Fünf Tage im September

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Nach einem Wahlkampf, dessen Höhepunkte ein Stinkefinger und eine Deutschland-Kette waren, habe ich mir nicht vorstellen können, dass die Bundestagswahl noch mit überraschenden Wendungen aufwarten kann. Und nachdem die Konservativen knapp an der absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt sind, sah ich mich in dieser Einschätzung ohnehin bestätigt. Ich nahm an, dass die üblichen Mechanismen sofort greifen würden: Einer biedert sich bei der Kanzlerin in Lauerstellung an, nickt ab und ist Koalitionspartner. Dass sich alle zieren und etwa eine Woche lang eine Art "virtuelles Machtvakuum" entstehen würde, daran dachte ich nicht.

Eine kurze Woche lang sah die Kanzlerin trotz Wahlsieg isoliert aus. Diverse sozialdemokratische Landesbasen äußerten Misstrauen und mahnten zur Enthaltsamkeit. Plötzlich ging es um politische Inhalte und Ziele, darum, dass Macht nicht alles sei. Und fast hatte man den Eindruck, als habe die Öffentlichkeit am Ende doch noch erkannt, dass es sich bei Merkel stets um eine Medienkanzlerin handelte, um ein hochgeschriebenes Produkt ohne Essenz.

1 Kommentare:

Anonym 4. Oktober 2013 um 20:28  

Ja mag sein, dass da ein kleiner Einriss war, aber das spielt eh keine Rolle mehr. In vier Jahren könnte dieser Riss noch sehr viel größer werden, aber ich habe die schlimme Befürchtung, dass uns soviel Zeit nicht bleibt. Vier Jahre, das klingt nicht so wahnsinnig viel, aber es sind immer nur kurze Augenblicke der Weltgeschichte gewesen, die große Veränderungen brachten. 1929, wenige Tage vor dem großen Crash, konnte sich niemand in Deutschland vorstellen, nur vier Jahre später in einer faschistischen Diktatur aufzuwachen. Und selbst in den Tagen der Jubelfeiern zum 40. Jahrestag der DDR ahnte kein Mensch, was nur wenige Monate später passieren würde. Natürlich gab es immer auch Botschaften und Signale im Vorfeld, die eine Zeitenwende einläuteten. Der Börsencrash von 1929 war alles andere als unvorhersehbar, und spätestens nach Gorbatschows DDR-Besuch hätte auch dem letzten klar sein können, dass die politische Unterwerfung des Ostblocks unter seiner Führung ein definitives Ende haben würde.

Wie die Dinge letztlich laufen, das kann niemand sagen, es gibt schließlich immer Alternativen, aber dass etwas passieren wird, lässt sich kaum mehr leugnen. Mit der Wiederwahl von Merkel und der Neuauflage einer Koalition mit der SPD - mit DIESER SPD - kann man heute bereits beginnen die Abgesänge auf den Euro, die europäische Union und die Idee dahinter, zu verfassen. Das steht für mich unzweifelhaft fest. Zu verhindern wäre das nur gewesen, wenn die SPD wenigstens nach der Wahl über ihren Schatten gesprungen wäre. Ist sie aber nicht, was auch nicht anders zu erwarten war. Es werden schlimme Zeiten auf uns zu kommen, wie schlimm, davon kann man sich heute bereits ein Bild machen. Man muss nur mal nach Spanien oder Griechenland fahren und die Augen auf machen.

Vielleicht kommt es dann auch zu Neuwahlen bei uns, nur, wen wird man dann wählen? Wenn beide Volksparteien an der Regierung sind und uns geradewegs in eine bis Dato nie dagewesene Krise geführt haben, was werden dann für Alternativen am Horizont auftauchen? Wen wird die Vollkasko-Nation dann favorisieren, wenn ihre Policen geplatzt sind? Davor, vor diesen Alternativen habe ich wirklich große Angst.

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