Trau, schau, der hat Geld

Samstag, 7. Dezember 2013

Warum genießt Klitschko bei den Ukrainer so viel Vertrauen?, fragte ein Kerl einen anderen Kerl im Autoradio. Antwort: Man nimmt ihm ab, dass es ihm um die Sache gehe, weil er genug Geld habe. Wenn jemand selbst reich ist - und Klitschko habe als Boxer viel Reichtum erworben -, dann traut man ihm nämlich zu, dass er das alles nicht nur tut, um sich selbst zu bereichern. Und Berlusconi, du Blödmann? Und Berlusconi?, raunte ich dem erklärenden Kerl zu.

Von der Epik, mit der man im Westen nun diesem Klitschko begegnet, halte ich gar nichts. Er ist ein Politiker der Opposition. Er tut, was man da halt so tut. Gegen die Regierung sein. Auch mal auf der Straße. Vielleicht meint er es ernst. Kann aber auch sein, dass er die Liebe der Massen auskostet. Das ist auch völlig unerheblich. Heute feiern sie dich, morgen wollen sie dich lynchen. Das darf man nie vergessen. Er will sein Land jedenfalls auf EU-Kurs bringen. Für meine ungeschulten Ohren hört sich das an wie: Gebt uns endlich neoliberale Reformen! Wer EU sagt, der muss auch Neoliberalismus sagen. Ganz einfach.

Um seine Motive geht es mir also gar nicht so sehr. Aber wie kommt ein Journalist eigentlich dazu, den Reichtum eines Menschen als Vertrauensgrundlage zu beziffern? Was ist das? Eine neue Prädestinationslehre? Ein auf Zeitgeist getrimmter Calvin? Jetzt liebt einen nicht mehr Gott, weil man reich ist, sondern die Massen auf den Straßen. Ich habe selten eine Einschätzung von so formvollendetem Schwachsinn gehört. Wäre an der These etwas, so müsste Berlusconi der edelste Politiker aller Zeiten gewesen sein. Und schade, dass es Romney nicht geschafft hat. Sein gigantischer Reichtum wäre sicherlich Grundlage eines neuen Sozialstaatsaufbruchs geworden.

Nein, Geld verdirbt nicht den Charakter. Jedenfalls nicht mehr als andere Dinge. Andere verderben sich ihren Charakter mit wesentlich geringeren Mitteln. Mit Alkohol oder Weibergeschichten. Und mancher Autor wurde zum Charakterschwein, wenn es ihm nicht richtig aus der Feder floss. Andere wurden reich und änderten sich nicht. Es ist eine Frage der inneren Einstellung. Grundsätzlich ist nicht Geld das Problem, sondern der Mensch, der Geld mit Grundsätzen verwechselt. Andersherum adelt Geld aber auch nicht. Und eine Vertrauensbasis nach dem Motto "Trau, schau, der hat Geld!" ist Unfug. Ab wieviel wird man vertrauensselig? Ist Janukowitsch etwa arm?

Und hintergründig schwingt da so eine elitäre Verachtung gegenüber armen Menschen mit. Alle die nicht viel Geld haben, sind verschlagen und durchtrieben, warten nur darauf, sich selbst zu bereichern. Immer dieses Gesinde! Immer diese Kassiererinnen, die sich Pfandbons einstecken! Der Reiche wird da zum besseren Menschen verklärt, zur korruptionsresistenten Person.

Jetzt hätte er nur noch sagen müssen, dass wir grundsätzlich von Millionären regiert werden sollten, dann hätte er seine kleine These auf den Punkt gebracht. So weit kam es nicht. Ich schaltete das Radio ab und schob Fortunate Son ein, drehte lauter und gab Gas.


8 Kommentare:

maguscarolus 7. Dezember 2013 um 11:46  

Es ist dieselbe Qualität der Gründe, aus denen die Schönen, Adeligen, Gesunden, Lachenden, Jungen, usw. usf. bewundert und angehimmelt werden. In dieser Menagerie der Idole – und ich kann die aufgerissenen Lachmäuler schon lange nicht mehr ab – ist der Reiche nur eine weitere Figur, zumindest so lange, bis er dem verblödeten Bewunderer den Job wegrationalisiert oder die Mietwohnung gentrifiziert

Anonym 7. Dezember 2013 um 12:38  

Da kannte ich mal jemanden in den 70ern , wohnhaft in Minga.......

der hat auf dem Grab seines Vaters herumgetrampelt(vor Wut), weil er nur ein Pflichtteil von ca. 4. Mill. geerbt hat...... ja da schau her....

Anonym 7. Dezember 2013 um 12:48  

Die Leute nehmen an, dass Klitschko in der Politik selbstloser als andere Kandidaten ist, weil er schon "alles" hat - Ruhm, Ehre, Vermögen.
Es ist also eher der Dreiklang aus Quereinsteigertum, bereits erlangtem Ruhm und dem Reichtum als Folgeerscheinung.
Die Leute sehen, dass er nicht aus der politischen Funktionärskaste stammt und schon alles erreicht hat, also selbstlosere Motive haben muss als andere.
Auch wenn sich aus den genannten Faktoren natürlich keine Garantie für Selbstlosigkeit ableitet, finde ich diese tendenzielle Einordnung bzw. Annahme nachvollziehbar.

Wirtschaftswurm 7. Dezember 2013 um 22:45  

Da gibt es eine alte Geschichte, wenn ich mich recht entsinne, spielt sie ebenfalls in der Ukraine, damals zu Sowjetzeiten.

Korruption war ja alltäglich, aber der Parteisekräter einer Kolchose übertrieb es auch nach damaligen Maßstäben. Er wurde verhaftet, wurde in die Stadt gebracht, ins Gefängnis gesteckt.

Da schickten die Bauern der Kolchose eine Abordnung zum Gebietssekräter. "Ihr seid sicher froh, dass ihr diesen Kerl los seid", empfing der Gebietssekräter die Bauern. "Genossen, habt ihr einen Wunsch, wer neuer Parteisekräter bei euch werden soll?". "Ach, Genosse Gebietssekräter, wenn wir wirklich einen Wunsch äußern dürfen ...". "Ihr dürft." - "Ja, wenn es so ist, dann gebt uns bitte den alten Parteisekräter zurück. Der hatte seine Schäflein im Trockenen, ein Neuer müsste ja ganz von vorne anfangen, ... mit dem Geldscheffeln."

Anonym 8. Dezember 2013 um 01:37  

Bei diesem Boxer sollte man eines nicht vergessen: In der Öffentlichkeit ist lediglich etwas über seine sportlichen Qualitäten bekannt, nicht aber über seine persönliche Weltansicht, seine politische Einstellung oder seinen menschlichen Charakter.
Er besitzt genauso die Fähigkeit, ein Konservativer, ein Karrierist oder ein weltfremder Narr zu sein wie andere Figuren des täglichen Lebens.

maguscarolus 8. Dezember 2013 um 12:08  

Eigentlich sollte das Beispiel "Stronach" oder das Beispiel "Romney" genügen, um einzusehen, dass jemand, der "alles" erreicht hat, trotzdem ein A…….h sein kann.

pillo 8. Dezember 2013 um 13:35  

Nun ja, Geld adelt scheinbar nur, wenn man die Ziele der herrschenden, selbst ernannten Eliten verfolgt bzw. ihnen in die Hände spielt.

Linken Politikern hingegen wirft man regelmäßig ihren Reichtum vor, ob nun dem Oskar seine Villa, der Sarah ihren Hummer oder dem Klaus Ernst seinen Porsche. Sich für die Schwachen der Gesellschaft einsetzen und gleichzeitig selber über ein passables Vermögen verfügen? Das geht ja mal überhaupt nicht!

Diese Leute führen den Raffzähnen schließlich exemplarisch vor, dass man sein soziales Gewissen eben nicht zwangsläufig mit steigendem Vermögen verlieren muss. Einen armen Linken könnte man wenigstens noch mit dem Vorwurf des Neids anfeinden, aber so? Und genau dafür werden Lafontaine und Co. von den selbst ernannten Eliten so sehr gehasst.

Merke, bei einem Rechten, Konservativen bzw. Neoliberalen ist Reichtum Ausdruck seines Könnens und Fleißes, und somit Nachweis seiner charakterlichen Eignung. Bei einem Linken ist Reichtum per se verdächtig und lässt an der Ehrlichkeit seiner Anliegen zweifeln.

Anonym 9. Dezember 2013 um 13:38  


Sind reiche Politiker besser?
Kalifornien - Schwarzenegger / Klitschko - Ukraine?
1:0

"Bei Älteren und Armen wird gespart: Schwarzeneggers Finanzloch - n-tv.de **

Kalifornien droht die Pleite. Bereits Anfang Juni hatte Schwarzenegger das von Demokraten beherrschte Parlament mit deutlichen Worten zu einer raschen Entscheidung ...
http://www.n-tv.de/politik/Schwarzeneggers-Finanzloch-article420290.html

Arnold Schwarzenegger fällt in seiner Heimatstadt Graz in Ungnade
Aberkennung des "Ehrenrings" beantragt. Grund: Der "große Sohn" der Stadt lässt Todesurteile vollstrecken (12. Februar 2004)
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Austria/schwarzenegger.html

"Kalifornien: 30 000 Gefangenen seit Montag in Hungerstreik und Arbeitsverweigerung
Am 7. Juli begann der bis dato größte Hungerstreik gegen Isolationshaft in Kalifornien. 30.000 Gefangene befinden sich seit Montag im Hungerstreik und verweigern teilweise auch die Arbeit. In 2/3 der kalifornischen Staatsgefängnisse sowie allen föderalen und privaten Gefängnissen im Bundesstaat beteiligen sich Gefangene an der Aktion. Derzeit erkennt die Gefängnisbehörde diesen Streik nicht öffentlich an. ..."
http://www.linkezeitung.de/index.php?option=com_content&view=article&id=16323:kalifornien-30-000-gefangenen-seit-montag-in-hungerstreik-und-arbeitsverweigerung&catid=218&Itemid=249

Das nennt man doch Menschenrechte im demokratischen Land der unbegrenzten freien Möglichkeiten!
Ob den Ukrainern/innen ähnliches droht?

"Seite3.ch - USA Today: Kalifornien bankrott und Obama unbeliebter denn je *

USA Today: Kalifornien bankrott und Obama unbeliebter denn je Sonntag, 20. Juni 2010 25 Prozent Arbeitslosigkeit, jährliche Staatsverschuldung in Billionen-Höhe ..."

www.seite3.ch/ USA+Today+Kalifornien+bankrott+und+Obama+unbeliebter+denn+je/ 444644/ detail.html

Sicher wird der IWF von der USA bezahlt, der wiederum die Ukraine zum Zahlmeister und Sklave der US-Schulden machte.

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