Mit der Steinschleuder
Dienstag, 6. Dezember 2011
Letzte Woche legte David seine Steinschleuder nur kurz zur Seite. Auch das ist notwendig, man kann nicht fortwährend Steine in Goliaths Gesicht katapultieren. Mal braucht es auch Besinnung und Rückschau. Und David blickte hinter sich, erkannte acht Jahre und sah, dass es gut war.
Man würde ihn fragen, warum er sich täglich diesem sinnlosen Unterfangen widmet, weshalb er sich sein Scheitern nicht eingesteht. Der aussichtslose Kampf gegen die Maschinerie der Propaganda könne doch niemals gewonnen werden.
Ist man das? Ist man gescheitert, wenn man Goliath nicht stürzen, kaum taumeln läßt? Trifft das zu? Der besagte David, der im weltlichen Leben als NachDenkSeiten angesprochen wird, er schleudert ja nicht alleine Steine gegen Riesenköpfe. Man benutze den achtjährigen Geburtstag der NachDenkSeiten daher auch dazu, um an all die anderen Davids zu denken, die meist noch kleiner sind als jener Achtjährige. Alle mit Steinschleudern - manche zielen gut, manche besser. Davids, die im irdischen Dasein als Weblogs oder kritischer Journalismus gerufen werden. Viele Davids mit vielen Steinschleudern, die dem Riesen wenigstens Beulen machen.
Beulen sind kein Scheitern. Einem Goliath die eitle Sonnenscheinmiene, mit der er betrügt und hintergeht, zu ramponieren - das ist kein Scheitern! Es ist auch nicht der große Wurf. Freilich nicht. Muß man daher sein Werk eintstellen, nur weil es nicht vollbracht und abgeschlossen werden kann? Und es ist ja nicht gesagt, dass der Koloss, wenn wir ihn schon nicht in den Staub werfen, sich einfach umdreht und geht - mit hässlichen Beulen und Kratzern im Gesicht, mit einer zerfurchten Fratze überzeugt man die Leute manchmal ein wenig weniger. Dann kleben die Heilslehren des neoliberalen Goliath an ihm fest, können nicht mehr verabreicht werden.
Und falls es doch so kommt, dass er weder stürzt noch geht? Wenn man es schon heute wüsste, dass alles Steinschleudern ohne Resultat bleibt? Aufgeben? Doch war es nicht das Glück des Sisyphos, den Felsen nach oben zu wälzen, ihn zu wälzen, zu wälzen, bis die Schwerkraft ihn zurückholte an den Fuß des Berges, um erneut zu beginnen? Müssen wir uns Sisyphos nicht als glücklichen Menschen vorstellen? Er hatte doch seine Aufgabe gefunden. Die war, wir wissen es seit Camus, sicherlich absurd. Aber sie war deswegen nicht minder Aufgabe - etwas zu Erledigendes. Einer musste eben Felsen wälzen - und das tun die Davids ähnlich. Ihre Felsen sind Steine und sie wälzen nicht, sie schleudern. Kann sein, dass es absurd ist, kann sein, dass man immer neu schleudern muß - aber irgendwer muss es doch tun.
In diesem Sinne, zum achten Jahrestag Gratulation und weiterhin David sein. Und ab und an denkt an die anderen Davids, die so viel kleiner sind wie ihr es seid, liebe NachDenkSeiten...
Man würde ihn fragen, warum er sich täglich diesem sinnlosen Unterfangen widmet, weshalb er sich sein Scheitern nicht eingesteht. Der aussichtslose Kampf gegen die Maschinerie der Propaganda könne doch niemals gewonnen werden.
Ist man das? Ist man gescheitert, wenn man Goliath nicht stürzen, kaum taumeln läßt? Trifft das zu? Der besagte David, der im weltlichen Leben als NachDenkSeiten angesprochen wird, er schleudert ja nicht alleine Steine gegen Riesenköpfe. Man benutze den achtjährigen Geburtstag der NachDenkSeiten daher auch dazu, um an all die anderen Davids zu denken, die meist noch kleiner sind als jener Achtjährige. Alle mit Steinschleudern - manche zielen gut, manche besser. Davids, die im irdischen Dasein als Weblogs oder kritischer Journalismus gerufen werden. Viele Davids mit vielen Steinschleudern, die dem Riesen wenigstens Beulen machen.
Beulen sind kein Scheitern. Einem Goliath die eitle Sonnenscheinmiene, mit der er betrügt und hintergeht, zu ramponieren - das ist kein Scheitern! Es ist auch nicht der große Wurf. Freilich nicht. Muß man daher sein Werk eintstellen, nur weil es nicht vollbracht und abgeschlossen werden kann? Und es ist ja nicht gesagt, dass der Koloss, wenn wir ihn schon nicht in den Staub werfen, sich einfach umdreht und geht - mit hässlichen Beulen und Kratzern im Gesicht, mit einer zerfurchten Fratze überzeugt man die Leute manchmal ein wenig weniger. Dann kleben die Heilslehren des neoliberalen Goliath an ihm fest, können nicht mehr verabreicht werden.
Und falls es doch so kommt, dass er weder stürzt noch geht? Wenn man es schon heute wüsste, dass alles Steinschleudern ohne Resultat bleibt? Aufgeben? Doch war es nicht das Glück des Sisyphos, den Felsen nach oben zu wälzen, ihn zu wälzen, zu wälzen, bis die Schwerkraft ihn zurückholte an den Fuß des Berges, um erneut zu beginnen? Müssen wir uns Sisyphos nicht als glücklichen Menschen vorstellen? Er hatte doch seine Aufgabe gefunden. Die war, wir wissen es seit Camus, sicherlich absurd. Aber sie war deswegen nicht minder Aufgabe - etwas zu Erledigendes. Einer musste eben Felsen wälzen - und das tun die Davids ähnlich. Ihre Felsen sind Steine und sie wälzen nicht, sie schleudern. Kann sein, dass es absurd ist, kann sein, dass man immer neu schleudern muß - aber irgendwer muss es doch tun.
In diesem Sinne, zum achten Jahrestag Gratulation und weiterhin David sein. Und ab und an denkt an die anderen Davids, die so viel kleiner sind wie ihr es seid, liebe NachDenkSeiten...
8 Kommentare:
Wir könne sie nicht zwingen, die Wahrheit zu schreiben, wir könne sie aber zwingen, immer unverschämter zu lügen.
Ich denke, es ist gar nicht so wichtig (und vor allem außerhalb der Kontrolle der Davids), ob der Gogliat fällt. Wichtig ist, dass man seine Integrität wahrt und, so gut es eben geht, die Wahrheit sagt. Dass man sich einen klaren Blick bewahrt auf die Dinge. Das ist meiner festen Überzeugung nach ein glückliches Leben, ein authentisches, und ein mutiges dazu.
Und die Lügner, die Gogliats? Sie mögen vieles sein! Vermögend (reich sind nur die wenigesten), mächtig, raffiniert! Aber glücklich? Das kann ich auch mit viel gutem Willen in kaum einer seiner Fratzen erkennen.
Ich bin dankbar für jeden David! Denn ohne Davids wäre auch die Hoffnung tot. Und je mehr Davids es werden, je mehr auch vielleicht auch etwas feige Lese wie ich sehen - ich bin nicht allein in meiner Meinung, es gibt mutige, wortgewaltige Stimmen, klare, mitfühlende Menschen, die Farbe bekennen - umso besser. Und umso leichter wird es auch für mich, in meinem Rahmen mich mehr zu trauen.
Danke Roberto! Danke Nachdenkseiten!
Während die Wahrheit sich noch die Schuhe zuschnürt, ist die Lüge bereits drei Mal um die Welt gerannt.
Seit ca. 2 Jahren lese ich die Nachdenkseiten. - Sie sind für mich eine wichtige Informationsquelle.
Die Gründungsautoren haben die pol. und wirtsch. Entwicklung selbst erlebt. Ihre konstruktiv,kritischen Berichte sind für meine Vorstellungen das, was ich als wesentliche Handlungsweise in einem demokratischen Staatswesen ansehe.
- Sozialkritisches Denken vorzuleben und anzuregen. Das gleiche gilt natürlich auch für alle anderen Autoren.
Zum 8 jährigen Bestehen und hoffentlich noch für lange Zeit möchte ich mich den Gratulanten für diesen David anschließen.
Gruß
Hartmut
die nachdenkseiten könnten sich besser mit bloggs vernetzen. trotzdem wünsche ich schönen geburtstag.
Sehr geehrter Herr Lapuente,
auch ich schleudere Steine in Richtung dieser unangreifbaren Goliaths.
Musikalische Steine.
Und wenn auch meine Steine vorerst unbemerkt abprallen, so fallen sie doch zumindest anderen potentiellen Davids vor die Füße, die sie erneut in ihre Schleudern spannen können.
Die Steine der Nachdenkseiten und Ihre Steine sind die Munition, mit denen ich meine Songs lade und die mir immer wieder die nötige Wut geben, neue Songs zu schreiben.
Einen Mißerfolg kann auch ich nicht erkennen.
Ist es nicht ein Erfolg von NDS&Co, dass mittlerweile auch in den so genannten "Qualitätsmedien" mehr und mehr kritische Journalisten zu Worte kommen?
z.B. so was:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/politik-und-finanz-was-sind-schulden-11548820.html
Die guten Blogs, die Davids, die ihre kleinen Steinwahrheiten den lügenden Goliaths entgegen schleudern, müssen weiter machen, und den Kampf nie aufgeben.
Das Schwingen der mit Wahrheitskörnchen gefüllten Schleuder muss fortgeführt werden.
Als in Frankreich geborener, und dort aufgewachsener Mensch kommt mir beim Lesen vieler gutrecherchierter Blogs immer wieder der Gedanke, dass diese Blogs (mit einer sinnvoll eingerichteten Blogroll) in unserer heutigen Zeit eigentlich eine ähnliche Funktion wie die "Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers" übernehmen.
Die Encyclopédie von Denis Diderot hat das Wissen, und die neuen Überlegungen seiner Epoche ( 18.Jahrhundert) aufgenommen, und gebündelt. Verbreitet wurde sie europaweit. Diderot hatte oft Zweifel, ob diese Encyclopédie einen Sinn hatte, außer Vehikel für vieler seiner Ideen , und eine gute Einnahmequelle zu sein.
Und doch war dieses Werk, mitunter der Treibsatz, der zum Niedergang des Absolutismus und zur Gewaltenteilung im Staat führte.
Diderot selbst erlebte die Auswirkungen seines Werks nicht mehr, er verstarb 1784. Fünf Jahre später erhob sich das französische Volk, und fegte die absolutistische Monarchie weg.
Die heutigen Blogger, die Qualitätsblogger, zu denen ich dich auch zähle, veröffentlichen immer wieder, fast täglich, Texte , die den Errungenschaften der Aufklärung, des Humanismus Geltung verschaffen.
Aus der Häufung dieser sehr gut recherchierten und wohlbedachten Blogveröffentlichungen hoffe ich, dass der Treibsatz entstehen wird, der diese zu tiefst unmenschliche Ideologie, den Neoliberalismus, in den Orkus der Geschichte verschwinden lassen wird.
Joyeux anniversaire Nachdenseiten, und allen engagierten Bloggern ein "weiter so".
Anhänger des 04.08.1789
Kommentar veröffentlichen