprechen kommen werde, und dieses unschön durchdrungene NeoLib-Weltverständnis, wird von einer hessischen Landesregierung mitsamt Partei beatmet. Auch daran liegt es! Der hessische Arm der Union ist ja berühmt für kleinbürgerliche Affekte und großindustrielles Entgegenkommen, für niederträchtige Schwarzkoffer- und hochfinanzielle Mauschelpolitik. Koch, der jetzt als Bouffier durch die Lande tingelt, ist der klischeehafte Bappkopp des hessischen Konservativen - es braucht ihn aber gar nicht, damit alles so eingekocht bleibt, wie es damals war. Und konservativ ist an ihm nichts, er wollte nicht erhalten, er wollte im Sinne der ihn einlullenden Lobbygruppen verändern. Natürlich liegt es auch sehr an der landesörtlichen Union, dass Hessen ein neoliberales Jammertal ist. Die hat für die Wirtschaft ein vollschichtig einsatzbereites Parlament geschaffen - für die Bevölkerung läuft diese Veranstaltung nur noch auf Teilzeitbasis. Das ist aber aus neoliberaler Sicht logisch und schlüssig. Denn liest man der Wirtschaft alle Wünschen aus der Iris, so verwendet sie ihre Blüte dazu, die Menschen mit gut dotierten Arbeitsplätzen und Sicherheiten zu beglücken - Allgemeinwohl ist, wenn Partikularinteressen durchgesetzt werden, weiß der BWL-geschulte Freizeit-Volkswirtschaftler genau. Die Politik will über das Allgemeinwohl nichts wissen, wenn man sie fragt, meint sie, es gehe den Menschen allgemein wohl ganz gut - nichts Genaues weiß man nicht: so definiert sich in neoliberalen Stammlanden das Allgemeinwohl.



19 Kommentare:

Dusch-Lampe 8. Juni 2012 um 10:23  

"Als sei das Fortschritt, wenn es einem den Kochkäs' vom Schnitzel heruntervibriert"

Genau das ist, dass was man als Hesse leider nur mit geschlossenen Augen wahrnimmt..

So traurig es ist, hier im stock konservativen Odenwaldkreis, kocht jeder sein eigenes Süppchen,
was in Frankfurt oder gar sonst wo passiert, ist doch ganz egal.

Aber dann, wenn der Fortschritt irgendwann so weit ist, dass die Kühe im Odenwald nur noch saure Milch rauslassen, dann ist das Geschrei groß..

So sind die Hessen - Hessen halt, die leider immer wieder die Augen vor der Realität verschließen!

Alles in allem ein sehr der Wahrheit entsprechender Text!

Anonym 8. Juni 2012 um 10:59  

Als geborener Hesse; ja, recht haben Sie; schmerzlich in den Spiegel zu schauen. Ich weiß ja nicht, wo Sie wohnen in Hessen, aber ich als Nah-Frankfurter kann das nur bestätigen. Und als den puren Neoliberalismus besichtigende Kaffeefahrt empfehle ich den Start gegen Mittag auf der Freßgass und Goethestrasse über Bad Homburg nach Kronberg, Königstein mit einem kleinen Abstecher nach Bad Soden und weiter nach Wiesbaden...

Anonym 8. Juni 2012 um 12:43  

Die können ihren Spross auf höhere Schulen schicken, auch wenn der nur Fünfer schreibt? Das war in Schleswig-Holstein zu meiner Zeit, als ich ins Gymnasium übertrat, genauso - und zwar vor 30 Jahren. Es ist keine hessische oder sonstwelche Innovation.
Die Hauptschulen waren damals trotzdem gut besucht - weil man mit diesem Abschluß noch Aufnahme fand in der Wirtschaft damals. Der Druck entstand nicht aus der reinen Möglichkeit, eine höhere Schulform besuchen zu können. Es hat ja auch keinen Sinn, dort dann zu scheitern und wieder herabgestuft zu werden.

Anonym 8. Juni 2012 um 15:05  

Ja, lieber Roberto, diese Impressionen aus Hessenland kann ich nur bestätigen.

Roland Koch hat vor vielen Jahren schon in vorauseilendem Gehorsam eine EU-Richtlinie durchgesetzt, die die Querfinanzierung der Verkehrsbetriebe, die systembedingt defizitär sind mit Gewinnen aus den Versorgungsbetrieben untersagt.
Das hat die Stadtwerke Wiesbaden zerschlagen, wir arbeiten jetzt auch mit Billigbusfahrern.
Die Pointe daran ist, dass diese EU-Richtlinie dann irgendwann wieder aufgehoben wurde, nur eben in Hessen nicht!
Ebenfalls durch Quertreiben der neoliberalen FDP wurde vor langer Zeit das Projekt "Stadtbahn Wiesbaden" verhindert. Eine Stadtbahn wäre aus zwei Gründen gut gewesen: Weniger Umweltbelastung und Subventionen, die schienengebundene Verkehrsbetriebe bekommen.
Alles zum Profit einiger Privatbusunternehmer!

Wiesbaden ist ja auch, neben Bad Homburg, die Stadt mit der höchsten Millionärsdichte.

Ich bin froh, wenn ich in Rente gehen kann und nicht nur diese Stadt sondern ganz Deutschland verlassen kann.Dauert leider noch minimal 5,5 Jahre...


Cordialement

Christine

Eike Brünig 8. Juni 2012 um 21:33  

Wie heißt es doch so schön: "Jeder Hesse brauch was auf die...." Roberto sorgt dafür ;)

klaus baum 8. Juni 2012 um 22:30  

Heimat? Was ist das?

The Personalist 9. Juni 2012 um 02:18  

"Gemeinwohl ist, wenn Partikularinteressen durchgesetzt werden" - Nein nein, politisch korrekt lautet es: "Demokratie ist, wenn ... "

Koch ist ein Prototyp der Lobby-Marionetten, die sich nie gescheut haben, Recht zu brechen. Er ist ein Vorzeige-Politiker, wenn es darum geht, den Menschen zu zeigen, was für Politiker sie verdient haben, wenn sie sie nicht einstampfen. Warum, frage ich mich bis heute, läuft ein Betrüger und Opportunist wie der noch immer frei herum?
Geachtet ist er, nicht geächtet. Was für eine großartige Zeit in der wir leben!

HMxxx 9. Juni 2012 um 08:30  

Bin 2001 von Berlin nach Wiesbaden gezogen, schwerer Fehler!!!

Wiesbaden: Stadt der Millionäre (meine Stadt.de)
Diese Internetpräsentation sagt schon alles aus.

Hier wird alles getan, damit sich die Millionäre wohlfühlen. Der Rest ist scheißegal bzw. billige Verfügungsmasse.

Anonym 9. Juni 2012 um 16:18  

Ich will ja nicht sagen, dass alle Hessen so sind, wie ich es jetzt gleich schildere, aber ich hatte vor ein paar Jahren in meinem Auslandsjahr einen Hessen - irgendein Bad Sonstwas - in meine Freiwilligen-WG bekommen (damals war der Typ um die 20 Jahre jung). Leider kann man sich ja nicht aussuchen, wen man in so eine WG bekommt, nicht wahr...
Meine Fresse, was war das für ein rücksichtloses, bis zum Anschlag hedonistisches Arschloch...nie räumte er seinen Müll auf und manchmal nahm er sich sogar ohne zu fragen, unser knapp bemessenes, solidarisch geteiltes Essen. Quasi wie der Prototyp eines neoliberalen Egomaniac. Unpolitisch war diese Matschbirne natürlich auch noch. Selbst meine zwei WG-Genossen britischer Herkunft wollten schon gegen ihn meutern. ;D Naja, das Ende vom Lied war dann, dass wir ihn weitgehend ignorierten und die verbleibende Zeit mit ihm dann irgendwie rumgebracht wurde...

Anonym 9. Juni 2012 um 21:49  

Hessen ? Nun ja....ok....
Aber das mit dem "Heimatverständnis" stößt doch aktuell ganz extrem sauer auf, wenn man wie heute STÄNDIG das Wort "Lemberg" hört. Lemberg hat zuletzt 1944 als offizieller Ort existiert (und damals auch schon zu Unrecht !!!) - und heute echauffiert sich NIEMAND, wenn zwischen McBlöd und Coca Cola Werbung immer noch "Lemberg" statt korrekterweise LWIW gesagt wird...
Ist das pure Ignoranz, Dummheit oder gar ein Restrevanchismus, der da grassiert ? Bei Dumpfbacken wie Scholl oder Beckmann wundert mich das ja nicht, aber wenigstens EINER könnte darauf hinweisen, wie scheisse das ist !

Anton Chigurh

Anonym 10. Juni 2012 um 00:25  

An Anonym 16:18 h:
Freundchen, was unterscheiden eigentlich Aussagen der Art "Ich will ja nicht sagen, dass alle Hessen so sind, wie ich es jetzt gleich schildere, aber ..." von "Ich will ja nicht sagen, dass alle Türken so sind, wie ich es jetzt gleich schildere, aber ..."
Ein Typ, der einen Satz so beginnt, wird das in meiner Gegenwart in seinem Leben nur einmal tun.

Lutz Hausstein 10. Juni 2012 um 09:32  

Herrschaften, ich glaube, der Artikel hat in Teilen des Kommentariats nicht unbedingt die angemessenen Reaktionen hervorgerufen. Wer nun denkt, den Steilpass für ein pauschaliertes Hessen-Bashing erlaufen zu haben, dürfte wohl klar in die Abseitsfalle gelaufen sein. ;-)

Statt aller Gegenreden und Gegenargumente einfach nur ein Kurz-Zitat aus Klemperers LTI:

"Ich fand unter den Bauern von Unterbernbach große moralische Unterschiede und notierte mir reuig: "Sage nie wieder Der Bauer oder Der bayrische Bauer, denke immer an Den Polen, an Den Juden!""

Mehr Worte hoffe ich dazu nicht verlieren zu müssen.

ad sinistram 10. Juni 2012 um 11:27  

Danke Lutz, ich wollte gestern noch was dazu schreiben, kam nicht dazu. Bashing ist das letzte, was ich wollte. Denn Hessen sind tolle Menschen - und Idioten; sind nett - und frech; sind humorvoll - und total vertrocknet.

Lutz Hausstein 10. Juni 2012 um 11:57  

Sicher ist der Artikel ein klein wenig ein Tanz auf der Rasierklinge. Aber er findet in meinen Augen dennoch die richtige Balance, da er die strukturelle Verzerrung durch die neoliberale Ideologie anklagt und dies nicht personalisiert.

ad sinistram 10. Juni 2012 um 11:59  

Wenn ich sage, dass Koch jetzt unter dem Namen Bouffier durch die Lande tingelt, dann unterstreiche ich damit ja nur, dass es nicht an Personen meßbar ist - Charaktermasken eben...

Lutz Hausstein 10. Juni 2012 um 14:05  

@ Anton Chigurh 21:49:

Ich kann zwar das Anliegen verstehen, teile es dennoch so nicht. Allerdings habe ich mir schon früher einmal darüber Gedanken gemacht und eine Meinung gebildet. Das ist also jetzt nicht völlig spontan.

Gerade Dein Beispiel zeigt doch exemplarisch, wie schwer sich der landessprachliche Stadtname für anderssprachige Menschen aussprechen lässt. Insofern finde ich die Eindeutschung keinesfalls skandalös.

Es ist ja auch keinesfalls unüblich, einige Städtenamen den Sprachgewohnheiten des jeweiligen Landes anzugleichen. Das hat auch nichts mit Revanchismus zu tun. Oder hast Du schon einmal die Eindeutschung von Moskwa, Praha, Napoli oder Roma kritisiert?

Dies ist auch keinesfalls eine deutsche Besonderheit. Wer gelegentlich eine französische oder englische Variante der Aussprache oder gar abweichende Schreibweise einer deutschen (oder anderen) Stadt zu hören oder zu lesen bekommen hat, kann schon auch mal ins Schleudern geraten, diese Stadt überhaupt korrekt zu identifizieren.

Die genauen Hintergründe, warum manche Städtenamen in eine Landessprache übersetzt werden und andere nicht, können sicherlich Sprachwissenschaftler liefern.

Ich denke, man sollte da die Kirche im Dorf lassen und nichts hineininterpretieren, was nicht drin ist.

ulli 10. Juni 2012 um 15:04  

In Hessen waren die Verhältnisse schon immer ziemlich polarisiert. Einerseits gibt es diese Härte-CDU in der Traditionslinie von Dregger bis Koch, andrerseits war die SPD in Hessen-Süd (in ihren besten Zeiten) richtiggehend links. Hinzu kamen die starken Grünen und mit Fischer der erste grüne Minister.
Komischerweise ist das ganz anders als im benachbarten Rheinland-Pfalz, wo man schon immer im großen Konsens lebt. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Hessen schon geographisch sehr widersprüchlich ist: Südhessen ist lieblich, das Rhein-Main-Gebiet eine riesige Boom-Ärea und Nordhessen lief früher immer unter "Hessisch-Sibirien" (das war auch noch sog. "Zonenrandgebiet"). Wenn alles zu hart werden sollte, empfehle ich einen Ausflug ins nette Mainz. In Südhessen und Rheinhessen gibt es ganz guten Wein und auch gutes Essen - angesichts dieser Kulturfaktoren können die Gegenden also gar nicht so verkehrt sein.

Uli 10. Juni 2012 um 15:43  

Hallo Roberto J. De Lapuente,

Grüße aus der Nachbarschaft (11 KM), wie recht du hast. Ich bin ein Hesse und freue mich immer wieder den Menschen in Bayern zu begegnen.
Besondere Grüsse auch von der ZeitZeitung.com

Anonym 10. Juni 2012 um 19:27  

"Freundchen, was unterscheiden eigentlich Aussagen der Art "Ich will ja nicht sagen, dass alle Hessen so sind, wie ich es jetzt gleich schildere, aber ..." von "Ich will ja nicht sagen, dass alle Türken so sind, wie ich es jetzt gleich schildere, aber ..."
Ein Typ, der einen Satz so beginnt, wird das in meiner Gegenwart in seinem Leben nur einmal tun."

Also jetzt reicht es aber, mir Hessen-Bashing und unterschwelligen Fremdenhass zu unterstellen. Wenn ich wirklich alle Hessen pauschal als neoliberale Vollidioten bezeichnen wollte, hätte ich das unter Garantie in einem klaren Satz getan. Ich wollte mit meiner Anekdote nur ausdrücken, was Roberto in seiner Hessen-Beschreibung schildert. Mein Gott, wie man da jetzt auf Türken, Juden oder ähnliches kommt, da muss man ja schon einen ziemlichen Dachschaden haben und allzuschnell hysterisieren...:-) Danke übrigens, dass du mir in deinem letzten Satz indirekt Gewalt(?) angedroht hast. Macht man das so als jemand, der hier so als moralapostelischer "Gerechtigskeitsfanatiker" wie du auftritt? Was erwartest du als Kommentar zu einem Artikel, der Hessen beschreibt? Dass da User kommen, die die Bewohner HAMBURGS, ihre Denke und ihren Alltag schildern? Ist doch absurd. Soll ich den Hessen, den ich kennengelernt habe, etwa im Nachhinein durch Wischi-Waschi-Aussagen wie "Es gibt solche und solche..." entkräften und beschönigen? Dann hätte Roberto seinen Artikel auch nicht zu schreiben brauchen und mit dem Satz "Naja, es gibt eben solche und solche Bundesländer" wäre die Sache erledigt gewesen...sorry, aber du kommst mir irgendwie zu politisch korrekt vor, el friendo (so einer der bei "Reiz"-Sätzen/-Wörtern gleich hysterisch herumkrakeelt und hinter jedem Baum den Fremdenfeind sieht).

@Roberto: Nichts lag mir ferner, als zu bashen oder zu verallgemeinern. Mein erster Satz sollte genau das vorab entkräften.

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