Das Armutszeugnis mit dem Armutszeugnis

Donnerstag, 29. Januar 2015

Kann man von Hartz IV leben? Das fragen sich hin und wieder einige Medien und starten Selbstversuche. Sie schicken dann einen Journalisten in Armut auf Zeit und glauben so, sie könnten einordnen, was Armut wirklich bedeutet. Doch temporäre Armutszeugnisse haben keinen Erkenntniswert.

Jetzt berichtet mal wieder das »Handelsblatt« von einem Selbstversuch in Hartz IV und weiß: »Verhungern muss man nicht«. Es nimmt die Leser mit in das Land der Armut, erklärt wie es so läuft und man erfährt quasi am eigenen Leib, wie sich der Habenichts so fühlen muss. Seit Einführung von Hartz IV hat es vieler solcher Selbstversuche von Zeitungen und Magazinen gegeben. Es lief stets so, dass man einen investigativen Kollegen auf Regelsatzniveau schickte, damit der mal wenig zu kauen hat und aus eigener Körpererfahrung heraus berichten kann. Wer mal einen oder zwei Monate so zubrachte, müsse ja schließlich wissen, wovon er da schreibt. Augenzeugenberichte sind immer die, denen man am meisten glaubt. Und wenn dann die Erfahrung auch noch durch den leeren Magen ging, wächst die Glaubwürdigkeit gleich noch etwas an.

Die Pressevielfalt und die Gleichschaltung

Mittwoch, 28. Januar 2015

Deutschland ist heute froh über seinen Meinungs- und Medienpluralismus. Mensch, wir haben doch Pressefreiheit, hört man oft die Leute durchatmen. Gut, nicht alles läuft richtig, aber eine Lügenpresse haben wir fürwahr nicht zu ertragen. So einfach können wir es uns nicht machen. Wenn es denn überhaupt mal eine Lügenpresse gegeben hat, dann war es die, die die braunen Jahre dieses Landes begleitete. Aber selbst das ist nicht ganz so einfach.

Ich erinnere mich nämlich an Sebastian Haffner, wie er in »Von Bismarck zu Hitler« die Medienlandschaft in den Jahren von 1933 bis 1938 skizzierte. Eine totale Gleichschaltung schloss er aus. Man habe wahrscheinlich die Kriegspropaganda der späteren Jahre vor Augen gehabt und angenommen, dass es vorher in Nazi-Deutschland schon genauso war. Laut Haffner war es aber so nicht. Pressevielfalt gab es da durchaus noch, »wer die Frankfurter Zeitung las, der bekam die Dinge in ganz anderem Ton und Stil dargestellt als jemand, der den Völkischen Beobachter las.« Zeitungsleser hatten nicht etwa nur die Wahl zwischen identischen Zeitungen mit verschiedenen Namen gehabt. Jede Zeitung pflegte ihren Stil. Und wer die antisemitischen Tiraden des »Stürmer« nicht mochte, las eben eine andere Zeitung, die das Antisemitische ziemlich heraushielt.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 27. Januar 2015

»Hier schwand zumeist alle Logik, und der § siegte, der § drosselte, der § verblödete, der § prasselte, der § lachte, der § drohte und verzieh nicht. Es waren Jongleure des Gesetzes, Opferpriester der Buchstaben des Gesetzes, Angeklagtenfresser, Tiger des österreichischen Dschungels, die ihren Sprung auf den Angeklagten nach der Nummer des Paragraphen berechneten.«

Von der afrikanischen Hochebene an den Rhein

Montag, 26. Januar 2015

oder Eine kurze Geschichte der Flucht.

Die Vandalen haben es gemacht. Die Ostgoten auch. Und die Mongolen viel später sowieso. Später rief ein neuer Kontinent »Gebt mir eure Müden, eure Armen, Eure geknechteten Massen!« und sie kamen. Aus England, Frankreich, Österreich und auch aus Deutschland. Die Situation in diesen Ländern war halt schlecht. Aber man braucht doch Arbeit, wenn man nicht verhungern will.

Arbeit und fruchtbare Böden. Das sind eben die Grundbedingungen, um überleben und vielleicht sogar ein klein wenig leben zu können. Die Böden gaben damals noch nicht so viel her in Europa. Die Düngerevolution steckte noch in den Kinderschuhen. Die hungrigen Mäuler wurden jedoch immer mehr. Also taten sie, was sie konnten und nahmen ihre Beine in die Hand und wurden wirtschaftsflüchtig. Letztlich war das nichts anderes. Und letztlich ist die Menschheitsgeschichte eine Aneinanderreihung von Wirtschaftsfluchten. Die einen lesen die Geschichte als Widerstreit von Klassen. Die anderen zogen sich auf Rassen zurück. Man könnte aber auch sagen, dass sie aus Wirtschaftsfluchten besteht. Und darauf sollte man im Hinblick auf das, was in vielen deutschen Straßen und Köpfen derzeit los ist, mal dezidiert hinweisen.

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Frechheit, die die Seiten gewechselt hat

Donnerstag, 22. Januar 2015

Was darf Satire? Alles! Das stimmt und stimmt nicht. Denn Satire hat auch mit dem Mut zu tun, dem mächtigen König die Leviten zu lesen und nicht den wehrlosen Bauern. Wenn Satire überhaupt etwas bedeutet, dann das: Denen »da oben« und dem Massengeschmack eines auszuwischen.

Jetzt stellen sie sich mal wieder die Frage, was Satire so alles darf und soll. Bedenkenträger sehen Grenzen. Andere glauben, es gibt keine. Das langweilt schon langsam. Alle Jahre wieder ein solcher Diskurs. Seit Tucholsky. Mich würde indes interessieren, ob jedes Gekrakel als Satire durchgehen soll. Und ist es eigentlich Satire, wenn man in einem Klima allgemeiner Islamfeindlichkeit die Symbolik des Islam verspottet? Denn immerhin ist das Wort »Satire« die Schöpfung eines Kynikers. Menippos von Gadara nannte so seine kynischen Spottverse. Der Kyniker war grundsätzlich einer, der gegen »die da oben« war, gegen die Mächtigen, den Mainstream und den Zeitgeist. Das Gegenteil davon ist der Zyniker. Besser gesagt nicht das Gegenteil, sondern seine evolutionäre Fortentwicklung.

Das Themenregal macht den Unterschied

Mittwoch, 21. Januar 2015

Was ist denn nun eigentlich mit Houellebecq? Das fragte mich letzte Woche eine Leserin. Sie wusste wohl, dass ich den Mann früher gerne gelesen habe. Vielleicht noch tue. Aber »Karte und Gebiet« hat mich zuletzt nicht so richtig überzeugt. Aber Tatsache ist wirklich, dass ich mich mit seinem Werk ganz gut auskenne. Was ist also mit ihm? Sollte man ihn jetzt nicht schelten und als anständiger Mensch (und Linker) seinen neuesten Roman obendrauf moralisch ächten? Ich finde allerdings nicht, dass man das sollte.

Schlecht sieht er aus, der Houellebecq. Richtig schlecht. Ich habe mich erschrocken, als ich ihn neulich erblickte. Seine Bücher verkaufen sich gut, er sollte also kein schlechtes Leben führen. Aber er sieht genau danach aus. Als reichte seine Stütze nicht. Aber gut, das ist eine andere Sache. Zum Thema: Der Mann war immer latent islamfeindlich. Feindlich wohlgemerkt. Er war eben kein Islamkritiker, denn die Moslems, die in seinen Büchern in Nebensätzen vorkamen, waren stets entmenscht, ohne Gesicht und natürlich gewalttätig. Ich ignorierte es. Jeder Roman braucht Bösewichte. Eine dumpfe Gefahr, die unerklärlich scheint. So funktionieren Geschichten. Die Wirklichkeit geht aber anders. Sie kann sich Eindimensionalität nicht leisten. Der Romancier schon.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 20. Januar 2015

»Woher genügend Finger nehmen, um auf alle Sauereien zu zeigen - oder zumindest im Vorübergehen an jedem Saustall anzuklopfen?«

Die Wahl, keine Wahl zu haben

Montag, 19. Januar 2015

Demokratie? Aber selbstverständlich. In Europa gibt es sie noch. Die Griechen können wählen wen sie wollen. Sie sind doch ein freies Volk. Aber wenn sie diesen einen da wählen, diesen jungen linkischen Kerl, der nie Schlips trägt, dann ziehen wir natürlich einen Schlussstrich. Mit dem verhandeln wir erst gar nicht. Wir sind immerhin auch ein freies Volk, nicht wahr?

Diktatur ist das nicht. Keine Bange. Wir haben irgendwas zwischen ihr und der Demokratie erwischt. So einen Zwitter. Was für uns hier die »marktkonforme Demokratie« sein soll, ist für Griechenland die »merkelkonforme Demokratie«. Ein Staatswesen, in dem die freie Willensbekundung immer mit Blick auf Berlin und Brüssel absolviert werden soll. Denn wenn Demokratie Freiheit bedeutet, dann bedeutet sie im aktuellen Europa, sich als Volk und Wähler nur die Freiheit zu nehmen, die man zuerkannt bekommt. Aber man ist faktisch trotzdem frei, keine Gesinnungspolizei inhaftiert einen oder erklärt Wahlen für ungültig. Aber wenn sie Resultate zeitigen, die auf höhere Ebene nicht gefallen, klinkt man sich aus und wird pampig, wirft die Griechen aus dem Verband oder droht mit dem Währungsentzug.

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Fehler, die einer macht, wenn er zu viel schreibt

Freitag, 16. Januar 2015

Es gibt so viele Themen, denen ich mich heute widmen könnte. Die Welt ist voller Probleme. Ich könnte einfach zugreifen und schreiben. Alleine es geht nicht. Denn wenn die eigene kleine Welt voller Probleme steckt, dann kümmert einen Weltbewegendes nicht mehr. Ich bin da nicht anders wie andere. Die Weltsorgen sind nichts, wenn man selbst welche hat. Sie rücken weit in den Hintergrund. Seid also nicht enttäuscht, wenn ich heute nichts Substanzielles liefern kann.

Ich habe mich in den letzten Monaten zu viel in Themen verloren, die in meinem Privatleben nicht die erste Geige spielen sollten. Aus Überzeugung. Weil ich schreibe. Und weil ich schreiben kann. So arrogant bin ich einfach mal. Aber darüber habe ich einige Menschen vergessen. Einen besonders. Den wichtigsten. Jede Woche mussten es fünf oder sechs Texte sein. Dazu Lohnarbeit, die immer mehr wurde. Sonderschichten. Und das Manuskript für ein neues Buch. Das war viel Arbeit, viele Stunden am Rechner. Viel Vernachlässigung. Und dann gab es so viele Phasen, in denen ich nichts sprach, mich abschottete, weil mich eine kleine Blockade quälte. Schließlich musste ich mein Pensum erfüllen. Das setzte mich dermaßen unter Druck, dass es mich mürrisch und gereizt machte. Vielleicht kennt der eine oder andere Schreiber das ja. Weiß von den Mechanismen, die sich einschleichen können. Man muss auch als jemand, der täglich publiziert, einen Mittelweg finden. Auch wenn der Arbeitsplatz zuhause ist, muss man trennen zwischen Privatheit und Freiberuf. Sonst geht es schief.

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Wer mit Moral rechnet, braucht mit Moral nicht zu rechnen

Donnerstag, 15. Januar 2015

Der ifo-Chef stellt Kosten-Nutzen-Rechnungen über Migranten an und »Spiegel Online« widerlegt ihn mit einem Faktencheck. Das lässt tief blicken. Denn beide Seiten mathematisieren über die Daseinsberechtigung von Menschen. Der Zeitgeist ist ein Utilitarist.

Da haben sie es dem Professor aber ordentlich gegeben. Mit den eigenen Waffen, haben sie ihn niedergestreckt. Der hatte gesagt, dass Migranten mehr kosten, als sie bringen. Anders gesagt: Zuwanderer rechneten sich überhaupt nicht. Das ist natürlich bester Schmierstoff auf den Mühlen der ganzen Abendlandser, die jetzt patriotisch ihre Heimat säubern wollen. Ein Argument für ihren Straßenkampf gewissermaßen. Aber »Spiegel Online« nahm es auf und entkräftete es. Nahm die Zahlen und die Methode unter die Lupe und kam zu dem Urteil, dass sich dessen Rechenmodell nicht aufrechterhalten lässt. Das liest sich nach einer guten Nachricht. Und nach Aufklärung. Jedenfalls dachte ich mir das kurz, als ich den Artikel las. Irgendwas gefiel mir aber nicht. Ich wusste nur noch nicht, was es war.

Zu Ohren gekommen

Mittwoch, 14. Januar 2015

Letzte Woche berichtete wieder irgendeine Radioanstalt von der »islamkritischen Bewegung«. Gemeint war diese Veranstaltung, die unter dieser lächerlichen Abkürzung durch Dresdens Straßen stiefelt. Islamkritisch? Es war schon immer ärgerlich, als man die verbitterten alten Männer und ihre Bücher dem Label der Islamkritik unterstellte. Ich werde an dieser Stelle keine Namen nennen. Man weiß wohl eh, wer hier gemeint ist. Ist jemand Islamkritiker, wenn er den islamischen Kulturkreis, dessen historische Interpunktionen, grundsätzlich Moslems und alles, was so damit zu tun hat, als dumm, gewaltbereit und rückständig bezeichnet, ohne die Gesamtheit und Komplexität dieser Religion berücksichtigt zu haben?

Das Wort »Kritik« ist dem Griechischen entlehnt. Es bedeutet in seiner Urform so viel wie »unterscheiden« oder »trennen«. Diese beiden Verben meinen in diesem Falle aber mehr als ein bloßes Zerteilen. Sie lassen erahnen, dass jemand, der dem ursprünglichen Wortsinn nach Kritik übt, einen gewissen Gegenstand gründlich aus seiner Umwelt heraus löst, ihn von der Gesamtheit trennt, um ihn beleuchten zu können. Kritik ist also ein umfassender Prozess. Ein Beleuchten von allen Seiten. Für und Wider. Etwas, was man mit Akkuratesse macht, um den Gegenstand gerecht zu werden. Im alltäglichen Gebrauch haftet dem Wort »Kritik« mittlerweile etwas Negatives an. Allumfassende Beleuchtung nennt man heute eher »Check«. Die »Kritik« wird aber nach wie vor in der Philosophie benutzt und meint dort die »Fähigkeit der Beurteilung«. Wer aber etwas beurteilt, der muss vollumfänglich betrachten. Gutes von Schlechtem scheiden. Einzelne Komponenten des zu betrachtenden Gegenstandes voneinander abheben. Wer das nicht tut, kann gar nicht zu einer Beurteilung gelangen.

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Licht aus! Spot an! oder Wie Sarrazin den Weg ebnete

Dienstag, 13. Januar 2015

Es ist so einfach gegen Pegida zu sein. Jetzt, wo sich ein breiter Konsens dagegen formiert und man merkt, dass eine solche Bewegung unschön ist, da ist es ein Kinderspiel. Gleichwohl ist es sicherlich gut, dass man dagegen ist. Aber so zu tun, als sei Pegida der Anfang einer Entwicklung, die man sofort ausbremsen muss, ist reichlich verlogen. Pegida ist das momentane Ende eines Prozesses, der schon seit Jahren in Gang ist.

Pegida ist für eine Reihe einflussreicher und prominenter Personen eine moralische Politur. Sie positionieren sich deutlich und nehmen Abstand. In einer Titelstory der »Bildzeitung« sprachen sich viele Prominente gegen diese Bewegung und ihre Wünsche und Forderungen aus. Das ist zwar erfreulich, aber gleichzeitig Ausdruck schlimmster Heuchelei. Nicht nur, dass diese Zeitung Ressentiments gegen bestimmte Gruppen von Migranten geschürt hat - wo war denn der Aufschrei, als man mit Pseudo-Intellekt zündelte? Jetzt knipsen sie diesen Hassbürgern das Licht auch. Gut so. Für Sarrazin machte man damals auch das Licht aus, nur um dann den Spot anzumachen. Dort saß er dann im Lichtkegel als Popstar, als jemand, der eine Meinung hatte, der mutig war, eine unbequeme Wahrheit zu formulieren. Und jetzt, da sich ein durch den Sarrazinismus (ein Utilitarismus mit klassistischen und rassistischen Elementen) gestählter Mob formiert, sind sie plötzlich alle besorgt. Kommt das nicht zu spät?

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Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt

Montag, 12. Januar 2015

So viele Erwerbstätige wie noch nie. Man muss jetzt einfach glauben. Die Reformen haben doch gewirkt. Der Arbeitsmarkt brummt. Wer will da noch Ungläubiger sein? Bei so vielen Erwerbstätigen wie nie. Jede Zeitung schreibt es. Alle Radioanstalten verbreiten die Kunde. Man muss jetzt glauben, auch wenn man nicht will. Alles im Butter. Diese Wirtschaft läuft rund. Gerade jetzt ist es notwendig das zu glauben. Der Glaube ist ein Halt. In haltlosen Zeiten allemal.

Neulich schon dieser Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen. Ein Mantra war das. Das Vorbeten von Leuten, die Angst haben, dass ihnen ihre Gemeinde vom Glauben abfällt. Also beten und insistieren sie umso lauter. Inbrünstiger. Kreischen Glaubensinhalte, von denen man früher noch im Flüsterton die Massen überzeugte. Sie wiederholen es immer wieder. Kippeln dabei mit dem Oberkörper hin und her wie ein Rabbi oder ein trunkener Sufi. Glauben, Brüder und Schwestern! Glaubt es doch. Glaubt uns doch. Werdet nicht ketzerisch. Glaube versetzt Berge. Versetzt uns alle in die Ekstase, die wir jetzt so nötig haben. Wenn Wahrheiten bröckeln, das Ideengebäude erodiert, dann hilft nur eines: Glauben. Glauben. Immer feste glauben. »Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.« Das ist aus dem Johannesevangelium. Der hat den Satz damals aus einem Aufsatz des Wirtschaftsministers gestohlen.

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Die Islamisten, die den Jungfern schmähten

Samstag, 10. Januar 2015

Ich habe da schon ein paar Fragen. Kleinlich will ich ja nicht sein. Aber warum zum Teufel wollten diese Islamisten, die die Landstriche um Paris unsicher machten, nicht endlich zu ihren Jungfrauen? Ist das Paradies überfüllt? Hatten sie statt »Paris« »Paradies« gelesen und meinten daher, sie seien schon hinüber?

Jetzt mal ernsthaft. Seit Jahrzehnten erzählt man dem westlichen Medienbetrachter wie so ein Islamist tickt. Beispiele gab es genug. In Palästina. World Trade Center. Selbstmordattentäter im Irak. Das Prinzip schien so einfach. Diese Kerle sind bis aufs Blut fanatisiert, wusste man uns zu berichten. Nicht nur bis auf das Blut ihrer Opfer, sondern auch bis auf ihr eigenes. Da sie bereit seien, für ihre Sache ihr Leben hinzugeben, müsste man sie als unberechenbar einstufen. Drüben im Märchenland warteten angeblich ja auch die Jungfern auf sie. Man muss schließlich Anreize schaffen. So ein Terrorist kommt auch nicht aus den Puschen, wenn man ihm nichts verspricht.

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So, aus Schröderschem Geist, wuchs, von Merkel geschweißt ...

Freitag, 9. Januar 2015

Ein Auszug aus der Brockhaus Enzyklopädie, 27. Auflage 2078-2079.

Creative Commons Lizenzvertrag
Als Schröderianismus-Merkelismus (SM) werden die von Otto Graf Lambsdorff, Gerhard Schröder und Angela Merkel begründeten Lehren mit ihren weltanschaulichen, philosophischen, ökonomischen, sozialwissenschaftlichen und politischen Inhalten bezeichnet. Sein ursprünglicher Begründer Lambsdorff ging von libertarianischen Fragen (Hayek, Friedman, Kontroverse um Rawls' Gerechtigkeitstheorie) aus. Er bemühte sich um die Einbettung dieser Fragen in einen sozioökonomischen Rahmen (freier Markt, Wettbewerb etc.) und setzte auf einen weltanschaulichen Ansatz (sog. »Lambsdorff-Papier«, in dem mit Hinweis auf Thatcher und Reagan von einer Alternativlosigkeit im Bezug auf die zu ergreifenden Maßnahmen, die Rede ist).

Der Schröderismus-Merkelismus wurde von seinen Kritikern als Weltanschauung der gesellschaftlichen Mittelschicht (kurz auch als »die Mitte« bezeichnet) bezeichnet, die sich selbst als alternativlos, ideologielos und klassenlos kategorisierte. Der SM war für die Volks- und Massenparteien stillschweigend verbindlich. In der Bundesrepublik war er wegen der führenden Rolle der Merkel-CDU in Staat und Gesellschaft die allein gültige Staatsideologie. Die Bezeichnung »Schröderismus-Merkelismus« war als Name in den Jahren seiner Existenz jedoch nicht gebräuchlich. Er ist ein Begriff der Geschichtsschreibung. Man sprach damals von »freier Marktwirtschaft«, »marktkonformer Demokratie« oder vom »Westen«. Einige Kritiker nannten die Weltanschauung auch »Neoliberalismus«, was aber ein globales Phänomen mit einschloss. Der Begriff entsprach nicht dem offiziellen Sprachgebrauch. Und der SM gebar auch spezifische Eigenarten, die die neoliberalen Lehren in anderen Ländern so nicht kannten.

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Mensch, empört Euch doch endlich!

Donnerstag, 8. Januar 2015

Die Folterdetails waren starker Tobak. Die Reaktionen darauf auch. Oder sagen wir lieber so: Dass es eigentlich so gut wie keine Reaktion gab, war vielleicht der schlimmste Aspekt in dieser Angelegenheit. Wir sind so abgebrüht geworden, uns empört nichts mehr. Das ist auch Folter.

Aber jetzt! Jetzt muss doch mal ein Ruck durch die Bevölkerung gehen, dachte ich mir. Wenn ich ab und an mal mein pessimistisches Naturell vergesse, kommt es zuweilen schon vor, dass ich in unreflektierten Optimismus verfalle. Und dann male ich mir aus, dass bestimmte Hiobsbotschaften, die man uns überbringt, endlich mal zur kollektiven Aufwache führen. Als der CIA-Folterbericht das Licht der Welt erblickte, glaubte ich mal wieder, nun sei es so weit. Man hatte zwar vorher schon gewusst, dass im Namen der Menschenrechte gefoltert wurde - aber jetzt hatte es ja immerhin der Auslandsgeheimdienst selbst offenbart. Das musste doch Wirkung zeigen.

Der Wirtschaftsflüchtling und die, die ihm den Regen stahlen

Mittwoch, 7. Januar 2015

Wirtschaftsflüchtlinge. Man mag sie hierzulande nicht. Christliche Parteien haben was gegen Wirtschaftsflucht. Wenn einer abhaut, weil er in seinem Land von Häschern verfolgt wird, dann ist man zwar nicht entzückt, doch man wahrt noch die Contenance. Aber Wirtschaftsflüchtlinge? Entfliehen, weil man die Wirtschaft nicht in Schwung kriegt? Ein besser Leben sucht? Faules Pack - oder etwa nicht?

Quelle: IPCC
Ein bequemes Urteil für Leute, die im vom Klima begünstigten Europa leben. Wenn Albert Hammond ziept, dass es in Southern California nie regnet, dann kriegen wir gute Laune. In Wahrheit ist Trockenheit allerdings eine Katastrophe. Viele der Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken oder auf Lampedusa und vor den Zäunen Ceutas und Melillas warten, stammen aus den Zonen an den Rändern der Sahara. Vor allem aus Westafrika. Einer Weltregion, die nie durch besonders ausgiebigen Regenfall ausgezeichnet war. Die Niederschlagsrate sinkt seit Jahren (siehe Karte). Die allgemeine Klimaerwärmung trocknet die Subregion aus. It never rains in Western Africa. Und die Folge sind verdorrte Ernten und Hungersnöte. Ohne Wasser lassen sich keine Felder bestellen; ohne Nahrung keine noch so rudimentären Wirtschaftsstrukturen halten.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 6. Januar 2015

»Es ist verwunderlich genug, dass nicht längst das Beieinander von Religion, Wollust und Grausamkeit den Menschen auf ihre innige Verwandtschaft und gemeinschaftliche Tendenz aufmerksam gemacht hat.«
- Novalis -

Der Schrott, der unsere Zukunft ist

Montag, 5. Januar 2015

oder Die obsolete Ökonomie.

Und nun sollte es um die »geplante Obsoleszenz« gehen. Die Radioansagerin war ganz stolz, weil sie dieses schwere Wort so schön ausgesprochen hatte und weil sie sogar wusste, was es bedeutet. Es lebe »Wikipedia«! Gemeint sei nämlich der »geplante Verschleiß«, sagte sie. Dem wolle jetzt der »Deutsche Naturschutzring« ein Ende bereiten und er bat daher die Bundesregierung zu handeln.

Dazu schaltete hr1 einen Typen vom Naturschutzring zu, der los werden durfte, was sein Verein der Bundesregierung rate. Ein Gesetz sollte her, dass es verbiete, die Lebensdauer zu begrenzen. Das sei ja auch vernünftig, sagte die Moderatorin. Wegen Umweltschutz und so. Und unfair gegenüber dem Kunden sei es ja auch. Der Naturschutzringler machte immer »Mhm, Mhm«, bei allem, was die Frau so erzählte. Das war fast wie ein störendes Rauschen im Hintergrund. Als habe hr1 eben die geplante Obsoleszenz erreicht und krächzte sich jetzt auf den Schrottplatz. »Aber warum handelt die Politik denn dann eigentlich nicht?«, fragte sie den Experten. »Ja, warum handelt sie nicht?«, wiederholte er brav und sagte dann, dass sich die Politik eben mit der Wirtschaft nicht anlegen wolle.

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Am Zeitgeist vorbei

Samstag, 3. Januar 2015

oder Gedanken, die ins achte Jahr geleiten.

Sieben Jahre ist es jetzt her. Sieben Jahre. Und nie war es so trostlos. Die Mitstreiter reduzieren sich. Die Linke scheint verzagt und hat vermutlich versagt. Die Rechten geben den Ton an und der wirtschaftliche Kurs wurde gehalten. Tut mir leid, ich wäre gerne optimistischer. Aber Optimismus muss man sich leisten können. Ich kann es nicht. Insofern ist der diesjährige Geburtstagstext meiner kleinen Seite kein Grund zur Freude. Zu viel hat sich in dieser schlechten Welt ins Nochschlechtere verändert.


Ich habe lange überlegt, was ich für heute schreiben soll. Für ein Hipphipphurra fehlt mir die Laune. Die Neonazis stehen vor der Türe und ich soll in Feierlaune verfallen? Minister werben für Verständnis gegenüber Leuten, die ganz freimütig rassistische Parolen schwingen und ich soll ernsthaft in Jubel verfallen? Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht so genau, welche Worte ich an diesem Geburtstag an euch richten soll. Etwas über meine Wirkungsgeschichte? Dass ich nicht lache. Nie war es mir bewusster als heute, dass ich keine Wirkung habe. Klar, lieber Leser, dich persönlich meine ich nicht. Auf dich scheine ich gewirkt zu haben. Seit Jahren hältst du mir die Treue. Manche von euch seitdem es das hier gibt.

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