Etwas fault im Staate Dänemark
Sonntag, 8. August 2010
Der bundesrepublikanischen Gesellschaft wurde es irgendwann zum fixen Leitgedanken, dass nur ein weithin steuerbefreites Gemeinwesen, ein wirklich lebenswerten Gemeinwesen sei. Wo kärglich Steuern fließen, da fühle sich der besserverdienende Bürger wohl, hieß es - und heißt es noch immer. Das unterscheidet den deutschen Besserverdiener (denn es sind ja Besserverdiener, die glauben, Steuern kämen zu teuer) vom dänischen Kollegen, der nun sogar freiwillig mehr Steuern bezahlen möchte. Besonders markant ist die Absicht dahinter: mit Mehreinnahmen soll der Wohlfahrtsstaat ausgebaut werden.
Kein Wunder, dass man wenig in den Gazetten der Meinungsmacher davon liest. Denn den Sozialstaat ausbauen: das ist für sie undenkbar. In einer Ära, da die soziale Frage eine globale Dimension angenommen hat, erklärt das Modell Deutschland, dass nur der im Rückzug befindliche Sozialstaat auch soziale Antworten bieten könne - indes der rotzfreche Nachbar aus dem Norden mit dem Gegenteil hausieren geht. Wohlfahrtsstaat stärken, lautet die Devise besserverdienender Dänen - und das mit eigenem Beitrag. Nicht zuletzt auch, weil ein starker Wohlfahrtsstaat die Binnennachfrage ankurbelt, damit gewährleistet, dass der Besserverdienende weiter besserverdienen kann. Derlei darf man hier nicht zu laut thematisieren. Besser man schweigt sich in den großen Leitmedien darüber aus - wenn es denn überhaupt sein muß, dann soll es bitteschön nur eine knappe, ganz knappe Meldung sein.
Es wäre ja noch schöner, wenn der deutsche Informationskonsument auf dumme Gedanken gebracht würde! Wohlfahrtsstaat ausbauen: das ist ja ein Affront gegenüber dem deutschen Steuerzahler, diesem geknechteten Wesen. Da fallen die Dänen ihren Nachbarn aber böse in den Rücken mit diesen anachronistischen Phantasien. Wie soll man sich denn zukünftig erklären, wenn plötzlich durch den Blätterwald rauschte, dass die ohnehin hoch besteuerten Dänen, dazu bereit sind, noch mehr zu bezahlen? Hernach glaubt hierzulande kein Mensch mehr, dass es nur die Steuerbescheidenheit und der damit einhergehende Sozialabbau ist, die zu mehr Wohlstand führen. Und was es für die Befindlichkeit von Besserverdienenden bedeutet, wenn sie animiert durch das dänische Beispiel in Zugzwang geraten, darf man sich gar nicht erst ausmalen!
Nur niedrige Steuer- und Sozialabgaben zaubern den Reichen dieses Landes ein Lächeln ins Gesicht - ein gequältes Lächeln, denn Weniger! oder Noch weniger! als Losung wäre ja durchaus drin, wenn dieser lästige Sozialstaat nicht wäre. Man ist jedoch bescheiden, ist mit kleinen Entlastungen zunächst einmal zufrieden, betreibt eine Sparpolitik der kleinen Schritte. Niedrige Steuern beeinflussen die Befindlichkeit der Gesellschaft, lehren sie uns - alle sind glücklicher, zuversichtlicher, wenn öffentliche Kassen straucheln: darüber ist man sich einig. Dass es gleich um die Ecke eine Gesellschaft gibt, die trotz hoher Steuern, trotz der Bereitschaft zu noch höheren Steuern, nur deswegen unglücklich scheint, weil sie den dort herrschenden Wohlfahrtsstaat für ausbaufähig hält, irritiert diese ganze Horde von Mehr Netto vom Brutto!-Apologeten stark. Ein Auslaufmodell ausbauen?, fragen sie sich. Nicht, dass sie über sich und ihre (fehlenden) Ideale plötzlich nachdenken würden - verrückt sind für sie solche, die die Discount-Mentalität nicht auch in den Sozialstaat verpflanzen wollen. Dass es Menschen gibt, scheinbar sogar ein ganzes Volk, das es nicht gerne noch billiger hätte, ist denen überhaupt nicht begreiflich. Altmodisches Denken, morsche, modrige Geisteshaltung - etwas fault da im Staate Dänemark. Die Fäulnis der Sozialromantiker!
Pst, Spiegel! Leise, Stern! Klappe halten, BILD! Nicht berichten, nicht mal ein kurzer Anriss! Es ginge nämlich auch anders, das dürfen nur nicht alle erfahren - sonst ist die schöne Mär vom anachronistischen Sozialstaat nicht mehr anwendbar. Wenn die Massen erst mal erkennen, dass sich die allgemeine Befindlichkeit einer Gesellschaft bessert, je fester der Sozialstaat arbeitet; dass man sich nicht mehr in jeden Billigjob drängen lassen muß, man nicht mehr Freiwild für Arbeitsvermittler und Verwaltungsbeamte ist, weil der starke Sozialstaat den Bedürftigen wieder mehr Selbstvertrauen einflößt; wenn die Menschen das alles spitzkriegen, dann muß die Armut doch wieder per angemessener Steuer alimentiert werden. Wobei die Sozialstaatssparer ja nichts gegen Armut haben - sie können nur die Armen nicht leiden...
Kein Wunder, dass man wenig in den Gazetten der Meinungsmacher davon liest. Denn den Sozialstaat ausbauen: das ist für sie undenkbar. In einer Ära, da die soziale Frage eine globale Dimension angenommen hat, erklärt das Modell Deutschland, dass nur der im Rückzug befindliche Sozialstaat auch soziale Antworten bieten könne - indes der rotzfreche Nachbar aus dem Norden mit dem Gegenteil hausieren geht. Wohlfahrtsstaat stärken, lautet die Devise besserverdienender Dänen - und das mit eigenem Beitrag. Nicht zuletzt auch, weil ein starker Wohlfahrtsstaat die Binnennachfrage ankurbelt, damit gewährleistet, dass der Besserverdienende weiter besserverdienen kann. Derlei darf man hier nicht zu laut thematisieren. Besser man schweigt sich in den großen Leitmedien darüber aus - wenn es denn überhaupt sein muß, dann soll es bitteschön nur eine knappe, ganz knappe Meldung sein.
Es wäre ja noch schöner, wenn der deutsche Informationskonsument auf dumme Gedanken gebracht würde! Wohlfahrtsstaat ausbauen: das ist ja ein Affront gegenüber dem deutschen Steuerzahler, diesem geknechteten Wesen. Da fallen die Dänen ihren Nachbarn aber böse in den Rücken mit diesen anachronistischen Phantasien. Wie soll man sich denn zukünftig erklären, wenn plötzlich durch den Blätterwald rauschte, dass die ohnehin hoch besteuerten Dänen, dazu bereit sind, noch mehr zu bezahlen? Hernach glaubt hierzulande kein Mensch mehr, dass es nur die Steuerbescheidenheit und der damit einhergehende Sozialabbau ist, die zu mehr Wohlstand führen. Und was es für die Befindlichkeit von Besserverdienenden bedeutet, wenn sie animiert durch das dänische Beispiel in Zugzwang geraten, darf man sich gar nicht erst ausmalen!
Nur niedrige Steuer- und Sozialabgaben zaubern den Reichen dieses Landes ein Lächeln ins Gesicht - ein gequältes Lächeln, denn Weniger! oder Noch weniger! als Losung wäre ja durchaus drin, wenn dieser lästige Sozialstaat nicht wäre. Man ist jedoch bescheiden, ist mit kleinen Entlastungen zunächst einmal zufrieden, betreibt eine Sparpolitik der kleinen Schritte. Niedrige Steuern beeinflussen die Befindlichkeit der Gesellschaft, lehren sie uns - alle sind glücklicher, zuversichtlicher, wenn öffentliche Kassen straucheln: darüber ist man sich einig. Dass es gleich um die Ecke eine Gesellschaft gibt, die trotz hoher Steuern, trotz der Bereitschaft zu noch höheren Steuern, nur deswegen unglücklich scheint, weil sie den dort herrschenden Wohlfahrtsstaat für ausbaufähig hält, irritiert diese ganze Horde von Mehr Netto vom Brutto!-Apologeten stark. Ein Auslaufmodell ausbauen?, fragen sie sich. Nicht, dass sie über sich und ihre (fehlenden) Ideale plötzlich nachdenken würden - verrückt sind für sie solche, die die Discount-Mentalität nicht auch in den Sozialstaat verpflanzen wollen. Dass es Menschen gibt, scheinbar sogar ein ganzes Volk, das es nicht gerne noch billiger hätte, ist denen überhaupt nicht begreiflich. Altmodisches Denken, morsche, modrige Geisteshaltung - etwas fault da im Staate Dänemark. Die Fäulnis der Sozialromantiker!
Pst, Spiegel! Leise, Stern! Klappe halten, BILD! Nicht berichten, nicht mal ein kurzer Anriss! Es ginge nämlich auch anders, das dürfen nur nicht alle erfahren - sonst ist die schöne Mär vom anachronistischen Sozialstaat nicht mehr anwendbar. Wenn die Massen erst mal erkennen, dass sich die allgemeine Befindlichkeit einer Gesellschaft bessert, je fester der Sozialstaat arbeitet; dass man sich nicht mehr in jeden Billigjob drängen lassen muß, man nicht mehr Freiwild für Arbeitsvermittler und Verwaltungsbeamte ist, weil der starke Sozialstaat den Bedürftigen wieder mehr Selbstvertrauen einflößt; wenn die Menschen das alles spitzkriegen, dann muß die Armut doch wieder per angemessener Steuer alimentiert werden. Wobei die Sozialstaatssparer ja nichts gegen Armut haben - sie können nur die Armen nicht leiden...
14 Kommentare:
Deutschland liegt nach einer Studie der UN in punkto Lebensqualität auf Platz 22!!!
http://www.evangelisch.de/themen/wirtschaft/lebensqualitaet-deutschland-laut-uno-auf-rang-22
Man muß ja nicht gleich überall Weltmeister werden, schon gar nicht in punkto Lebensqualität.
Bei jeder „Steuerreform“ der letzten 20 Jahre wurde das Füllhorn der Steuererleichterungen, sprich Senkungen über die Besserverdienenden ausgeschüttet. Es hat alles nichts genützt, allgemeine Zufriedenheit will sich bei den selbsternannten Leistungsträgern einfach nicht einstellen.
Hallo Roberto, dass sich diese steuerlich so gequälten Dänen noch nicht massenhaft aufgehangen haben grenzt fast schon an ein Wunder.
Hohe Mehrwertsteuer, sehr hohe Steuern auf Alkohol, Luxus(!)Steurn auf alle Autos, Extra(!)Steurn bei Buchungen von Auslandsurlauben...., dazu noch unglaubliche Freiheitsbeschränkungen für die Autofahrer(auf gut deutsch: Freie Bürger) auf den Autobahnen bei der Geschwindigkeit des Fortkommens..., was für ein Sklavenvolk, diese einst so stolzen Wikinger!
Noch brutaler werden durch diesen stalinistischen Steuerstaat die Unternehmer gequält, sie wurden irgendwie genötigt, gezwungen,("stalinistischen Kommissaren"?) Mindestlöhne zu zahlen, die erst ab 13 EUR und einigen Cents beginnen!
Aber leider gibt es noch eine Menge, zahlenmäßig ansteigende Menge von dummen guten Deutschen, die es dorthin(wie auch in die Schweiz u.a. Staaten) zur Arbeit(!) drängt, anstatt bei uns für die "Exportweltermeisterschaft Deutschlands" für echte gute DGB-Deutsche Löhne mitzumachen.
Aber warten wir ab, die werden wir mit unseren INSM-BDI-DIHT- D G B - Löhnen irgendwann schon noch fertig machen, so die Dänen von ihrem stalinistischen Steuerstaat ein zweites mal - nin ganz und gar "friedlich! - befreien.
Denn ihr schlechtes verwefliches Beispiel darf keinesfalls in Europa Schule machen, bei allen "heiligen Geistern" der Westerwelles, Hundts, Kannegießers, Sinns, Miegels, und ganz natürlich auch der Sommers, Hubers u.a. aller unserer braven Leiharbeiter und Zimmermädchen.
Schreien wir als gute (kleine, anständige)Deutsche zusammen einghehagt mit unseren obigen herausragenden Persönlichkeiten(!) dieser dänischen stalinistischen Steuerhölle unser klares Nein entgegen, und anschließend noch lauteres JA zu unserem ... "Exportmodel" Deutschland, zu unserer Feiheit!
Marktwirtschaftlich-freiheitliche DEUTSCHE GRÜẞE von
Bakunin
Ich war erstaunt, dass ein moralisch schwer gestörter Mensch wie Herr Franz vom ZEW, dermaßen von den Medien ernst genommen wird.
Er behauptet es sei moralisch nicht gerechtfertigt seine Steuern zu erhöhen, damit Arme weiter ihre Lebensmittel bezahlen können. Ein Inflationsausgleich ist schlecht.
Und kein Proteststurm geht über das Land.
*Meinen Sie nicht (auch), daß etwas in der Bonzen Republik Deutschland nachhaltig fault?
Zudem haben die Dänen auch noch eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit, da sie Arbeitslosen, dank der höheren Steuern, umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen finanzieren, und sie haben bei Arbeitslosigkeit auch, bezogen auf den vorherigen Verdienst,d as höchste Arbeitslosengeld in Europa.
Herr Franz und Herr Schmidt sind Feinde unserer Verfassung.
Ist es wieder soweit , dass Verfassungsfeinde, wie in der Weimarer Republik hohe Ämter bekleiden dürfen?
Die Verfassung in Deutschland verbietet es, Menschen in den Hunger zu schicken.
Von Friedrich A. von Hajeks und Milton Friedmans verfehlten Ideologien, angewandt von Reagan und Thatcher bis Blair und Schröder oder Merkel: schrankenlose Freiheit dem Markt, Schranken dem Staat.
Der Markt ist gut, Regulierung schlecht!
Nichts ist der Staat, das Unternehmen ist alles; alles hat sich ihm, seinem Profit, unterzuordnen.
Wobei es tatsächlich nicht um den Profit eines entpersonalisierten Unternhmens geht, sondern einizig und alleine um den den Profit, die Gier, dessen Führer.
Das menschenverachtende kapitalistische Gegeneinander dient schlicht und einfach einer verantwortungslosen machtversessenen Elite, die damit ein menschengemäßes soziales Miteinander und Füreinander zerstört und verhindert.
Kapitalismus ist Krieg.
Krieg gegen die Schöpfung.
Krieg gegen Menschen.
Die Propaganda und Heilsversprechen neoliberaler Ideologen wurde von der Wirklichkeit inzwischen eindrucksvoll widerlegt.
Wann nehmen diese Leute endlich zur Kenntnis, dass ihre Irrlehre auf den Müllhaufen der Geschichte gehört?
Chen, Ron C. and Hanson, Jon D., The Illusion of Law: The Legitimating Schemas of Modern Policy and Corporate Law. Michigan Law Review, Vol. 103, p. 1, 2004. Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=965207
Lesenswert hintergründiger Abriss des neoliberalen Zeitalters!
Schön geschrieben, aber ein leider insgesamt trauriger Anlass. Deswegen, weil es nötig zu sein scheint, etwas an sich Selbstverständliches explizit herauszuarbeiten: dass unser hiesiger Klassenkampf von oben eben nicht "alternativlos" ist.
Die Dänen meinen über sich selbst, dass sie das einzige demokratisch, sozialistische Land der Welt sind. Die Zielstellung der Politik ist eine vollkommen andere als bei uns. Während hier die Politiker mit den Spitzenmanagern der Welt gesehen werden wollen, Spitzenkonzerne geschaffen und Exportzahlen verbessert werden sollen, liegt in Dänemark das Ziel in der Verbesserung der Lebensqualität. Den Unternehmen scheint es nicht zu schaden.
Die Dänen sind die glücklichsten Europäer:
http://www.visitdenmark.dk/tyskland/de-de/menu/turist/oplevelser/detkulturelledanmark/kendtedanskere/glueck-eu.htm
Beneidenswert!!!
Diese Dänen, wahre Sozialromantiker.
Aber die EU wird ihnen auch noch den Weg zur echten asozialen Marktwirtschaft befehlen.
Anhänger des 04.08.1789
Dummerweise glaubt hier immer noch der bundesdeutsche Durchschnitt das Argument, dass wenn wir die Vermögenssteuer erhöhen, das scheue Reh des Kapitals ins Ausland hoppelt. Beispiele werden hier zahlreich angeführt. Der (früher) schnellste Unterkiefer Deutschlands ist hier der Klassiker.
Helft mir bitte: Wie erklärt man einen Bild-lesenden, Stammtischbiertrinkenden Ignoranten in 5-10 Sätzen dass die Argumentation zu kurz geht?
Ernstgemeinte Frage...
Anonym Anonym hat gesagt...
" Diese Dänen, wahre Sozialromantiker.
Aber die EU wird ihnen auch noch den Weg zur echten asozialen Marktwirtschaft befehlen.
Anhänger des 04.08.1789"
Ich persönlich fürchte, dass dies viel weniger die EU-Bürokratie fertig bringen wird als unsere deutschen "Eliten" mit ihrem "Exportmodell Deutschland" mit Hilfe von massenhaft gewerkschaftlich abgesegneten Billiglöhnern, rechtlosen befristeten Lohnsklaven.., und natürlich HARTZ 4 !
Ob die Dänen auf Dauer dieser Deutschen "Dampfwalze" standhalten werden, das weiß allein Gott!
Bakunin
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