Ridendo dicere verum

Mittwoch, 25. Juni 2008

Über die Verfahrensweise von Maklern, Personaldienstleistern und ähnlichen Parasiten:
"Draußen regnete es, und auch unser beharrliches Schweigen hatte etwas Winterliches. Es war Freitag nachmittag, und unseren Kaffee hatten wir ausgetrunken. Wir saßen in unserem Stammkaffee, Jossele und ich, und warteten auf ein Naturereignis.
"Wir müssen irgendetwas unternehmen", meinte Jossele nach längerem Nachdenken. "Das Leben ist schwer genug. Und jetzt kommt noch diese schreckliche Wohnungsnot hinzu. Die Baukosten werden von Tag zu Tag höher, Wohnungen sind unerschwinglich teuer, und kein Mensch ist bereit, etwas dagegen zu tun."
"Willst du vielleicht Maurer werden?" fragte ich verstimmt.
"Das nicht", erklärte Jossele, "aber ich könnte mich eventuell als Wohnungsvermittler versuchen."
Sprachs und winkte den Kellner an unseren Tisch. Er informierte ihn flugs, daß er vor fünf Minuten eine renommierte Wohnungsmaklerfirma gegründet hätte, und bereit sei, für jeden Kunden, den ihm der Kellner brächte, fünfzig Shekel in bar als Provision zu zahlen.
Wenige Minuten später erschien der erste hoffnungsvolle Klient.
"Nehmen Sie Platz", sagte Jossele, "was für eine Wohnung stellen Sie sich vor?"
"Zwei Zimmer und ein Atelier", strahlte der Interessent, "mit einem großen Küchenbalkon, im Zentrum der Stadt."
"Ich glaube, ich habe das Richtige für Sie", meinte Jossele, "aber lassen Sie mich vorerst meine Bedingungen nennen. Ich stelle Ihnen eine Liste von entsprechenden Wohnungen zur Verfügung, Sie schauen sich das Angebot an und sprechen mit den Eigentümern. Ich verlange keine Vorauszahlung. Aber wenn das Geschäft zustandekommt, zahlen Sie mir drei Prozent Vermittlungsgebühr."
"Natürlich", sagte der Klient, "das klingt fair."
"Herr Ober", rief Jossele den Kellner. "Bringen Sie mir die Zeitungen."
Der Kellner brachte einen ganzen Stoß. Jossele wies unseren Klienten an, Zettel und Bleistift zu nehmen und alle Adressen abzuschreiben. In den Zeitungen waren Unmengen von Wohnungen angeboten. Es war Freitag, und die Wochenendausgaben platzten vor Inseraten. Unser Kundenerstling notierte sich an die dreißig Adressen, unterschrieb den eilig improvisierten Vertrag und machte dem nächsten Klienten Platz.
"Sehr schön", bemerkte Jossele, "das Geschäft läuft."
Inzwischen hatte sich vor unserem Tisch eine Menschenschlange gebildet. Wir leisteten 28 hoffnungsvollen Wohnungsjägern professionellen Beistand, und pünktlich um fünf Uhr schlossen wir unser Büro. Während der letzten Stunde hatte Jossele hauptsächlich Verträge aufgesetzt, die er sich unterschreiben ließ, während ich die Zeitungen durchkämmte.
Nun, ein Unternehmen wir dieses birgt natürlich seine Risiken. Bis zum Abend kamen nur drei Klienten von 28 (!) zurück und zahlten 65072 Shekel Vermittlungsgebühren. Zugegeben, wir waren etwas enttäuscht. Verstimmt zahlten wir dem Ober sechs Kaffee und drei Provisionen.
"Da tut man sein Bestes, um seinen Mitmenschen zu helfen, und was ist der Dank dafür? Ich bin überzeugt, daß wesentlich mehr Klienten durch unsere Bemühungen zu einem Dach über dem Kopf gelangt sind als jetzt gezahlt haben", bemerkte Jossele stocksauer und zog die Rolläden des Kaffees herunter.
"Lauter Betrüger!"
- Ephraim Kishon, "Abraham kann nichts dafür" -

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