Glatter Bruch

Freitag, 29. Januar 2016

Eines vorweg: Wir haben es hier mit einem gruseligen Roman zu tun. Mit einer sonderbaren Form von Horror. Splatter kommt darin zwar nicht vor, nicht mal der übliche Nervenkitzel blutleerer Thriller. Aber nichtsdestotrotz: Was Susanne Schaller ihren Lesern vorgelegt hat, ist durch und durch schaurig. Adorno fürchtete sich bekanntlich ja nicht vor der Rückkehr des Faschismus. Er fürchtete die Rückkehr desselbigen hinter der Maske des Demokraten. Vielleicht trifft dieses Bonmot auf Schallers Version eines zukünftigen Deutschlands zu, wobei man analysieren müsste, ob man die Demokratenmaske überhaupt noch darin trägt. Man gibt sich nämlich in ihrem Zukunftsmodell nicht viel Mühe, einen Anschein von Menschlichkeit oder Partizipation aufrechtzuerhalten. Gelächelt wird trotzdem. Doch selbst diejenigen, die beruflich noch auf der Gewinnerstraße sind, stellt uns Schaller als arme Schweine vor – als arme Schweine mit Geld und Konsumgütern. Sie lächeln ebenfalls, selbst wenn sie das Gegenteil wollten. Der Rest, Zwangsverwaltete nennt sie sie, darbt von der Hand im Mund in ehemaligen Sozialbauten, die jetzt nur mehr Löcher in heruntergekommenen Bezirken sind. Ob sie lächeln kann man nicht eindeutig klären (eher nicht!), denn ihre Quartiere sucht man eher selten auf.

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Nach Griechenland?

Donnerstag, 28. Januar 2016

All diese Menschen in die deutsche Gesellschaft zu inkludieren wird ein schwieriges Unterfangen. Die Integrationsleistung wird einem gesellschaftlichen Kraftakt gleichen. Doch »there is no alternative«. Wir können diese Leute doch nicht einfach wegschicken.

Viele von ihnen neigen zur Gewalt. Andere sind nur Maulhelden. Aber auch da blubbert verbale Gewalt hervor. Wir können uns nun darüber unterhalten, wie es zu dieser Gewaltbereitschaft kam. Über Perspektivlosigkeit, Langeweile und rohe Sitten. Aber nicht alle, die zum Beispiel mit Arbeit nicht in Berührung kamen, sind deshalb gleich zu solchen geworden. Jeder verarbeitet seine Misere anders. Eine Handvoll radikalisiert sich, liest Erbauungsschriften, kleidet sich anders, will sich von den anderen unterscheiden und tritt dann aggressiv gegen alle auf, die nicht das glauben, was er zu glauben begonnen hat. Andere sympathisieren mit diesen Radikalen, distanzieren sich nicht und lassen sich deren Nähe gefallen.

Der gestrige Mensch und seine metaphysische Revolte

Mittwoch, 27. Januar 2016

Wie gesagt, er konfrontierte mich mit seiner Meinung: Für ihn sei Multikulti gescheitert. Es funktioniere einfach nicht, daher müsse man sich davon als Ideal verabschieden. Es war eine Lebenslüge. Ich sah ihn an, fragte ihn, welche Alternativen es denn gäbe und folgerte, dass es bei den Deutschen immer so einen Hang gäbe, sich gegen Gemachtes, schon längst Unabwendbares, ja gegen die nicht mehr veränderbaren Entwicklungen auf Erden, mit sonderbarer Blindheit aufzulehnen. Ob Multikulti gescheitert oder gelungen sei, sei doch völlig zweitrangig. Es ist die Realität in einer Welt, die immer mehr zusammenrückt, die globalisiert Geschäfte abwickelt und die per Tastenklick einem globalen Provinzialismus fröne. Es gehe doch schon seit Jahrzehnten nicht mehr um das Ob oder »Ob-nicht«, nicht um das »Wollen-wir« oder das »Nein-lieber-nicht« – nur noch das Wie ist von Bedeutung. Moderne Gesellschaften seien nun mal multikulturell und multiethnisch.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 26. Januar 2016

»Jede Propaganda ist so gefährlich wie die Dummheit auf die sie trifft.«

Praktikanten, denen es so schlecht geht, weil es ihnen gut geht

Montag, 25. Januar 2016

Tja, die Sache mit dem Mindestlohn und den Flüchtlingen kam nicht so recht voran. Die konservativen Verlautbarungsorgane haben es immer wieder versucht, jenen Lohnstandard mit der Flüchtingsdebatte zu verquicken, um ihn letztlich auszusetzen. Aber leider leider Pustekuchen. Bislang zumindest. So richtig eingehen will keiner darauf, obgleich diese Taktik doch die besten Ansätze in sich trüge. Mit geringqualifizierten Ausländern, die schlechtergestellt werden sollen, holt man doch jeden alten Patrioten mit ins Boot, in dem kein Platz mehr für die anderen ist. Wer nationalistisch speichelt, der lässt sich selbst viel leichter ausbeuten und um etwaige Standards betrügen. Weil dieses Konzept aber aus unerfindlichen Gründen strauchelt, hat die »Frankfurter Allgemeine« neulich eine andere Variante getestet. Sie hat Praktikanten als schlimm betroffene »Verlierergruppe« aufs Tapet gebracht und machte mit diesen Opfern Stimmung gegen den Mindestlohn. Aber dieser angeblich arg gebeutelte Gruppe, so konnte man dann doch zwischen den Zeilen lesen, geht es wahrscheinlich ziemlich gut.

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Wacht auf, ihr Blogger in der Herde

Freitag, 22. Januar 2016

Das Monat ist fast um. Die Ereignisse der Silvesternacht liegen schon eine Weile hinter uns. In einer eiligen Zeit wie unserer fühlt es sich an, als läge Silvester bereits ein Dreivierteljahr zurück. Bislang habe ich mich mit keinem Ton dazu geäußert. Jemand fragte mich vor einigen Tagen schon, ob ich jetzt schweigen würde, weil die Realität so bitter sei. Schließlich sei nun bewiesen, dass Muslime und Deutschland nicht zusammengehen könnten. Daran habe ich nicht gedacht, als ich beschloss, meinem Mund mitsamt Fingern Einhalt zu gebieten. Ich blieb still, weil ich es endgültig satt habe, als Blogger Teil der allgemeinen Hysterie zu sein, die je und je über das Land schwappt. Ich habe genug davon Schweinen durchs Dorf hinterherzueilen, die ich nicht habe entfliehen lassen.

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Ein unvergleichlich toller Typ

Donnerstag, 21. Januar 2016

Fremde sind faul, arglistig und ungebildet. Sie haben keinerlei Respekt, stehlen und provozieren. Sie spielen mit »unseren Frauen« und nehmen sie sich ohne sie zu fragen. Wenn deutsche Werte überhaupt was bedeuten, dann sich durch Schlechtmachen anderer aufzupolieren.

Letzte Woche endete diese Kolumne damit, dass sie meinen seligen alten Herrn einst zum Vater eines Analphaten gemacht hatten. Das ist ein gutes altes Vorurteil, dass hier lebende Ausländer in ihren Herkunftsländern keine anständige Schulbildung genossen hätten. Mein Vater galt natürlich auch als fauler Geselle, arbeitete jedoch bis er mit fast 63 Jahren starb in Tag-, Spät- und Nachtschichtrhythmus. Wieviele ihm nachsagten, dass er stahl, weiß ich natürlich nicht. Dass er aber anständige deutsche Mädchen zu Sex zwingen würde, das dürften auch viele geglaubt haben. Südländer halt, bei denen geht es eh immer nur um das eine. In den Jahren vor seinem Tod war er rehabilitiert. Jetzt überzog man andere Nationalitäten und Ethnien mit Vorurteilen. Der Spanier hatte als Feindbild abgewirtschaftet. Er war langweilig geworden, weil er wie ein Deutscher mit dunklerem Teint und mit späteren Abendbrotzeiten war. Jetzt gab es Türken, Albaner und Russen. Und die waren allesamt faul, arglistig und nicht gut gebildet. Außerdem wollten sie nur deutschen Frauen ins Bett kriegen und ...

Traumanovelle

Mittwoch, 20. Januar 2016

Eine der wiederkehrenden Fragen der Menschheit ist jene, was man mit denen anstellt, die die Brutalität und die Gräuel des Krieges über einen längeren Zeitraum über sich haben ergehen lassen müssen. Modern gefragt: Wie reintegriert man Traumatisierte wieder ins Gemeinwesen? Sterbende Menschen, Feuer, erloschene Schicksale und Verwüstungen – all das macht ja was mit einem. Traumata sind mannigfaltig. Manche ziehen sich zurück, werden schweigsam. Andere bemessen dem menschlichen Leben und der Würde keinen Wert mehr. Sie werden Zyniker am Nächsten, erblicken bloß noch Organismen, die eben verenden, wo andere Mitmenschen sehen würden. Das Problem ist so alt wie die Zivilisation. Gelöst hat man es jedoch selten. Die psychologische Aufarbeitung von Traumata ist aber auch noch ein relativ junges Fach. Heute haben wir es in der Hand.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 19. Januar 2016

Wie drücken wir unser Mitgefühl für Ashraf Fayadhs Vater aus, der einen Schlaganfall erlitt, als das Todesurteil gegen seinen Sohn erging, und der wenig später starb?
Barmherzigkeit existiert nicht im Vokabular des saudischen Regimes. Wie Fundamentalisten jeglicher Couleur orientieren sich die Machthaber an einer simplen Prämisse, die das Blut gefrieren lässt und die der Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka folgendermassen resümiert hat: »Ich bin im Recht - du bist tot.« Die Sprache der internationalen Realpolitik findet bei solcher Gelegenheit ebenfalls keine Worte. Noch wenn sich die westlichen Regierungen äussern wollten, was käme dabei heraus? »Es tut uns leid, dass Sie derart in Schwierigkeiten sind, aber wir sind auch in der Klemme - zwischen unseren Wertvorstellungen und der Schwierigkeit, diese aufrechtzuerhalten. Unser tiefstes Mitgefühl, aber wir sind nun mal auf Öl angewiesen. Wie bedauern aufrichtig, aber wir müssen auch die Interessen unserer Rüstungsindustrie im Auge behalten.«
Die Sprache der Politik kann nur dann glaubwürdig sein, wenn sie sich an die Grammatik der Menschenrechte hält. In diesem Idiom können wir von verletzter Würde und von vorenthaltenen Grundfreiheiten reden. Natürlich reicht es nicht aus, eine Sache zu benennen, um sie ins Lot zu bringen; aber für die Opfer bedeutet es zumindest einen kleinen Trost, wenn ihr Leiden anerkannt wird.
- Priya Basil in der »Neuen Zürcher Zeitung« vom 14. Januar 2016 -

Die letzten Tage der Menschheit?

Montag, 18. Januar 2016

Es geht nicht um die Wahl zwischen AfD oder anderen Parteien, nicht um Einwanderungsende oder humanitäre Hilfe. Das sind nur die direkten Optionen. Aber in denen liegt so viel mehr. Es geht um unser Weltbild. Ja, viel mehr noch um unser Menschen- und Gesellschaftsbild. Wie wir leben und wie wir Gemeinwesen und das Kontinentalbündnis organisieren wollen. Darum, mit welchem Konzept von Gemeinschaft wir in die Zukunft zu gehen gedenken. Wir haben nicht weniger als die Wahl zwischen Hass und Freundlichkeit, zwischen einer Weltanschauung, die lieber zuschlägt, schießt, sich abschottet und sozial aushungert oder gelebten Kosmopolitismus und Partizipation. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gab es einen ähnliches Kräftemessen. Zwischen Faschismus und Demokratie. Die Begriffe haben sich heute sicherlich verschoben, aber die jeweiligen Menschenbilder, die beide Seiten in sich trugen: Zwischen diesen beiden müssen wir dieser Tage neuerlich entscheiden.

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Dieser Niedergang spottet jeder Beschreibung

Freitag, 15. Januar 2016

In etwa neunmal habe ich angesetzt. Wollte was zum endlosen, nie abbrechenden Niedergang der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands schreiben. Speziell über den Finanzminister, der den Vorsitzenden und Vizekanzler bedauerte und ihm sein Mitgefühl aussprach, weil er mit dem Vertrauen von lediglich einem Dreiviertel der Delegiertenstimmen ins neue Jahr gehen muss. Da dachte ich mir, wenn man den Zerfall dieser Partei an einer Anekdote festmachen, an einem Ereignis deutlich machen will, dann wohl daran. So nichtig ist sie mittlerweile geworden, so beliebig ihr Vorsitzender, dass sie selbst ihr angeblich größter politischer Kontrahent bemitleidet. Immer wieder probierte ich einen Anfang, war unzufrieden, stellte Sätze um und hatte dann endlich etwas, womit ich leben konnte, doch da kam mir das Sujet des geplanten Textes oder besser gesagt, das Personal des Sujets, mit neuem Futter in die Quere.

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Glückwünsche eines Analphaten

Donnerstag, 14. Januar 2016

Das Völkische hat angeblich eine neue Dimension angenommen. Und im Osten des Landes tobt der Völkischensturm wie nirgends. Der Besserwessi weiß, dass das ein Phänomen »von drüben« ist. Aber so einfach ist es nicht.
Pegida

Der Text ist echt harter Tobak. »Mit großer Sorge beobachten wir die Unterwanderung des deutschen Volkes durch Zuzug von vielen Millionen von Ausländern und ihren Familien«, heißt es da. Die Überfremdung von Sprache und Kultur drohe. »Bereits jetzt sind viele Deutschen [Anm.: Fehler im Original] in ihren Wohnbezirken und an ihren Arbeitsstätten Fremdlinge in der eigenen Heimat.« Und weiter: »Die deutsche Bevölkerung wurde bisher über Bedeutung und Folgen nicht aufgeklärt. Sie wurde auch nicht darüber befragt.« Immerhin gehe es um die »geistige Identität auf der Grundlage unseres christlich-abendländischen Erbes«. Es stehe also alles auf dem Spiel. Außerdem distanziere man sich vor Rassismus und Links- wie Rechtsextremismus. »Völker sind (biologisch und kybernetisch) lebende Systeme höherer Ordnung mit voneinander verschiedenen Systemeigenschaften«, heißt es aber schon einen Satz weiter. Aus dieser Erkenntnis leitet man ab, dass Integration nicht möglich sei und es zur »ethnischen Katastrophe« komme. Daher: »Allein lebensvolle und intakte deutsche Familien können unser Volk für die Zukunft erhalten.«

Der weiße Mann und die Integration

Mittwoch, 13. Januar 2016

Man nannte sie die »fünf zivilisierten Stämme«. Die Seminolen, Creek, Choctaw, Chicksaw und Cherokee waren indigene »Nationen« aus dem Appalachen-Gebiet. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts hatten sie ihre Jagdgründe am Rande der jungen Vereinigten Staaten. Bei den fünf Stämmen fing der Wilde Westen an. Aber wild waren die fünf Stämme gar nicht. Nur kurz währte ihr Aufstand gegen die Weißen, dann sahen sie ein, dass sie nie wieder alleine auf ihrem Land sein würden. Lösungen mussten her. Und die lagen in den Annäherung an den europäischen (sprich: weißen) Lebenstil. Und so nahmen diese Indianer langsam weiße Gewohnheiten an. Sie waren eh von jeher sesshafte Völker gewesen. Jetzt sattelten sie um, legten sich europäische Kleidung an und druckten Zeitungen. Die Cherokee erfanden hierzu eine gesonderte Schrift. Sie bestellten Felder und handelten mit Geld. Manche erlangten große Farmen und wurden selbst zu Sklavenhaltern. Einige besonders widerliche Exemplare ihrer Völker fingen die Angehörigen anderer Stämme und verkauften sie an Sklavenhändler.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 12. Januar 2016

»Normalität wird für die meisten Deutschen erst dann erreicht sein, wenn man als Deutscher an der Imbißstube in Auschwitz ganz unverkrampft bei einem Roma ein Zigeunerschnitzel bestellen kann. Wenn man gerade aus 'Schindlers Liste' kommt, versteht sich. Tief betroffen.
Tief betroffen, aber halt hungrig.«

Geistesgestörte und andere Arschlöcher

Montag, 11. Januar 2016

Théodore Géricault, Die Irre
Eine der größten Frechheiten, die man im Umgang mit politischen Gegner an den Tag legen kann, das ist die Pathologisierung, der Umstand, ihn mundtot machen zu wollen, indem man ihm Geisteskrankheit unterstellt. Die Bild-»Zeitung« hat diese Unart im Laufe vieler Jahre nicht nur vervollkommnet, sondern geradezu zu einem guten Umgangston in der politischen Debatte gemacht. Sie schrieb über den »Irren aus Teheran« oder den »Verrückten aus Pjöngjang« und tat so, als könne man weltpolitische Ereignisse und Dynamiken mit dem Geisteszustand beteiligter Personen erklären. Es ist daher nicht verwunderlich, dass man jetzt bei jenem Teil des Pöbels, der über einen Zugang zu sozialen Medien verfügt, immer wieder den Vorwurf gegenüber der Bundeskanzlerin vernimmt, wonach sie am Geiste erkrankt sei. Zu tief verankert ist in diesem Land diese typische Praxis der Bild-»Zeitung«. Sie hat sozialisiert und einem breiten Publikum einen mehr als sonderbaren Blick auf das politische Treiben eingeimpft. Wenn man bei den Boulevardmedien jahraus jahrein vernimmt, dass die Welt eine Spielwiese geisteskranker Protagonisten ist, dann fällt profunde Analyse nicht unbedingt einfacher.

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Opfer bringen

Freitag, 8. Januar 2016

Tragisch, wirklich tragisch. Wenn es Menschen Bomben regnet. Metall klirrt und Schreie ertönen, die dann unterm Schutt erstummen. Schlimm, wirklich schlimm. Wenn unter Brocken tote Kinder von toten Eltern toter Großeltern liegen. Hinterbliebene im Geröll suchen und hoffen, noch keine Hinterbliebenen zu sein. Abscheulich, wirklich abscheulich. Wenn sie dann Steine zur Seite stemmen und dann sind da nur Reste. Von Betten, von Schränken, von Großmutter. Unschön, wirklich unschön. Wenn sie dann weinen und klagen und laut den Himmel und seine Düsenjäger verfluchen und einen Hass kriegen, der ihnen die Fäuste in die Höhe recken lässt. Ekelhaft, wirklich ekelhaft. Wenn sie dann so gefilmt werden, in Fernsehkanälen ausgestrahlt und als die Brut des neuen Terrorismus deklariert werden, weil sie so böse anzusehen sind. Lernen es diese Wilden denn nie?

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Lasst uns froh und munter sein

Donnerstag, 7. Januar 2016

Die Feiertage konnten kommen. Einer der vielen Indizes, die wir in dieser Republik kultiviert haben, wiegte uns ins Festtagsstimmung. Er bestätigte unseren »ausgeprägten Einkommensoptimismus« und beruhigte uns. Nicht Zimt und Nelken versetzen uns in die stille Zeit – Indizes machen das.

Es gab keinen Schnee, keine Kälte. Der Glühwein schmeckte nicht und es kam keine Stimmung auf. Weihnachten 2015 schien wirklich traurig zu werden. Bis kurz vor dem Fest die Medien etwas aus dem Hut zauberten. Einen Index nämlich, das Patentmittel gegen Niedergeschlagenheit in diesem Land. Der GfK-Klimakonsumindex kam gerade noch rechtzeitig gegen Christmas-Blues, gegen schneelose Nicht-Weihnachtsstimmung. Er wurde zum Volltreffer hochgeschrieben. Nach vier Monaten, in denen er gefallen war, stieg er im Dezember wieder mal an. Die Menschen in Deutschland, so erzählten die Nachrichten auf allen Kanälen, hätten wieder Zuversicht und dicke Geldbörsen, einen »ausgeprägten Einkommensoptimismus«, wie man das an mancher Stelle bezeichnete. Solche Botschaften heben die Stimmung. Plötzlich in den Glauben versetzt zu werden, dass man nicht knapsen muss, ausgeben und konsumieren kann und einem die Welt der Warenhäuser zu Füßen liegt, ist ja nicht übel. Insbesondere so kurz vor dem wichtigsten Fest der materiellen Christenheit.

Der eindimensionale Mensch am Abendbrottisch

Mittwoch, 6. Januar 2016

Die »Zeit« hat Anfang Dezember drei VW-Angestellten beim Abendbrot Gesellschaft geleistet. Bei »Schwarzbrot, Mett und rohen Zwiebeln« gab es ein Gespräch zum Unternehmen, zur Abgas-Trickserei und wie man als Angestellter damit umzugehen hat. Alle drei Männer jammerten, weil die Öffentlichkeit das Unternehmen so pauschal abkanzelte, es bestraft wissen wollte und Schadensersatz forderte. Auf einer Zeitungsseite gelingt es diesen Leuten mühelos, Werbung für den Automobilhersteller zu machen, für den sie arbeiten, ohne wirklich in medias res zu gehen. Sie beklagen sich, papageien die Sätze nach, die ihre Oberen schon absonderten und machen aus dem Betrug einen zivilcouragierten Akt, ein Kavaliersdelikt und etwas, was man doch bitte hinnehmen sollte. Immerhin ist es Volkswagen, auf das man jetzt einschlägt. Volkswagen! Wo man auch hinkommt in der Welt und bekennt aus Deutschland zu sein, so reihen die Einheimischen Schlageworte auf, um ihre Deutschlandkenntnisse zu beweisen. Sie sagen dann Worte wie: Beckebaua oder Oktobafeste oder Wolkswaage. So geht man nicht mit einer Topmarke um, so behandelt man kein deutsches Schlagwort.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 5. Januar 2016

»Diese Gesellschaft ist insofern obszön, als sie einen erstickenden Überfluss an Waren produziert und schamlos zur Schau stellt, während sie draußen ihre Opfer der Lebenschancen beraubt; obszön, weil sie sich und ihre Mülleimer vollstopft, während sie die kärglichen Lebensmittel in den Gebieten ihrer Aggression vergiftet und niederbrennt; obszön in den Worten und dem Lächeln der Politiker und Unterhalter; in ihren Gebeten, ihrer Ignoranz und in der Weisheit ihrer gehüteten Intellektuellen. [...] Nicht das Bild einer nackten Frau, die ihre Schamhaare entblößt, ist obszön, sondern das eines Generals in vollem Wichs, der seine in einem Aggressionskrieg verdienten Orden zur Schau stellt.«
- Herbert Marcuse, »Versuch über die Befreiung« -

Acht Jahre später

Montag, 4. Januar 2016

oder In eigener Sache.

Freitag, der 4. Januar 2008. Es ist 9:44 Uhr. Der Text ist fertig. Ein schlichter Text, es geht um Hessen, um Roland Koch, der Ausländer ausweisen möchte, die nicht spuren, es geht ferner darum wie man Integration versteht und nicht versteht und all solchen Firlefanz. Nochmal redigieren, Fehler tilgen und dann ein finaler Klick auf den »Veröffentlichen«-Button. Es ist jetzt 9:45 Uhr. Der erste Text landet auf den Seiten dieses Weblogs, der sich »ad sinistram« nennt. Bei der Titelauswahl half mir eine, die mir nahe steht. Die Namensgebung ist drei Tage her. Bis 2016 würde dieser erste Text etwa 220 Zugriffe ernten. Am ersten Tag sind es wohl eher so um die 20. Ich weiß im Augenblick der Veröffentlichung nicht, wielange der Spaß hier gehen soll. Einen weiteren Text plane ich bereits. Auch einen dritten kultiviere ich im Hinterkopf. Ob es weitere werden, kann ich jetzt noch nicht wissen. Wahrscheinlich, so denke ich, vergeht mir bald die Laune. Werden mir andere Sachen wieder wichtiger.

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