Weihnachtsgeschichte, chemisch gereinigt

Mittwoch, 23. Dezember 2015

»Meister, da steht ein Mann mit einem Esel und einer Frau auf dessen Rücken, vor der Türe. Sie bitten um Einlass.«
   »Was sind das für Leute? Woher kommen Sie? Und sag mir, Schmul, wie sehen sie aus?«
   Schmul überlegte kurz und betrachtete dabei seinen Herrn. Sein unförmiger Körper lag auf dem Bett und bewegte sich kaum.
   »Es ist ein Galiläer mit seinem Weib. Meister, sie sehen aus, wie Menschen aussehen, wenn sie lange unterwegs sind.«
   »Ein galiläischer Eseltreiber also. Was klopft der an unsere Türe? Haben wir was zu verschenken? Ich kenne dieses Pack. Will Obdach für die Nacht und hat kein Geld dafür. Am Ende muss man froh sein, wenn sie nicht die Waschschüssel gestohlen haben.«
   Beide schwiegen.
   »Nun geh und frag den Mann, ob er schon Arbeit in unserem Land in Aussicht hat.«

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Ohne Zukunft

Dienstag, 22. Dezember 2015

Wieder ist ein Jahr vorbei. Privat war es für mich ein schwieriges Jahr - mit ausgesprochen gutem Ende. »You're riding high in April / Shot down in May / But I know I'm gonna change that tune / When I'm back on top, back on top in June.« So ist das Leben. Doch mir schwant Böses, wenn ich auf 2016 blicke. Ob wir da »back on top in June« sein werden? Schon dieses Jahr hat eine Dynamik angenommen, die uns Sorgen bereitet hat. Wir befinden uns in einer Eskalationsspirale. Die Positionen und Fronten verhärten sich. Es gleitet ab. Gibt Rückfälle in die Archaik vergangener Generationen, Anti-Aufklärung, Verschwörung als Leitansatz neuer politischer Bewegungen und Hate Speech als Einstieg in politisches Interesse. Kurzum, die Zukunft ist ungewisser denn je.

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... wenn man trotzdem lacht

Montag, 21. Dezember 2015

»Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.«

Leben in vollen Zügen

Freitag, 18. Dezember 2015

Schon wieder früh aufstehen; schon wieder dringlich zum Bahnhof. Ein Regionalexpress wartet dort auf mich. Die Linie 11 oder 21 der Straßenbahn führt mich hin. Einsteigen, sich hineindrängen, einen Stehplatz ergattern und verteidigen. Im Minutentakt rollen sie an, verladen uns Menschen, karren uns zum nächsten Punkt, der überregionale Mobilität garantiert. Der Express harrt dort seiner Dinge. Wenn er nicht zu spät ist. Falls doch, eine Regionalbahn folgt sogleich. Wenn die nicht zu spät ist. Der Express ist es aber nicht. Pünktlichkeit kann vorkommen. Ich betrete den Bahnhof von der einen Seite und zeitgleich rollt von der anderen Seite der Zug ein. Auf Bahnsteig 11. Wie gehabt. Die Bremsen pfeifen, die Türen poltern auf und Menschen aus der Provinz ergießen sich in die Adern der Metropole. Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Seelen. Sie umklammern Kaffeebecher. Mobiltelefone. Zeitungen. Im Zug gibt es wenigstens Sitzplätze. Nicht viele kehren der Metropole am Morgen den Rücken zu. Erst nachmittags und abends tun sie dies. Ich tue es dem entgegen.

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Thorsten, Xavier und die rechten Leute von links

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Dieses Deutschland gibt es eigentlich gar nicht. Sagen die Reichsdeutschen. Sie führen sich damit als »nicht staatstragend« auf. Die Linken mögen das Staatstragende gemeinhin auch nicht. Dieser gemeinsame Aspekt macht Linke anfällig fürs Rechte.

Kürzlich habe ich jemanden kennengelernt. Er heißt Thorsten, ist über Fünfzig und er wirkte sofort sympathisch. Es scheint, er ist ein Gute-Laune-Mensch selbst dann, wenn es keinen Grund dafür gibt. Wir fanden so ein bisschen ins Gespräch. Manchmal bestätigen sich Klischees, dachte ich mir nach einer Weile. Langer Bart und Pferdeschwanz waren also doch ein Beleg dafür, dass da eher »was Linkes« in ihm schlummerte. Wir philosophierten über Flüchtlingspolitik und darüber, wie der Westen durch seine globale Agenda nun mit Terror und Asylsuchenden konfrontiert würde. Er sagte, das sei die Saat, die wir selbst in den Boden gelegt hätten. Schlimm fand er außerdem die Hetze gegen Flüchtlinge und Ausländer ganz generell. Er habe nie Probleme mit Menschen aus anderen Ländern gehabt. Ich fand Thorsten angenehm. Für jemanden von hier, von der Bergstraße, in der der rechte Wahn quasi traditionell steppt (man denke nur an Weinheim, die NPD-Hochburg), hatte er absolut progressive und liberale Ansichten. An dieser Stelle hätten wir das Gespräch beenden sollen. Haben wir aber nicht. Er schob nach: »Die Flüchtlinge haben wir den Amis zu verdanken, sie wollen uns schwächen.« Und dann empfahl er mir eine Website.

Der Griff nach der Weltherrschaft für Dummies

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Mark Smith behauptet in seinem Buch »Boko Haram«, dass die Zustände in Nordnigeria einer Zeitbombe gleichkommen. Armut und Unbildung seien die Skills, die einen zu einem Kämpfer für diese Rotten werden lassen. Der Islam spiele dabei eher eine untergeordnete Rolle. Er nennt Boko Haram eine Rebellion gegen eine Politik, die Armut fabriziere. Weitestgehend dürfte diese Einschätzung auch für die Anhänger des IS-Kalifats gelten. Wenn man nichts hat und verbittert, wenn einem Schulbildung fehlt und Perspektiven fehlen, dann sind die einfachen Parolen und die Macht, die aus Heckler & Koch-Gewehren schmaucht, durchaus eine Option seinem Leben eine gewisse Stringenz zu verpassen. Hass ist ein Ventil und Religion kann der Überbau dazu sein. Wenn wir uns mal ansehen, was im waffenfreieren Raum Europa an Hass aufdampft, wenn man die Kommentare in Netzwerken liest, die so von kruder Konklusion und haarsträubender Rechtschreibung strotzen, dann weiß man: Da tobt sich die Unbildung aus. Und Armut dürfte bei vielen auch mitspielen.

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Zu Ohren gekommen

Dienstag, 15. Dezember 2015

Sie nennen es nicht »Krieg«. Das ist wohlbekannt. Sie nannten den Einsatz in Afghanistan auch nicht so. Erst ganz spät, als allen klar war, dass die Bundeswehr dort mordete, Zivilisten und Soldaten starben, da hat man zögerlich damit angefangen, die Ereignisse beim Namen zu nennen. Da wusste alle Welt aber schon, dass es ein Krieg war und die ministerialen Feldherrn der Regierung kamen wieder mal zu spät. Wielange es diesmal dauert, bis sie das K-Wort in den Mund nehmen, weiß man nicht. Natürlich umschiffen sie es. Denn mit Worten beginnt die Realität und was nicht gesagt wird, wird nicht bewusst. Man kann Worte verdrängen, um die unbequeme Wahrheit eine Weile zu verdrängen.

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Der Antifaschismus, der bloß einer ist, weil er seine Ruhe will

Montag, 14. Dezember 2015

Das Hannoveraner Hotel, das der Alternative für Deutschland neulich die Zimmer stornierte, erhielt Anerkennung und Likes. Ist ja auch nachvollziehbar, denn das Hotel hat damit einer Veranstaltung dieses rechtspopulistischen Vereins in seinem Räumlichkeiten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Einige Tage später las man, dass die AfD gar nicht das Geld hat, um Rechnungen zu begleichen. Glück gehabt, wieder einen Zechpreller vereitelt! Aber um bei der Sache zu bleiben: Anerkennung und Likes muss es für Zivilcourage schon geben. Sie kommt doch so selten vor. Und es ist wahrlich eine gute Entscheidung der Hotelführung gewesen. Trotzdem darf man das Handeln von Unternehmen nicht überhöhen. Es ist mitnichten »antifaschistisches Gedankengut«, das sie zu solchen Entscheidungen treibt. Die Gründe sind doch oft viel profaner. Moral erlaubt der Markt ja auch gar nicht, denn cancelt ein Hotel die Zimmer, stehen schon drei andere in der Warteschleife, die gerne solche Funktionäre bewirten.

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Aufstieg in die deutsche Schicksalsgemeinschaft

Freitag, 11. Dezember 2015

In der Straßenbahn hört man viele Geschichten. Und viele Ansichten. Ich belauschte neulich eine alte Spanierin, die mit einer jungen Spanierin schwatzte. Sie seien früher anständig gewesen, als sie nach Deutschland kamen, hätten sich angepasst. Die Flüchtlinge, die sie »bichos« nannte, was in etwa »Vieh« oder aber »kleine Plagen« heißt, hätten davon keine Ahnung. Es ende in einer Katastrophe, wenn man so viele »bichos« ins Land lasse. Dann war da noch eine Frau, die gebrochen Deutsch sprach. Die Straßenbahn bremste scharf, jemand war auf die Gleise gelaufen. Zwei Fahrgäste fielen hin. Und die Frau fing zu schimpfen an. Es seien immer die ausländischen Zugführer, die so einen schlechten Fahrstil hätten. Deutsche Fahrer nicht. Die Türken seien die schlimmsten. Einige widersprachen ihr. Ein junger Kerl sagte, sie solle ihr Maul halten. Immerhin. Dann noch das: Ein Türke und einer, der wohl aus dem ehemaligen Jugoslawien war, unterhielten sich über Syrer und Araber. Schlechte Menschen, brutale Gemüter seien das. »Wolle nix Arbeit«, sagte der eine. »Wasche sich nix, Kurac«, sagte der andere.

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Lieber angemessene Steuersätze als angebliche Geschenke

Donnerstag, 10. Dezember 2015

Wieder mal eine Berühmtheit, die in Aussicht stellt, einen Teil des persönlichen Vermögens abzutreten. Und wieder mal Medien, die in der Mehrzahl so tun, als sei dieses »Versprechen« ein Gnadenakt. Was uns fehlt ist Steuerdisziplin und kritischer Medienverstand.

Was war das mediale Stimmengewirr letzte Woche aus dem Häuschen. Der Zuckerberg wollte angeblich seinen Reichtum aufgeben. Nun gut, nicht ganz, aber einen Großteil seiner Milliarden wollte er wohl spenden. Im hessischen Radio bemühten sie einen Mediziner und spürten der Frage nach, ob denn die Geburt eines Kindes, wie bei den Zuckerbergs geschehen, einen positiven Einfluss auf die Spendenbereitschaft habe. Der Mediziner bejahte und brachte mal wieder das fabelhafte Hormon Oxytocin ins Spiel. Das zählen sie immer auf, wenn sie rational nicht weiterkommen im Qualitätsjournalismus. Es ist quasi die hormonelle Generalvollmacht zur Erklärung in menschelnden Fragen. Die Moderatorin war voll in ihrem Element und sagte »Ah« und »Oh« - und ich fluchte indes, denn die brachten »Kuschelhormon« und Zuckerbergs geplante Stiftung in einem Satz unter und verdrängten ganz galant, dass Stiftung immer auch bedeutet, seinen Reichtum nicht durch Steuerzugriff stiften gehen zu lassen. Zuckerberg ist nicht der frischgebackene Vater mit hormoneller Spendierhose, sondern Geschäftsmann, der die Kontrolle über sein Geld nicht einfach abtritt. Doch die redeten über Oxytocin und nannten das Information, während die »Giving Pledge«-Bande sich aufmacht, die gesellschaftlichen Gestaltungsrahmen an sich zu reißen.

Der Rechtsruck und seine tiefe Sinnkrise

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Der New Conservatism ist in der westlichen Welt im politischen Aufschwung. In Europa gewinnt er Wahlen oder rückt als neue Kraft (in Form von »patriotischen Alternativen«) in die Parlamente ein. In Südamerika stellt er wieder Regierungsoberhäupter und in den Vereinigten Staaten schickt er populistische Hardliner ins Präsidentschaftsrennen. Der Rechtsruck ist spürbar. Und doch steckt der New Conservatism in einer herben Sinnkrise, was sich an Personal und Gefolgschaft deutlich ablesen lässt. War er in den angelsächsischen Achtzigern und Neunzigern (und mit einiger Verspätung auch in den Zehnern des 21. Jahrhunderts in Mitteleuropa) noch am neoliberalen Glaubensbekenntnis ausgerichtet, so fehlt ihm heute Orientierung und Sinnstiftung. Er wird von einer geschmacklosen Bewegung des modernen Konservatismus zu einem esoterischen Zirkel und einer Teepause für Leute mit verschwörungstheoretischer Konditionierung. Der New Conservatism ist in dieser neuen Form gefährlicher denn je.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 8. Dezember 2015

»Gerade die Betonung des Gebotes: Du sollst nicht töten, macht uns sicher, daß wir von einer unendlich langen Generationsreihe von Mördern abstammen, denen die Mordlust, die vielleicht noch uns selbst, im Blute lag.«

Frontschweine wie wir

Montag, 7. Dezember 2015

Man ist doch ein klein wenig bescheidener geworden. Jetzt liegt der Verteidigungswall der deutschen Interessensgrenze nicht mehr, wie noch vor etwas mehr als einem Jahrzehnt, am fernen Hindukusch, jetzt liegt er gewissermaßen direkt an der europäischen Peripherie. In Syrien. Und die Bundeswehr ist verfassungsgemäß als Verteidigungsarmee mit dabei. Sie verteidigt dort nicht weniger als unsere Freiheit, unsere Art zu leben. Sie ist dort auch für mich unterwegs – so jedenfalls sagen es die Befürworter des Einsatzes, wenn man die uniformierten Damen und Herren nicht mit einem solidarischen »Hurra!« verabschiedet. Sie bringen damit die Undankbarkeit ins Spiel und wollen so die Kriegsgegner diskreditieren. Denn da schickt man extra Personal nach Syrien, damit wir leben können wie immer sie es von uns wollen, und dann sind wir nicht mal mit dem Herzen dabei. Für die Falken ist das selbstverständlich eine Schande. Also möchte ich an dieser Stelle mal meinen Dank aussprechen: Vielen herzlichen Dank, dass ihr nun so geschickt daran arbeitet, mich zu einem Opfer terroristischer Anschläge zu machen. Dankeschön, dass wir nun alle Anschlagsziele desillusionierter Hardliner sein dürfen.

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ad sinistram lo vult

Sonntag, 6. Dezember 2015

Nein, ich will euer Geld nicht. Nicht ich persönlich. Dieses ad sinistram will es. Es hat mich nur vorgeschickt, mal ganz freundlich bei euch anzufragen. Dieses ad sinistram hat gesagt, ich soll euch von meinem schweren Leben erzählen, von finanziellen Nöten. Ich sagte »Hey, ich bin nicht reich und habe echt manchmal Engpässe, aber so schlimm ist es ja dann doch noch nicht« und dieses ad sinistram sagte nur »Stell dich nicht so saublöd an«. Also stehe ich vor euch, liebe Leser und mache, was mir dieses ad sinistram aufgetragen hat. Es ist gewissermaßen mein Sachzwang. Ob ich will oder nicht. Dieses ad sinistram sagt, dass man so handeln müsse, auch wenn man anders wollte – denn wenn man es nicht tut, tun es die anderen und dann ist man raus aus dem Geschäft, wird wettbewerbsunfähig und muss Personal entlassen und ist dem Untergang geweiht. Ich sagte »Wir haben doch gar kein Personal« und dieses ad sinistram guckte mich nur an und verzog spöttisch das Gesicht. Da verstand ich: Ich stehe kurz vor meiner Entlassung. Dieses ad sinistram sagte ferner, dass die Aktionäre es so verlangten und ich traute mich nicht zu erklären, dass wir gar keine Aktionäre hätten.

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»Links«!

Freitag, 4. Dezember 2015

Mein Frauenbild ist ausgesprochen beschissen. Angeblich. So sagt man. Oder teilte mir besser gesagt neulich ein Leser mit. Er interpretiere einige meiner eher literarisch gehaltenen Texte und erkenne darin Machismo, die Kopfgeburten eines patriachalisch überkommenen Linken. Er merke das an flapsigen Sprüchen und despektierlichen Beschreibungen die Frauenwelt betreffend. »Warum machst du das denn? Hast du das denn nötig, Mensch?«, fragte er. »Das sind Texte, die ich in meiner literarischen Einfalt so gestaltete und auch wieder ganz anders gestalten könnte. Hier liegt eine Verwechslung zwischen mir und meiner Kunst vor«, antwortete ich. »Meiner Kunst«, sagte ich tatsächlich - och, manchmal kann ich echt ein Großkotz sein. »Du machst dich angreifbar als linker Schreiber«, konterte er. Ich antwortete ausführlich mit den Worten: »Okay«. Dann hakte ich den Dialog ab. Ich mag Moral, mochte sie immer. Ohne sie geht es zwischen Menschen nicht. Aber was da links oder sagen wir lieber »links« geschieht, hat mit ethischer Gepflogenheit nichts mehr zu tun. Das ist Langeweile, Bevormundung und der miese alte Stalin ist der Vater einer solchen Denke.

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Als Sidney Poitier schwieg und warum wir es auch tun sollten

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Wir sind so aufgeregt. So schrecklich nervös und sprunghaft. Schreien herum und rufen nach sofortigen Lösungen. Geht es denn keine Spur leiser und reflektierter. Nach den letzten Terroranschlägen wurde mal wieder klar, wie wir gesellschaftlich ticken: Wie eine Zeitbombe.

Der Trubel war einschüchternd. Noch Tage nach den Pariser Anschlägen konnte man gucken wohin mal wollte, immer dasselbe Thema, immer wieder wilde Kommentare und spekulative Stellungnahmen. Alles voller Aufregung, Verdächtigungen, Schuld-zuweisungen, dann neue Skandale und neue Terror-Warnungen. Und da noch ein Fachmann mit noch einer tragischeren Erkenntnis. In den sozialen Netzwerken tobte der Kulturkampf - Humanismus Null, Hass Drei. Alle Welt schien aufgeschreckt, war laut und hatte sofort Meinung, Zukunftsprognose und Erkenntnis parat. Ich konnte die Kakophonie aus Lautstärke und Rechthaberei, aus Angstmache und Krach nicht mehr ertragen und machte mir Netflix an, wollte irgendwas Belangloses ansehen und klickte auf eine Dokumentation zum Oscar, schöne alte Aufnahmen von dazumal. Darsteller, die ich als Kind noch gesehen hatte, weil die Sender noch Klassiker ausstrahlten. David Niven, Humphrey Bogart, Bette Davies und Sidney Poitier. Letzterer war Thema, weil er der erste schwarze Preisträger seit Jahrzehnten war. Und generell der erste Schwarze, der als Hauptdarsteller gewann.

Fundamentalismus muss bezahlbar bleiben!

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Der Wahabismus der Saudis unterscheidet sich vom Weltbild der IS-Terroristen nicht? Ja, das stimmt wohl. Trotzdem sind sie unsere Handelspartner, Leute auf die wir uns gerne verlassen. Und warum behandeln wir die einen so und andere aus der gleichen Bande anders? Ist das nicht heuchlerisch? Ach wo! Wo denkt ihr hin? Man muss sich Mätzchen eben leisten können. Wer bezahlen kann, der darf Schrullen haben. Ja, der darf sich sogar wie das letzte Arschloch benehmen. Aber Leute, die nichts in der Tasche haben, die einem nichts bieten können, dürfen nicht einfach dasselbe tun. Das ist doch ein altes Bürgergesetz. Wer die Musik bestellt und bezahlen kann, der darf sich auch einen Rap aus Wehgeschrei-Samples mit unterlegten Steinigungsrhythmen wünschen. Wer sich Musikanten einlädt und sie dann nicht entlohnen kann, der hat keinen Anspruch auf gesonderte Wünsche. So handhaben wir es in unserer kleinen Spießerrepublik im Inneren – und so machen es die Krämerseelen internationaler Gremien, in denen wir mitmischen, eben auch in ihrer äußeren Darstellung.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 1. Dezember 2015

»Do schaun S' hin, Fräulein«, sagt der Karl Valentin, »da horchen S' zu.« So ganz kann er sich für das »Du« wohl noch nicht entschließen, und manchmal sagt er gar »Du, Fräulein«.
Die Liesl sperrt Augen und Ohren auf. Spielt das Lehrmädel vom Valentin. Sie zählt innerlich Haß- und Wutworte der drei Bayern gegen die Fremden mit. Es juckt sie, diese Worte durcheinanderzumischen und auszusprechen, sie noch giftiger, noch absurder zu machen.
Nicht einmal Raubtieren, denkt sie, bringen die Menschen heute eine solche Abwehr entgegen wie den Fremden.
[…]
Diese Drohgebärden! Einer der drei hebt wütend den Arm mit dem Bierkrug, als wolle er auf den Afrikaner einschlagen, aber er hält inne und führt den Krug an den Mund, säuft, spuckt aus. Einer schickt Boxhiebe beim Reden durch die Luft, die dennoch ins Schwarze treffen. Absichtsbewegungen, zu Ersatzhandlungen geronnen.
[…]

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