Nomen non est omen
Mittwoch, 25. August 2010
Heute: "Coaching"
Eine eindeutige Definition was Coaching genau sei, gibt es nicht. Drei grobe Formen des Coachings lassen sich unterscheiden: das Langzeit-Coaching, das thematisch-umschriebene Coaching und das Krisen-Coaching. Coacher sollen beraten, unterstützen, motivieren, schulen, begleiten und viel nachfragen. Die Abgrenzung zum Erzieher, Berater, Therapeuten und Trainer sind hierbei fließend und schwammig. Coaches sind zudem eher ziel- und erfolgsorientiert. Ähnlich wie Unternehmensberater werden aber auch Coacher nicht nach Leistung bezahlt.
Ähnlich wie bei dem Begriff des Managements, wird heute alles und jeder gecoacht. Seien es Team-, Bewerbungs-, Unternehmer-, Fitness- oder Familiencoaches. Selbst Babys können gecoacht werden. Auch Fallmanager der ARGE, Arbeitsvermittler und Berufsberater werden als Coaches bezeichnet. Die Beratungs- und Erziehungswut kennt hierbei keine Grenzen. Coaching ist ein weit dehnbares Gummiwort, das positiv konnotiert ist.
Dabei sind Coaches nicht selten der verlängerte Arm eines Unternehmens. Unbequeme Entscheidungen, wie Entlassungen werden auf die Verantwortung eines Coaches abgewälzt, der nach einigen Sitzungen eh wieder verschwunden ist – mit seinem Honorar versteht sich. Ein ähnliches Prinzip wie wir es bei den Unternehmensberatern kennen: das Outsourcen der Unternehmensverantwortung auf externe Kräfte. Auch die scheinbare Neutralität und die Moderatorfunktion des Coachers lösen sich schnell in Luft auf, wenn man bedenkt, von wem sie bezahlt werden.
Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Vollack aka Epikur.
"Ich bin ja schon lange nicht mehr revolutionär unterwegs. Ich bin Aufklärer. Ich will, die Fackel der Wahrheit in die Menge tragen. […] Jeder Coach wird sich mit der Zeit seine zu ihm passende Klientenpopulation heraus korrespondieren."Als Coaching versteht man eine personen-, prozess- und organisationsbezogene Beratung. Die Kombination aus individueller Beratung, persönlichem Feedback und praxisorientiertem Training, soll die Problemlösungs- und Konfliktfähigkeit der Coachees (die, die gecoacht werden) stärken. Nicht selten wird das coachen, auch als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden.
- Dr. Wolfgang Looss, Begründer der deutschen Coaching-Szene am 23. April 2009 auf coaching-report.de -
Eine eindeutige Definition was Coaching genau sei, gibt es nicht. Drei grobe Formen des Coachings lassen sich unterscheiden: das Langzeit-Coaching, das thematisch-umschriebene Coaching und das Krisen-Coaching. Coacher sollen beraten, unterstützen, motivieren, schulen, begleiten und viel nachfragen. Die Abgrenzung zum Erzieher, Berater, Therapeuten und Trainer sind hierbei fließend und schwammig. Coaches sind zudem eher ziel- und erfolgsorientiert. Ähnlich wie Unternehmensberater werden aber auch Coacher nicht nach Leistung bezahlt.
Ähnlich wie bei dem Begriff des Managements, wird heute alles und jeder gecoacht. Seien es Team-, Bewerbungs-, Unternehmer-, Fitness- oder Familiencoaches. Selbst Babys können gecoacht werden. Auch Fallmanager der ARGE, Arbeitsvermittler und Berufsberater werden als Coaches bezeichnet. Die Beratungs- und Erziehungswut kennt hierbei keine Grenzen. Coaching ist ein weit dehnbares Gummiwort, das positiv konnotiert ist.
Dabei sind Coaches nicht selten der verlängerte Arm eines Unternehmens. Unbequeme Entscheidungen, wie Entlassungen werden auf die Verantwortung eines Coaches abgewälzt, der nach einigen Sitzungen eh wieder verschwunden ist – mit seinem Honorar versteht sich. Ein ähnliches Prinzip wie wir es bei den Unternehmensberatern kennen: das Outsourcen der Unternehmensverantwortung auf externe Kräfte. Auch die scheinbare Neutralität und die Moderatorfunktion des Coachers lösen sich schnell in Luft auf, wenn man bedenkt, von wem sie bezahlt werden.
Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Vollack aka Epikur.
5 Kommentare:
Einerseits wird die Verrohung und Ent"artung" der "Jugendsprache" aufs Schlimmste verteufelt, sei sie doch Folge übermässiger Immigration, mangelnder Integration und somit Verdummung unserer armen guten deutschen Kinder. Auf der anderen Seite werden wir ständig mit neuen Schlagwörtern bombardiert, die, völlig von ihrer ursprünglichen Bedeutung weginterpretiert und eingesetzt, reine Camouflage sind.
Dies durfte ich erst neulich in einer Diskussionsrunde im Anschluß an das Theaterstück "Kokuhaku - Beichte Dein Leben" erfahren, an der u.a. eine "Couchin" der ARGE teilnahm. Nach dem 15. "Softskill" in ihrem Tätigkeitsbericht, der mehr oder weniger aus einer wie auswendig gelernt klingenden Aufreihung nichtssagender Sätze, fein ausgeschmückt mit dem so tollen neuen Schlagwort (kannte sie kein Anderes oder ist gerade dieses Wort z. Zt. große Mode?), bestand, habe ich abgeschaltet und in meinem Kopf leise Reinhard Mey erklingen lassen: "...Je weniger drin, desto mehr drumherum! ..."
Mein Lieblingszitat dazu: "Die Verantwortung wurde outgesourced, ab jetzt haftet nur noch der, der den Schaden hat" (W. Schmickler)
Dem "Coach" dicht auf den Fersen ist die aus den Love-Parade-Vorbereitungen kreierte Vokabel "Crowd-Manager". Hört sich wichtig an und ist für mich Anwärter für das Unwort des Jahres 2010.
Die Beraterei hat sich wundersam in den Zeitgeist eingeschmiegt. Die Beraterei, vom Lebensberater über den Psychotherapeut bis zum philosophischen Berater, ist ein aussterbendes Gewerbe, das die Gunst der Zeit ergriffen hat, um noch einmal richtig abzusahnen. Solange die Welt eine Denksequenz eröffnete, die Bahnen der Erklärung und des Verstehens des Menschen in kollektive und strukturelle Ausprägungen zurückführen konnte, mußte sich die Beraterei mit einem kleinen stück Kuchen abgeben: die Klinik. Große Teile des Gewerbes existierten gar nicht. Nachdem diese Denksequenz brüchig wurde, erste Strahlen der aufgehenden Individualisierung des Daseinsprozesses die Welt erhellten, da fing das Pflänzlein der Beraterei an zu gedeihen. Der Behandlungsraum der Klinik weitete sich. Der positivistische Feiertag der dialogischen Gesprächssituation explodierte zum Pluralitätsanker und zum rock solid des Zugangs zu den Ausprägungen des Daseinsprozesses. zu den überkommenen Titeln, die zur Inzision in die Sinnwelten der Individuen befugten gesellten sich ja in den letzten Jahren gleich noch mehrere Professionen mit unterschiedlichen Graden der Inzisionsbefugnis hinzu. Arbeit an sich selbst als Weg zum Glück. Wälzen und durchkauen der eigenen Welten, bis die Bahn des Glückes sich eingependelt hat. Die Prämissen der sich durchsetzenden Ideologie der vereinzelnden Konkurrenz um Güter zur Präferenzenbefriedigung waren wie Öl im Feuer der Beraterei. Des Unglückes gibt es indes viel, neben all den Konstellationen, die es geben mag, ist das Zuwenig an Profit die nie versiegende Quelle des Unglückes, deren Eindämmung nunmehr zum neuen globalen Geschäftsfeld der Beraterei werden konnte. Die Leiden des Sozialabbaus quillen auf die Couch der Inzisionsbefugten, die zu kleinen Gewinnzahlen lechzen nach an allen ihrer funktionalen Erfordernissen an beratender Optimierung. Das ganze Gewerbe der Beraterei ist ein Haufen organischer Intellektueller. Ihre klinische Miniwelt hat keine Mauern mehr um sich, die ganze Gesellschaft ist zur Klinik geworden.
Man vertritt die eigenen Interessen nunmehr homogener: die Couch und das intime Gespräch können immer helfen, wo die einzige Erklärung für Glück und Unglück in den Ausformungen individueller Welten gefunden werden kann. Man schreit nach den KRankenkassen. Sie mögen mehr Stunden bezahlen. An der Maskerade hat man das alte Echtheitszeichen neu lackiert: Selbsterkenntnis führt zur besseren Welt insgesamt. Lösende Reflexion der eigenen weltlichen Erscheinungen führt heilsam in das bestehende harmonische Gesellschaftsleben ein. Die Erlebensinzision kann helfen, sich der Umstände der Zeit anzunehmen, die unglücklich machenden Illusionen aufzugeben und froh und munter weiter zu leben. Freilich aufgeklärter, ehrlicher, all das, aber auch der Tribut an die Zeit fehlt nicht, man wird zielstrebiger, man beginnt Ziele zu formulieren und instrumentell darauf hin zu arbeiten. Man wird erfolgsorientiert. Man lernt sich durch zu setzen. Man nimmt nicht alles persönlich: der Niedriglohn ist nicht persönlich gemeint. Die Überstunden auch nicht. Entspannungstechniken wurden angeraten. Sich mal eine Freude machen zwischendurch. Auch ein Schokoladeriegel kann das. Danach ist man wieder voller Kraft und kann sich Arbeit suchen. Das Verschwinden der Wirren der Depression lässt sie zuversichtlich bis in alle Ewigkeit Bewerbungen schreiben, lässt sie jauchzend Harzt 4 empfangen, lässt sie kognitiv sachlich verstehen, wenn sie die Arbeit verlieren. Nur nicht aufgeben. Machen sie am Abend autogenes Trainig und sagen sie sich, sie seien ruhig und gelassen, fröhlich und zufrieden. Sagen sie es sich oft. Teilen sie sich ihre Zeit ein. Zeitmanagement. Seien sie offen für neues, verwenden sich ein Iphone. Haben sie keine Angst vor Versagen, das kann jedem mal passieren. Wie schaut es in ihrer Familie aus? Endlos sind die Möglichkeiten der Inzision. In riesiger Übersetzungsarbeit treten an die Stelle der heilsamen Wirkungen struktureller Veränderungen Kataloge individueller Konfigurationsarbeit. Arbeite an dir und alles wird gut.
Kommentar veröffentlichen