Nach der Urteilsverkündung im Fall Bradley Manning, verkündeten die Medien im vereinten O-Ton: Mannig schuldig! In allerlei Variationen konnte man das lesen. Die Bildzeitung titelte "Schuldig, aber keine Todesstrafe" und der Stern überschrieb seinen Bericht mit "Schuldig der Spionage". In der Augsburger Allgemeinen hieß es "Schuldig: Manning drohen 100 Jahre Haft". Und selbst die Deutsche Welle glaubte titeln zu müssen: "Manning in 19 von 21 Anklagepunkten schuldig".
Manning war in den Aufmachern also schuldig - er wurde nicht schuldig gesprochen. So wird folglich nicht über ein juristisches Urteil informiert, sondern nebenbei ein moralisches Urteil durch Unterlassung eines Verbs gefällt. Alternativ hätte man auch schreiben können, dass Manning verurteilt wurde. Das hätte die moralische Interpretation des Urteils ausgeklammert und die Schuldfrage nicht als reißerischen Einstieg verbraten.
Das dem Angeklagten angeheftete Adjektiv wird ihm zur Eigenschaft. So ist er schuldig. Die Handlung dazu, das Sprechen oder Entbinden von Schuld, durchaus nicht immer ein durchsichtiger Akt, unterbleibt. Kann man vom Journalismus aber nicht erwarten, dass er moralinfrei berichtet? Den Schuldspruch thematisiert, die Schuld aber nicht zur Eigenschaft macht? Das wäre gerade in einem so sensiblen Fall nötig, in dem Schuld oder Unschuld nicht Tatsachen an sich sind, sondern ganz speziellen Kritierien nationaler Interessen unterliegen.
So aber muss der flüchtige Leser annehmen, dass der Whistleblower nicht juristisch schuldig gesprochen wurde, sondern auch vom ethischen Standpunkt aus schuldig ist. Der Schuldspruch impliziert ja, dass da jemand eine Verurteilung ausgesprochen hat, weil er glaubt, hier habe sich jemand schuldig gemacht. Der Ausruf "Angeklagter schuldig!" hat den möglichen Zweifel jedoch schon getilgt. Klassenjustiz oder eine Militärjustiz, die bürgerrechtlich fadenscheinig urteilt, kommt darin nicht mehr vor. "Manning schuldig!" adelt die Militärjustiz zu einem umsichtigen und fairen Gericht - "Manning schuldig gesprochen!" erlaubt dem eiligen Leser wenigstens noch, es auch anders werten zu können.
Manning war in den Aufmachern also schuldig - er wurde nicht schuldig gesprochen. So wird folglich nicht über ein juristisches Urteil informiert, sondern nebenbei ein moralisches Urteil durch Unterlassung eines Verbs gefällt. Alternativ hätte man auch schreiben können, dass Manning verurteilt wurde. Das hätte die moralische Interpretation des Urteils ausgeklammert und die Schuldfrage nicht als reißerischen Einstieg verbraten.
Das dem Angeklagten angeheftete Adjektiv wird ihm zur Eigenschaft. So ist er schuldig. Die Handlung dazu, das Sprechen oder Entbinden von Schuld, durchaus nicht immer ein durchsichtiger Akt, unterbleibt. Kann man vom Journalismus aber nicht erwarten, dass er moralinfrei berichtet? Den Schuldspruch thematisiert, die Schuld aber nicht zur Eigenschaft macht? Das wäre gerade in einem so sensiblen Fall nötig, in dem Schuld oder Unschuld nicht Tatsachen an sich sind, sondern ganz speziellen Kritierien nationaler Interessen unterliegen.
So aber muss der flüchtige Leser annehmen, dass der Whistleblower nicht juristisch schuldig gesprochen wurde, sondern auch vom ethischen Standpunkt aus schuldig ist. Der Schuldspruch impliziert ja, dass da jemand eine Verurteilung ausgesprochen hat, weil er glaubt, hier habe sich jemand schuldig gemacht. Der Ausruf "Angeklagter schuldig!" hat den möglichen Zweifel jedoch schon getilgt. Klassenjustiz oder eine Militärjustiz, die bürgerrechtlich fadenscheinig urteilt, kommt darin nicht mehr vor. "Manning schuldig!" adelt die Militärjustiz zu einem umsichtigen und fairen Gericht - "Manning schuldig gesprochen!" erlaubt dem eiligen Leser wenigstens noch, es auch anders werten zu können.
Fragt sich, was man von der "Presse" noch erwartet? Das sie weitestgehend gleichgeschaltet ist? Ja, dass ist sie!
AntwortenLöschenHiermit verurteile ich Bradley Manning
AntwortenLöschenEr ist schuldig in allen Anklagepunkten:
- Bradley ist schuldig, ein Gewissen zu besitzen.
- Er besitzt nicht nur eines, sondern handelt danach.
- Bradley wirft seine Karriere weg.
- Er deckt schwere Verbrechen bis zum Mord auf.
- Bradley verdient damit kein Geld, verfolgt keinerlei finanzielle Absichten.
- Er deckt die Missstände nicht nur gegenüber seinen Vorgesetzten auf, sondern sorgt dafür, dass sie an die Öffentlichkeit kommen.
- Dabei geht er mit genausowenig Rücksicht auf die Interessen seiner Befehlshaber vor, wie auf seine eigenen.
- Bradley fügt sich auch als Untertan nicht ein, sondern handelt wie ein verantwortungsvoller Staatsbürger.
- Bradley ist schuldig, als Soldat sein Gehirn genutzt zu haben.
- Darüber hinaus hat er sogar Herz gezeigt.
- Bradley stellt sich gegen den vom Präsidenten befohlenen Mord.
- Obwohl ihm das Risiko klar ist, erwirkt er, dass seine Vorgesetzten ihn foltern lassen.
- Bradley verstösst auch während des Verfahrens gegen alle Sitten, und gibt seine Taten unumwunden zu.
- Bradley verheimlicht nichts.
- Bradley lässt das Gericht wie den Volksgerichtshof aussehen durch seine Offenheit.
Für all diese Verbrechen muss Bradley so hart bestraft werden, wie es die US-Gesellschaft dafür vorsieht. Aber am schlimmsten ist sein grösstes Verbrechen:
- Bradley zeigt der ganzen Welt, was die USA in Wirklichkeit für ein Staat sind.
http://blog.fdik.org/2013-07/s1375210614
In unserer Welt des Schönen Scheins braucht es den Anschein von Objektivität.
AntwortenLöschenWenn Gerichte, Juristen und im Nachlauf die Medien, einen Menschen, in diesem Fall Herrn Manning, für schuldig befinden bzw. schuldig schreiben, dann hat/muss er schuldig (zu) sein; feine Unterscheidungen stören die Aufrechterhaltung des Scheins. Scheinheiligkeit bzw. die gesellschaftliche Heiligsprechung des Scheins erscheint notwendigerweise im fast religiösen Schein.
die alte sache von recht und gerechtigkeit. es wurde eben recht gesprochen, nur gerecht ist das urteil nicht.
AntwortenLöschenDer arme Hund. Mutig war er, und nun hat er seine Zukunft verwirkt. Es bleibt doch zu hoffen, dass all dies nicht um sonst war. Dies kann ihm vielleich Trost spenden, zu sehen, dass seine Veröffentlichungen ein Anstoß für weitere und weitere waren und so etwas bewirkt haben werden.
AntwortenLöschenMan sieht ja, wie schwer es ist, dass etwas von unten aus hochkommt. Dieses Thema der Privacy wäre nun wirklich ein, sagen wir, eher leichtes, hier muss man nicht um Cluster wie Leistung, Faulheit, Hunger und Leid reden, sondern über das recht eingängige Thema der Privatheit.
Zweifellos erleben junge Menschen, welche mit den sie überwachenden Firmen erwachsen geworden sind, diese in einem emotional äußerst positiv gefärbten Cocon und vielmehr noch sind diese sie überwachenden Firmen und die von diesen angebotenen Handlungsoptionen regelrecht in Fleisch und blut übergegangene Existenzfelder.
Aber jeder muß einmal selbstständig zu denken anfangen, wofür Manning ja ein gutes Beispiel ist. Der politische Kampf heiß zuerst Aufgeben von viel Routine. Manning hat seinen ganzen Lebensplan aufgegeben, als er begann selbstständig zu denken und zu handeln. Schlimmer als ihm erginge es auch hier niemand, der politisch kämpfen würde. Leider sind wir uns sehr im Unklaren darüber, was das Leben zu bieten im Generellen und Speziellen. Zu sehr sind diese Denkfelder mit allem möglichen Schund an Ideen, Waren, Dingen, Projekten, Phantasien zugemüllt, sodass keine Klarheit je walten könnte. So viel ist am menschlichen Lustkomplex heute herausgetrennt und der warenförmigen Erlebnisdynamik eingegliedert, dass man ohne Schelte sagen kann, viele wissen gar nicht, wie Lust zu erleben wäre, ohne Eingliederung in die warenförmige Erlebnisdynamik. Und zweifellos ist diese enorm groß und dass da die Frage aufkommen kann, was ein politischer Kampf für einen Preis haben kann in Unlustform, liegt nahe. Verzichtest du auf die Karriere? Verzichtest du auf ein halbwegs regelmäßiges Einkommen? Verzichtest du auf die Eingebundenheit durch Smalltalk und angenehme Oberflächlichkeit? Auf die Kommunikation mit Konsumstatusgütern anstelle von Ehrkämpfen? Auf die Pläne mit 65? Auf das Eigenheim mit 45? Auf die Fernreisen regelmäßig? Auf das up-to-date-halten des eigenen Haushaltszeugs? Und Ersatz wird sich nicht finden. Manning hat das Gefängnis nur. Vermutlich wird er dort geläutert und nach zähen Zeiten klarer und freier.
Man kann an solchen alles verändernden Entscheidungen, wenn sie in einem Menschen mal von Statten gehen, nur durstig laben und hoffen, dass man sich zu weit Geringerem wenigstens einmal aufschwingen werde und nicht vollends im präparierten Leben dahin sieche.