Facie prima

Donnerstag, 24. Januar 2013

Heute: Der angebliche Tropendiktator, Hugo Chávez

Ein dicklicher Mann im Trainingsanzug. Pathetische Geste dennoch. Das ist Chávez, wie man ihn sieht und sichtbar macht. Er soll nicht bloß ein Tyrann sein, der im kommunistischen Wahn multinationale Konzerne enteignete, um die Ressourcen seines Landes nicht weiterhin zum Selbstkostenpreis exportieren zu müssen - er soll als die Karikatur eines Genussmenschen, den man Herrschsucht nachsagt, der in seiner peinlichen Maßlosigkeit abgebildet wird, um einen glaubhaften Diktator abzugeben, stilisiert werden. Die Peinlichkeit ist dabei ein Attribut, das man bemüht, um das Klischee des Tropendiktators zu reanimieren. Dick, schlecht angezogen und voller schmierigem Pathos.


Der Lamettadiktator paradiert, grüßt militärisch, küsst Kruzifixe. Komische Gestik inklusive. Er soll als die personalisierte Lächerlichkeit wahrgenommen werden, als Charakter läppischer Natur. Eine Auseinandersetzung mit Chávez als historische Erscheinung seines Kontinents wird mit Fotographien dieser Sorte untergraben. Chávez soll zur Erscheinung eines Typus modelliert werden, wie ihn Südamerika immer wieder ausspuckte. Berichte, die das bolivarische Venezuela behandeln, zieren das törichte Konterfei eines stets neu demokratischen gewählten Staatspräsidenten, der nicht als solcher wahrgenommen wird und dem man die Gesichtszüge als die eines Deppen betont.

Bilder des von Krankheit gezeichneten Chávez flankieren die Berichte höchst selten. Als glatzköpfigen, aufgedunsenen Mann kennt man Chávez nicht. Er ist zum Mann in Lametta und Trainingsrobe, zum fotographierten Tolpatsch, über dessen politische Motivation man nicht spricht, den man nicht als Menschen sehen soll, sondern als vergötterten Despot, berufen. Als solcher muss er gar nicht unbedingt selbst als Zierat diverser Artikel, die ihn behandeln, zur optischen Gestaltung herangezogen werden. Man bietet stattdessen Devotionalien an, Chávez-Bildchen, -Anhänger oder -Talismane. Die übliche südamerikanische Verehrung starker Männer, die nicht regimediktiert, sondern der lateinamerikanischen Tradition und des dortigen Synkretismus aus Profanie und Katholizismus geschuldet sind. Der vergötterte Chávez soll zeigen, wie maßlos seine Geltungssucht ist, wie weit er seinen Personenkult getrieben hat, wie selbstverliebt er sich umgarnen läßt.



10 Kommentare:

Anonym 24. Januar 2013 um 08:56  

Genauso geht man mit dem 'Verrückten aus Teheran' um...

maguscarolus 24. Januar 2013 um 09:08  

Gut, dass wir über alldem, was interessierte Kreise uns über Chavez erzählen, nicht vergessen, dass Hugo Chavez unter den gegebenen Umständen das Beste war, was Venezuela passieren konnte.

Seine Krankheit ist allerdings ein Glück für das demokratische® Amerika: Müssen die doch nun keine Pläne mehr machen, wie man den Mann anderweitig eliminieren kann.

Anonym 24. Januar 2013 um 10:31  

Schoen ist auch immer die Bezeichung Diktator. Chavez hat sich seit Amtsantritt irgendwie 15 mal zur Wahl gestellt oder so. Bis auf ein, zweimal wurde er Immer wieder im Amt bestätigt. Kann sich hier irgendwer auch nur im entferntesten vorstellen, eine Merkel oder Steinbrueck wuerden sich ohne Not {Wahljahr} wiederholt zur Dispsition stellen???? Nie und nimmer

Anonym 24. Januar 2013 um 11:38  

ANMERKER meint:
Ja, so ist das, wenn die kapitalistischen Mainstreammedien, denen es ja gar nicht recht ist, dass Chavez nochmal gewählt wurde, eine ernsthafte gesellschaftliche Alternative zum Zwergenaufstand kompilieren. Lächerlich machen zeugt genau von dem Zynismus, der tagtäglich gepflegt wird - global. Chavez ist da eine gute Zielscheibe, trifft man doch mit ihm zugleich eine gesellschaftliche Utopie und will sie bis ins Mark treffen. Mission accomplished!!!

MEINT: ANMERKER

flavo 24. Januar 2013 um 13:01  

Dies ist eine tief verwurzelte und lange kultivierte Umgangsform, die Europäeer mit Menschen auf anderen Kontinenten gehabt haben und haben. Der närrische Wilde, halb Kind, halb Weib, halb Tier, begrenzte kognitive Fähigkeiten, allzeit zu läppischen Blödeleien aufgelegt und leicht ablenkbar, keinen Blick und keine antizipative Vernunft für die harten Notwendigkeiten des Lebens, der Geschäfte und der göttlichen Vorsehung. Gelächter, Gekichere und stumpfsinniges Starren sind seine häufigsten Verhaltensformen, während emotionale Härte, Selbstniederzwingung zu Gunsten eines geglätteten und unbiegsamen Mehrwertstrebens den weißen Mann mannhaft machen. Unwillig zu strenger Disziplin und Gehorsam ist ejner. All dies ist den Europäern tief eingeübt, auch wenn wir es vergessen haben und heute meistens nicht mehr praktizieren, die Dispositionen sind wie Böden, in denen Samen sprießen können, die schon längst für vertrocknet gehalten wurden. Es machte sonst ja keinen Sinn, Chavez als einen kindhaften Blödmann darzustellen. Niemand verstünde diese Verklärung eines erwachsenen Politikers. Dies ist eine koloniales Sinnschema.

epikur 24. Januar 2013 um 15:17  

Gute Analyse!

Vor allem werden politische Inhalte von Chavez eigentlich nie vermittelt. In kaum einem Artikel geht es um Inhalte. Die bürgerlichen Medien wollen keine Aufklärung, keine sachliche Darstellung einer möglichen gesellschaftlichen Alternative (die Chavez eindeutig ist!), sondern pure Negativ-Propaganda. Und da sind sie alle gleich: SPON, BILD, TAZ, WELT, SZ und so weiter.

Eso-Policier 24. Januar 2013 um 20:25  

Es ist gut, dass Chávez dem US-Imperialismus einen Riegel vorgeschoben hat. Der Kapitalismus und Multikulturalismus erleben bald einen ähnlichen Zusammenbruch, wie der Kommunismus. Zudem werden der Gottglaube und die orthodoxe Wissenschaft zugunsten der Naturforschung zurückgedrängt. Mehr dazu auf meinem Blog.

Hartmut 24. Januar 2013 um 20:34  

Prima Artikel ! Es war die "Kunst" der Nazis jeden, der nicht zu ihnen gehörte lächerlich zu machen, genau so ist es bei den neolibs; sie ziehen jeden, der für Menschlichkeit, Gerechtigkeit ja, um es mit einem Wort zu sagen, für Humanität eintritt, ins Lächerliche....

Die pol. Gedanken von Hugo Chavez´ sind gut zum Ausdruck, in seiner Rede vor den Vereinten Nationen am 16.09.05, gekommen.
Die Schlußsätze möchte ich hier zitieren:

"Wir werden für Venezuela, für die lateinamerikanische Integration und für die Welt kämpfen. Wir versichern noch einmal unseren unerschütterlichen Glauben an die Menschheit. Es dürstet uns nach Frieden und nach Gerechtigkeit, um als Gattung zu überleben. Simon Bolivar, der Gründungsvater unseres Landes und Führer unserer Revolution, schwor, seine Hände nicht ruhen zu lassen und seiner Seele keine Ruhe zu gönnen, bis unser Land seine Unabhängigkeit erreicht hat. Jetzt dürfen wir unsere Hände nicht ruhen lassen und unserer Seele keine Ruhe gönnen, bis wir die Menschheit gerettet haben."

Wer solche Gedanken äußert, soll ein Tropendiktator sein ?



pillo 24. Januar 2013 um 20:45  

Wer schon einmal in Lateinamerika war (abseits der Touristenghettos), kennt den extrovertierten Kult um Personen, Parteien und vor allem die Religion. Heiligenbildchen, kleine Figuren, Minialtare und Schriftzüge mit "dios" wohin man sieht - ob in Häusern, Wohnungen, Autos oder Geschäften. Das dürfte wohl selbst eingefleischten bayrischen Katholiken zuviel des Guten sein.

Auch hier gilt: "Andere Länder, andere Sitten."
Es können ja nicht alle Völker so bescheuert sein und sich von einer blassen, langweiligen und rhetorisch völlig unbegabten Landpomeranze einlullen lassen.

maguscarolus 26. Januar 2013 um 16:07  

Venezuela. Brasilien etc. das ist unserer Frau Märktel alles nicht neoliberal genug.

In Südamerika geht sie daher am liebsten ins "befreundete" Chile.

http://www.tagesschau.de/ausland/eulateinamerika102.html

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