Ansichten eines Terroristenfreundes
Dienstag, 15. November 2011
Als ich vergangene Woche auf die mediale Darstellung von Terroristen zu sprechen kam, klinkten sich rasch einige Typen ein, die meinten, mich zum Freund des Terrorismus entwerten zu müssen. Wer nun glaubt, hier folgt ein infolgedessen erzwungenes Bekenntnis, wonach ich mit Terror nichts am Hut habe, soll sich geirrt haben. Wer dies falsch verstehen will, der verstehe es falsch. Weshalb sollte ich auch Abbitte leisten? Wo habe ich je etwas behauptet, was mich zum "intellektuellen Helfershelfer des Terrors" gemacht hätte, wie man das vor einigen Jahrzehnten noch so galant formulierte? Ebendies war die "Doktorwürde", die man Heinrich Böll verlieh, weil er sich kritisch gegen die richtete, die die verbrecherische Gewalt des Deutschen Herbst dazu nutzten, um den Rechtsstaat aufzudröseln. So gesehen: beste Gesellschaft für mich.
Emotion, nicht Ratio
Wer denkt eigentlich an die Opfer? Man kann nicht leugnen, dass viele Opfer von Gewalttaten, auf sich alleine gestellt sich. Das ist ein gesellschaftliches, wahrscheinlich auch ein sozialstaatliches Problem. In einem Diskurs aber, der sich mit den juristischen Veränderungen, beziehungsweise mit dem, was einigen Veränderern und "Modernisierern" des Rechtsstaates so alles vorschwebt (Stichwort: Feindstrafrecht), hat dieser "Opferdialog" allerdings wenig zu tun. Es wird denen, die eine rückschrittliche Judikative anprangern, die glauben, dass die Modifikation der Rechtssprechung, indem man die terroristische Gefahr zu einem Mythos macht, dem der bereits installierte Rechtsstaat angeblich niemals Herr werden kann... es wird denen, die kritisieren, dass dieses Gedankenspiel des "präventiven Rechtsstaates" auch dazu führen wird, die Rechtspraxis generell, das heißt: gegen jeden angewandt, zu lockern... es wird denen, die glauben, dass ausgerechnet rationales Handeln zu Gericht etwas ist, was als verteidigenswertes Gut einzustufen ist... es wird denen durch Emotion, durch Opferdiskurs unmöglich gemacht, Gehör zu finden.
Man beanstandet, wie Terrorverdächtige - Verdächtige! - in Lager gehalten werden, ohne juristische Inanspruchnahme - und was hört man? Aber die Opfer! Kritik an der Diabolisierung des Terroristen, man will verstehen, woher er kommt und ob zum Terrorismus nicht immer auch zwei Seiten gehören - Und was ist mit den Opfern? Man fragt nach der Menschenwürde, wenn es zu Inhaftierungen kommt, die kein Vollzugsziel kennen - Denken Sie eigentlich jemals an die Opfer? Man argumentiert, dass das gängige bürgerliche Recht völlig ausreicht, um terroristische Verbrecher zu bestrafen - Was sollen die Opfer dabei denken?
Diese totale "Opferkultur", die wohlgemerkt an anderer Stelle ohne Zweifel Berechtigung hat, sie emotionalisiert eine Debatte, die möglichst trocken, möglichst gefühllos geführt werden sollte. Opfer zu instrumentalisieren, um die Debatte abzuwürgen - das ist infam! Der bürgerliche Rechtsstaat, der über ausreichend Mittel verfügt, Gewalttaten zu ahnden, ist keine emotionale Einrichtung. Wäre Judikative eine Angelegenheit, die hysterisch und emotional bestritten werden sollte, würde sie nicht im Gerichtsaal, sondern in einer Arena stattfinden. Emotionsbeladenes Rachegefühl ist nicht die Grundlage der Rechtssprechung - es geht um Sühne, Wiedergutmachung und Resozialisierung. Es geht auch darum, dass im Namen des Volkes einer verfügt, dass das begangene Unrecht im Namen der Gesellschaft bestraft wird - das Opfer ist somit nicht alleine, wie es oft lapidar heißt, denn die Gesellschaft hat in corpore des Richters Strafe verhängt. Zugegeben, das ist sehr theoretisch, aber Ausdruck dessen, dass das Opfer kein Anrecht auf Rache hat, sondern auf Anerkennung seines Rechts und auf Sanktionierung desjenigen, der den Schaden verursacht hat.
Rache, nicht Recht
In den Debatten, die sich immer dann entwickeln, wenn man die Phantasien der Sicherheitspolitiker im Bezug auf Terrorismus kritisiert, wenn man Partei für den Terrorismus ergreift, wie es einige geistig kurz angebundene Eiferer benennen, kommt relativ schnell zum Vorschein, dass es nicht um Rechtssprechung im modernen Sinne geht. Stattdessen ist Rache das Motiv. Vollzugsziele schließt der öffentliche Diskurs bei Gewalttätern bestimmter Fasson aus. Sexualstraftäter und Terroristen sind das beliebteste Ziel für gesellschaftliche Rachegelüste. Die Justiz wird als marode und malad beschrieben, um der Rache freie Bahn zu schaffen. Heutzutage würde man jeden Mörder verteidigen und auf seine Menschenwürde mehr schauen, als auf die von Opfern oder potenziellen Opfern, liest man häufig. Und die Richter spielten dieses Spiel mit - gewissenlos, skrupellos, ohne Schamgefühl. Das ist freilich ein Konstrukt, um der Rachsucht in die Schuhe zu verhelfen.
Man wähnt sich als besonders rechtsstaatlich motiviert, wenn man bei Kundgebungen aufgebrachter Eltern mitmarschiert und dabei zum Ausdruck bringt, dass Todesstrafe gegen Sexualstraftäter nicht schlecht, wenigstens aber eine Haft bis zum Tode unbedingt sinnvoll sei. All das verstößt gegen die Auffassungen, die den modernen Rechtsstaat eigentlich ausmachen. Das ist nicht aufgeklärt - es ist reaktionär; es ist nicht zukunftsweisend - es ist der Marsch zurück in eine Rechtspraxis, die Rache zum Gebot des Strafmaßes machte. In "Überwachen und Strafen" beschreibt Michel Foucault stichhaltig den Wandel zu einer Strafpraxis, die erziehen und integrieren wollte, die dem Täter eine weitere Chance einräumte. Vielleicht müsste ein futuristischer Soziologe, blickte er aus einem fernen Jahrhundert auf uns zurück, den Rückschritt ins Mittelalter erläutern.
Verfluchen, nicht Verstehen
Der schlimmste Fehler, den man in der Debatte machen kann: verstehen zu wollen, warum der Terrorismus gedeiht. Es ist ja kein Geheimnis, dass Terrorismus - wie nichts auf dieser Welt - nicht im Niemandsland entsteht. Niemand wacht morgens auf und beschließt, ein bisschen auf Terror zu machen. Es bedarf einiger Voraussetzungen. Basken und Iren lebten nicht mit dem Terror, weil sie besonders sturköpfige Völker wären, wie man das zuweilen lesen musste - gerade so, als sei Sturheit und Borniertheit der Einstieg zur terroristischen Gewalt. Und Moslems sind nicht per se radikal und gewaltbereit. Was also begünstigt den Terrorismus? Und sind die Gesellschaften, die unter ihm leiden - und sei es auch nur psychisch, weil sie sich in Hysterie begeben -, nicht nur Geschädigte, sondern auch Ursache? Ist Terrorismus damit nicht auch eine blutige und zu verurteilende Kommunikationsstrategie, wenn man ihn nüchtern unter kommunikationstheoretischen Gesichtspunkten betrachtet?
Verstehen zu wollen ist Sünde. Auch hier also Mittelalter! Damals waren es die biologischen oder kosmischen Abläufe, die man unverstanden lassen wollte - heute sind es soziologische oder historische Kontexte, die unangetastet bleiben sollten. Den Terrorismus verstehen zu wollen, wird als Rechtfertigung des Terrorismus gedeutet - Anti-Terror-Gesetze unter die Lupe zu nehmen, heißt Terroristen zu schützen - die Rolle der Wirtschaft und Politik westlicher Prägung zu hinterfragen, ihnen etwaige Mitverantwortlichkeit für terroristische Gesinnungen zu erteilen, versteht man ganz schnell als Legitimitätserklärung des Terrorismus. Zudem nenne man die Debatte niemals hysterisch - dies zu benennen wird mit dem Attribut "Terroristenfreund" belohnt.
Verflucht sollen sie werden, nicht verstanden. Rache ist der Antrieb, den man von der Justiz verlangt - Verfluchung ohne explizites Verstehen: das ist die Grundvoraussetzung hierzu. Nur gegenüber jemanden, den man nicht versteht, kann man rachsüchtig sein wollen. Verstehen bedeutet Nachdenken bedeutet Differenzieren bedeutet: dem Feind menschliche Züge zu verleihen. Der Feind wird somit zum Täter - zum Menschen, der gegen das Gesetz verstoßen hat, der aber dennoch unveräußerliche Rechte besitzt. Sicher steht aber auch dann am Ende die Strafe - aber sie würde unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten entstehen. Ohne Emotion, ohne Hysterie, ohne blanke Rachsucht. Doch genau davor scheut man zurück, so wie einst die Kirche scheute, dass der Mensch verstehe, er sei nur eine "biologische Maschine" - der ins Transzendente verfeinerte menschliche Körper, ausgestattet mit einer Seele durch Gott, er wäre zur ollen Kamelle geworden, schließlich hätte man keine Seele gefunden. Der Terrorist als Feind ohne Rechte, den man mit allen niederen Instinkten begegnen darf im Angesicht der Justiz, er würde zur ollen Kamelle, wenn man ihn im berechtigten Eifer, ihn zu strafen, auch noch verstehen wollte.
Bei jeder Gerichtsverhandlung ist das Motiv des Täters relevant - ein gewissenhafter Richter will wissen, was einen Räuber oder einen Mörder aus Habgier zur Tat verleitete. Die Strafzumessung hängt wesentlich auch vom Beweggrund ab. Mancher Grund macht die Tat besonders strafwürdig, andere Gründe strafmildern. Den Täter oder Tatverdächtigen - noch ist die Person, die angeklagt vor Gericht steht, ja nur verdächtigt - zu verstehen, das gehört mit ins richterliche Repertoire. Die Öffentlichkeit, die rigoros bestimmten Tatverdächtigen fundamentale Menschenrechte aberkennen möchte, will nicht verstehen. Sie tilgt diesen Punkt der Analyse. Sie nennt solche Gedankengänge intellektuell und arrogant, sie glaubt diese weltfremd und enthoben. Das Verstehen wird durch Aktionismus behoben - gleich zur Rache schreiten, ohne auch nur die Triebfedern benannt zu haben.
Hysterie, nicht Gelassenheit
Publiziert man Kritik am Umgang mit der Randerscheinung des Terrorismus, macht man dessen Aufbauschung präsent, die tragischen Folgen, die dessen Bekämpfung für uns alle hatten und haben werden, so stößt man auf hysterische Szenarien. Wie könne man Partei für Menschen ergreifen, bekommt man um die Ohren gehauen, die Züge entgleisen lassen und Bahnhöfe in die Luft sprengen. Nachfragen, welche Züge und Bahnhöfe denn so ein bitteres Ende nahmen, werden als rhetorische Fallstricke diffamiert. Die Hysterie ist so fest verankert in manchem Kopf, dass dem mit ausgewogener Analyse nicht mehr beizukommen ist. Die Debatte um den Terrorismus gründet vielleicht zu fünf Prozent auf realen Gegebenheiten - der Rest ist Szenario, Möglichkeit; etwas, was ausmalbar ist, wenn man bloß genug Phantasie besitzt.
Gesellt man sich nicht mit in Hysterie, wird man für Hysteriker verdächtig. Wieso bleibt der so gelassen?, fragen sie sich. Denn gelassen können in einem solchen Szenario nur die sein, die es diktieren - Terroristen also. Gelassenheit ist die vermeintliche Tugend derer, die etwas zu verbergen haben. Hysterie wird plötzlich zur Frage der Vernunft. Vernünftige Menschen verlieren den Kopf, ist die ungesagte Wahrheit. Wer es nicht tut, wer kühl begutachtet, gelassen verstehen will, nicht hysterisch auf Rache sinnt oder emotional überreagiert, der ist nicht ganz koscher. Vielleicht kein Terrorist - aber einer, der sich vielleicht die Hände reibt, wenn es mal kracht. Ein Freund und geistiger Helfer der Terroristen. Damals forderte man die Isolierung Heinrich Bölls und Peter Brückners - genau aus dieser Denkweise heraus rührte diese hanebüchene Forderung. Macht die mundtot, die nicht hysterisch sind wie wir!, war die Parole.Und sie ist es heute wieder.
Terror, nicht Terrorismus
Was entsteht ist ein Klima des Terrors. Nicht erzeugt von Terroristen, sondern von Politikern, Presseleuten, auch Wirtschaftsdelegierten und natürlich unbedarften Bürgern. Sie verüben den Terror gegen sich selbst und gegen andere; sie werfen Brandsätze auf das gesellschaftliche Klima und ersticken die Opposition. Man braucht kein Anti-Terror-Gesetz gegen Terroristen - die sind Randerscheinung, nicht organisiert, nicht bestückt mit technologischen Waffen oder dergleichen. Immerhin mussten einige Terroristen vor zehn Jahren ein Flugzeug mit Teppichmessern kapern. Man benötigte eigentlich ein Anti-Terror-Gesetz gegen jene, die ein solches Klima des Gesinnungsterrors anfachen. Der Kampf gegen den Terror hat in den Köpfen derer zu beginnen, die ohne Reflektierung der terroristischen Angst erliegen. Gegen den Terror zu sein, hat für jene, die einen offenen und tabulosen Diskurs fordern, eine ganz andere Bedeutung. Es bedeutet nämlich: endlich vom Terror der Hohlköpfe bewahrt zu werden, die einen der Einfachheit halber zum Freund des Terrorismus ernennen wollen...
Emotion, nicht Ratio
Wer denkt eigentlich an die Opfer? Man kann nicht leugnen, dass viele Opfer von Gewalttaten, auf sich alleine gestellt sich. Das ist ein gesellschaftliches, wahrscheinlich auch ein sozialstaatliches Problem. In einem Diskurs aber, der sich mit den juristischen Veränderungen, beziehungsweise mit dem, was einigen Veränderern und "Modernisierern" des Rechtsstaates so alles vorschwebt (Stichwort: Feindstrafrecht), hat dieser "Opferdialog" allerdings wenig zu tun. Es wird denen, die eine rückschrittliche Judikative anprangern, die glauben, dass die Modifikation der Rechtssprechung, indem man die terroristische Gefahr zu einem Mythos macht, dem der bereits installierte Rechtsstaat angeblich niemals Herr werden kann... es wird denen, die kritisieren, dass dieses Gedankenspiel des "präventiven Rechtsstaates" auch dazu führen wird, die Rechtspraxis generell, das heißt: gegen jeden angewandt, zu lockern... es wird denen, die glauben, dass ausgerechnet rationales Handeln zu Gericht etwas ist, was als verteidigenswertes Gut einzustufen ist... es wird denen durch Emotion, durch Opferdiskurs unmöglich gemacht, Gehör zu finden.
Man beanstandet, wie Terrorverdächtige - Verdächtige! - in Lager gehalten werden, ohne juristische Inanspruchnahme - und was hört man? Aber die Opfer! Kritik an der Diabolisierung des Terroristen, man will verstehen, woher er kommt und ob zum Terrorismus nicht immer auch zwei Seiten gehören - Und was ist mit den Opfern? Man fragt nach der Menschenwürde, wenn es zu Inhaftierungen kommt, die kein Vollzugsziel kennen - Denken Sie eigentlich jemals an die Opfer? Man argumentiert, dass das gängige bürgerliche Recht völlig ausreicht, um terroristische Verbrecher zu bestrafen - Was sollen die Opfer dabei denken?
Diese totale "Opferkultur", die wohlgemerkt an anderer Stelle ohne Zweifel Berechtigung hat, sie emotionalisiert eine Debatte, die möglichst trocken, möglichst gefühllos geführt werden sollte. Opfer zu instrumentalisieren, um die Debatte abzuwürgen - das ist infam! Der bürgerliche Rechtsstaat, der über ausreichend Mittel verfügt, Gewalttaten zu ahnden, ist keine emotionale Einrichtung. Wäre Judikative eine Angelegenheit, die hysterisch und emotional bestritten werden sollte, würde sie nicht im Gerichtsaal, sondern in einer Arena stattfinden. Emotionsbeladenes Rachegefühl ist nicht die Grundlage der Rechtssprechung - es geht um Sühne, Wiedergutmachung und Resozialisierung. Es geht auch darum, dass im Namen des Volkes einer verfügt, dass das begangene Unrecht im Namen der Gesellschaft bestraft wird - das Opfer ist somit nicht alleine, wie es oft lapidar heißt, denn die Gesellschaft hat in corpore des Richters Strafe verhängt. Zugegeben, das ist sehr theoretisch, aber Ausdruck dessen, dass das Opfer kein Anrecht auf Rache hat, sondern auf Anerkennung seines Rechts und auf Sanktionierung desjenigen, der den Schaden verursacht hat.
Rache, nicht Recht
In den Debatten, die sich immer dann entwickeln, wenn man die Phantasien der Sicherheitspolitiker im Bezug auf Terrorismus kritisiert, wenn man Partei für den Terrorismus ergreift, wie es einige geistig kurz angebundene Eiferer benennen, kommt relativ schnell zum Vorschein, dass es nicht um Rechtssprechung im modernen Sinne geht. Stattdessen ist Rache das Motiv. Vollzugsziele schließt der öffentliche Diskurs bei Gewalttätern bestimmter Fasson aus. Sexualstraftäter und Terroristen sind das beliebteste Ziel für gesellschaftliche Rachegelüste. Die Justiz wird als marode und malad beschrieben, um der Rache freie Bahn zu schaffen. Heutzutage würde man jeden Mörder verteidigen und auf seine Menschenwürde mehr schauen, als auf die von Opfern oder potenziellen Opfern, liest man häufig. Und die Richter spielten dieses Spiel mit - gewissenlos, skrupellos, ohne Schamgefühl. Das ist freilich ein Konstrukt, um der Rachsucht in die Schuhe zu verhelfen.
Man wähnt sich als besonders rechtsstaatlich motiviert, wenn man bei Kundgebungen aufgebrachter Eltern mitmarschiert und dabei zum Ausdruck bringt, dass Todesstrafe gegen Sexualstraftäter nicht schlecht, wenigstens aber eine Haft bis zum Tode unbedingt sinnvoll sei. All das verstößt gegen die Auffassungen, die den modernen Rechtsstaat eigentlich ausmachen. Das ist nicht aufgeklärt - es ist reaktionär; es ist nicht zukunftsweisend - es ist der Marsch zurück in eine Rechtspraxis, die Rache zum Gebot des Strafmaßes machte. In "Überwachen und Strafen" beschreibt Michel Foucault stichhaltig den Wandel zu einer Strafpraxis, die erziehen und integrieren wollte, die dem Täter eine weitere Chance einräumte. Vielleicht müsste ein futuristischer Soziologe, blickte er aus einem fernen Jahrhundert auf uns zurück, den Rückschritt ins Mittelalter erläutern.
Verfluchen, nicht Verstehen
Der schlimmste Fehler, den man in der Debatte machen kann: verstehen zu wollen, warum der Terrorismus gedeiht. Es ist ja kein Geheimnis, dass Terrorismus - wie nichts auf dieser Welt - nicht im Niemandsland entsteht. Niemand wacht morgens auf und beschließt, ein bisschen auf Terror zu machen. Es bedarf einiger Voraussetzungen. Basken und Iren lebten nicht mit dem Terror, weil sie besonders sturköpfige Völker wären, wie man das zuweilen lesen musste - gerade so, als sei Sturheit und Borniertheit der Einstieg zur terroristischen Gewalt. Und Moslems sind nicht per se radikal und gewaltbereit. Was also begünstigt den Terrorismus? Und sind die Gesellschaften, die unter ihm leiden - und sei es auch nur psychisch, weil sie sich in Hysterie begeben -, nicht nur Geschädigte, sondern auch Ursache? Ist Terrorismus damit nicht auch eine blutige und zu verurteilende Kommunikationsstrategie, wenn man ihn nüchtern unter kommunikationstheoretischen Gesichtspunkten betrachtet?
Verstehen zu wollen ist Sünde. Auch hier also Mittelalter! Damals waren es die biologischen oder kosmischen Abläufe, die man unverstanden lassen wollte - heute sind es soziologische oder historische Kontexte, die unangetastet bleiben sollten. Den Terrorismus verstehen zu wollen, wird als Rechtfertigung des Terrorismus gedeutet - Anti-Terror-Gesetze unter die Lupe zu nehmen, heißt Terroristen zu schützen - die Rolle der Wirtschaft und Politik westlicher Prägung zu hinterfragen, ihnen etwaige Mitverantwortlichkeit für terroristische Gesinnungen zu erteilen, versteht man ganz schnell als Legitimitätserklärung des Terrorismus. Zudem nenne man die Debatte niemals hysterisch - dies zu benennen wird mit dem Attribut "Terroristenfreund" belohnt.
Verflucht sollen sie werden, nicht verstanden. Rache ist der Antrieb, den man von der Justiz verlangt - Verfluchung ohne explizites Verstehen: das ist die Grundvoraussetzung hierzu. Nur gegenüber jemanden, den man nicht versteht, kann man rachsüchtig sein wollen. Verstehen bedeutet Nachdenken bedeutet Differenzieren bedeutet: dem Feind menschliche Züge zu verleihen. Der Feind wird somit zum Täter - zum Menschen, der gegen das Gesetz verstoßen hat, der aber dennoch unveräußerliche Rechte besitzt. Sicher steht aber auch dann am Ende die Strafe - aber sie würde unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten entstehen. Ohne Emotion, ohne Hysterie, ohne blanke Rachsucht. Doch genau davor scheut man zurück, so wie einst die Kirche scheute, dass der Mensch verstehe, er sei nur eine "biologische Maschine" - der ins Transzendente verfeinerte menschliche Körper, ausgestattet mit einer Seele durch Gott, er wäre zur ollen Kamelle geworden, schließlich hätte man keine Seele gefunden. Der Terrorist als Feind ohne Rechte, den man mit allen niederen Instinkten begegnen darf im Angesicht der Justiz, er würde zur ollen Kamelle, wenn man ihn im berechtigten Eifer, ihn zu strafen, auch noch verstehen wollte.
Bei jeder Gerichtsverhandlung ist das Motiv des Täters relevant - ein gewissenhafter Richter will wissen, was einen Räuber oder einen Mörder aus Habgier zur Tat verleitete. Die Strafzumessung hängt wesentlich auch vom Beweggrund ab. Mancher Grund macht die Tat besonders strafwürdig, andere Gründe strafmildern. Den Täter oder Tatverdächtigen - noch ist die Person, die angeklagt vor Gericht steht, ja nur verdächtigt - zu verstehen, das gehört mit ins richterliche Repertoire. Die Öffentlichkeit, die rigoros bestimmten Tatverdächtigen fundamentale Menschenrechte aberkennen möchte, will nicht verstehen. Sie tilgt diesen Punkt der Analyse. Sie nennt solche Gedankengänge intellektuell und arrogant, sie glaubt diese weltfremd und enthoben. Das Verstehen wird durch Aktionismus behoben - gleich zur Rache schreiten, ohne auch nur die Triebfedern benannt zu haben.
Hysterie, nicht Gelassenheit
Publiziert man Kritik am Umgang mit der Randerscheinung des Terrorismus, macht man dessen Aufbauschung präsent, die tragischen Folgen, die dessen Bekämpfung für uns alle hatten und haben werden, so stößt man auf hysterische Szenarien. Wie könne man Partei für Menschen ergreifen, bekommt man um die Ohren gehauen, die Züge entgleisen lassen und Bahnhöfe in die Luft sprengen. Nachfragen, welche Züge und Bahnhöfe denn so ein bitteres Ende nahmen, werden als rhetorische Fallstricke diffamiert. Die Hysterie ist so fest verankert in manchem Kopf, dass dem mit ausgewogener Analyse nicht mehr beizukommen ist. Die Debatte um den Terrorismus gründet vielleicht zu fünf Prozent auf realen Gegebenheiten - der Rest ist Szenario, Möglichkeit; etwas, was ausmalbar ist, wenn man bloß genug Phantasie besitzt.
Gesellt man sich nicht mit in Hysterie, wird man für Hysteriker verdächtig. Wieso bleibt der so gelassen?, fragen sie sich. Denn gelassen können in einem solchen Szenario nur die sein, die es diktieren - Terroristen also. Gelassenheit ist die vermeintliche Tugend derer, die etwas zu verbergen haben. Hysterie wird plötzlich zur Frage der Vernunft. Vernünftige Menschen verlieren den Kopf, ist die ungesagte Wahrheit. Wer es nicht tut, wer kühl begutachtet, gelassen verstehen will, nicht hysterisch auf Rache sinnt oder emotional überreagiert, der ist nicht ganz koscher. Vielleicht kein Terrorist - aber einer, der sich vielleicht die Hände reibt, wenn es mal kracht. Ein Freund und geistiger Helfer der Terroristen. Damals forderte man die Isolierung Heinrich Bölls und Peter Brückners - genau aus dieser Denkweise heraus rührte diese hanebüchene Forderung. Macht die mundtot, die nicht hysterisch sind wie wir!, war die Parole.Und sie ist es heute wieder.
Terror, nicht Terrorismus
Was entsteht ist ein Klima des Terrors. Nicht erzeugt von Terroristen, sondern von Politikern, Presseleuten, auch Wirtschaftsdelegierten und natürlich unbedarften Bürgern. Sie verüben den Terror gegen sich selbst und gegen andere; sie werfen Brandsätze auf das gesellschaftliche Klima und ersticken die Opposition. Man braucht kein Anti-Terror-Gesetz gegen Terroristen - die sind Randerscheinung, nicht organisiert, nicht bestückt mit technologischen Waffen oder dergleichen. Immerhin mussten einige Terroristen vor zehn Jahren ein Flugzeug mit Teppichmessern kapern. Man benötigte eigentlich ein Anti-Terror-Gesetz gegen jene, die ein solches Klima des Gesinnungsterrors anfachen. Der Kampf gegen den Terror hat in den Köpfen derer zu beginnen, die ohne Reflektierung der terroristischen Angst erliegen. Gegen den Terror zu sein, hat für jene, die einen offenen und tabulosen Diskurs fordern, eine ganz andere Bedeutung. Es bedeutet nämlich: endlich vom Terror der Hohlköpfe bewahrt zu werden, die einen der Einfachheit halber zum Freund des Terrorismus ernennen wollen...
17 Kommentare:
Guter Beitrag und Zustimmung meinerseits...man hat tatsächlich das Gefühl in einer medial und emotional derart aufgeheitzten Atmosphäre zu kommunizieren, dass jede Sachlichkeit im Keim erstickt wird...Polarisieren statt Differenzieren ist die Devise.
Dass die Emotionen oft überhand nehmen etwa bei Terrorakten oder auch immer wieder bei Sexualdelikten ist natürlich einerseits nachvollziehbar. Dass diese emotionalisierte Stimmung dann aber regelmäßig von den Medien weiter angefacht wird und die entbrannten Emotions-Bürger eine Veränderung des Rechtssystems fordern (das immer wieder geforderte "Todesstrafe für Sexualverbrecher!") - sich sogar das Justizsystem manipulieren lässt - ist nichts weiter als eine bedenkliche Vereinfachung komplexer Sachverhalte und ein Verdrängen von Ursachen.
Dass diejenigen, die zu sachlicher und neutraler Perspektive mahnen und eine Differenzierung fordern sofort mundtot gemacht werden sollen, indem ihnen eine Solidarisierung mit dem Verbrechen oder Terror vorgeworfen wird zeugt immer wieder von leidigem Populismus.
Eine solche Tendenz zeigt sich übrigens leider nicht selten auch in anderen Bereichen: Kritisiert man den Kapitalismus, will man die DDR zurück. Kritisiert man die DDR ist man ein verkappter Neoliberalist.
Kritisiert man den Islamismus ist man ein intoleranter Integrationsfeind, kritisiert man den Rechtspopulismus ist man ein Multi-Kulti-"Gutmensch"
Ein bisschen mehr Sachlichkeit und Differenzierung wäre daher in vielerlei Hinsicht angebracht. Danke für den Beitrag!
sehr guter text.
Schließe mich an, sehr guter Artikel.
T. Binder
die opfer werden echt alleine gelassen. aber das ist wirklich ein sozialstaat-problem.
Ganz großes Tennis, dies mal in aller Ausführlichkeit dargelegt zu bekommen, statt es in mühsamer Kleinarbeit in die Kommentare einschlägiger Beiträge tippen zu müssen. Vor allem der ablenkende Charakter der Opfer-"Argumentation" ist gut dargestellt.
Interessant wäre es natürlich, die Ursachen der zunehmenden emotional begründeten Punitivität zu beleuchten, hier insbesondere die mediale Rezeption tatsächlicher Fälle, die dann in schöner Regelmäßigkeit einen Fall zu einem Phänomen aufbauscht, Anekdotenbeweise statt Empirie liefert etc. pp. ad infinitum.
Prädikat: sehr empfehlenswert!
INFO: Noch mehr Kommentare zu diesem gut geschriebenen Beitrag findet Ihr beim
spiegelfechter
Danke Banana Joe, Mensch, auf die Idee, auf den Spiegelfechter zu verweisen, hätte ich auch kommen können...
Hallo,
Dem Artikel hätte es gut getan, einige Nächte darüber zu schlafen und ihn dann noch einmal zu redigieren.
Ansonsten kann man zusammenfassen: Kampf gegen Terror besteht aus drei Fronten.
Ursachen verstehen und ihnen entgegenwirken.
Bereits bestehende Elemente an Terrorausübung hindern.
Ziele des Terrors dazu bringen, vor Terror keine Angst zu haben.
Der dritte Punkt ist zu Beginn des Wichtigste. Terror muss man nüchtern-pragmatisch begegnen und nicht aufgeschreckt-panisch. Der Preis für erhöhte Mobilität ist erhöhte Unfallgefahr. Darüber verfällt auch keiner in Panik. Der Preis für zusätzliche Märkte, Einfluß, billige Rohstoffe und Energie ist eine Erhöhung des Unrechts und damit einhergehend eine höhere Wahrscheinlichkeit für Radikalisierung und damit eine höhere Terrorgefahr. Wer das eine will, muss mit dem anderen leben. Geiz ist geil funktioniert nur in der Werbung: Ein Preis muss bezahlt werden.
Die Erfahrung zeigt aber, dass diejenigen, die wenig oder kaum Unrecht erfahren haben oder die wenig oder kaum Entbehrungen kennen, diejenigen sind, die am schnellsten ein panisch übertriebenes Sicherheitsbedürfnis entwickeln. Der Erwachsene, der als Kind nie gerangelt hat oder eins auf die Nase bekommen hat, fürchtet sich später eher davor, verletzt zu werden. So auch heute in unserer Gesellschaft: Leute die kaum je gelitten haben, entwickeln eine unheimliche Angst davor, die Kontrolle zu verlieren oder geschädigt zu werden.
Das gehört aber zum Leben dazu. Face it.
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Was die Opferdebatte betrifft:
Das Thema hat an dieser Stelle NICHTS mit den Opfern zu tun.
Einen Menschen aufgrund seiner Taten zum Nicht-Menschen zu deklarieren ist eine eklatante Demonstration von Schwäche. Das scheinen die meisten nicht verstehen zu wollen oder können. Nicht nur Voltaire oder Sokrates oder der kleine Zimmermann aus Nahost haben erkannt, dass man in bestimmten Dingen konsequent sein muss. Dazu gehört auch, dass man absolut geltende Regeln einhält, egal, was kommt. Und zwar speziell dann, wenn es schwer ist, sie einzuhalten. In diesen Fällen nämlich erweist es sich, ob eine Gesellschaft die notwendige Stärke und Reife hat und fähig ist, sich an den Standards zu messen, die sie sich so stolz in Zeiten der Ruhe und Geringbelastung auf die Fahnen geschrieben hat.
Twains Hadleyburg-Bewohner schrieben zurecht: Führe mich in Versuchung, damit ich beweisen kann, dass ich standhaft bin!
Demokratie heisst auch, dass man die Kraft besitzen will, die Arschlöcher der Welt zu ertragen und dass man trotz allem zu dem hält, was man für ALLE VERBINDLICH festgelegt hat, egal was der andere macht.
Die, die nicht sich daran zu halten bereit sind, sollten froh sein, dass es andere gibt, die sich trauen, moralisch stellvertretend für alle den Kopf hinzuhalten und für Rechte Dritter einzustehen, egal, was diese getan haben.
Viele Grüße
Falbrand
Ein schönes Beispiel für Ihre These: Die SPD in Gestalt des Herrn Oppermann hatte heute beinahe Tränen in den Augen, als er ankündigte, es werde eine würdige Trauerfeier für die Toten des Thüringer Heimatschutzes geben. Sich aber dazu durchzuringen, die Ursachen dieser Morde zu beseitigen, und zwar mit allen Mitteln, über die der Rechtsstaat verfügt, konnte er trotz Bibber in der Stimme nicht. Bissel nachprüfen, ob das alles so stimmt mit der Kumpanei zwischen Nazis und Verfassungsschutz, wie behauptet wird - jaja, das will er wohl. Und weiter? Das ist nun die SPD, und was will man da von Herrn Müllermeierschulze verlangen?
Übrigens, Terroristen. Schon die Nazis bezeichneten Partisanen, die für ihr Land gegen die faschistischen Eindringlinge kämpften, als Terroristen. Nur mal nebenbei.
Oppermann & Co. – nun, das sind halt die Politiker, die "Terror" schreien, wenn die Sabotage einer Weiche im Großraum Berlin misslingt.
"Danke Banana Joe, Mensch, auf die Idee, auf den Spiegelfechter zu verweisen, hätte ich auch kommen können..."
Mein Wort zum Mittwcoh findest du auf deiner Seite. Ohne Querverweis, live, direkt und exklusiv. Die Leser dürfen sich nun ungemein freuen. Meine Damen und Herren ..
Gestern sah ich auf , dem ZDF glaube ich , den Thevessen, oder so... oder mit sz, oder ß, oder SS an. Dieser Mensch, der beim Massaker in Norwegen den islamischen Terrorismus am Werk sah, sieht nun in den aktuellen
Unmenschen "psychopatische Serienmöreder" , keinen Terror, weil diese keine Öffentlichkeit gesucht haben und auch kein Manifest verfasst haben.
Also kein Terrorismus.
Naja, ist ja auch kein Wunder, das der Quisling auch als amoklaufender psychopatischer Sereinmöreder durchkommt. Die saubere Mitte, ist nun mal sauber.
Ich hab mal die diskussionen bei Spiegelfechter verfolgt. Ich bin froh, daß hier bei Adsinistram solche Hohlbirnen nicht diskutieren können. Den Unsinn der da teils kommentiert wird will doch kein mensch lesen.
Den "Terroristenfreund"-Kommentatoren sollte man vorschlagen, dass Deutschland das US-amerikanische Geschworenengericht uebernimmt, das sich am besten mit Polemik und Emotionen ueberzeugen laesst.
Das ist meiner Meinung nach jedoch keineswegs gerechter, sondern nur populaerer.
Emotionalitaet ist verstaendlich, hat aber bei der Rechtssprechung nichts zu suchen- hier sollten fuer alle gleiche Masstaebe angesetzt werden.
Und ditto- starke Emotionen gegen Terroristen werden politisch gesteuert. Wuerden wir uns taeglich in gleichem Umfang ueber Menschenrechtsverletzungen in Sweatshops, Korruption in Mexiko, usw aufregen- dann waere die Hoelle los.
Wir sollten vielleicht ein "Two minutes hate" einfuehren, wie bei Orwell. Das ist dann noch effizienter.
Richtig, Moni, ein Glück, dass "hier bei Adsinistram solche Hohlbirnen nicht diskutieren können" wie im Spiegelfechter!
Ein breiter Konsens sollte bestehen, geistig Minderbemittelte aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen, so wie hier!
Solche Leute dürfen sogar wählen! Es ist nicht zu fassen! Ein weiteres Zeichen, wie verkommen diese Demokratie doch ist!
Zum Kotzen!
Danke für die beiden gut geschriebenen Artikel.
Diesmal hab ich mich total zurückgehalten und wollte keinen Kommentar schreiben. Der Grund: Z.Zt.
"Baader-Meinhofs" war ich Mitte 20 und habe die damaligen endlosen Diskussionen, bei nahezu jeder Gelegenheit, noch lebhaft vor meinem "Geistigen Auge". - Ich bin verblüfft, wie sich jetzt, nach fast 40 Jahren die emotionsgeladenen Diskussionsbeiträge ähneln. Die vorgebrachten Argumente und Gegenargumente sind heute, wie damals fast gleich. (wesentlich bezogen auf die Kommentare im Spiegelfechter)
Wenn ich auch inhaltlich dieses mal nichts beigetragen habe, so hoffe ich doch, daß ich den jüngeren Lesern deutlich machen konnte, daß sich "der Mensch" in den letzten 40 Jahren kaum "geändert" hat.
Quintessenz: die Diskussionen hatten damals so gut wie keinen Einfluß auf die Rechtssprechung. - vielleicht ist dieses heute, dank Internet, anders geworden.
P.S.
Der beste Kommentar ist von D.Alexander 15.11. 8:50
ich denke, dass es richtig ist, sich die Ursachen von Terror einerseits, aber auch die Wirkungen von Terror andererseits sehr genau jeweils anzuschauen.
Ich bin der Analyse weitestgehend einverstanden, aber bei der Wirkung von Terror hätte ich mir mehr gewünscht
Mein Eindruck ist, dass Terror als Ereignis einen chaotischen Platz für Emotion schafft und Raum für Veränderung. Man kann in der öffentlichen Debatte das sehr schön sehen, wie ohne Wertung meinerseits zahlreiche Vorschläge vorgetragen werden und die ausgelösten Ängste das Bezugssystem für Bewertungen von Vorschlägen immens verschoben wird.
Ich denke, man kann das als Welle sehen, ausgelöst durch einen Schock im gesellschaftlichen System, findet sehr intensive Kommunikation statt und schwappt quer durch die Gesellschaft, Politik, Nachrichten, Literatur, Kunst usw.
Ich denke Terror als Kommunikation auf einer Metaebene zu betrachten, kann spannende Erkenntnis bringen über den Mensch und die Gesellschaft und hoffentlich auch helfen, Menschen zu versöhnen.
Wieder einmal treffend auf den Punkt gebracht, Respekt.
Wie oft habe ich mir in diversen Foren eine blutige Nase geholt, im übertragenen Sinne, als ich ähnlich darüber schrieb.
Da war man schnell bereit mich als linken Gutmenschen zu bezeichnen, weil es mir um das Hinterfragen geht.
Letzte Debatten, an denen ich mich in diesem Sinne beteiligte waren das Massaker von Norwegen und die Krawalle in London.
Da wurde ich schnell zum Befürworter und somit Mittäter, bloß weil ich forderte sich doch bitte auch einmal der Ursachenforschung zu widmen.
Auch hier bzgl. des rechtsextremistischen Terrors, stellt sich mir die Frage, was bewegt Menschen dazu sich solchen Gruppierungen anzuschließen und schlussendlich auch nicht vor Gewaltausübung in ihrer niedersten Form zurückzuschrecken?
Warum sind die Strategien genannter Gruppierungen erfolgreich, fallen auf fruchtbaren Boden?
Wenn Menschen mit ihrer Situation zufrieden sind, könnte solches doch gar nicht passieren, sollte man zumindest meinen.
Also liegt der Schluss nahe, dass vornehmlich die Unzufriedenen zum Opfer solcher Gruppen werden, zumindest rein rational betrachtet.
Letztlich sollte man sich überlegen, was man Menschen so zumutet im aktuellen und bevorzugten Gesellschaftsmodell, welches wir leben.
Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit und eine gewisse Heimatlosigkeit in einer Gesellschaft, die schwächere Mitglieder nicht auffängt, wenn sie straucheln, bieten immer einen idealen Nährboden für ein Abrutschen in Extreme, in welche Richtung auch immer, meine feste Überzeugung.
Deswegen ist es opportun zu hinterfragen, um ggf. zu ändern.
Das ist allerdings leider nicht besonders modern in unseren Zeiten.
Lieber beschäftigt man sich mit Rachegedanken und denkt wieder einmal über ein Verbot nach. Als ob damit das Problem aus der Welt wäre.
Eine sehr bedrückende Dokumentation in fünf Teilen dazu findet man hier
http://www.youtube.com/watch?v=4yn78pzdg8I
Die Szene ist außerordentlich gut organisiert und steht unter Waffen.
Man sollte diese Gefahr nicht unterschätzen, und das tut man aktuell, leider.
Beste Grüße
onlyme
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