Sie müssen sich mich als glücklichen Menschen vorstellen

Freitag, 22. Mai 2015

oder In eigener Sache.

Wie sich das Linke in einer Welt erschöpft, die sich zunehmend nach rechts orientiert, sehen wir am Beispiel der griechischen Regierung. Es ist schwierig, vielleicht fast unmöglich, innerhalb einer Union mit linken Ansätzen zu delegieren, wenn diese Union ungefähr so links angesiedelt ist, wie das Gaspedal in einem handelsüblichen Wagen.

Wieso also dann weitermachen mit dem ganzen Linksdiskurs? Warum über Dinge schreiben, die nur theoretisch bleiben und die sich in der Praxis schleifen? Was treibe ich hier eigentlich? Und verdammt nochmal, welchen Blumentopf glaube ich damit noch zu gewinnen? Die linke Isolation ist doch so offenbar. Man kann sie förmlich anfassen. Sie schneiden wie dicke Luft. Sie werden Syriza hinhalten, bis Neuwahlen unumgänglich sind. Das Streikrecht ist nur noch eine Frage der Zeit. Zwangsschlichtung ist das neue Zauberwort. Standhafte Gewerkschafter werden zu Hitlern erklärt. Der Mindestlohn wird zum Hemmnis publiziert. Was bleibt von linken Ansätzen noch? Außer das hier. Außer Kommentatoren und Blogs? Außer mir und einigen anderen, die noch Hoffnungen hegen? Außer das, was zuletzt stirbt - aber eben stirbt?

Linke Wirtschaftskonzepte haben keine Epoche. Derzeit? Gar nicht mehr? Das kann man nicht beantworten. Wir sehen gerade zu, wie der letzte Funken linker Auffassung erstickt wird. Und einige verlorene Seelen schreiben dagegen an. Ich bilde mir nicht ein, dass meine Schreibe irgendwas ändern könnte. Als junger Mann war ich kurzzeitig so vermessen, dass ich das glaubte. Aber auf mich wartet keiner. Ich sitze hier an meinem Rechner und tippe und weiß, dass es völlig egal ist, ob ich es tue oder nicht. Sie machen Syriza nieder. Mit mir - und ohne mich. Sie diabolisieren streikende Gewerkschaften. Mit mir - ohne mich. Es ist einerlei. Aber ich mache es halt trotzdem. Wirklungslos wie eh und je. Man muss sich diesen Kerl als glücklichen Menschen vorstellen. Nun gut, vielleicht nicht völlig. Doch hin und wieder schon. Es ist halt mein Gesteinsbrocken, den ich da rolle.

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7 Kommentare:

ninjaturkey 22. Mai 2015 um 18:01  

Wahrscheinlich wären wir kritischen Denker im Mittelalter gute Flagellanten geworden: Sich selbst lustvoll quälen während andere verständnislos zuschauen.
Aber doch, Du hast etwas bewirkt. Nicht allein, sondern mit einer überschaubaren Menge anderer. Getreu fefes Motto, dass man selber weiter recherchieren soll, bin ich vor ein paar Jahren auf Dich, feynsinn, die NachdenkSeiten, den Spiegelfechter, u.a. gestoßen. Heute ist schon meine halbwüchsiger Nachwuchs hinreichend rebellisch und informiert um damit in der jeweiligen Peer-Group und in der Schule engagiert aufzufallen. Du siehst also, die Saat geht auf. Vielen Dank dafür und Grüße an die Familie.

Anonym 23. Mai 2015 um 00:16  

Das Linke, das Rechte.
Zweierlei.
Das Lügenhafte.
Einerlei.
Das Korrupte.
Keinerlei.

Schaf(f)ende Menschen haben wenig Zeit zu denken.
Das Unwort des Jahres "Lügenpresse" oder wars Lügenpolitik zeigt aber doch, dass die Wahrnehmung der Menschen nicht völlig abgestumpft ist.

TTIP gleich Freihandel, deshalb alles geheim.Der Freiheit des Großen Geldes folgt die Unfreiheit der kleinen Leute.

Die Raubtierkapitalismusdemokratur wird an ihrer eigenen Gier verrecken.
Die politischen Hütchenspieler im Falle Griechenlands halten lediglich ein unhaltbares Schneeballsystem (Ponzi) am Tropf.

Ja, Großes Geld kostet Leben.
In Griechenland.
Überall.
Immer.

Der Freiheit der Wirtschaft folgt die Unfreiheit der Menschen(ein Rädchen im Getriebe).

Kapitalismus ist Krieg.
Krieg jeder gegen jeden.
Mensch gegen Mensch.
Natürlich gibt es auch Gewinner.
Das Große Geld.
Verlierer sind immer die einfachen Leute.
Ob in Mexiko (NAFTA) oder den USA, ob in Bangladesch oder zukünftig in der EU (TTIP).

Wolfgang Oesters 23. Mai 2015 um 09:46  

Keine Sorge, die "linken" Positionen sterben nicht etwa ab oder gar aus; es ist wohl vielmehr so, daß Vieles davon als Samen in durchaus fruchtbares Erdreich gefallen ist und dort sozusagen "vorübergehend in Dunkelheit" zu neuem Wachstum ansetzt. - Ich habe dabei die Hoffnung, daß dabei eine Art neuer Pflanze das Licht der erblickt, die nicht mehr in "Rechts-oder-links"-Kategorien zu erfassen ist, sondern vielmehr als Gewächs echter Humanität gilt und daher dann auch von allen Seiten her Zuspruch erfährt. - Ich glaube nicht daran, daß gute Ansätze so einfach totzukriegen sind!

W. Oesters (zeitgeistkrit. Website: achtgegeben.de)

Anonym 25. Mai 2015 um 01:09  

Wer gegen das Gesindel anschreibt, der tut was Gutes und kann sich insoweit durchaus glücklich schätzen, nicht verbildet zu sein.
Der Kadaver "Westliche Wertegemeinschaft" braucht den sezierenden Blick engagierter
Kolumnisten heute dringender denn je.

Das Motto "Empört Euch!" sollte weiterhin Ansporn sein.

Islamischer Staat (IS bzw,ISIS)
https://medium.com/insurge-intelligence/secret-pentagon-report-reveals-west-saw-isis-as-strategic-asset-b99ad7a29092

Hungerlöhne, Spitzenplätze für EU-Länder
http://www.bloomberg.com/news/articles/2015-05-06/in-these-21-countries-a-40-hour-work-week-still-keeps-families-in-poverty

Anonym 25. Mai 2015 um 20:15  

http://www.golyr.de/franz-josef-degenhardt/songtext-rudi-schulte-630028.html

Immer im Hinterkopf!

Tag für Tag ...

geht leider nicht anders.

flavo 26. Mai 2015 um 16:00  

in der Tat ist es regelrecht zum übergeben. Die Hoffnung kann nicht mehr bestehen. Die Umwolkung mit Dunkelheit ist ubiquitär. Das Linke ist in seiner Abgestorbenheit nicht einmal mehr schön anzusehen. Es fault schon. Die Lebensmöglichkeiten sind für das Linke eingeschränkt. Das ist der Druck der Struktur und der Herrschaft. Irgendwann kommt deine Rede nicht mehr beim Ohr an. Du redest in die Leere. Die Struktur bildet die Hörmuschel, das Hörorgan und den Hörsinn aus. Was an diese Körnung nicht anbinden kann, wird nicht mehr gehört. Es diees wahrlich eine Gunst der Stunde, die Wirksamkeit der Herrschaft täglich frisch und in voller Kraft sehen zu können.
Werden wir mondäner. Die Linke ist im wesentlichen in den Herrschenden Alltagsskripten gefangen. Und Bekanntlich ist der Alltag nicht neutral, sondern das Schmelzbad der gerade herrschenden Weltanschuung. Er ist wie das Herz. Denn er gewährleistet den Bestand. Was wollte eine Weltanschauung anrichten, wenn sie keinen Alltag einrichten kann? In der Tat, man schaue auf die Linke. Sie kann keinen Alltag einrichten. Was richtet sie dann eigentlich ein? Augenscheinlich Politiker, deren Tagesgeschäft und deren Sympatisanten im Wahlpott, immerhin ein paar. Was noch? Gewerkschaften? Naja, seien wir mal großzügig, und sagen ja, damit wenigstens etwas aufzuzählen da ist. Allgemeine Linke, wie du hier und ich bei mir und unzählige andere für sich. Versprengelt mit loser Bindung, mehr eine Art verstreute Glutkrümel, die im weiten der Dunkelheit noch schimmern. Was sonst noch? Nicht viel würde ich sagen. Und all dies steht immer auf der Waage, in der Unkenntlichkeit zu verschwinden, wenn das herrschende Alltagsskript überhand nimmt. Wenn der Inhalt nur mehr Fassade ist und das Skript vorherrscht. Das neoliberale Skript, das Skript der herrschenden Rationalität. Wenn die Gewerkschaft prekär Beschäftigt in den eigenen Reihen, dann ist dies Ausdruck davon. Sie ist dann wie ein Zombie. Von innen heraus und in den maßgebenden Skripten schon vollständig homologisiert. Außen kommen als Klebepappe noch die Gewerkschaftsinhalte drauf. Oder der Lehrende. Revolutionär gesinnt und Links. Und doch heizt er Konkurrenz und Auslese unter den Lernenden an, genießt seine Autorität, weist jeden Einspruch gut geschult und sprachmächtig zurück und will Powerpoint und lachende Gesichter im Seminar. Der Betriebsrat, der mitfühlend im Einzelgespräch und hart im strukturellen Geschäftsgebaren ist. Du musst zu viel arbeiten? Du packst es kaum? Ja bedenke, aber, du hast Verantwortung gegenüber dem Unternehmen, wenn du nicht mehr mitmachst, dann schlittern wir alle. Und wenn du krank wirst, dann kann ich nichts mehr für dich tun.
Trotzdem muss man das positive sehen. Ich sage es schon lange. Die Linke muß wahrlich zu Grunde gehen, bevor der Hohlraum groß genug wird, das Leid überbordend und mit hohem Maß an umlaufender Gleichgültigkeit, um mit neuem Schwung die Idee von Freiheit und gerechter Grunderhaltung in die Welt hinein zu bauen. Wir befinden uns untrüglich noch im Abbauprozess.

Anonym 2. Juni 2015 um 11:48  

Dann möchte ich mich -trotz alledem!-, wie es so schön heißt noch mal bei Ihnen persönlich bedanken. Ja, es sieht in der Tat düster aus. Das, was die sog. "Neue Linke" hervorgebracht hat, die identity politics, wurde in den neoliberalen Konsens assimiliert und jeglicher revolutionärer Orientierung beraubt. Übrig geblieben ist ein mainstream-fähiger, gefälliger Lifestyle-Linksliberalismus, den sogar so manch etablierter Konservativer zu vereinnahmen weiß. Sogar GCHQ, nach der NSA vielleicht der unverfrorenste westliche Geheimdienst ist plötzlich LGBTQ-freundlich- und lässt den Regenbogen auf die Fassade projizieren! Und nach 2008 sind wir alle ein bisschen kapitalismuskritisch geworden, tendenziell öko sowieso, und ja so richtig demokratisch sind die Zustände hier auch nicht mehr, aber wirklich Konsequenzen ziehen? Stimmt ja alles irgendwie, aber nee, Mutti wird uns schon vor dem Schlimmsten bewahren, oder soll ich etwa auf unsäglich alberne Demos gehen oder für Mauermörder und Stasi-Spitzel stimmen? so Viel schlimmer noch, in der jungen, apolitischen Generation der Nach-80er und 90er, macht sich ein konservativ-reaktionärer Rollback bemerkbar- eine Rebellion gegen die angebliche Rebellion der Eltern. Links? Schön und gut, aber das was wir hier haben, funktioniert doch so gut (für uns). Und die Loser und Hartzer sind doch sowas von egal, haben es halt nicht besser verdient.

Düster sieht die Zukunft aber nicht nur in Deutschland aus- die alternativlose "extreme Mitte" (Tariq Ali) beherrscht parlamentarische Demokratien von London, Washington, Madrid, Paris bis Tel Aviv, Neu Delhi, Tokyo und Canberra- das ganze wird gerne auch ganz ungeniert mit einem gerüttelt Maß an Nationalchauvinismus und offenen Rassismus garniert. Über kurz oder lang wird sich wohl ein tiefes Braun sich dauerhaft in der politischen "Kultur" Europas etablieren- ganz unabhängig von Parteizugehörigkeiten. Ach nein, das ist bereits geschehen, und unseren lieben Krypto-Pegidisten in den Redaktionen und Parteivorständen sei Dank, wird sich daran wohl nichts ändern, nein, es wird nur noch schlimmer werden. Nicht, dass anderswo ein menschenfreundlicherer und weltoffener Geist herrschen wird- die Reaktion in all ihren Facetten feiert fröhlichste Urständ genauso in Beijing, Moskau, Neu-Delhi, Ankara, usw. Tumber, ressentimentgeladener, engstirniger Narzissmus, ob national, religiös (oder eine Kombination aus beiden) verträgt sich nun mal hervorragend mit dem hegemonialen Kapitalismus ohne menschlichem Antlitz. Das mag daran liegen, dass beide von einem agonistisch-autoritären Menschenbild zehren. Und dann natürlich die sich abzeichnenden Fronten im kommenden zwischen-imperialistischen, globalen Konkurrenzkampf um Einfluss und Ressourcen... Nein, ich könnte noch endlos weitermachen...

Angesichts dieser düsteren Aussichten möchte man meinen, die Welt sei entweder eine furchtbare Tragödie oder aber die abgrundtief schwärzeste Komödie. Aber nicht einzuknicken, sich nicht abzufinden, und ja, vielleicht doch irgendwie das Schlimmste wenn nicht verhindern, so doch vielleicht ein wenig abbremsen zu können, dabei pessimistisch bleiben, aber nie zynisch werden- wenigstens das kann doch noch versucht werden, oder?

PS: Den endgültigen Abbau der Linken empfinde ich als Migrationshintergründler allerdings als eher suboptimal. Schlafende Hunde regen sich wieder in diesem Land- nein, auf dem ganzen Kontinent- die ich nicht wieder vollständig geweckt wissen will. Erfahrungsgemäß hilft da nur eine Linke, und sei sie auch in einem noch so lausigen Zustand. Man verzeihe mir mein niederes Interesse an der Selbsterhaltung.

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