Ein Antifaschismus für Hemden, Blusen und Waschmittel
Montag, 3. November 2014
Der bundesrepublikanische Antifaschismus ist nur eine dünne Lackschicht. Nur oberflächlich aufgepinselt, nicht verinnerlicht. Das konnte man zuletzt bei der Reaktion des ZDF sehen. Was da letzte Woche geschah, ist ein recht gutes Beispiel für die allgemeine Haltung zum geschichtlichen Erbe.
Das »Morgenmagazin« entschuldigte sich via Facebook bei seinen Zuschauern. Der Moderator habe nicht mit einem braunen Hemd einen Bericht zu den »Hooligan-Krawallen« angesagt. Es war olivgrün, sehe aber im Fernsehen dummerweise braun aus. Das sei nicht beabsichtigt gewesen. »Wir entschuldigen uns für den entstandenen Eindruck.« Kein Braunhemd also, dass da einen Beitrag anmoderiert. Einfach nur modischer Fehlgriff. Das kann passieren. Deshalb muss man dem ZDF keinen Vorwurf machen. Aber es scheint Zuschauer in diesem Land zu geben, die ein braunes Hemd mit einem Braunhemd verwechseln und es für eine unterschwellige Botschaft halten, wenn jemand in einem braunen Hemd Berichte über Nazi-Aufmärsche ansagt, die noch nicht mal als solche bezeichnet werden. Und vor diesen »Wächtern des Antifaschismus« hat das Zweite Angst, womit wir beim vorauseilendem Gehorsam wären.
Seltsam ist, dass sich dieser Fernsehsender nie dafür entschuldigt hat, dass ein Alpenrocker, der völkische Texte verbreitet, homophob und gegen die Gleichstellung der Geschlechter ist und überdies auf einem seiner Cover als fleischgewordenes Hakenkreuz zu sehen ist, von den Gebühren der Leute als Dauergast in diversen ZDF-Shows firmiert. Auch komisch, dass man kein Wort der Einsicht vernahm, als die »Tagesthemen« falsche Meldungen zur Ukraine verbreiteten. Sie nannten faschistische Gruppen einfach eine »demokratische Bewegung« und bauten Oligarchen und ihre faschistoiden Methoden zu neuen Hoffnungsträgern auf. Und aktuell nennt man Neonazis Hooligans und keiner kommt um die Ecke und sagt: »Wir entschuldigen uns für den falsch entstandenen Eindruck.«
Es ist alles so schrecklich oberflächlich. Diese Gesellschaft regt sich über Nichtigkeiten auf, die man zu braunen Welteroberungsversuchen verklärt. Braune Hemden, eine 88 auf einer Ariel-Verpackung, angebliche Runen auf Blusen, lauter so blühender Unsinn. Und dann ziehen alle den Schwanz ein, weil sie Angst um ihr Image haben. Man kann zwar die faschistischen Freunde des Westens nachrichtlich leugnen, aber ein braunes Hemd geht auf keinen Fall. Man kann ohne Imageschaden Kinderarbeit ausbeuten, Rohstoffe plündern und mit Militärdiktaturen paktieren, so wie Procter & Gamble, dem Hersteller von Ariel, aber eine 88, diesen Code für Neonazis, der den achten Buchstaben des Alphabets andeuten soll, und den die Mehrheit der Menschen gar nicht kennt, führt zur großen Imagekampagne und zu Entschuldigungen. Eine Bluse mit kleinen Zeichen, die wie eine SS-Rune aussehen, ruft den »Antifaschismus« auf den Plan. Aber die Herstellung der Bluse unter Bedingungen, die einem faschistischen Lager entsprechen, kümmert uns schon wieder weniger.
Dieser symbolhafte Antifaschismus, der Hemden, Blusen und Waschmittel-Packungen entschuldigt, aber ansonsten eine flexible Größe bleibt, die ganz nach Lust, Laune und ökonomischen Notwendigkeiten formbar ist, soll die Lehre aus der Geschichte sein? Oder ist es die Leere der Geschichte, die etwas entstehen lässt, das sich Antifaschismus ruft, aber nicht mehr als oberflächliche Aufgebrachtheit ist? Wir sind als Gesellschaft in Feierstunden so stolz auf dieses »Nie wieder!«, aber werktags erschöpft sich dieser Leitgedanke in der Jagd auf Hemden, Blusen und Waschmittel. Und auf der anderen Seite entschuldigen sich dann natürlich auch welche für ihre Hemden, ihre Blusen und ihre Waschmittel. Die Kommunikation dieses kleinbürgerlichen Antifaschismus klappt blendend. Die einen rufen »Das sieht aus wie Faschismus!«, die anderen rufen »Entschuldigung! Falscher Eindruck!« zurück. Profunder wird es allerdings nicht. Dass es sich nämlich nach faschistischen Mitteln anfühle und nicht nur so aussehe, weil auf Ariel nicht nur 88 steht, sondern auch Kinderarbeit stecke, hört man dann schon nicht mehr. Dergleichen rufen vielleicht die Linken. Aber das sind ja eh nur Spinner.
Antifaschismus sollte ja eigentlich auch immer ein Gestaltungsauftrag sein. Was da so aussieht, als sei es das Resultat von historischer Sensibilisierung, dürfte aber das glatte Gegenteil dessen sein. Dieser optische Antifaschismus, der sich am Design und am Outfit aufgeilt, ist ein Surrogat. Der Ersatz dafür, dass man den inhaltlichen Rechtsruck schon lange akzeptiert hat. Heute ist diese Haltung gegen den Faschismus wie alles nur noch äußerliche Empörungskultur. Kurz angebunden. Schnelllebig. Ohne Tiefgang. Das ZDF könnte sich tatsächlich für viel entschuldigen. Es hat Sarrazin hofiert, hat in »Aktenzeichen XY« Dönermorde aufklären wollen, gibt rechten Trommlern immer wieder Sendezeit. Man nahm es hin. Kaum Anklagen, keine vorauseilenden Entschuldigungen. Das Hemd dieses Moderators ist allerdings unser kleinstes Problem.
Das »Morgenmagazin« entschuldigte sich via Facebook bei seinen Zuschauern. Der Moderator habe nicht mit einem braunen Hemd einen Bericht zu den »Hooligan-Krawallen« angesagt. Es war olivgrün, sehe aber im Fernsehen dummerweise braun aus. Das sei nicht beabsichtigt gewesen. »Wir entschuldigen uns für den entstandenen Eindruck.« Kein Braunhemd also, dass da einen Beitrag anmoderiert. Einfach nur modischer Fehlgriff. Das kann passieren. Deshalb muss man dem ZDF keinen Vorwurf machen. Aber es scheint Zuschauer in diesem Land zu geben, die ein braunes Hemd mit einem Braunhemd verwechseln und es für eine unterschwellige Botschaft halten, wenn jemand in einem braunen Hemd Berichte über Nazi-Aufmärsche ansagt, die noch nicht mal als solche bezeichnet werden. Und vor diesen »Wächtern des Antifaschismus« hat das Zweite Angst, womit wir beim vorauseilendem Gehorsam wären.
Seltsam ist, dass sich dieser Fernsehsender nie dafür entschuldigt hat, dass ein Alpenrocker, der völkische Texte verbreitet, homophob und gegen die Gleichstellung der Geschlechter ist und überdies auf einem seiner Cover als fleischgewordenes Hakenkreuz zu sehen ist, von den Gebühren der Leute als Dauergast in diversen ZDF-Shows firmiert. Auch komisch, dass man kein Wort der Einsicht vernahm, als die »Tagesthemen« falsche Meldungen zur Ukraine verbreiteten. Sie nannten faschistische Gruppen einfach eine »demokratische Bewegung« und bauten Oligarchen und ihre faschistoiden Methoden zu neuen Hoffnungsträgern auf. Und aktuell nennt man Neonazis Hooligans und keiner kommt um die Ecke und sagt: »Wir entschuldigen uns für den falsch entstandenen Eindruck.«
Es ist alles so schrecklich oberflächlich. Diese Gesellschaft regt sich über Nichtigkeiten auf, die man zu braunen Welteroberungsversuchen verklärt. Braune Hemden, eine 88 auf einer Ariel-Verpackung, angebliche Runen auf Blusen, lauter so blühender Unsinn. Und dann ziehen alle den Schwanz ein, weil sie Angst um ihr Image haben. Man kann zwar die faschistischen Freunde des Westens nachrichtlich leugnen, aber ein braunes Hemd geht auf keinen Fall. Man kann ohne Imageschaden Kinderarbeit ausbeuten, Rohstoffe plündern und mit Militärdiktaturen paktieren, so wie Procter & Gamble, dem Hersteller von Ariel, aber eine 88, diesen Code für Neonazis, der den achten Buchstaben des Alphabets andeuten soll, und den die Mehrheit der Menschen gar nicht kennt, führt zur großen Imagekampagne und zu Entschuldigungen. Eine Bluse mit kleinen Zeichen, die wie eine SS-Rune aussehen, ruft den »Antifaschismus« auf den Plan. Aber die Herstellung der Bluse unter Bedingungen, die einem faschistischen Lager entsprechen, kümmert uns schon wieder weniger.
Dieser symbolhafte Antifaschismus, der Hemden, Blusen und Waschmittel-Packungen entschuldigt, aber ansonsten eine flexible Größe bleibt, die ganz nach Lust, Laune und ökonomischen Notwendigkeiten formbar ist, soll die Lehre aus der Geschichte sein? Oder ist es die Leere der Geschichte, die etwas entstehen lässt, das sich Antifaschismus ruft, aber nicht mehr als oberflächliche Aufgebrachtheit ist? Wir sind als Gesellschaft in Feierstunden so stolz auf dieses »Nie wieder!«, aber werktags erschöpft sich dieser Leitgedanke in der Jagd auf Hemden, Blusen und Waschmittel. Und auf der anderen Seite entschuldigen sich dann natürlich auch welche für ihre Hemden, ihre Blusen und ihre Waschmittel. Die Kommunikation dieses kleinbürgerlichen Antifaschismus klappt blendend. Die einen rufen »Das sieht aus wie Faschismus!«, die anderen rufen »Entschuldigung! Falscher Eindruck!« zurück. Profunder wird es allerdings nicht. Dass es sich nämlich nach faschistischen Mitteln anfühle und nicht nur so aussehe, weil auf Ariel nicht nur 88 steht, sondern auch Kinderarbeit stecke, hört man dann schon nicht mehr. Dergleichen rufen vielleicht die Linken. Aber das sind ja eh nur Spinner.
Antifaschismus sollte ja eigentlich auch immer ein Gestaltungsauftrag sein. Was da so aussieht, als sei es das Resultat von historischer Sensibilisierung, dürfte aber das glatte Gegenteil dessen sein. Dieser optische Antifaschismus, der sich am Design und am Outfit aufgeilt, ist ein Surrogat. Der Ersatz dafür, dass man den inhaltlichen Rechtsruck schon lange akzeptiert hat. Heute ist diese Haltung gegen den Faschismus wie alles nur noch äußerliche Empörungskultur. Kurz angebunden. Schnelllebig. Ohne Tiefgang. Das ZDF könnte sich tatsächlich für viel entschuldigen. Es hat Sarrazin hofiert, hat in »Aktenzeichen XY« Dönermorde aufklären wollen, gibt rechten Trommlern immer wieder Sendezeit. Man nahm es hin. Kaum Anklagen, keine vorauseilenden Entschuldigungen. Das Hemd dieses Moderators ist allerdings unser kleinstes Problem.
5 Kommentare:
Da hätte ich gleich noch weitere Vorschläge für diese Empörungskasper:
18 = Adolf Hitler
(das wars mit euren Geburtstagsfeiern zur Volljährigkeit, ha)
87 = Herman Göring
19 = Albert Speer
(erster Geburtstag nach der Volljährigkeit is auch versaut)
107 = Joseph Geobbels
188 = Rudolf Heß
1013 = Josef Mengele
etc. pp.
Da können wir ja froh sein das wir mehr Zahlen als braune Ärsche haben.
Falls sich jemand dafür interessiert welche NSDAP-Funktionäre nicht gehängt wurden,
hier ne Liste was einige dieser echten "Braunhemden" nach dem Krieg so gemacht haben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%A4tig_waren
die Leute leiben das "Rumdoktorn" an Symptomen, da man dabei die Ursachen trefflich ignorieren kann. Und ja, Europa war schon immer genauso oberflächlich, wie es den Amis immer vorgeworfen wurde und auf den ersten 150 Seiten bei B.E. Ellis American Psycho trefflich dokumentiert ist. Daran wird sich allerdings auch nichts ändern lassen.
Ist es denn nicht eher so, dass alles, was für eine Öffentlichkeit zelebriert wird, nur seicht und oberflächlich gehalten wird, weil es gar nicht zum Nachdenken führen soll, weil gar keine Ursachen oder Zusammenhänge klar werden sollen?
Die Millionen kleiner Faschisten ohne jede Spur von Selbsterkenntnis oder Schuldbewusstsein werden noch gebraucht!
Eine trefflich aufklärerischer Titel de Lapuentes , dem eines BRD-
"Antifaschismus für Hemden,Blusen und Waschmittel". Er deckt die darunter oder auch nebenher praktizierte, nie erloschene, im Wachsen begriffene, immer braunere, modernere, schlau drapierte F a s c h i s m u s t e n d e n z auf.(Faschistoid-ismus paßte auch, ist aber blöd zu sprechen). Noch ein paar Vertiefungen- zunächst zum Unterschied von traditionalem, zurückgebliebenen neuem Faschismus u n d einer in den BRD-Politik virulenter Faschisierungs t e n d e n z, auf die de Lapuente m.E. richtig abhebt.
.
T r a d i t i o n a l e r Faschismus das ist –ohne Anspruch auf Vollständigkeit- der plump nationalistische – primitiv a n t i s e m i t i s c h e, r a s s i s t i s c h e, Herrenmenschenhafte,- ohne moralische Skrupel, zu jedem Mord bereite, letztlich Eliten- und hierarchieorientierte , blind prokapitalistische, tief antidemokratische l i n k e n h a s s e r i s c h e NSU-Faschismus-
Darunter grassiert –und darauf hebt m.E. de Lapuente mit Recht ab-, schon seit 45 eine m o d e r n i s i e r t e, US-gefällig d r a p i e r t e &verkaufte BRD-Faschismus t e n d e n z . Da gibt es verschiedene Grade, die man faschistoid nennen kann- also noch ohne ausgearbeitete, bewusste ganzheitliche verschriftlichte Programmatik. Sie wird im Unterschied zum NSU-Faschismus demokratisch maskiert, ist meist –mit ein paar vordergründig antikapitalistischen Lippenbekenntnissen - blind prokapitalistisch,-Immer –wie dürftig verschleiert fanatischer Haß auf alles Linke, keimhaft Sozialistische. Tendenziell Herrenrassen- und Elitenidentifiziert (immer schlau unter scheinbarer hemdsärmeliger Kumpanei mit dem Stammtisch verborgen), meist herrenmenschlich -auch das heute erst mal geschickt verborgen, streng hierarchisch, oft extrem nationalistisch,m.o.m r a s s i s t i s c –aber- US-gefällig, blind prorechtszionistisch,- für den alten Antisemitismus gibt’s dann genug Äquivalente bei den systemimmanenten FaschismustendenzlerInnen.
Die sind m. verschleiert im Kern gegen alles Linke, linke Intelligenz inbegriffen. Gegenüber den Armen und den „Überflüssig“ gemachten Menschen der 3.Welt-vor allem Afrikas, vertreten EU-Eliten einen sorgfältig „humanitär“verhüllten Herrenmenschenstandpunkt, siehe Brutalität von Frontex im Mittelmeer.etc. einen modernen
zynischen Malthusianismus ,
Diese schizophren anmutende Einheit von „Antifaschismus“ und latenter Faschismus t e n d e n z kann man exemplarisch am Bundes- Gauckler studieren. Verbal gegen den primitiven NSU-Faschismus wetternd, reist er BRD-Elitenbeflissen ins neokoloniale rechtszionist. Israel, ohne ein Wort über die von diesem praktizierte Unmenschlichkeit gegen die Palästinenser zu thematisieren.
Signifikant seine Auswahl für Nazi-Massaker-Gedenken - er reist nach Griechenland mit Trauermiene ., aber erwähnt nicht einmal die zahllosen ähnlichen Massaker von Nazis in Rußland . geschweige reist er dorthin
Allgemein ist die BRD-Faschismus t e n d e n z auch erkennbar gerade im gegenwärtigen BRD-Politikaster- und Medien-Aufheulen über das russische Stoppen der Nato-Expansion in Richtung Rußland., in ihrem raffinierten Umdeklarieren erkennbarer Ukraine-Traditionsfaschisten (Swoboda ) etc..
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Das antirussische Propagandafeuer von Nato- & BRD-Machteliten schließlich zeigt, wie sie aus einem "Antifaschismus für Hemden, Blusen und Waschmittel" flugs eine schon längst geförderte -halbwegs noch latente-Faschismus t e n d e n z in einen als Demokatismus und Humanismus Neon-verbrämten de-facto-Neofaschismus zu verwandeln gedenken.,.
Du bringst es auf den Punk.
Hier ein ähnlicher Fall: http://www.blogrebellen.de/2014/11/06/die-sparkasse-macht-dann-mal-das-mit-den-fahnen/ Warum meinen die Leute sowas gleich per Social Media verbreiten zu müssen, statt mal kurz zu überlegen und es dann einfach sein zu lassen.
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