"Politik wird offensichtlich für Agenda-Menschen gemacht. Friedhelm Hengsbach, Jesuit und Professor für Wirtschaftsethik in Frankfurt am Main, bezeichnet damit diejenigen Menschen, die sich den Spielregeln des Marktes unterwerfen, Marktrisiken abschätzen können, mit ihrem Einkommen und dem Einkommen ihres Partners einen jedenfalls durchschnittlichen Lebensstandard pflegen, die geltenden Steuern und Abgaben als eigentlich unzulässige Eingriffe des Staates in ihre Eigentumsrechte empfinden und denen zuzumuten ist, familiäre und heimatliche Bindungen abzustreifen, wenn diese den Arbeitseinsatz behindern. Agenda-Menschen sind flexibel, mobil, selbstorganisiert und risikobereit. Sie sind die Athleten des freien Marktes. Der Agenda-Mensch ist der neue Mensch, diejenige, dem der alte Adam ausgetrieben ist, der ihn – wider alle ökonomische Vernunft – an seinem Herkunftsort, an seiner Familie, an seinen Gewohnheiten und Traditionen festhält. Erfolgreich, das ist die Botschaft des Neoliberalismus, ist am Ende nur der, der sein Leben ganz der okönomischen Rationalität unterwirft, der Rücksichten abwirft und sich selbst zu einem Funktionselement des Marktes macht. Wenn so ein Agenda-Mensch dann doch einmal die Hilfe des Sozialstaats in Anspruch nehmen muß, dann kann man ihn mit Druck und Leistungsanreizen wieder dazu bewegen, sich auf seine eigene Stärke und Selbstverantwortung zu besinnen.
Wer nicht bereit ist, eine Arbeit zweihundert oder fünfhundert Kilometer von seinem Wohnort, seiner Familie entfernt aufzunehmen, wer es für unzumutbar hält, rund um die Uhr abrufbereit zu sein, weil er sein Leben planen, weil er sich um seine Kinder kümmern möchte, der kann leicht arbeitslos werden und muß sich womöglich nachsagen lassen, er mache es sich im sozialen Netz bequem. Das ist das Menschenbild, das mittlerweile die Programmpapiere von fast allen politischen Parteien beherrscht. Im Zentrum steht die Verwertung der Arbeitskraft um jeden Preis, und also zu immer schlechteren Preisen. Wer nicht produziert, ist draußen."
- Heribert Prantl, "Kein schöner Land" -