Meinsmeinsmeins!
Dienstag, 29. November 2011
In Frankfurt geht man ins MyZeil. Bei MeinWeltbild bestellt man sich MySims. Via MyDays bucht man sich Erlebnisgeschenke. Bei MyVideos begafft man Millionen Kurzfilme. Meinsmeinsmeins... die Konsumwelten verinnerlichen die Egomanie nun vermehrt auch im Produktnamen. Wie Pilze schießen MyKaufhäuser und MeinKataloge aus dem fruchtbaren Boden des Reibachs. Sie sättigen sich nicht am Kunden, sie versprechen ihm, er gehöre zum Produkt, wie das Produkt ihm gehöre.
Genosse Kunde
Der Konsument wird sprichwörtlich zum Teilhaber gemacht. Das Produkt oder die Stätte des fortwährenden Glücks, der Konsumtempel letztlich, ausgestattet mit dem Possessivpronomen, es erklärt dem Kunden: hier bist du nicht nur Kunde, die bezahlende Inanspruchnahme eines Gutes, hier bist du nicht nur uns finanzierender Gast - hier gehörst du dazu. Ganz gezielt installiert man das Meinsmeinsmeins in das Produkt oder die dazugehörige Vertriebsstätte. Der Kunde soll nicht glauben, er gehe in das Einkaufszentrum, um dort zu bezahlen und zu verwerten: er soll meinen, seinen eigenen Glückstempel zu betreten.
Die neue Konsumlandschaft ist eine vermeintliche Genossenschaft. Es gibt keine wie auch immer geartete Hierarchie - jedenfalls keine, die sofort augenfällig werden könnte. Der Konsument wird teilhabender Genosse. Man suggeriert ihm, er sei Mitglied der großen Konsumgemeinde, die sich in Kathedralen trifft, die mit der Silbe My begrifflich eingeleitet werden. In solchen Häusern ist man nicht mehr nur Kunde, man besucht einen Ort, von dem man sagt, er gehöre einem irgendwie, zwar nicht genau definiert, aber trotzdem. Er ist der Sozius des Konsumtempels, der Gesellschafter von Kaufhäusern. Ihm wird klar, dass alles nur geschieht, weil er ist. Seine Persönlichkeit ist Basis und sein Konsumverhalten wird zu seiner Persönlichkeit.
Bruder Kunde
Der in das Handelsgut eingeknüpfte Possessivbegleiter, er verbrüderlicht die Geschäftspartner. Er berieselt den Kunden, will ihm klarmachen, dass es Vertragsverhältnisse - und jeder Einkauf ist nicht mehr als das - nur pro forma gibt. In HisZeil und SeinWeltbild scheint die Fraternisierung alle verteilten Rollen zu sprengen. Dort Händler, da Kunde - beide mit Interessen: das wird durch Meinsmeinsmeins aufgehoben. Verschwistert sind sie plötzlich. Sie treffen sich im My und Mein und dort schlagen die Interessen im Gleichklang. Jedenfalls soll es das besitzanzeigende Fürwort so aussehen lassen.
Die Lebenswelt des Individuums, das zuweilen auch Kunde war, soll abgelöst werden durch eine Lebenswelt, in der der Kunde nur noch zuweilen und selten Individuum ist. Er soll in seiner Kaufwelt, in HisZeil und SeinWeltbild aufgehen, dort durch das Warenangebot lustwandeln - wie durch den heimischen Garten, sich fühlen, wie im heimischen Wohnzimmer. Kunde in Dauerschleife. Der Ort, an den man früher ging, um schnell Besorgungen zu machen, er soll zur persönlichen Oase werden; der Wälzer, aus dem man einst Waren auswählte, er soll nun eine eigene abgeschlossene privatim wirkende Welt werden. Hierzu die Namenswahl, hierzu das Possessivpronomen. Wenn der Kunde oft genug Meinsmeinsmeins! gesagt hat, wird das Gesagte irgendwann auch zu seiner Lebenswirklichkeit.
Genosse Kunde
Der Konsument wird sprichwörtlich zum Teilhaber gemacht. Das Produkt oder die Stätte des fortwährenden Glücks, der Konsumtempel letztlich, ausgestattet mit dem Possessivpronomen, es erklärt dem Kunden: hier bist du nicht nur Kunde, die bezahlende Inanspruchnahme eines Gutes, hier bist du nicht nur uns finanzierender Gast - hier gehörst du dazu. Ganz gezielt installiert man das Meinsmeinsmeins in das Produkt oder die dazugehörige Vertriebsstätte. Der Kunde soll nicht glauben, er gehe in das Einkaufszentrum, um dort zu bezahlen und zu verwerten: er soll meinen, seinen eigenen Glückstempel zu betreten.
Die neue Konsumlandschaft ist eine vermeintliche Genossenschaft. Es gibt keine wie auch immer geartete Hierarchie - jedenfalls keine, die sofort augenfällig werden könnte. Der Konsument wird teilhabender Genosse. Man suggeriert ihm, er sei Mitglied der großen Konsumgemeinde, die sich in Kathedralen trifft, die mit der Silbe My begrifflich eingeleitet werden. In solchen Häusern ist man nicht mehr nur Kunde, man besucht einen Ort, von dem man sagt, er gehöre einem irgendwie, zwar nicht genau definiert, aber trotzdem. Er ist der Sozius des Konsumtempels, der Gesellschafter von Kaufhäusern. Ihm wird klar, dass alles nur geschieht, weil er ist. Seine Persönlichkeit ist Basis und sein Konsumverhalten wird zu seiner Persönlichkeit.
Bruder Kunde
Der in das Handelsgut eingeknüpfte Possessivbegleiter, er verbrüderlicht die Geschäftspartner. Er berieselt den Kunden, will ihm klarmachen, dass es Vertragsverhältnisse - und jeder Einkauf ist nicht mehr als das - nur pro forma gibt. In HisZeil und SeinWeltbild scheint die Fraternisierung alle verteilten Rollen zu sprengen. Dort Händler, da Kunde - beide mit Interessen: das wird durch Meinsmeinsmeins aufgehoben. Verschwistert sind sie plötzlich. Sie treffen sich im My und Mein und dort schlagen die Interessen im Gleichklang. Jedenfalls soll es das besitzanzeigende Fürwort so aussehen lassen.
Die Lebenswelt des Individuums, das zuweilen auch Kunde war, soll abgelöst werden durch eine Lebenswelt, in der der Kunde nur noch zuweilen und selten Individuum ist. Er soll in seiner Kaufwelt, in HisZeil und SeinWeltbild aufgehen, dort durch das Warenangebot lustwandeln - wie durch den heimischen Garten, sich fühlen, wie im heimischen Wohnzimmer. Kunde in Dauerschleife. Der Ort, an den man früher ging, um schnell Besorgungen zu machen, er soll zur persönlichen Oase werden; der Wälzer, aus dem man einst Waren auswählte, er soll nun eine eigene abgeschlossene privatim wirkende Welt werden. Hierzu die Namenswahl, hierzu das Possessivpronomen. Wenn der Kunde oft genug Meinsmeinsmeins! gesagt hat, wird das Gesagte irgendwann auch zu seiner Lebenswirklichkeit.
9 Kommentare:
Deswegen auch das i in iPod oder iPhone und das you in youtube oder youporn.
Ich weiß ja nicht. Auf mich wirkt dieses ewige "Meins" immer wie das Streicheln eines extrem dümmlichen Egoismus und Individualismus. Dieser unsägliche Ecklhard von Hirschhausen etwa verkauft ganze Produktpaletten unter dem Titel "Mein Glück". Früher meinte man, Glück sei ein gemeinsames Erleben, heute ist der oder die Andere, mit denen man glücklich ist, aber anscheinend nur noch Mittel zum Zweck. Jeder folge seinem eigene Vorteil und tue bloss nichts für andere! Dann wird es ihm gut ergehen im Leben!
Je mehr und je hilfloser das einzelne Individuum der Übermacht von Finanzkapital und Big Business, der Übermacht der reichen Upper-Class und der herrschenden Pseudoelite ausgeliefert ist, desto systematischer wird ihm eingeredet, es selbst und seine eigenen Interessen ständen im Mittelpunkt des Weltgeschehens...
.....man(n) sagt ja auch mal:
....ACH DU MEINE SCHEISSE......
Natürlich appeliert die Werbung an die Basisinstinkte. und dazu gehört das schon im Laufstall gestammelte 'haben'. Ein anderer Instinkt wird durch das Verb 'sichern' gekitzelt. Ständig wird man aufgefordert, sich etwas zu sichern, meist ein Massenprodukt oder eine Dienstleistung, deren Knappheit so vorgetäuscht wird. Dagegen ist das Wort 'kaufen' fast schon ein Tabu. Nicht nur in der Werbung, auch in der Alltagssprache hat sich statt dessen das 'holen' breit gemacht, vor allem bei Jugendlichen. Das wird der lästige Akt des Bezahlens ausgeblendet. Man 'hat' es eben...
Halb gelacht, halb geweint. Aber erst, wenn man sagt: "Meine Merkel - ich glaube, dann wird es ernst. Kann ja auch nur der Hundt sagen.
Identifikation mit einem Produkt schaffen gehört zum Werben, seit es Menschen gibt.
Es gibt eigentlich gar keinen noch älteren Mechanismus der Werbung, als den in diesem Artikel (anhand aktueller Erscheinungsformen) beschriebenen.
Dies anzukreiden ist auch nichts anderes als unmenschlich, da der Mensch sich identifizieren möchte mit den Dingen, mit denen er sich umgibt. Auch dies eine uralte Erkenntnis der Anthropologie.
Gilt das auch für aufgezwungene
Identifikationen (z.B. aufgrund
von Gruppenzwängen)?
Ich gebe zu bedenken, das der Begriff >Werbung< sich ursprünglich auf die Ehe-/Sexualpartnerfindung bezog, bio- wie soziologisch, wesentlich vitalere Inhalte hatte als Marken-/Massenkonsum.
Ich sage mir immer: Die Werbepsychologie ist offenbar noch nicht weit gediehen, denn sonst würde ich zumindest ab und an ein Getränk der Firma Coca-Cola kaufen oder einen der Schokoriegel der Firma Mars Incorporated essen. Wer, wenn nicht Mega-Konzerne wie diese schöpfen werbepsychologisch aus den Vollen?
Und da mich deren Werbebombardement offenbar gänzlich unbeeinflusst läßt... scheint mir die Werbepsychologie eben bis dato noch nicht weit fortgeschritten zu sein.
Ich finde, dieser schöne Artikel passt so gut zur Vorweihnachtszeit, in der die Menschen noch ein bisschen mehr Glück durch Konsum erfahren sollen als während des restlichen Jahres. Darum geht es doch an Weihnachten, Oder?
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