Flucht- und Rettungswege zu sicher
Montag, 3. August 2015
Letzte Woche meldeten die Rundfunkanstalten, dass Europas Tunnel sicherer geworden seien. Ein Tunneltest habe dies ergeben. Nur beim Eurotunnel hapert es noch. Er ist noch nicht flüchtlingssicher.
Alles intakt bei europäischen Tunnel meldet der ADAC. Vielleicht stimmt das Ranking ja diesmal sogar. Natürlich kann auch die Tunnellobby bei dem Resultat Vorgaben gemacht haben. Aber egal jetzt. Alles ist gut. Beleuchtung und Energieversorgung stimmt. Verkehr und Verkehrsüberwachung waren auch nicht übel. Bei Brandschutz und Lüftung war man auf der sicheren Seite. Dummerweise auch bei Flucht- und Rettungswegen. Die sind in europäischen Unterhöhlungen vom Feinsten. Und genau hier fängt das Problem an. Gute Fluchtwege locken Flüchtlinge an. Wie kürzlich geschehen im Eurotunnel. Da sollen sich Tausende auf den Weg gemacht haben. Deswegen nimmt man jetzt einige Millionen in die Hand, damit man Fluchtwege verstopfen kann.
Da sieht man mal was wir von unserem gut organisierten Kontinent haben. Bauen alles nach Standards und dann müssen wir es revidieren, damit sich nicht Leute in Tunneln tummeln, die man schon überirdisch nirgends haben will. Fluchtwege bei Gefahr im Tunnel im Verzug - ja klar, die schätzen wir Europäer sehr. Wir wollen nicht verrecken in einem engen Schlauch aus Beton. Aber Fluchtwege für Menschen, die sich aus dem Verrecken erlösen wollen: Da hören Sicherheitsstandards aber auf! Da wären zwei Minus in der Tunnelbewertung erwünschter als ein Doppelplus.
Prioritäten haben wir jedenfalls. Fluchtwege haben welche, wenn die Flüchtenden von einer unmittelbaren Gefahr davonrennen. Feuer oder dergleichen. Wenn aber das Feuer nicht zu sehen ist, dann sagen wir »Wirtschaftsflüchtling« zu dem Rennenden und verstopfen die Zuwege.
Es gab Zeiten, da konnten Bauwerke gar nicht sicher genug sein. Man wollte Katastrophen verhindern. Tunnelkatastrophen gehören sicher zu den schlimmsten Szenarien, die sich moderne Menschen vorstellen können. Gefangen im Bauch einer Röhre, die umgeben ist von Stein oder Meer, dazu Hitze, mangelnder Sauerstoff - das ist nicht nur nichts für Leute, die klaustrophobische Ängste haben. Aber europäische Werte wandeln sich derzeit. Man verabschiedet ganze Völker ins Elend und verordnet kürzere Lebenszeiten - und man jammert über Fluchtwege, die so gut sind, dass einfach mal Tausende durch das Tunnelsystem flüchten können. Und da die Flüchtlinge nicht aus dem Bauch einer Röhre fliehen, sondern durch sie hindurch aus dem Gefühl eines leeren Bauches oder anderer Nöte heraus, verstopfen wir die Ausgänge.
Manchmal schreibt das Leben Zufälle. Und da Nachrichten und Schlagzeilen immer auch ein Stück aus dem Leben greifen, sind auch sie vor Zufällen nicht gefeit. Dass diese beiden Nachrichten, die von den guten Tunnel in Europa und die vom Eurotunnel, der Fluchthelfer war, ausgerechnet in einer Woche mit einem zeitlichen Abstand von nur einigen Stunden auftauchen, mag man Zufall nennen. Ich sehe darin ein treffliches Beispiel für die Doppelmoral, in der wir leben. Alles für uns, nichts für die anderen. Uns das Beste, den anderen der Rest - und der ist zu viel. Beide Meldungen nebeneinander offenbaren wie es bestellt ist auf diesem Kontinent, wie es bestellt ist mit der kontinentalen Asylpolitik.
Da sieht man mal was wir von unserem gut organisierten Kontinent haben. Bauen alles nach Standards und dann müssen wir es revidieren, damit sich nicht Leute in Tunneln tummeln, die man schon überirdisch nirgends haben will. Fluchtwege bei Gefahr im Tunnel im Verzug - ja klar, die schätzen wir Europäer sehr. Wir wollen nicht verrecken in einem engen Schlauch aus Beton. Aber Fluchtwege für Menschen, die sich aus dem Verrecken erlösen wollen: Da hören Sicherheitsstandards aber auf! Da wären zwei Minus in der Tunnelbewertung erwünschter als ein Doppelplus.
Prioritäten haben wir jedenfalls. Fluchtwege haben welche, wenn die Flüchtenden von einer unmittelbaren Gefahr davonrennen. Feuer oder dergleichen. Wenn aber das Feuer nicht zu sehen ist, dann sagen wir »Wirtschaftsflüchtling« zu dem Rennenden und verstopfen die Zuwege.
Es gab Zeiten, da konnten Bauwerke gar nicht sicher genug sein. Man wollte Katastrophen verhindern. Tunnelkatastrophen gehören sicher zu den schlimmsten Szenarien, die sich moderne Menschen vorstellen können. Gefangen im Bauch einer Röhre, die umgeben ist von Stein oder Meer, dazu Hitze, mangelnder Sauerstoff - das ist nicht nur nichts für Leute, die klaustrophobische Ängste haben. Aber europäische Werte wandeln sich derzeit. Man verabschiedet ganze Völker ins Elend und verordnet kürzere Lebenszeiten - und man jammert über Fluchtwege, die so gut sind, dass einfach mal Tausende durch das Tunnelsystem flüchten können. Und da die Flüchtlinge nicht aus dem Bauch einer Röhre fliehen, sondern durch sie hindurch aus dem Gefühl eines leeren Bauches oder anderer Nöte heraus, verstopfen wir die Ausgänge.
Manchmal schreibt das Leben Zufälle. Und da Nachrichten und Schlagzeilen immer auch ein Stück aus dem Leben greifen, sind auch sie vor Zufällen nicht gefeit. Dass diese beiden Nachrichten, die von den guten Tunnel in Europa und die vom Eurotunnel, der Fluchthelfer war, ausgerechnet in einer Woche mit einem zeitlichen Abstand von nur einigen Stunden auftauchen, mag man Zufall nennen. Ich sehe darin ein treffliches Beispiel für die Doppelmoral, in der wir leben. Alles für uns, nichts für die anderen. Uns das Beste, den anderen der Rest - und der ist zu viel. Beide Meldungen nebeneinander offenbaren wie es bestellt ist auf diesem Kontinent, wie es bestellt ist mit der kontinentalen Asylpolitik.
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