Merkel droht den Ukrainern und steht dabei nicht mal auf

Mittwoch, 29. Januar 2014

In ihrer Regierungserklärung äußerte sich die Kanzlerin auch zur Lage in der Ukraine. Sie unterstütze die Opposition dort und zolle ihr großen Respekt. Sie tut das, weil sich die ukrainische Opposition "für die gleichen Werte [einsetze], die auch uns in der Europäischen Union leiten".

Welche Werte meint diese Frau denn? Die, die sie in Griechenland mit ihrer Austeritätspolitik erstickt? Oder dann doch eher jene, die sie in den Hartz IV-Reformen erblickt und für die sie bei alle europäischen Nachbarn als Notwendigkeit wirbt? Meint sie den Wettbewerb auf Lohndumping-Basis, der deutschen Unternehmen ordentlichen Exportüberschuss garantiert und den europäischen Nachbarn extreme Probleme bereitet? Oder die Polizeiattacken auf Systemgegner? Spricht sie von den europäischen Werten, die Frontex verteidigt oder dann doch eher die Europäischen Streitkräfte? Meint sie das feine Wertesystem, das sich zwischen unsinnigen EU-Richtlinien und elitärer Steuerbegünstigung erstreckt? Oder die privatisierten Gemeinwesen, die nur noch so heißen, weil sie ein ganz gemeines Wesen gegenüber denen an den Tag legen, die auf sie angewiesen sind?

Ausgerechnet diese Frau spricht von den Werten der Europäischen Union. Wie ein notorischer Fremdgeher, der für die Segnungen der ehelichen Treue wirbt. Wenn die ukrainische Opposition deckungsgleich mit den europäischen Werteempfinden dieser Kanzlerin ist, dann sagt das doch einiges über die Leute aus, die jetzt einen Regierungswechsel in der Ukraine wollen.

An die Ukrainer, die die Geschehnisse in ihrem Land nicht einschätzen können und die beiden Seiten skeptisch gegenüberstehen, ist das eine glatte Drohung. Sie lächelt den Ukrainern eine EU vor, die sie als Hauptprotagonistin zu einem gänzlich marktkonformen Abnickparlament degradiert hat. Erpresserische Sparanweisungen kommen dann später, die Unterordnung der Regierung Klitschko unter Brüssel wird man allerdings als den ersten Schritt verlangen. Dann fordert sie Reformen und meint damit: Öffnung für deutsche Unternehmen, Zollfreiheit, Steuervergünstigungen und flexible Löhne, was wiederum heißt: Billiges Personal für deutsche Investoren.

Die Expansion der Wertegemeinschaft Europa, wie sie Berlin definiert, wird rhetorisch vorbereitet. Wenn das keine Drohung ist! Sie kann sich ja alles erlauben, diese von der Presse als Inkarnation des Willens zur Macht gefeierte Frau. Sie muss bei ihren Reden nicht mal mehr stehen. Nimmt Platz und droht drauflos.


16 Kommentare:

ulli 29. Januar 2014 um 15:47  

Ich denke, sie arbeitet daran, dass die Ukraine das neue Niedriglohnland der EU wird. Die Ukraine ist ein großes Land: Viele Millionen Menschen, die zu Löhnen und Bedingungen wie in China arbeiten, werden die Wirtschaft der EU unschlagbar machen. Und Boxbirne Klitschko wird der ideale Erfüllungsgehilfe sein.

Markus 29. Januar 2014 um 16:23  

Als devote Erfüllungsgehilfin im Sinne von Erweiterung US-Amerikanischer Hegemonialansprüche macht sie sich allerdings auch ganz gut.
Nach Oben buckeln - nach unten kratzen, treten und spucken.

Anonym 29. Januar 2014 um 17:01  

ANMERKER MEINT:

Hinzu kommt, dass die "befreiten" Ukrainer dann genau so zu den "Armutsflüchtlingen" gezählt werden werden, wie z.B. die Rumänen. Soviel zu den Werten, denen sich Frau Merkel verpflichtet fühlt. Die Schaukelei dieser Frau ist wirklich phänomenal - ein Blick ins protofaschistische Ungarn genügt da ja. Aber bei der Ukraine geht´s ja auch noch um was andres:Nämlich dem russischen Bären, die Zähne zu zeigen. Alles was Putin schaden könnte ist im Augenblick erste Wahl für Deutschland und Europa. Die "bösen Russen" werden mal wieder gebraucht, um von Polen bis Frankreich zu demonstrieren, wie "überlegen" die "EUWertegemeinschaft" ist!
MEINT ANMERKER

Wolfgang Buck 29. Januar 2014 um 17:52  

Es gibt keine Freundschaften zwischen Nationalstaaten, Konzernen, Banken oder sonstigen macht- und reichtumorientierten Organisationen. Es gibt zweckorientierte Bündnisse, so wie Werte ebenfalls zweckorientiert sind. Dabei spielt auch keine Rolle welcher Logik, welcher Ideologie gefolgt wird. Egal ob Neoliberalismus, Kommunismus, Christentum, Islam, Demokratie oder Faschismus etc. Die Wege unterscheiden sich, die Ziele nicht.

Irgendwie scheint an der sozialen Verdrahtung des Homo Sapiens was nicht zu stimmen. Na ja, die Evolution wirds richten.

Anonym 29. Januar 2014 um 17:57  

...und nicht zu vergessen die Raketen, die dann noch näher an den atomwaffenstarrenden Iran verlegt werden können!

Anonym 29. Januar 2014 um 20:04  

Sie hat auch schon oft von "Wertegemeinschaft" gesprochen, aber ich weiß bis heute nicht, was sie damit eigentlich meint.

Anonym 30. Januar 2014 um 05:21  

Die Eigenschaften der Europäischen Union, für die sich die Ukrainische Opposition einsetzt? Da kann man nun Negatives aufzählen und es dabei belassen - wie es dieser Artikel tut.
Das ist genauso umsichtig, wie wenn man auf die Frage der Eigenschaften eines Menschen nur die negativen (die jeder Mensch hat) aufzählen und es dabei belassen würde.

ad sinistram 30. Januar 2014 um 06:32  

@ anonym von 5:21 Uhr:
Ja, belassen wir es dabei.
Du kannst ja die unendliche Litanei der Errungenschaften dieses Wettbewerbs-Europas gerne bei SpOn ins Forum kritzeln. Danke.

Anonym 30. Januar 2014 um 15:49  

Dort werden die gleichen Werte verkauft, die in Venezuela verkauft werden.

Es ist egal, ob man Blogs auf Livejournal verfolgt, die in kyrillischen Buchstaben geschrieben sind, oder man der Propagandaschau auf dem ARD folgt - wenn man weiß, dass die Konrad Adenauer Stiftung in dieses Projekt involviert ist, sowie die ganze europäische konservative Elite und die Swastika-Freunde, dann kann man dem nicht mehr glauben, was man dort sieht.
Die Schande ist, dass man dies erst danach wissen wird.

Anonym 30. Januar 2014 um 16:01  

Die Überschriften die Sie hier schreiben sind einfach nur geil!!

flavo 31. Januar 2014 um 08:27  

Es ist auch die Dosis Wertstabilisierung durch den Blick nach außen im Inneren, die der Europäer regelmäßig braucht. Zweifellos ist es erstaunlich, wie extern Aufstände von statten gehen und wie erfolgreich diese Vorgänge europaweit zurecht gebogen werden auf eine ausströmende Freiheitskraft. Als rönne die blaue Farbe sprichwörtlich vom Gipfel der EU in alle Landen ringsum.
Billglohnland soll es wohl werden. Aber auch Abnehmer für us-amerikanische Ramschwaren, Billigfleisch und all den Plunder, wenn das Transatlantik Abkommen einmal durch ist. In Westeuropa hat der Neoliberalismus an Überzeugungskraft verloren, es gibt Kritiken und die meisten Westeuropäer erfahren ihn als Verschlechterungsprozess. Aber in den ärmeren Ländern des Ostens erzeugt die glitzernde Welt des Warenkonsums noch Hoffnung und Aufbruchsstimmung. Wo nichts ist, da ist das Wenigste schon Grund genug zur Hoffnung. So würgt man die westliche Unzufriedenheit ab: schaut da im Osten, Heerscharen sind froh über den über sie herein brechenden Neoliberalismus: Arbeit, Waren, Markt, Konkurrenz, Genüsse, jeder kann sich etwas schaffen, die widerwärtige Bürokratie der Autokraten wird kleingehauen. Diesen Aspekt sollte man nicht übersehen. Zweifellos ist er nur einer von vielen, aber jenseits hochspezialisierter und gut ausgestatteter Systemkritiker gibt es zahlreiche Menschen, die zuerst einmal gut essen wollen und ein paar Optionen im Leben haben wollen. Danach kommt der Rest. Ob es einem gefällt oder nicht. Zweifellos werden die Verwerfungen für einige weniger nur abgemildert. Die härten des MArktes werden durchgearbeitet werden müssen und dann kann die Ansicht entstehen, dass er nicht das Heil geworden ist. Zunächst aber, wird man nach einer Lebensverbesserung streben, auch wenn sie bloß ein Spin ist.
Aber was hätte eine Alternative Sicht der Dinge zu bieten? Wie man weiß gibt es keine Alternative, nicht nur, weil die Neoliberalen sagen, dass es keine gäbe, sondern viel mehr, und dies ist ja das Groteske, weil es in der Tat keine gibt. Ein paar Modellrechnungen zum Grundeinkommen und eine schnöde Aufbesserung der sozialen Marktwirtschaft, das sind die heutigen faktisch vorschlagbaren Alternativen. Der Rest sind verkochte Sektierereien von narzistischen Gedankenkonfigurationen, die teilweise zu fitiven Gedankengefechten verkommen sind und im Zustand des Darbens verharren (in der Regel recht wohlständig und verwöhnt). Was soll dem Ukrainer gesagt werden, der jahrelang keine Optionen vorfinden wird im eigenen Land? Soll man ihm von Geschichtsautomatiken oder Systemanalysen erzählen?

Anonym 31. Januar 2014 um 11:46  

und dennoch,
die CDU im Wahlergebniss über 30%,
wie ist das möglich??.
Die Menschen sind verblendet,
geblendet von Merkel?
oder ist es nur die Angst vor kleinen Parteien?

pillo 1. Februar 2014 um 15:29  

Nun, die Ukrainer müssten eigentlich nur in Richtung Balkan schauen, um gewarnt zu sein.

[...]Die EU-Finanzminister haben ein Strafverfahren gegen Neumitglied Kroatien eingeleitet, weil das Land anhaltend gegen Europas Haushaltsvorschriften verstößt.
http://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-neuling-eu-eroeffnet-strafverfahren-gegen-kroatien/9396348.html [...]

Im Falle der Ukraine schlägt man quasi drei Fliegen mit einer Klappe.
1.) Ein noch größeres Reservoir an billigen Arbeitskräften für die Kapitalisten in Deutschland, Frankreich, Spanien, usw..
2.) Noch mehr Konsumenten für die deutsche Industrie und eine Ausweitung des deutschen Hinterhofs Osteuropa.
3.) Und ganz nebenbei kann man Putin noch gehörig eins auswischen.

Wenn man mir Anfang der 90er Jahre jemand erzählt hätte, dass man in zwanzig Jahren wieder gegen "den bösen Russen" hetzen würde (wie es ja momentan tagtäglich geschieht), ich hätte ihm wohl nicht geglaubt.

Brandubh 1. Februar 2014 um 18:40  

Schön auch, dass unsere Medien ganz staatstragend hitner der Kanzlerin steht.
Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen.
Und das Schlimmste: das passiert vollkommen unbewusst.

Wolfgang 3. Februar 2014 um 17:04  

Was ist eigentlich los in »unserer« Ukraine?
http://koka-augsburg.net/ukraine_2014/

Anonym 4. Februar 2014 um 02:46  

Natürlich hat die EU Werte ... ganz viele sogar, also um ein paar zu nennen: liberale, vorallem neoliberale Werte, Menschenrechte, wie z.b. das auf Arbeit für ein marktkonformen Lohn und Freiheit - sich im Supermarkt zwischen 30 verschiedenen Produkten mit gleichen Inhalt und gleichen Hersteller entscheiden zu dürfen. Darüber hinaus ginbt es freizügigkeit, man darf in der EU hinreisen wo man will, also wenn man viel Geld - oder wenigsten soviel Grips wie die Deutschen - hat und nicht aussieht wie einer aus ein andern Land. Hauptsache Integriert. Und natürlich wird mit Sicherheit garantiert ... da gibt es Polizisten, Soldaten, Sicherheitskameras, Abhörzentren und wenn es mal ganz schlimm wird, können wir Gefahrenzonen ausrufen. Wir Deutschen wissen wie man lebt ...

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