De omnibus dubitandum

Dienstag, 31. Mai 2011

Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen entfielen...

  • ... 44,1 Prozent aller möglichen Stimmen auf niemanden.
  • ... 20,4 Prozent aller möglichen Stimmen auf die SPD.
  • ... 11,9 Prozent aller möglichen Stimmen auf die Grünen.
  • ... 10,8 Prozent aller möglichen Stimmen auf die CDU.
  • ... 3,0 Prozent aller möglichen Stimmen auf die LINKE.
  • ... 2,0 Prozent aller möglichen Stimmen auf die Bürger in Wut.
  • ... 1,3 Prozent aller möglichen Stimmen auf die FDP.
Die rot-grüne Koalition, die ihre Politik fortsetzen kann, vereint 32,3 Prozent aller möglichen Stimmen auf sich. Das heißt, nicht mal ein Drittel der Stimmen "bestätigten" ihre Arbeit. Die im Senat vertretene Opposition setzt sich aus 15,8 Prozent aller möglichen Stimmen zusammen - mehr als eine Minderheitenopposition.

Linksliberaler Terror

Montag, 30. Mai 2011

Dass Hans-Peter Friedrich ein harter Hund mit weichem Kern ist, war bereits bekannt, als er noch relativ unbekannt war - ein Proporzminister, der in seiner Zeit als Hinterbänkler nur durch opportunes Abnicken auf sich aufmerksam machte, kann niemanden überraschen. Weicher Kern bedeutet hierbei: mit weichem Inhalt, mit magarineweicher, ja fast flüssiger, verflüssigter Treue zu Werten einer liberalen und aufgeklärten Gesellschaft, die sich Rechtsstaat schimpft - und es bedeutet, nach dem, was man so liest (nicht über ihn, sondern von ihm), ganz besonders: die weiche Birne eines Hardliners...

Dieser Mensch, der Minister ist, weil es unbedingt ein Minister aus Reihen der Christsozialen sein musste, auch wenn sich dort keiner tummelte, der dazu befähigt gewesen wäre... dieser Mensch nutzt Deutschlands beliebteste Tageszeitung, um seine rechtslastige Auffassung von Sicherheit und inneren Frieden unters Volk zu kotzen. Schlimm genug, dass es in diesem Lande Usus geworden ist, Zeitungen, die auf dem freien Markt (das, was man dafür ausgibt!) agieren, für derartige Ministerialerklärungen zu gebrauchen - das wirft ein Bild auf Regierung, Minister, Zeitungen und dem Verständnis von Demokratie, das man hierzulande zu Tode hegt und pflegt. Wie gesagt, schlimm genug - arger ist aber, was dieser friderizianische Kraftmeier an verschiedenen Aspekten vermengt und verwebt, um seine Vorstellungen eines präventiven Staatswesens so auszuschmücken, dass sie vernünftig und klug klingen.

Hier weiterlesen...

Die Welt schmerzt

Samstag, 28. Mai 2011

Schwarzseher! nannte man mich schon oft. Manchmal gelte ich aber auch als berüchtigter Optimist. Dann unterstellt man mir, ich würde ein zu positives Menschenbild haben oder - wie kürzlich erst an dieser Stelle -, an irgendwelche Kräfte, beispielsweise an die Kraft des realen Sozialismus glauben. Aber das ist Unsinn! Ich bin nicht inbrünstig pessimistisch und schon überhaupt nicht optimistisch. Der abgedroschene Spruch, den man jetzt normalerweise anbringen müsste: ich bin nichts von beidem, ich bin schlicht Realist - aber dass meine Gedanken oft schwermütig klingen, sodass sie mit einem kultivierten Pessimismus verwechselt werden könnten, kann ich dabei gar nicht leugnen. Ich lese mich manchmal so - ja, das ist wahr. Aber das ist nicht Ausdruck davon, dass ich besonders negativ wäre, schwarzseherisch oder so - es ist der Realismus, wie er sich zeigt, wenn man ihn gewissenhaft als Schule verfolgt und wenn er einem ein Leben lang gnadenlos ins Gesicht schlug.

Es ist die Einsicht, dass sich Sehnsüchte als Unerfüllbarkeiten outen, dass sie vergängliches Wunschdenken sind. Auch und vorallem dann, wenn sich aus der Sehnsucht ein greifbares Szenario entwickeln könnte oder sogar schon entwickelt hat. Strebt der Mensch eine neue, bessere Gesellschaft an, so endet das fast schon statistisch bewiesen dennoch dort, wo es anfing. Der menschliche Makel läßt sich nicht wegerziehen - die Menschheit ist ein Fiasko, daran läßt sich nicht rütteln. Die Unzulänglichkeit des Menschen kennt keinen Halt und wartet nicht "vor den Toren der besseren Gesellschaft" unter Berücksichtigung von Schildchen, auf denen steht "Ich muß draußen bleiben!" Oder wie ist es, wenn man sich als Einzelperson ein anderes Leben wünscht, in dem es anders, vielleicht ruhiger, vielleicht erfolgreicher zugehen soll? Wie oft wird aus Aufbruch Enttäuschung? Nicht nur Gesellschaften gelangen vom Regen in die Traufe...

Hier weiterlesen...

Immer gefährlicher, immer rentabler

Freitag, 27. Mai 2011

Die Debatte ob Atomkraft oder nicht, sie war schon vor Jahren eine rein ideologische, die wirtschaftliche Gesichtspunkte völlig ausklammerte. Das lag daran, dass die Atomkraft mausetot war und noch immer ist - lediglich die dahinterstehende Lobby und deren Lohnschreiber suggerierten, dass in der Atomenergie eine Zukunft liegen könnte. Das taten sie, während alle messenswerten Indikatoren präzisierten, dass dem nicht so ist, dass das Gegenteil wahr ist.

Die öffentlichen Debatten waren ein Scheingefecht - neue Atommeiler, als Zukunftsmodell, waren bestenfalls der feuchte Traum der Atom-Lobby, reines Wunschdenken. Man debattierte ausschließlich, um die bereits am Netz angestöpselten Reaktoren zu verlängern. Mit Reaktoren, die bereits im Betrieb sind, die bereits zwanzig oder mehr Jahre Strom erzeugen, verdient die Branche ihr Geld. Solche Reaktoren sind es freilich auch, die besonders störanfällig sind. Neue Projekte kosten Unsummen. Der Bau von Atommeilern ist zeitintensiv und wird von den Behörden, die von der öffentlichen Meinung unter strenger Beobachtung stehen, immer wieder gebremst. Das investierte Kapital ruht in dieser Zeit. Manche Baustelle tritt deshalb bereits ins dritte Jahrzehnt. Gerd Rosenkranz schreibt in seinem Buch "Mythen der Atomkraft" (fast schon ein Standardwerk, wenn auch im Hosentaschenformat!), dass man "in anderen Zusammenhängen [...] solche Baustellen: Bauruinen" nennt. So läppern sich unvorstellbare Investitionskosten an, die entweder niemals Gewinn abwerfen oder, falls der Reaktor nach vielen Jahren doch in Betrieb gehen sollte, die eine halbe Ewigkeit benötigen, um sich zu amortisieren. Außerdem müssen dann Rücklagen gebildet werden, um die Folgekosten zur Lagerung von radioaktiven Material oder der Stilllegung stemmen zu können. Letztere gäbe es ja quasi nie, wenn es nach den Atombetreibern ginge, denn nur alte Meiler sind rentable Meiler - und gefährlicher als jüngere Modelle, was man allerdings nicht so gerne laut sagt.

Hier weiterlesen...

Facie prima

Donnerstag, 26. Mai 2011

Heute: Der Verurteilte, Dominique Strauss-Kahn

Er steht im Verdacht, eine Frau zum Sex gezwungen zu haben. Er wird verdächtigt, seine Stellung schamlos ausgenutzt zu haben. Ihm wird aufgrund des Verdachts der Vergewaltigung, sexueller Belästigung und der Freiheitsberaubung der Prozess gemacht. Doch der Verdachtsmoment ist dahin - so wie Strauss-Kahn in den Zeitungen abgelichtet wird, wird der Verdacht für den Leser zur reinen Makulatur, zu etwas, was man bereits überspringen kann, weil es bereits erledigt scheint. Der Abgeführte ist nicht über jeden Verdacht erhaben, er ist über jeden Verdacht hinaus - er ist post-verdächtig, bereits im Stand der Schuld angelangt. Ein in Handschellen abgeführter Mann sieht nicht nach Verdacht aus, er verbreitet die Aura der Schuld - wird optisch schuldig gesprochen. Natürlich könnte sich der Verdacht erhärten und später auch bestätigen. Aber die Verurteilung hat vor Gericht zu geschehen, unabhängig, überparteilich und nicht a priori durch die geschickte Setzung von Fotos manipuliert. Können Richter, die ja auch nur Menschen sind, daher irren und sich manipulieren lassen können, noch objektiv (ver-)urteilen, wenn der Angeklagte schon vorher medienwirksam als Schuldiger abgelichtet wurde?

Hier weiterlesen...

1986 und heute

Mittwoch, 25. Mai 2011

Letzten Sonntag vor fünfundzwanzig Jahren, da lief der Scheibenwischer nicht über die Mattscheibe des Bayerischen Rundfunks. Tschernobyl war noch keine vier Wochen her und das politische Kabarett der ARD-Anstalten RBB und BR, wollte sein Programm nuklear auffüllen. "Der verstrahlte Großvater" sollte das Stück heißen, an dem der BR Anstoß nehmen würde. Dem Fernsehdirektor des BR war das ganze Konzept der geplanten Sendung suspekt, Tschernobyl war schließlich nicht die Sorge der westlichen Hemisphäre und deutsche Atomkraftwerke waren schon damals die sichersten der Welt - jedenfalls dann, wenn man in Deutschland lebte, denn in Frankreich waren von jeher französische AKWs die sichersten und in Japan waren es japanische... aber sprechen wir nicht von Japan.

Den "verstrahlten Großvater" bekamen bayerische Fernsehzuschauer nicht zu Gesicht. Der Bayerische Rundfunk blendete sich aus und der Scheibenwischer galt ein Weilchen als Unterschlupf subversiver Elemente. 1986 war das - seither hat sich nicht viel geändert. Gut, es ist schon wahr, heute haben wir den Satire Gipfel und der ist ungefähr so subversiv wie der Verfassungsschutz - wobei der wiederum witzigere Sketche liefert. Der Satire Gipfel läuft nicht Gefahr, ausgeblendet zu werden. Dies wäre ohnehin vergebliche Arbeit, denn die drei Hansel, die den noch verfolgen, stellen keine Gefahr mehr dar. Inhaltlich bewegt man sich sowieso zwischen Zahn- und Harmlosigkeit. Den Biss, den der Scheibenwischer in seinen letzten Jahren schon - gedankt sei Bruno Jonas! - verloren hatte, den hat der Satire Gipfel nie aufgewiesen.

Hier weiterlesen...

Zweiundachtzig Millionen

Dienstag, 24. Mai 2011

Wir sind 82 Millionen potenzielle Kriminelle!
Man muß uns filmen, observieren und durchleuchten. Wir sind suspekt; wir sind möglich gefährlich. Was schreiben wir uns per e-Mail? Was in Briefen? Wohin fließt unser Geld? Warum überweist Hinz monatlich Geld an eine Sex-Hotline? Was hat Kunz mit der Gewerkschaft zu schaffen? Wir müssen überwacht werden - auf öffentlichen Plätzen und auf intimen Computern. Man kann uns nicht aus den Augen lassen, denn wir ticken als Zeitbombe. Für uns gilt nicht die Unschuldsvermutung, denn wir sind grundsätzlich...

... 82 Millionen potenzielle Kriminelle!
Präventiv sind wir als Verbrecher wahrzunehmen. Bis wir unsere Unschuld bewiesen haben. Geraten wir in soziale Englage, so sind wir präventiv Sozialbetrüger. Bis wir die Behörde davon überzeugt haben, dass wir es ernst meinen mit unserer Bedürftigkeit. Man meint es nicht böse, man will uns nichts unterstellen - aber die Situation erfordert es leider, dass man uns präventiv und prophylatisch verdächtigt. Um der Gesellschaft ihre Freiheit zu garantieren, muß sie sich die Freiheit nehmen, den Bürger zu verdächtigen. Wobei gilt, dass wir dann keine Bürger mehr sind, wir sind dann nur noch...

Hier weiterlesen...

Der Linksruck in Deutschland

Montag, 23. Mai 2011

Man kann sich schon vorstellen, was bald in den Spalten, die die Welt nicht braucht, im Feuilleton großer Tagesgazetten, gepinselt wird. Die Republik stehe nun vor einem Linksruck, wird man da lesen müssen. Rote und Grüne eroberten Baden-Württemberg, Grüne drängten sich nach Rheinland-Pfalz und beide im Verbund hielten die Bremer Bastion mit Nachdrücklichkeit. Die Libertinage der Liberalen findet unterdessen überhaupt kein Landesparlament mehr und die Christdemokraten verlieren Prozentpunkte und Nerven, beides im zweistelligen Bereich.

Linksruck! wird es bald durch die Redaktionsräume schallen. Der gute alte Konservatismus findet keine Mehrheiten mehr - wobei die, die mit dem Aufkleber "Konservatismus" am Revers herumliefen, gar nie konservativ waren, sondern wechselweise reaktionär oder neoliberal - je nach Wetterlage und Erfordernis. Konservativ wäre ja eigentlich vielmehr Kretschmann, den man aber unter dem Schlagwort "Linksruck" verortet. Nach links driftet dieses Land bereits dann ab, wenn Parteien in Ämter rutschen, die als erste militärische Auslandseinsätze der Bundeswehr oder die einschneidendste Sozialreform zulasten der Ärmsten der Gesellschaft verabschiedeten. Ist das der linke Abweg in diesem Lande? Wenn ja, wie sieht dann der rechte Pfad aus? Betreibt der rechte Konservatismus Mordbrennerei unter den Armen, sodass die "Segnungen des SGB II" sich noch als linke Gutmenschelei herausnehmen können?

Hier weiterlesen...

Nomen non est omen

Freitag, 20. Mai 2011

Heute: "Verschwörungstheorie"
"Verschwörungstheorien sind abstrus, sie vermischen Fakten mit erfundenen Behauptungen, und was allen gemeinsam ist: sie bauen auf stereotypen Feindbildern auf."
- planet-wissen.de -
Der Begriff Verschwörungstheorie ist meist negativ konnotiert und soll Ansätze und Erklärungsversuche zu bestimmten Sachverhalten diskreditieren oder sogar lächerlich machen. Die Behauptung ist, dass jemand mit seiner Erklärung, eine "Verschwörung" zu sehen scheint und damit nicht ernst genommen werden müsse. Ob der Erklärungsansatz der Wahrheit entspricht oder nicht, spielt hierbei primär keine Rolle, es geht um die Verunglimpfung eines Erklärungsversuchs. Außerdem soll dem vermeintlichen "Verschwörungstheoretiker" einen mangelnden Realitätsbezug, Paranoia und Unsachlichkeit vorgeworfen werden. Dabei funktioniert das Schlagwort auf mehreren Ebenen.

Hier weiterlesen...

Deutsche Verhältnisse, europäische Verhältnisse

Donnerstag, 19. Mai 2011

Die Zentralisierung Europas sollte vorangetrieben werden. Das meint jedenfalls Kanzlerin Merkel. Diesmal plädiert sie für eine Gleichschaltung und Vereinheitlichung des Renteneintrittsalters. Auf welchem Niveau es in etwa liegen sollte, verrät sie indes nicht. Dass sie aber "griechische Verhältnisse" abschaffen möchte, betont sie ausdrücklich - womit auch eine Antwort gegeben werden kann: nicht griechische, aber deutsche Verhältnisse sind europäisch erwünscht. Nicht von den Europäern vielleicht, aber dafür von der deutschen Regierung.

Ob nun Merkel selbst oder nur Der Tagesspiegel davon spricht, dass in Griechenland mit spätestens "Ende 50 in den Ruhestand" gegangen wird, bleibt vage - die Zahlen dürften jedoch vermutlich aus einer dunklen Schublade des beBILDderten Boulevardjournalismus stammen. Die EU-Kommission kam kürzlich noch zu anderen Zahlen. Und nach denen unterscheidet sich das effektive Renteneintrittsalter zwischen Griechenland und Deutschland nur unwesentlich. Aber Zahlen tun dem Eifer der Kanzlerin freilich keinen Abbruch und so fordert sie ungehindert die europäische Einheit auch in Rentenfragen.

Hier weiterlesen...

Ein kostbarer Rohstoff

Mittwoch, 18. Mai 2011

Wir erzittern, wenn vom Terrorismus gesprochen wird; wir fürchten uns, wenn wir herrenlose Taschen oder Koffer erspähen; Angst erfüllt uns, wenn höchste Alarmbereitschaft aufgrund eines möglichen Anschlags ansteht. Wir haben Angst vor Bomben und Bombenattrappen, vor Terroristen und solchen, die wie Terroristen aussehen könnten, wenn man wüsste, wie Terroristen denn so aussehen - wir verfallen in Angststarre, bemerken wir bärtige Männer im Kaftan oder gut verhüllte Frauenkörper. In deren Handgepäck vermuten wir Sprengstoff, was uns abermals in Furcht versetzt - und wer als unscheinbarer Zeitgenosse mit solchen anrüchigen Zeitgenossen schwatzt, der ist verdächtig, der macht uns ängstlicher als Angst.

Angst vor Sprengstoff und Autobomben. Angst vor Schläfern und Terroristengönnern. Angst vor Atomsprengköpfen und Giftattentaten. Angst vor dem Islam und dem Islamismus und, wahlweise, vor der Islamisierung. Angst vor fremd aussehenden, befremdlichen Menschen und unorthodoxer Kleidung. Angst vor verwaisten Koffern und Tüten. Angst vor in terroristischen Laboren gezüchteten Krankheitserregern und heimtückischen Viren zur Lähmung der virtuellen Welt. Angst davor, dass der islamische Terrorist offenbar keine Angst hat. Angst davor, dass die rechtsstaatliche Gesetzgebung offenbar, nach allem, was man so hört und liest, viel zu viel Angst kennt, um auch mal hart durchzugreifen.

Hier weiterlesen...

Sit venia verbo

Dienstag, 17. Mai 2011

"Je größer die Gefahr ist oder je größer sie erscheint, umso einschneidender werden die Maßnahmen, die (auch gegen völlig Unverdächtige) ergriffen werden, um so, angeblich, die Gefahr zu bannen oder zu minimieren; das führt etwa zur staatlich angeordneten Speicherung aller Telekommunikationsdaten auf Vorrat, das führt zu immer umfassenderer Überwachung und Kontrolle. In den längsten Phasen der Menschheitsgeschichte sind Täter, die tatsächlich oder vermeintlich die staatliche Rechtsordnung oder ihre Repräsentanten angegriffen haben, als Feinde und damit als rechtlos behandelt worden. Womöglich geht nun die kurze Geschichte zu Ende, in denen Staaten auch ihre Feinde dem Recht entsprechend behandelten, und sich, auch deswegen, Rechtsstaaten nannten. Innere Sicherheit wächst damit nicht. Die Garantien des Strafrechts sind keine Garantien mehr, wenn sie gerade dann nicht mehr gelten sollen, wenn es darauf ankommt."
- Heribert Prantl, "Der Terrorist als Gesetzgeber" -

Die Arbeitswut soll faulen

Montag, 16. Mai 2011

Die Faulheit hat keinen guten Stand in der bürgerlichen Gesellschaft - sie ist eher des Bürgers Abscheu. Mit ihr impliziert er Unkosten, Unordnung und Abstumpfung. Die Faulheit ist für ihn eine die Gesellschaft zersetzende Fäulnis. Er läßt sich daher auf sie nicht affirmativ ein, erkennt in ihr nichts Positives, vermag nicht deren Chancen und Möglichkeiten, deren fortschrittliche Kraft und soziales Potenzial zu entlarven. Und weil dies alles unerkannt bleibt, konnte einst ein ehemaliger Kanzler damit protzen, dass es kein Recht auf Faulheit in dieser Gesellschaft gäbe - Applaus und öffentliche Anerkennung folgten dem stante pede.

Die Faulheit als soziale Gerechtigkeit

In seiner 1880 erschienenen Schrift Le droit à la paresse, postuliert Paul Lafargue, der mit Laura Marx verheiratet war, ein Recht auf Faulheit - so lautet auch die deutsche Übersetzung der Schrift. Dabei ist allerdings der Faulheitsbegriff Lafargues nicht mit jener Faulheit gleichzusetzen, die der bürgerliche Furor ist, die dem Bürgertum vor seinem geistigen Auge aufersteht. Faulheit ist für ihn eher etwas wie Besonnenheit, Zurückhaltung und Betulichkeit, Maßhaltung und Befriedung eines wilden Erwerbsalltags durch weniger Arbeit, ein Abgleiten von sklavischer Arbeitsmoral, unterwürfigem und strapaziösem Arbeitseifer. Arbeit sollte Notwendigkeit sein, nicht Lebensinhalt - Lafargue schwebt dabei die Arbeitsmoral vor, die vor der Industrialisierung vorzufinden war und die Gerhard Schildt in seinem Buch "Aufbruch aus der Behaglichkeit" nachzeichnete: viele Feiertage, viele Ruheperioden, dafür aber auch Phasen voll Mehrarbeit, die aber immer mit Plausch und sozialem Austausch verbunden waren - eine Arbeitswelt letztendlich, die sich zwangsläufig nach der Natur richten musste (von der wir heute freilich relativ losgelöst sind), die aber keine tägliche oder gar stündliche Beweisbereitschaft der eigenen Produktivität abverlangte. Das was die bürgerliche Mitte heute mit Faulheit meint, die frappierenden, oft ekelhaften Bilder, die Fernsehsender wie RTL oder Sat. 1 aus den Wohnzimmern der Unterschicht über den Äther flimmern lassen, meinte Lafargue ganz sicher nicht - und das nicht nur, weil er damals noch keinen Fernseher besaß.

Hier weiterlesen...

Sie können doch nicht wider (ihrer) Natur handeln...

Samstag, 14. Mai 2011

Köpfe wechseln sie aus - das ist ihre Parteireform. Inhaltlich überarbeiten sie nichts, die Liberalen. Wen wunderts! Welche Inhalte sollten sie denn überarbeiten wollen? Sie haben ja nur einen und den können sie, mit Bedacht auf ihre Klientel, auch nicht einfach mal so abändern und umkehren. Den Sozialdarwinismus kann man nur schlecht reformieren - er kennt ja keine Reform, er kennt nur... nein, nicht Revolution: Evolution! Oder das, was die Jünger dieser Lehre dafür halten. Reichtum ist nach deren Weltempfinden ein evolutionäres Prinzip - Armut freilich auch. Das ist Naturgesetz und wer da rumfummelt, wer dem Naturgesetz ein Schnippchen schlagen will und so was Unnatürliches wie Sozialgesetzgebung zur gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Partizipation vorschlägt, der versündigt sich an der der Umwelt, am Naturreich, an der Natürlichkeit des Menschen.

Daher Parolen wie "Steuern runter!" oder "Mehr Netto vom Brutto!" - das sind für Liberale aus dem Thomas-Dehler-Haus keine plumpen politischen Losungen: es sind Rufe aus der Natur. So wie Vögleingezwitscher oder Wildschweingrunzer Geräusche aus der Natur sind, so sind Appelle wie "Steuern runter!" und "Sozialstaat abbauen!" für Liberale Naturklänge - denn der Mensch ist eben reich oder arm, weil es ihm natürlicherweise in die Wiege gelegt oder in die Gene kopuliert wurde. "Leistung muß sich wieder lohnen!" ist ja nicht für Krankenschwester oder Müllmann gedacht, schon gar nicht irgendwelche Erwerbslose: das wäre ja naturwidrig! Damit sind diejenigen gemeint, denen die Natur ein dickes Konto eingerichtet hat. Mehr oder weniger zu haben liegt eben in der Natur des Menschen - so war es immer, so wird es immer sein; Naturgesetze sind ja unumkehrbar und ewig.

Hier weiterlesen...

Ihre Meinung zu BILD...

Donnerstag, 12. Mai 2011

Das Konzept ist ungemein durchtrieben. Um Eigenwerbung zu betreiben, wirbt die BILD-Zeitung prominente Zeitgenossen an, die frei von der Seele weg etwas zu eben dieser BILD-Zeitung sagen dürfen - gerne auch etwas Negatives. Kritischere Promis lassen sich deshalb auch darauf ein. Denn immerhin erhalten sie damit die Möglichkeit, öffentlich und medienwirksam gegen den Axel Springer Verlag zu schießen - und dabei wie kritische und unbequeme Persönlichkeiten zu wirken. Leider reagieren nicht alle BILD-Gegner wie Judith Holofernes. Im Gegenteil, sie wähnen sich besonders ausgekocht, weil sie glauben, der BILD ein Ei ins Nest zu legen, wenn sie etwas Kritisches absondern - "ist die BILD doch tatsächlich so blöde und erlaubt mir, auf ihren eigenen Seiten gegen sie zu schießen", freuen sie sich dann. In Wirklichkeit geben sie aber der BILD-Zeitung einen selbstkritischen und offenen Anstrich - plötzlich sieht es so aus, als würde man im Hause Springer auf Objektivität achten und auch BILD-Kritiker ernstnehmen und zu Wort kommen lassen.

Könnte man diesen scheinbar faustischen Pakt, der keineswegs dazu führt, dass der werbende Prominente dem Blatt Schaden zufügt, der eher dazu führt, dass er vorgeführt und lächerlich gemacht wird, weil er durch seine kritischen Worte die BILD objektiviert... könnte man diesen Pakt denn wirklich so ausnutzen, dass die Werbekampagne zum Nachteil gereicht? Judith Holofernes' mutige Zeilen waren rigoros - aber selbst die zog die BILD-Redaktion heran, um sie als Werbung zu mißbrauchen. Wie aber sonst vorgehen? Ist es ganz und gar ausgeschlossen, eine solche Anfrage des Axel Springer Verlages so zu verwenden, dass am Ende nicht Objektivität, sondern eine öffentliche Anklage steht?

Hier weiterlesen...

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP