Zu Ohren gekommen

Dienstag, 17. Dezember 2013

SpOn schrieb von einem "geglückten Mitgliederentscheid". Der Stern nannte es ein "erfolgreiches Votum der SPD-Basis". Und in allerlei Nachrichtenformaten konnte man hören, dass der Entscheid ein "voller Erfolg" war. Diese Ausdrucksweise macht ein eklatantes basisdemokratisches Defizit kenntlich.

Denn der Erfolg einer Befragung wird nicht am erwünschten Resultat wirksam, sondern daran, dass möglichst viele Menschen ihre Ansicht äußern dürfen. Das heißt, der Mitgliederentscheid war insofern schon erfolgreich, als er - noch ohne Auszählung - absolviert war. Ganz unabhängig vom Ergebnis. Wäre ein Nein zur Großen Koalition herausgekommen, hätte man nicht vom "nicht geglückten Votum" oder von einer "erfolglosen Befragung" sprechen können. Wäre das Nein die Meinung der Mehrheit gewesen, wäre das ganz sicher nicht erfolglos oder glücklos, sondern lediglich das andere Szenario, das in der Konstellation des SPD-Mitgliederentscheids schlummerte - viel zu tief schlummerte freilich, aber theoretisch doch denkbar gewesen wäre.

Man könnte es als die verunglückte Sprache diverser Journalisten abtun, die manchmal in Eile und Hektik kaum noch wissen, was sie schreiben. Könnte man. Man könnte sich aber auch vorstellen, dass hier die Parteilichkeit, die Verachtung einer Einrichtung wie dieser Befragung durchschimmert. Wenn man den Zirkus der letzten Tage beobachtet und von geglückt nur spricht, weil ein bestimmtes Ergebnis das Licht der Welt erblickte, dann ist das nicht mehr nur ein sprachlicher Missgriff, sondern schon eine Wertung, eine Aussage voller Parteilichkeit.

Es macht Sorgen, dass die Gilde der Journalisten mehrheitlich nur wenig Ahnung vom Wesen eines Votums hat. Dass man dort annimt, es gehe darin erstinstanzlich um die Umsetzung des zur Frage gestellten Anliegens und nicht einfach nur um den Abruf der Massenmeinung, die ja auch gegenteilig ausfallen könnte. Man belegt damit, dass man nur noch nach erwünschten Resultaten bewertet und das Zustandekommen, den Weg zur Umsetzung verächtlich in die Ecke stellt. Es ist die Sprache eines dumpfen Funktionalismus, der nur als erfolgreich deklariert, was so funktioniert, wie man es sich vorstellte.


7 Kommentare:

Anonym 17. Dezember 2013 um 08:49  

ANMERKER MEINT:

Deine Analyse ist zwar richtig, Roberto. Andererseits gibt die Journaille anscheinend genau das wieder, was tatsächlich gelaufen wurde in der SPD: Ein im großen und ganzen zurechtmanipuliertes Ergebnis, das dann euphemistisch als "geglückt" oder basisdemokratisch bezeichnet wird. Eigentlich ist es mal wieder eine Beispiel für "gelenkte Demokratie" und damit eben keine. Die SPDParteistrategen haben von der neoliberalen Machtmaschine bestens gelernt, wenn man den "nachdenkseiten" glauben darf (http://www.nachdenkseiten.de/?p=19661#more-19661)!

MEINT ANMERKER

Anonym 17. Dezember 2013 um 11:02  

...dies sogenannten Journalisten sind in Wirklichkeit doch nur kelien Pinscher.....erbärmliche Schreiberlinge, die nur Angst um ihren Job haben....und missglückz wäre das Votum, wäre es gegen die Grosskotzen ausgefallen

Anonym 17. Dezember 2013 um 11:58  

"Es ist die Sprache eines dumpfen Funktionalismus, der nur als erfolgreich deklariert, was so funktioniert, wie man es sich vorstellte."

So war es 40 Jahre in der DDR auch, bis es dem Volk reichte! Dass es hier dem aufgeklärten Bürger irgendwann auch reichen wird, da habe ich dann doch so meine Zweifel.

Anonym 17. Dezember 2013 um 12:29  

"Wenn man den Zirkus der letzten Tage beobachtet und von geglückt nur spricht, weil ein bestimmtes Ergebnis das Licht der Welt erblickte, dann ist das nicht mehr nur ein sprachlicher Missgriff, sondern schon eine Wertung, eine Aussage voller Parteilichkeit."

Ergo: Habemus Merkel!

maguscarolus 17. Dezember 2013 um 19:54  

@Anonym: Dass es hier dem aufgeklärten Bürger irgendwann auch reichen wird, da habe ich dann doch so meine Zweifel.

Solange der "aufgeklärte Bürger" sich zu den Profiteuren des Systems zählt ...

Andererseits: Wieviele der Wähler darf man eigentlich zu den "aufgeklärten" Bürgern rechnen? – Es sei denn, man versteht Aufklärung ausschließlich als Tüchtigkeit zum Eigentumserwerb.

Ute Gisela 17. Dezember 2013 um 20:46  

Mit diesem Mitgliederentscheid wird eine (Basis)Demokratie vorgetäuscht, wie bei allen anderen Wahlentscheidungen auch, wo alle vier Jahre ein paar Kreuzchen gesetzt werden dürfen.
Meinungsbildung- und Findungsprozesse der Wähler_innen sind nicht gefragt, lediglich ein
Ja oder Nein zu etwas, was ihnen bereits halbgar bis überkocht vorgesetzt wird.
Die SPD, die im Vorfeld der sog. Groko noch für einen bundesweiten Volksentscheid eintrat schließt sich jetzt einer CDU an, die diesen seit über 60 Jahren verhindert.

Klaus 18. Dezember 2013 um 03:36  

Passend dazu: Die Weltkarte der Pressefreiheit 2013 ist gerade herausgekommen:
http://fr.rsf.org/IMG/jpg/2013-carte-liberte-presse_1900.jpg

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP