Wer exekutiert?

Dienstag, 8. Januar 2013

oder Ein sehr kurzer Ausblick auf 2013.

Aus dem Finanzministerium schallt es, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gestrichen werden soll - nicht ersatzlos, sondern um den normalen Satz auch bei Lebensmittel und Kulturgütern wie Bücher wüten zu lassen. Von Seiten des Bundesagentur heißt es, dass es selbständige Aufstocker nicht mehr geben und dass die Prozesskostenhilfe für Arbeitslose massiv erschwert werden soll. Die FDP will indessen letzte Arbeitnehmerrechte aufweichen, spricht von "beschäftigungsfreundlicher Ausgestaltung des Kündigungsschutzes". Gerüchte, immer nur Gerüchte, die ihre Gerüche aus Gazetten verbreiten.

Gerüchte. Der Fakt, der auf den Gerüchten gründet ist aber doch, dass sie diesem Land langsam aber sicher Verhältnisse überstülpen wollen, die diese Regierung schon über Griechenland gerafft, über Spanien gezogen, über Portugal geworfen hat.

Und Glück ist nur, dass in diesem Jahr Wahlkampf herrscht. Brüskierungen können sich die potenziellen Exekutoren nicht erlauben. Noch brauchen sie die Stimmen der Leute, noch ist Stimmung geboten, nicht jedoch Missstimmung. Miss- und Dys- sind Präpositionen, die es in Wahljahren nicht geben darf. Zumal es um eine Wahl nicht um Richtungen und politische Stile, um weltanschauliche Ausrichtungen und Herangehensweisen geht, sondern um eine der Exekutoren.

Die Schocktherapie, die schon anklingt, die man schon heraushört, zwischen den Zeilen ebenso wie als Zeilen, ist verschoben. 2013 ist sie noch nicht vorgesehen. In diesem Jahr geht es nur darum, das von den Konzernen geölte Personal zu finden, das die fest im neoliberalen Programm verankerten Punkte umsetzt. 2013 ist insofern kein politisches Jahr, sondern eher nur sowas wie eine Personalie. Bis in den Oktober hinein. Der Gang zur Urne ist zugleich auch das Ende eben der Phase, in der Exekutionskommandos darum buhlen werden, sich vor das Allgemeininteresse zu stellen, um laut und bestimmt Legt an! rufen zu dürfen.

2013 ist somit auch das Jahr des Kalbes. Oder der Kälber. Anthropomorpher Kälber. Sie wählen sich ihre Schlachter selbst, die ja wiederum auch nichts anderes als Exekutoren sind. Sie schlachten ja nicht aus mittelbar persönlicher Tötungslust, sondern weil sie den Auftrag dazu erhalten. Sie gehen dem nach, was man ihnen schafft. Dieses neue Jahr will Ausführungsdelegierte an seinem Ende ermittelt haben. Exekutive Vollstreckungsbeamte. Wäre 2013 wirklich ein Wahljahr, so müsste man einen Wahl haben zwischen Möglichkeiten der ökonomischen Gestaltung. Aber diese Wahl gibt es eben gerade nicht!

Was bleibt ist die Wahl der Uniformfarbe, die das Exekutionskommando tragen darf, um all das umzusetzen, was schon jetzt nach und nach ans Tageslicht befördert wird. Europa soll ein schöner Ort werden - für Banken und Industrien, für Reiche und ihr Erfüllungspersonal. Aber nur gemach, erst noch braucht es Vollstrecker für die nächsten Jahre. Solange bleiben Hiobsbotschaften nur Panikmache, die jeder der beteiligten Exekutoren, die zur Wahl stehen, abwiegeln werden. Erst danach wird es richtig widerlich.



14 Kommentare:

Hartmut 8. Januar 2013 um 08:41  

klasse Artikel - Danke !

- hauptsächlich die Voraussichten - da muß sich ja Ottonormalverbraucher ganz schön warm anziehen.

- Dann ist es ja nur noch eine Frage der Zeit, bis hier griechisches Klima herrscht; aber es wird kommen !

P.S. Der Begriff ,Exekutoren, ist sehr impressiv - und treffend.

ulli 8. Januar 2013 um 09:43  

Das große Desaster scheint mir, dass die obere Hälfte der Bevölkerung gegen die untere Hälfte ausgespielt wird. In Deutschland ist es ja nicht so, dass 99% gegen 1% stehen. Dem oberen Drittel der Bürger geht es materiell so gut wie nie zuvor, dass mittlere Drittel kommt einigermaßen hin (auch wenn es von massiven Abstiegsängsten geplagt ist) und das untere Drittel befindet sich in einer wirklich finsteren Lage. Aber beinahe täglich kommen in den Medien Berichte, wie Leiharbeiter ausgebeutet werden, Mitarbeiter von Discountern mit Kameras überwacht werden oder was auch immer. Die Menschen aus den beiden oberen Dritteln denken sich dann wohl: Ist ja schlimm! Aber ich bin ja nicht betroffen! - Gesellschaftliche Solidarität, die es in den Zeiten vor Schröder noch gab, ist weitestgehend verschwunden. Wenn 2014 massive Sparmaßnahmen kommen, dann ist doch jetzt schon klar, wenn es treffen wird: Die obere Hälfte der Bevölkerung braucht doch gar nichts zu fürchten. Wenn Einschnitte kommen, kann man sich wieder denken: Ist ja schlimm, aber ich bin ja nicht betroffen!

Anonym 8. Januar 2013 um 10:05  

Nun, die Wahl ist ohnehin schon entschieden. Es gäbe aber immer noch die Möglichkeit, die Listenkandidaten zu wählen, denn die ziehen ja sowieso ein. Ansonsten stehen noch ein paar Alternativen zumindest in den größten Städten bereit. Das ändert zwar nicht viel, kann aber ab einer gewissen Dimension zumindest ein Ärgernis für die Etablierten werden.

Wolfgang Buck 8. Januar 2013 um 10:26  

"Was bleibt ist die Wahl der Uniformfarbe, die das Exekutionskommando tragen darf..."

Guter Artikel und schönes Bild. Respekt!

flavo 8. Januar 2013 um 11:55  

Ein Jammertal wird es werden. Armut, Gängelung, Ausbeutung als für ein Drittel bis zur Hälfte der Bevölkerung anerkannte Umstände.
Stumpfes Erleiden und arrogantes Wegverdrängen. Die Wählermasse als Knetmasse, die von links nach rechts rennt wie ein blindes Kalb. Verpartikularisierung der Denkform, die den Verlust der Intersubjektivität durch Eigenkreisgang ersetzt. Die nichtige Meinung über alles. Dies wird gefordert. Achte nicht die Meinung der anderen, achte nur deine, zerspalte alle Bande zu anderen und poche auf deine Meinung. Köpfe als Gemisch kollektiver Gedankengüter und narzsitisch versponnener Phantasiereiche, die aus dem Angebot der Begriffe sich Entitäten holen wie das kleine Kind Bonbons aus der Tüte und sie verbinden mit der Unendlichkeit aller Beliebigkeit.
Goldene Zeiten Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ausgebeutetsein, Regiertwerden, verarschtwerden, Verblödung und Entmündigung, Fremdbestimmung zu studieren. Für eine bessere Zukunft.

Lazarus09 8. Januar 2013 um 12:06  

Iniqua numquam regna perpetuo manent ;-)

Hartmut 8. Januar 2013 um 15:18  

lazarus, seit wann bist Du stoiker ?

Anonym 8. Januar 2013 um 17:01  

Danke Roberto,
toller Text und doch bestätigst Du einfach nur meine Befürchtungen. Ich frag mich manchmal in welcher Welt meinem kleiner Sohn aufwächst.

Ich frage mich nur noch, wieviel Zumutungen der Mensch vertragen kann bis er endlich wieder auf die Strasse geht. Und vielleicht könnte sich die LINKE endlich dazu aufraffen ohne Rüchsickt auf Verluste konsequent Lagerwahlkampf zu machen. Man schaue sich nur mal die KPD-Wahlkampfplakate oder die Plakate von John Hartfield aus den 20/30ern an. So sah noch Mobilisierung der Massen aus (und nicht solche bescheuerten Sprüche a lá "Reichtum für alle")

Anonym 8. Januar 2013 um 18:23  

Die Wahl ist entschieden. Nichtwähler sind der Machtfaktor für CDU, CSU, FDP, SPD und die Grünen. Man bleibt weiter unter sich. Pfaffen und Rechtsanwälte ebnen weiter den Weg der Oberschicht. Die Droge der krankhaft narzisstischen Gesellschaft wird jeden Tag konsumiert. Die unersättliche nicht zu stillende Gier treibt uns an, ist der Garant für das Funktionieren dieser kaltherzigen kapitalistischen Lobbygesellschaft . Die kontrolliert verordnete Not schafft nicht den Leidensdruck um sich zu wehren. Die Mittelschicht ist mit der Besitzstandswahrung beschäftig. Immer der Gedanke, es soll andere treffen nur nicht mich.

Anonym 8. Januar 2013 um 19:03  

Ich werde nicht mehr dagegen ankämpfen, es ist zu spät.

Ich werde standhaft bleiben und mich nicht verbiegen lassen - egal was kommt und egal, was es mich kostet. Ich werde Haltung bewahren und ich werde Mensch bleiben.

Ich werde versuchen, mich auf das Minimum zu beschränken und dieses System nicht mehr durch übermäßigen Konsum unterstützen. Ich werde weniger arbeiten und mich mehr den wirklich wichtigen Dingen im Leben widmen (z.B. einfach nur dasitzen und die Couch unter meinem Po spüren). Ich werde mich jeglichem Druck widersetzen und nur noch langsamer werden. Ich lasse mich nicht mehr hetzen.

Ich übe ab sofort den Verzicht.

Als Kind hätte ich gesagt: Ich spiele nicht mehr mit, Ihr könnt mich mal! Ätsch!

Hartmut 8. Januar 2013 um 20:04  

anonym 9:03

Ein selbstbewußter und daher wohltuender Kommentar - schön.

Anonym 8. Januar 2013 um 21:54  

Reine Konsumsteuern über die Mehrwertsteuer fand ich den klügsten Aspekt Bedingungsloser Grundeinkommen-Konzepte.
Diese (Mehrwertsteuer) pauschal als "Wüterich" zu brandmarken, ist nicht gut. Sie würde sogar steigen mit einem BGE, aber eben mit dem Grundgehalt und dem Wegfall anderer Steuern einhergehen.
Also verheizen wir bitte nicht den Begriff Mehrwertsteuer.

Cyberbohemia 10. Januar 2013 um 10:10  

Danke Roberto für die Analyse. Sehr treffend...und sehr deprimierend.

@Anonym, 8. Januar 2013 17:01
Danke für den Hinweis auf die Plakate von John Hartfield. Ich kenne einige seiner Plakate, kannte aber den Verfasser nicht. Ich glaube, ich werde demnächst mal eine Ausstellung seiner Werke in unserer Galerie machen. Es ist an der Zeit, solche Bilder wieder zu verbreiten.

Askese als Kriegskunst 10. Januar 2013 um 10:18  

@anonym 19:03

Willkommen im Club! :-)
Genau so sieht echter Widerstand aus, und genau so kriegen wir sie am A...!
Die anderen werden das auch noch begreifen!
Also bleib dran, du hast schon jede Menge Gesellschaft!

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