Von der Riesterrente lernen, heißt Rauchmelder werden

Freitag, 24. Mai 2013

Wer heute seinen Scheiß unter die Leute bringen will, der gilt als altmodisch wenn er sagt Greifen Sie zu! oder Kaufen Sie hiervon! Wer was auf sich hält, der plant eine Verkaufsstrategie im großen Stil, der sorgt für softe Hysterie - oder für rabiate! -, macht Angst, bietet aber eine Lösung an - eben den Scheiß, den man loskriegen will! -, engagiert sich Lobbyisten, die Expertisen erfinden und dafür sorgen, dass die Inanspruchnahme der Lösung zur Pflicht wird und verdient sich dann mittels dieser staatlichen Hilfestellung ein nettes Sümmchen. Freie Marktwirtschaft nennt sich das dann.

So hat es die Versicherungsindustrie gemacht, als sie ihre Finanzprodukte besser in Stellung bringen wollte und die private Rentenversicherung mit allen möglichen Studien für unumgänglich erklärte. So haben es die Rauchmelder zur verpflichtenden Einrichtung in Wohnräumen geschafft. Nach langem Buhlen um die öffentliche Aufmerksamkeit, nachdem man prominente Werbeträger verschlissen und selbst bei Der Sendung mit der Maus Beiträge eingestellt hatte, kommt der Rauchmelder flächendeckend. Ein Szenario wurde dabei errichtet, moralischer Druck erzeugt, wonach es für jeden vernünftigen Menschen gar keine andere Alternative geben kann als ein Ja für den Rauchmelder. Mit Emotion oder hochvernünftig tuender Repititio ködert man die hysterische, die sicherheitsfanatisierte Gesellschaft stets.

Was für ein Dilettant ich bin! Greifen Sie zu! und Kaufen Sie hiervon! war stets meine Masche, wenn ich auf meine Bücher aufmerksam machte. Würde mich freuen, wenn Sie es täten! Doch so verkauft man nichts. Man braucht ein Szenario, macht braucht die Hysterie, einen MdB-Lobbyisten auf Diätenbasis, einige bekannte Gesichter und viel emotionalen Schmalz und einige Furchtimpulse. Wer sein Zeug loskriegen will, der braucht eine gesetzliche Grundlage, um sich stete Kundschaft zu sichern, der benötigt Kunden, die Kunden sind, weil sie es gesetzlich sein müssen. Kauft Unzugehörig! oder Kauft Auf die faule Haut! ist sinnlos - ich bräuchte eine Verkaufsstrategie, die bei der allgemeinen Überspanntheit ansetzt und als Lösung meine Bücher oder ad sinistram oder ganz generell die Branche linker Blogs anbietet. Welche Prominenten würden gegen Bezahlung für die Notwendigkeit von Feynsinn werben? Ich stelle es mir sonderbar vor, wenn da plötzlich Mutter Beimer gedankenschwanger in die Kamera starrte und verkündete: Helfen Sie Leben retten, lesen Sie Telepolis! Wieviel kostet eigentlich so ein Werbespot, der zum Beispiel auf Klaus Baum verweist? Ob sich wohl ein Abgeordneter finden läßt, der eine Gesetzesvorlage zur linken Pflichtlektüre durchpaukt, der für Die roten Schuhe oder Burks' Blog einen endlosen Strom immer neuer Zugriffszahlen sichert?

Wir sind doch alle Dilettanten, Leute! Wir haben nie gelernt das große Spiel zu spielen. Wir kleckern, wo die anderen klotzen. Wir klauben die Brosamen auf, die andere unmerklich über den Boden verteilen. Heute braucht man Verfahren, die Märkte per Gesetz erschließen. Es muss ein Ruck durch die linke Schreibe gehen. Wir müssen wie die Riesterrente zur quasi Pflicht oder besser noch, wie ein Rauchmelder zur wirklichen Verpflichtung werden. Von den Reformern der Riesterrente lernen heißt siegen lernen, heißt Kundschaft sichern, heißt expandieren, heißt zukünftig, auch mit Schrottelaboraten sein Auskommen finden.

Wir linken, vernetzen uns, setzen Querverbindungen und hinterlassen unsere Marken. Alles klingt dabei immer wie Kommt zu mir! oder Schauense rein, lesense was! Wie so ein Kaufmann aus längst vergangenen Zeiten. So macht man das nicht mehr. Wir brauchen einen PR-Apparat, der den Anschein von Druck und Not generiert, der uns zum Produkt der Erleichterung, zur Ware macht, die Linderung bringt. Bis man uns verordnet, auf Rezept bekommen kann, bis unser Nicht-gelesen-werden eine Ordnungswidrigkeit ist. Heute bringt man seinen Scheiß mit Sie kommen zu mir, sie haben keine Wahl! oder Sie werden gefälligst zu mir reinschauen, ob Se wollen oder nich! unters Volk. Das nennt sich dann Wettbewerb.

Wer mag, darf ad sinistram natürlich unterstützen - bis die ad sinistram-Pflicht kommt als Alternative quasi. Sage noch einer, ich würde dem Mantra der Alternativlosigkeit huldigen! Das geht entweder via Paypal (siehe rechte Seitenleiste) oder über den gewöhnlichen Bankweg. Meine Kontodaten teile ich auf Nachfrage mit. Und wer noch keines hat, kann auch gerne eines meiner bislang zwei Bücher bestellen. Gedankt sei zudem all jenen, die mich immer wieder unterstützen.


11 Kommentare:

altautonomer 24. Mai 2013 um 07:21  

Wenn ich allein daran denke, wie die Pkw in den letzten Jahren aufgerüstet wurde: Erste-Hilfe-Kasten, Warndreieck, orangene Sicherheitsweste, Umweltplakette, Abgasuntersuchung (AU), Kopfstützen, Air-Bags, Winterreifen.

Es fehlen noch ein Rauchverbot während der Fahrt (sehr sinnvoll!) und die Pflicht zum Sonnenbrillentragen bei schönem Wetter.

ulli 24. Mai 2013 um 09:05  

Wollt ihr länger leben? - Dann lest meine Bücher!
(Glaubt mir in eurem eigenen Interesse: Das ist das einzige, was hilft!)

maguscarolus 24. Mai 2013 um 14:22  

DIE Werbekampagne muss erst noch erfunden werden, mit der man konservative Menschen zum Lesen und zum Nachdenken bringt. Alles, was in Linken (und nicht nur in Linken!) Blogs publiziert wird hat in der Regel so viele Buchstaben, Wörter, Sätze, Absätze, Abschnitte, Kapitel ... dass es als Information für die Deutsche (und nicht nur die Deutsche!) konservative Kernwählerschaft von vorne herein überhaupt nicht in Betracht kommt.

Wer wird denn wertvolle Zeit, in der man Geld verdienen oder sparen kann, mit Lesen zubringen?

Für Mitglieder des Prekariats gilt natürlich das Gleiche, nur aus anderen Gründen.

Hartmut B. 24. Mai 2013 um 15:12  

Die größten Geschäfte wurden und werden mit den Ängsten der Menschen gemacht. Bestes Beispiel : Versicherungen.

Weiterhin : Fernsehen ! Als ich vor vielen Jahren (70ern) bemerkte, dass das Fernsehen nur dazu da ist, den Menschen Angst zu machen, gab ich das Fernsehen auf.

Als ich dann bemerkte, dass Angst ein Dämon ist, der einen süchtig macht, habe ich begriffen, dass man einem Süchtigen nur helfen kann, indem man ihm hilft, seine Ängste abzubauen.

Wolfgang Buck 24. Mai 2013 um 18:00  

Kapitalsimuskritik liegt mir doch sehr am Herzen. Ich bin hier sicher meist noch konsequenter als Roberto. Aber das Beispiel Rauchmelder halte ich für sehr schlecht gewählt. Als DRK-Mitarbeiter geht es einem doch schon sehr an die Nieren wenn ganze Familien wegen einer Rauchvergiftung nur noch tot aus einem brennenden Haus geborgen werden können. Schon seit Jahrzehnten kämpfen daher auch die Rettungsdienste und die Feuerwehr darum, das Rauchmelder verpflichtend werden. Vielleicht hat ja jeder Mensch auch ein Recht darauf nach seiner eigenen Fasson zu krepieren. Aber sobald Andere mit Euch zusammen wohnen oder ihr in einem Mietshaus lebt solltet ihr Euren Egoismus etwas dämpfen und die fünf Euro für einen Rauchmelder ausgeben. Der tut nicht weh (nur den Ohren im Bedarfsfall) und die Kosten sind wirklich überschaubar.

MKM 24. Mai 2013 um 22:04  

@ Wolfgang


Ich bin zur Zeit bei einer Firma, die Rauchmelder wartet.
Also gegen 1 oder 2 Rauchwarnmelder habe ich nix, aber die Bestimmungen wo alles Rauchwarnmelder eingebaut werden müssen sind meiner Meinung nach ein bisschen zu extrem. Manche Wohnungen sind derart überversorgt,in jeder kleinsten Ecke.Da gibt es eine Bestimmung, sobald ein Sturz von über 20cm ist, muss dahinter ein Melder installiert weden. Bei einigen Wohnungen, die mehrere Stürze haben summiert sich die Anzahl der Melder ganz schön.


MKM

Hartmut B. 24. Mai 2013 um 23:15  

@maguscarolus

"DIE Werbekampagne muss erst noch erfunden werden, mit der man konservative Menschen zum Lesen und zum Nachdenken bringt."

Danke für diesen fantastischen Satz.
- Ganauso sehe ich aus meiner Erfahrung ALLE konservativen Menschen.

pillo 25. Mai 2013 um 09:23  

Es gibt auf der einen Seite die absichtlich erzeugte negative Hysterie. Das so genannte "Demografieproblem" als Argumentationshilfe für die Versicherungskonzerne ist da nur ein Beispiel. Die angestrebte Totalüberwachung durch den Staat und private Unternehmen ist ein anderes, gespeist aus einem Mix aus Ängsten und Naivität der Bürger in einem der sichersten Länder weltweit.

Es gibt auch noch die "positive" Hysterie, auf die die Unternehmen seit der Jahrtausendwende zunehmend setzen. Hier wird gezielt ein Hype um ein Produkt bzw. eine Marke erzeugt, der dem Konsumenten suggerieren soll, wenn du das nicht besitzt bzw. hier nicht dabei bist, hast du etwas ganz wichtiges verpasst. Man denke nur an die Verkaufsstrategie der Harry-Potter-Bücher oder das Brimborium um den Kinostart der Star Wars oder Herr der Ringe Filme.

Der Primus in diesem Geschäft ist aber wohl noch immer Apple. Die haben es geschafft, eine regelrechte Jüngergemeinde um ihre schnöden Kommunikationsgeräte zu scharren.

der Herr Karl 25. Mai 2013 um 12:35  

Der linke "PR-Apparat" hat bei der Ich-bin-linksextrem-Kampagne aber ganz gut funktioniert...

http://linksextremistin.wordpress.com/

Anonym 29. Mai 2013 um 13:47  

@roberto

Herzlichen Dank - das ist genau, was ich schon des längerem empfinde, aber nicht so treffend auf den punkt zu bringen vermochte ...

@maguscarolus
"DIE Werbekampagne muss erst noch erfunden werden, mit der man konservative Menschen zum Lesen und zum Nachdenken bringt."

Genau darum geht es - wir können uns alle auf akademischem Niveau schön einig sein ... wie es sein sollte ... was man tun müßte ... und dann wählt die große Masse doch nur wieder ihre eigenen Blutsauger.

Carlos

Maxi 14. Juni 2013 um 11:47  

Es ist allerdings gut zu sehen, dass die Versicherungsbranche ihr zweites Zugpferd nach der Lebensversicherung zu verlieren scheint.

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