In dieser Republik läßt man Missstände offen. Man ist ehrlich, sagt nicht, dass es sie nicht gibt, man merkt nur an, dass sie vielleicht nicht unbedingt das sind, was sie scheinen. So minijobben viele nebenher nicht aus der Not heraus, sondern aus ihrer gesteigerten Konsumlust. Ähnlich wertete man schon mal die Lage aus. Damals erzählte man, dass die Legionen von Rentnern, die im Alter immer noch erwerbstätig sind, nicht arbeiten, weil sie zu kleine Renten haben, sondern weil sie jung und kraftvoll geblieben seien.
Sozio-ökonomische Missstände gibt es unter dieser Regierung nicht. Der Missstand ist für sie kein den Menschen auferlegtes Los, keine ausweglose Situation, sondern eine Wahl aus freien Stücken, der freie Wille der Leute. Mit der fröhlichen Erkenntnis, dass eigentlich alles im Butter ist, nimmt man den Missstand aus dem Feuer. Er wird zum Zustand, den man vielleicht hinterfragen kann, der aber nichts Negatives mehr an sich hat. Deswegen muss man auch nichts beheben, nicht intervenieren, kann sich zurücklehnen. Diese "Exegese der Zuversicht" zieht Motive heran, die die Verantwortung für etwaige gesellschaftliche Erscheinungen aus sozio-ökonomischen Zusammenhängen herausreißt, um sie zu "privatisieren", sie zur Entscheidungfrage der Protagonisten auf dem Arbeitsmarkt zu machen.
Der Minijobber ist so letztlich nicht mehr das schwächste Glied in der Kette, die wir vereinfachend Arbeitsmarkt nennen. Er ist der personifizierte freie Wille. Dieses Herunterspielen suggeriert auch, dass arbeitende Senioren oder konsumlustige Minijobber eigentlich die stärkeren Mitspieler am Arbeitsmarkt sind. Sie können sich ja nach Lust und Laune Arbeitsplätze suchen; sie arbeiten lediglich, weil sie noch jugendlich sind oder gerne shoppen. Sie arbeiten jedoch nicht, weil sie müssen, um ihr Leben finanzieren zu können. Der Zwang dazu wird negiert, wird ausgeblendet. Das stellt die Realität zwar auf den Kopf, ist aber fürs "Durchregieren" bequemer.
Die Verklärung eines Missstandes oder einer gesellschaftlichen Entwicklung, die nicht unbedingt von der Gesellschaft und ihren Mitgliedern gewollt ist, schiebt die Verantwortlichkeit denen in die Schuhe, die darunter leiden. Wann wird man die bunten Erwerbsbiographien junger Menschen damit erklären, dass junge Menschen eben gerne neue Erfahrungen machen? Nur so spricht niemand mehr von den Arbeitsmarktreformen, die längere Probezeiten und erleichterte Befristungen ermöglicht haben.
Der Niedriglohnsektor ist in Merkeldeutschland kein Problem. In ihm arbeitet man nur freiwillig. Wie es scheint, ist er der "Arbeitsmarkt des Luxus", denn in ihm arbeiten Konsumversessene und im Jugendkult galoppierende Zeitgenossen - Leute also, die nicht müssten, die aber wollen. Der Niedriglohnsektor ist insofern ein Tummelplatz von Menschen, die ohne Not arbeiten. Lauter fröhliche und fleißige Freiwillige. Prekäre Verhältnisse gibt es nicht. Es gibt nur Wohlstandsniedriglöhner. Der deutsche Niedriglohnsektor ist somit die Erfüllung des einstigen Versprechens: Wohlstand für alle.
Sozio-ökonomische Missstände gibt es unter dieser Regierung nicht. Der Missstand ist für sie kein den Menschen auferlegtes Los, keine ausweglose Situation, sondern eine Wahl aus freien Stücken, der freie Wille der Leute. Mit der fröhlichen Erkenntnis, dass eigentlich alles im Butter ist, nimmt man den Missstand aus dem Feuer. Er wird zum Zustand, den man vielleicht hinterfragen kann, der aber nichts Negatives mehr an sich hat. Deswegen muss man auch nichts beheben, nicht intervenieren, kann sich zurücklehnen. Diese "Exegese der Zuversicht" zieht Motive heran, die die Verantwortung für etwaige gesellschaftliche Erscheinungen aus sozio-ökonomischen Zusammenhängen herausreißt, um sie zu "privatisieren", sie zur Entscheidungfrage der Protagonisten auf dem Arbeitsmarkt zu machen.
Der Minijobber ist so letztlich nicht mehr das schwächste Glied in der Kette, die wir vereinfachend Arbeitsmarkt nennen. Er ist der personifizierte freie Wille. Dieses Herunterspielen suggeriert auch, dass arbeitende Senioren oder konsumlustige Minijobber eigentlich die stärkeren Mitspieler am Arbeitsmarkt sind. Sie können sich ja nach Lust und Laune Arbeitsplätze suchen; sie arbeiten lediglich, weil sie noch jugendlich sind oder gerne shoppen. Sie arbeiten jedoch nicht, weil sie müssen, um ihr Leben finanzieren zu können. Der Zwang dazu wird negiert, wird ausgeblendet. Das stellt die Realität zwar auf den Kopf, ist aber fürs "Durchregieren" bequemer.
Die Verklärung eines Missstandes oder einer gesellschaftlichen Entwicklung, die nicht unbedingt von der Gesellschaft und ihren Mitgliedern gewollt ist, schiebt die Verantwortlichkeit denen in die Schuhe, die darunter leiden. Wann wird man die bunten Erwerbsbiographien junger Menschen damit erklären, dass junge Menschen eben gerne neue Erfahrungen machen? Nur so spricht niemand mehr von den Arbeitsmarktreformen, die längere Probezeiten und erleichterte Befristungen ermöglicht haben.
Der Niedriglohnsektor ist in Merkeldeutschland kein Problem. In ihm arbeitet man nur freiwillig. Wie es scheint, ist er der "Arbeitsmarkt des Luxus", denn in ihm arbeiten Konsumversessene und im Jugendkult galoppierende Zeitgenossen - Leute also, die nicht müssten, die aber wollen. Der Niedriglohnsektor ist insofern ein Tummelplatz von Menschen, die ohne Not arbeiten. Lauter fröhliche und fleißige Freiwillige. Prekäre Verhältnisse gibt es nicht. Es gibt nur Wohlstandsniedriglöhner. Der deutsche Niedriglohnsektor ist somit die Erfüllung des einstigen Versprechens: Wohlstand für alle.
Wie wahr wie wahr! Auf die zukunft der Jugendlichen darf man gespannt sein. Bleiben die herrschenden Gedankenmuster aufrecht, so wird dein Vorschlag wohl einer sein, der Geltung erlangen wird. Das hättest diu dir früher überlegen müssen! wird es heißen am Rentenamt vor einem löchrigen Versicherungsauszug. Wird es eine kollektive Erinnerung geben? Dann wird es gar noch heißen, dass zu jener Zeit die Wachstumslokomotive anzog, Deutschland unter allen europäischen Ländern diese große Krise des 21. Jh. erfolgreich überbrückte. Wenig Meldungen gab es zu überhöhter Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen. Der Markt herrschte. Und wenn der Markt herrscht, da herrschen Gleichgewichte auf der Grundlage freier Entscheidungen, nicht Ungleichgewichte.
AntwortenLöschenImmerzu abstruser wrikt der Drall der Ideologie, die Sinnlandschaften, die er gebiert im Gang in die Zukunft und die wie zäher Teer über die Land und Leute gluckern.
Schaut sich ein heutiger die Verhältnisse des Mittelalters an, werden ihm nicht mehr alle Sinnbruchstücke zur Verfügung stehen, um nachvollziehen zu können, wie behäbig der Christlich verschwisterte Feudalismus währte. Aber er währte. Heute hocken wir mittendrin und verstehen es auch nicht, warum der Arme sich selbst innerlich geißelt, anstatt die parallel zu seiner Selbstgeißelung sich vollziehende, grob gesagt, Umverteilung nach oben zu erkennen und warum er nicht mit den zahlreichen in der gleichen Situation einen Bund abschließt, gegen diese Armut und diese gutsherrische Arroganz zu kämpfen? Nicht nur weiß es niemand, in der Tat scheint es so zu sein, als würde es nicht einmal jemand interessieren. Genau wie du sagst.
Die einen interessiert vielleicht eine Systemanalyse und Systemkritik, aber nicht wegen der Armen oder Diskriminierten, nein, aus Spaß am Denken. Man will im Leben einmal einen wichtigen Beitrag veröffentlichen, gut peer reviewt werden, bekannt sein in der Debattencomuunity, so wie auf Facebook. Man arbeitet am eigenen Profil, am eigenen Stil, am eigenen Projekt. Der Stolz, der immer west, wenn linke Theoristen sich in Zerfragmentieren, kommt wohl daher. Eine Profilschärfung. Den groben Klotz der herrschenden Verhältnisse überhüpft man eilig, um sich einen Kampf en Detail zu liefern und in der Debattenlandschaft eine Distinktion zu setzen.
diese gierigen alten - nur weil 1 ferrari und 2 ferienhäuser ihnen nicht reichen, nehmen sie der jugend die guten jobs weg und fegen bei aldi den parkplatz oder tragen die zeitung aus.
AntwortenLöschenAndrew Carnegie, einer der reichsten Männer seiner Epoche, dachte die gesellschaftlichen Verhältnisse vor mehr als 100 Jahren ähnlich euphemistisch:
AntwortenLöschen"Der Arme genießt, was ehedem der Reiche nicht bestreiten konnte. Was Gegenstände des Luxus waren, sind Lebensbedürfnisse geworden. Der Arbeiter hat gegenwärtig mehr Annehmlichkeiten als vor einigen Menschenaltern der Pächter..."
Roberto, in Deinem Artikel steckt sehr viel drin... doch eins vermisse ich hier ... den Selbstbedienungsladen, d.h. unserer Politiker.... es ist doch wahrhaft kriminell, was die treiben.....
AntwortenLöschenwas die Zukunft der Jugendlichen betrifft, erinnert mich in den 90ern
an eine mich behandelnde Ärztin, sie sagte schon damals: ich möchte heute keine 18 mehr sein... seitdem sind über 20 Jahre vergangen.
Dieses System abzuschaffen halte ich für unmöglich... es ist über Jahrhunderte gewachsen.....
doch einen Wunsch habe ich noch: alle tätigen Menschen anständig (ordentlich) für alle ihre Tätigkeiten zu bezahlen... insbesondere alle sozialen Berufe..(hierzu zähle ich auch Putzfrauen, Helfer aller Art und natürlich Altenpfleger/innen, eben alle, die eine unmittelbare Dienstleistung am Mitmenschen vollbringen...) . hier dürfte keiner unter 15 € die Stunde,- und zwar ohne Zeitdruck - nach Hause gehen....
Den Politikern für ihr Dummgeschwätz hingegen wünsche ich
ein Einkommen auf Hartz IV Niveau.....
Völlig richtig! Aber wie bitte komme ich aus der Depression wieder raus. Zwischenzeitlich in Rente (nach 49 Jahren Fulltimejob mittlerer Verdienstklasse)) kann ich es mir noch grad eben ohne Minijob leisten meinen Einzel(single)haushalt zu unterhalten. Und zur Gruppe der Nichtwähler gehörend, wurde ich jetzt auch noch als "Wahlhelfer" rekrutiert ... Hilfe!!! Ich will nicht! Tiefe Depression, s.o.,Essen und Getränke muß ich selbst mitbringen, steht in der Info und den Rückumschlag an das Wahlamt der Stadt mußte ich auch bezahlen. Kann man eigentlich aus den Wahlverzeichnissen filtern, wer ein oder zwei Legislaturen nicht gewählt hat? Weil ja nach Ausweisvorlage im Wählerverzeichnis gesucht und dann ein Haken gemacht wird. OK, im letzten Drittel Thema etwas verfehlt, bin aber ein erboster Rentner
AntwortenLöschen"Dann wird es gar noch heißen, dass zu jener Zeit die Wachstumslokomotive anzog, Deutschland unter allen europäischen Ländern diese große Krise des 21. Jh. erfolgreich überbrückte."
AntwortenLöschenGeschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.
Napoleon Bonaparte